15 Jahre Erdgasversorgung im Landkreis Daun

Joachim Brabeck, Cochem

Die Erdgaserschließung des Kreises Daun ist das Ergebnis weitsichtiger Rheinland - pfälzischer Energiepolitik, privatwirtschaftlicher Initiative und kommunaler Mitwirkung.

Vorgeschichte

Wenn auch zweifelsfrei der Schwerpunkt der Erschließung im Kreise Daun liegt, so ist diese historisch und organisatorisch untrennbar verbunden mit der Erdgas-Erschließung des Kreises Cochem-Zell und des Altkreises Prüm. Diese drei Kreise bilden zugleich das Erdgas-Versorgungsgebiet der rhenag Rheinische Energie AG, Werkgruppe Mosel.

Der Ursprung liegt in den zum 1. April 1960 von der Stadt Cochem erworbenen Strom-, Gas- und Wasserversorgungen, die sehr verstärkungs- und erneuerungsbedürftig waren. Der Verfasser war damals als junger Ingenieur mitverantwortlich für das Funktionieren der Stromversorgung und ab 1. Januar 1974 vollverantwortlich für die Technik auch der Gas- und Wasserversorgung.

Die anhaltenden Schwierigkeiten in der Gas-Eigenerzeugung, seine Speicherung sowie in der Beschaffung der Rohstoffe führte nach längeren Vorbereitungen und schwierigen Verhandlungen zum Anschluss an die Ferngasversorgung.

Anbohrung der Trans-Europa-Naturgas-Pipel/ne (TENP) bei Schönbach zur Erdgasentnahme durch die rhenag für den Kreis Daun und darüber hinaus. Die Anbohrung erfolgte unter dem Druck von 54 bar. Der Durchmesser der TENP beträgt fast 1 Meter.

Hierzu wurde 1976 bei der Ortschaft Weiler eine Übernahmestation an der europäischen Ferngasleitung TENP errichtet, die auf dem Wege von Holland nach Italien auch durch die Eifel verläuft, und - davon abzweigend - eine 12 km lange Hochdruckleitung nach Cochem gebaut.

Dieser Anschluss an die TENP, der erste auf ihrem Verlauf durch Deutschland überhaupt und zunächst nur für Cochem gedacht, stellte jedoch nur dafür ein zu großes Potential dar. So kam sehr bald der Gedanke, von dieser Station aus eine Hochdruckleitung über Bad Bertrich, Wittlich, Speicher nach Bitburg zu bauen. Dieses bedeutende energiewirtschaftliche Vorhaben wurde von der rhenag gemäß § 4 Energiewirtschaftsgesetz bei der Landesregierung angezeigt. Dieser Anzeige wurde zwar nicht widersprochen, aber das Projekt schließlich auch nicht freigegeben, weil die Initiative der rhenag bei der Landesregierung - und hier sei der Name des Ministerialdirigenten Rautenberg erwähnt - erneute, weitsichtige und großzügige Planungen auslöste.

Dazu muss bemerkt werden, dass die Ruhrgas AG Essen bereits im April 1975 im Auftrag des Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr Rheinland-Pfalz eine Projektstudie über die Erdgasversorgung dieses Raumes unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten erstellt hatte. Diese Studie hatte zum Ergebnis: Mit den gegebenen, zur damaligen Zeit realistischen Annahmen nicht machbar.

Umplanung und Anfang

Die Landesregierung erklärte zum energie politschen Ziel, dem ländlichen Raum und seinen Haushalten, dem Gewerbe und der Industrie das gleiche Energieangebot zu verschaffen, wie es den Ballungszentren schon lange eine Selbstverständlichkeit war, und damit die Wirtschaftsstruktur zu verbessern. Dem Konzept lag ferner zugrunde, die mancherorts fehlende Wirtschaftlichkeit durch öffentliche Förderung auszugleichen und möglichst alle Gasversorgungsunternehmen in Rheinland-Pfalz daran zu beteiligen, das heißt die Gebiete unter diesem Gesichtspunkt sinnvoll aufzuteilen. Das führte dazu, dass die von rhenag geplante, an sich attraktivere Erdgasschiene Bad Bertrich, Wittlich, Speicher, Bitburg zur Ausführung der Saarferngas zugesprochen wurde, an der das Land auch finanziell beteiligt ist. Der rhenag wurde die nördliche, wirtschaftlich etwas schwächere Schiene Kaisersesch, Ulmen, Daun, Gerolstein, Prüm angeboten. Unter Mitnahme der Forderzusage und der Option auf Erschließung von Bad Bertrich, plante die rhenag völlig um. Die erwähnte § 4-Anzeige wurde zurückgezogen, die Gespräche mit den Kommunen - beispielsweise mit dem Kreis und der Stadt Wittlich - abgebrochen.

Da bei einem solchen Projekt ohne kommunale Mitwirkung nichts geht, musste nun, zunächst im Kreis Daun, ein neuer Anfang gemacht werden.

Am 2. März 1978 fand ein erstes Gespräch mit dem damaligen Landrat Adolf Orth, Daun, statt, dem die rhenag das geänderte Projekt vorstellte. Es fand große Zustimmung. Die Zusage des Landrates, sich um Unterstützung seitens der Landesregierung zu verwenden, wurde eingelöst. Auch in dem anschließenden Gespräch am 19. April 1978 in der Kreisverwaltung Daun mit Stadtbürgermeister Kettenhofen, Daun, und den Verbandsbürgermeistern Friedrich, Obere Kyll; Geiser, Gerolstein; Lorse, Kelberg; Pitzen, Hillesheim und Waldorf, Daun, wurde das Vorhaben sehr begrüßt und in dem zusätzlichen Energieträger Erdgas eine Verbesserung der Standortqualität gesehen. Unterstützung, vor allem bei den Verhandlungen mit den zur Versorgung vorgesehenen Städten und Gemeinden wegen der Konzessionsverträge, war so gegeben. Mit Beteiligung der Kreisverwaltung wurden in den anschließenden Monaten Gemeinden und größere Unternehmen aufgesucht, vor allem auch, um einen Überblick über verfügbare Erdgasabsatzpotentiale zu bekommen. Zeitgleich dazu wurden seitens der rhenag die Verhandlungen mit der Landesregierung geführt mit dem Ergebnis, dass bereits mit Datum vom 30. August 1978 die energierechtliche Freigabe zum Bau einer weiteren Übergabestation an der TENP bei Schönbach sowie zum Bau der Hochdruckleitungen von dort in östlicher Richtung nach Ulmen und westlicher Richtung nach Daun und Gerolstein vorlagen. Selbstverständlich wurden damals schon die späteren Weiterführungen dieser Leitungen nach Kaisersesch und Kelberg, nach Hillesheim und an die Obere Kyll sowie nach Prüm berücksichtigt.

Das Erdgas-Versorgungsgebiet der rhenag Rheinische Energie AG, Werkgruppe Mosel mit der internationalen Erdgaspipeline TENP, