Vulkanismus im Kreis Daun global gesehen

Robert Richter. Plütscheid

Im Juni 1995 fanden die ersten Geo-Eifel-Tage in Dreis-Brück statt. Zweck war, die einmaligen geologischen und landschaftlichen Schönheiten der Vulkaneifel, deren Zentrum der Kreis Daun ist, einem größeren Publikum nahezubringen. Ein Aspekt ist zum Beispiel, warum es gerade hier in der Eifel diese einzigartigen, weltberühmten vulkanischen Erscheinungen (Vulkankegel, Kraterseen, Maare, Mineralquellen) auf relativ engstem Raum gibt, die erst in allerjüngster geologischer Vergangenheit entstanden sind. Wie also kam es hier zu Vulkan-  und Maarbildungen?

Der Eifel-Vulkanismus liegt im Innern einer kontinentalen Platte (Eurasische Platte) der Erdkruste, hat so zunächst einmal wenig Gemeinsames mit den großen Vulkan- und Erdbebenzonen der Erde, die sich dort bilden, wo solche auf dem flüssigen Erdmantel triftende Platten zusammenstoßen oder auch auseinanderbrechen (rund um den Pazifik, Indonesien, mittelatlantischer Ozeanrücken). Demzufolge sind die Eifelvulkane nicht zu riesigen Bergen aufgewachsen, sondern überragen die umgebende Landschaft nur um gut 100 m. Mit ihrer Lage im Innern einer Erdkrusten-Platte haben die kleinen Vulkane der Eifel aber immerhin eine Gemeinsamkeit mit den größten Vulkanbergen der Erde auf den Hawaii-Inseln. Diese ragen 8000 m vom Grunde der pazifischen Ozeanplatte in die Höhe und werden am Leben gehalten von einem "hol spot«, einer Stelle im Erdinnern, wo ständig vermehrt Wärme aufsteigt und quasi die dünne Erdkruste durchschmilzt. Dagegen sind die vulkanischen Erscheinungen der Eifel zwar letztlich das Ergebnis von Plattenkollisionen (das heißt der Plattentektonik der Erdkruste), liegen aber gut 2000 km vom Ort dieses Geschehens weg. Die afrikanische Kontinentalplatte treibt seit Jahrmillionen nach Norden und stößt im Mittelmeerraum seit etwa 65 Mio. Jahren auf die eurasische Platte, unter die sie sich schiebt. Dies führte und führt in Südeuropa zu den typischen geologischen Begleiterscheinungen beim Zusammenprall von Erdkrustenplatten, wie: Auffaltung/Entstehung der Alpen, Pyrenäen, Vulkane Süditaliens, Santorin, sowie der Erdbebenzone rund ums Mittelmeer.

Die beim Zusammenprall der Platten auftretenden, unvorstellbaren Druckkräfte - angetrieben vom Feuerofen im Innern der Erde und in geologischen Zeiträumen, also in Jahrmillionen wirkend - sind aber nicht nur im unmittelbaren Zusammenstoßgebiet spürbar. Auch in ihrem Hinterland, in Mitteleuropa, führten sie in Millionen Jahren zu Spannungen und tektonischen Veränderungen in der Erdkruste. Folgen waren unter anderem die Bildung des Oberrheingrabens, womit der Rhein seinen Lauf nach Norden nahm, die Schwächezone in der Erdkruste entlang des Rheintales von Basel bis zum Niederrhein als eine der aktivsten Erdbebenregionen Deutschlands und - eben die Hebung von Eifel, in deren Folge sich Bruchzonen und Spalten in der vielleicht hier von jeher etwas dünneren Erdkruste bildeten. Entlang solcher Bruchzonen konnte flüssiges Magmagestein aus dem Glutofen des Erdinnern, genauer gesagt dem oberen Erdmantel, aufsteigen und bis zur Erdoberfläche vordringen, wo es den Vulkanismus der Eifel auslöste.

Mit der Bildung von Bruch- und Schwächezonen infolge Hebung der Eifel und des gesamten Rheinischen Schiefergebirges, was seinerseits wieder die Ursache hat in den ungeheuren Druckkräften aus Südeuropa infolge des dort stattfindenden Plattenzusamtnenstosses, waren die Grundlagen für den Eifelvulkanismus gelegt.

Die Vulkaneifel:

Interessant ist der Verlauf der Schwächezonen in SO-NW Richtung. Damit liegen sie genau quer zur Strichrichtung der Eifel, die während der varikischen Gebirgsfaltung im Oberkarbon (vor rund 320 Mio. Jahren) von SW nach NO festgelegt wurde. Sie ist heute noch vielerorts an der Lage von Bergrücken oder den Eifelkalkmulden sichtbar.

Vor etwa 45-20 Mio. Jahren nach dem Aufprall der afrikanischen Platte auf Europa zeigten sich die Wirkungen in der Eifel. Die Erdkruste barst hier unter den ungeheuren Druckspannungen, das vulkanische Szenario konnte beginnen.

Am östlichen Rand des Kreises Daun öffnete sich längs einer Schwächezone die Erde. Sie spie ihr glühendes Inneres aus. Entlang der erwähnten charakteristischen Nordwest-Südost-Linie vom oberen Ahrtal (Aremberg) über Adenau-Kelberg (Hohe Acht, Nürburg, Hochkelberg) bis nach Höchstberg entstanden die ersten, heule noch sichtbaren Eifelvulkane. Ihre Schlotfüllungen, in denen einst das höllische Inferno herrschte, bilden als Basaltkegel markante Bergkuppen, darunter die Hohe Acht, mit 747 m die höchste Erhebung der Eifel. Westlichster Ausläufer dieser Ausbruchzeit ist in Mitte der Hlllesheimer Kalkmulde der Arensberg (Arnulphusberg]. Sein erster Ausbruch datiert vor 36 Mio. Jahren. Dabei durchschlug das aufsteigende Magma die devonischen Schiefer und Kalke, sowie den damals noch hier vorhandenen Buntsandstein. Die letzte Eruption war vor etwa 25 Mio. Jahren. Auch die Vulkanform der Maare gab es damals schon. Maare sind kegelförmig in die Landfläche eingesenkte Vertiefungen (Negativ-Vulkanform), entstanden aus Wasserdampfexplosionen beim Zusammentreffen von Wasser und heißem Magma. So das Eckfelder Trockenmaar, dessen Geburt 45 Mio. Jahre zurückliegt. Heute gehört es wegen seines Fossilreichtums zu den paläontologischen Weltberühmtheiten. Nach etwa 20 Mio. Jahren ging diese vulkanische Phase der Eifel zu Ende. Sie wurde später nach dem Erdzeitalter als tertiärer Vulkanismus bezeichnet. Weitere 25 Mio. Jahre herrschte dann relative Ruhe.

Aber die dynamischen Kräfte des Erdinnern schliefen nicht. Die ungeheuren Druckkräfte aus dem Süden Europas infolge des dortigen Kontinental Plattenzusammenstoßes drückten in allerjüngster geologischer Vergangenheit (vor nicht einmal 1 Mio. Jahren) die Eifel verstärkt hoch. Dabei tat sich eine neue Schwäche- und Bruchzone, der sogenannte Westeifel Vulkanzug auf. Er hat eine Länge von rund 50 km (Bad Bertrich bis Ormont/nahe der belgischen Grenze) mit der charakteristischen SO-NW-Ausrichtung.

Als die Gletscher Skandinaviens in der beginnenden Eiszeit nach Süden zu wandern begannen, schließlich in Sichtweite der. Eifelberge stehen blieben, der Mensch sich gerade anschickte, zum beherrschenden Lebewesen der Erde aufzusteigen, öffnete sich in der Eifel die Erde erneut. Diesmal - vor etwa 1/2 Mio. Jahren, im geologischen Maßstab ein Wimpernschlag vor unserer Zeit - im Westeifel-Vulkanzug querdurch den heutigen Kreis Daun. Etwa 250 Vulkanausbruchstellen und um 60 Maare lassen sich heute an dieser Bruchzone der Erdkruste feststellen.

Zuerst flammten die Vulkane bei Birresborn (Kalem] und im Zentrum vom Kreis Daun auf (Mühlenberg/Hohenfels, Rockeskyller Kopf, Ernstberg, Döhmberg). Dann herrschte relative Ruhe für einige Jahrtausende.

Vor 100.000 Jahren setzte dann bemerkenswert verstärkte vulkanische Tätigkeit in der Westeifel ein. Deren Ursache ist wieder eine zunehmende Hebung der Eifel infolge Druck aus dem südlichen Europa. Bei Manderscheid entstand infolge verschiedener Eruptionsstellen eng beieinander die Mosenberg-Vulkangruppe. Auffallend wieder ihre SO-NW-Ausrichtung. Im Windsbornkrater liegt heute der einzige Kratersee (wassergefüllter ehemaliger Vulkankrater! nördlich der Alpen. Im Nordwesten des Westeifel-Vulkanzuges spieen der Goldberg bei Ormont und der Steffelkopf bei Steffeln (ehemals Wahrzeichen des Ortes, heute fast verschwunden wegen Lavaabbau) ihre glühenden Lava- und Tuffmassen aus. Am gegenüberliegenden Ende zerbrach vor etwa 50.000 Jahren die Erdkruste bei Bad Bertrich und öffnete die Schlote für die dortige Vulkangruppe (Falkenley, Elfenmaar). Die jüngsten Vulkanausbrüche endeten (einstweilig?) in der Westeifel vor etwa 29.000 Jahren mit dem Ausbruch des Hinkelsmaar am Mosenberg. Damit ist der Mosenberg derjüngste Vulkan Mitteleuropas.

Mit dem Ende der Vulkaneruptionen setzte vor 30.000 Jahren - als schon Steinzeitmenschen in der Buchenlochhöhle bei Gerolstein Quartier hatten - eine verstärkte Maarbildung ein. Dies könnte die Ursache in einem Klimawechsel mit verstärkten Niederschlägen, also mehr an Oberflächen- und Grundwasser haben. Wie schon erwähnt, entstehen Maare aus mehrfachen, zum Teil in Jahrtausenden aufeinader folgenden Wasserdampfexplosionen in Tiefen bis zu 200 m. Da diese Explosionen (mit mehreren 1000 bar Druck verbunden) aus dem Auftreffen von Wasser auf heißes, aufsteigendes Magma resultieren, könnte eine Zunahme von Grund- und Oberflächenwasser infolge vermehrter Niederschläge die Maarbildung begünstigen zu Lasten vulkanischer Ausbrüche. Eine Druckabsenkung im Magmaherd kann auch durch Wasserdampfexplosionen erfolgen, so daß das Magma nicht mehr bis zur Erdoberfläche vordrang.

Vielfach gruppieren sich die Maare (neben den weltberühmten wassergefüllten Maarseen gibt es in der überwiegenden Mehrheit die Trockenmaare, trichterförmige Einsenkungen ohne Wasser) in lokalen Zentren an, wobei wieder die schon bei Vulkanen typische SO-NW-Richtung erkennbar ist. So zum Beispiel die drei Dauner Maare, deren Alter nach neuesten Untersuchungen zwischen 20.000 und 30.000 Jahren liegt, also gut doppelt so alt wie bisher angenommen. Jünger sind die Maare bei Gillenfeld (etwa 20.000 Jahre), ebenfalls einer lokalen Bruchzone folgend. Wie die Vulkanberge sind auch die Maare auf der ganzen Länge des Westeifel-Vulkanzuges anzutreffen, vom Elfenmaar bei Bad Bertrich bis zum Schönfelder Maar und dem Dehnert in der Oberen Kyll.

Lebendige Zeugen des feurigen Untergrundes der Eitel sind bis heute die zahlreichen Mineralquellen (im Volksmund Dres, Drees genannt, vergleiche die Ortsnamen Dreis, Drees, Dresbach) mit ihrem teilweise beträchtlichen Kohlendioxid-Ausstoß. Hielt man bis vor kurzem diese Kohlendioxidaustritte als den letzten Nachhall der einstigen vulkanischen Tätigkeiten aus einem sich abkühlenden Magmaherd, so ist heute auch die These, sie seien nur Zeichen eines vorübergehend ruhenden Vulkanismus oder gar der Auftakt zu neuen aktiven Vulkanen, nicht ganz abwegig.

Damit ist mit der Frage nach den Ursachen der Eifelvulkane eng die Frage verbunden, ob es in Zukunft wieder zu vulkanischen Aktivitäten in der Eifel kommen könnte.

Legt man die lange geologische Zeitskala zu Grunde, so herrschen vom tertiären Vulkanismus bis zu den neuen Ausbrüchen vor 600/500.000 Jahren eine Ruhezeit von 25 Mio. Jahren

Auch in der jüngsten Vulkanphase gab es Ruhepausen von einigen 10.000 Jahren und mehr; Zeiträume also, die länger sind, als die Zeit der letzten vulkanischen Tätigkeiten bis zur Gegenwart. Der tertiäre Vulkanismus dauerte etwa 20 Mio. Jahre, die letzte Vulkanepoche der Eifel ist noch keine Million Jahre alt. Zieht man dies in Betracht, kann man durchaus zum Ergebnis kommen, die jetzige Ruhephase sei nur eine kleine Pause im Eifelvulkanismus. Letztlich aber dürfte der weitere Verlauf der Kollision der afrikanischen mit der eurasischen Kontinental platte im Mittelmeerraum mit der Alpenfaltung entscheidend sein, ob es - wie in geologischen Zeiten schon zweimal geschehen - zu neuen Hebungsvorgängen in der Eifel und der damit verbundenen Schaffung von Bruchzonen kommt, wo dann wieder Magma an die Erdoberfläche vordringen kann und neue vulkanische Tätigkeiten auslösen würde.

Dass nach wie vor gigantische Druckkräfte im Erdinnern vom Mittelmeerraum auf die Erdkruste Mitteleuropas ausstrahlen und Spannungen verursachen, zeigen die weitergehende Auffaltung der Alpen, tektonische Bewegungen im Oberrheingraben und die relative Erdbebenhäufigkeit entlang der Rheintalschwächezone.

Für die Eifel ist ferner von Bedeutung, dass sie weiter emporgehoben wird (im Kreis Daun bis zu 0,8 mm pro Jahr). Die Hebung der Eifel, die früher schon zur Ausbildung von Bruch- und Schwächezonen mit anschließendem Vulkanismus führte, hält also unvermindert an. So ist die Grundbedingung für die vulkanischen Tätigkeiten in unserem Raum heute wie vor Jahrmillionen immer noch gegenwärtig. Zur Beruhigung sei zur Zeit erwähnt, dass es keinerlei Anzeichen für ein erneutes Aufleben der Eifelvulkane gibt. Aber die geologische Uhr misst in anderen Maßstäben als die menschliche.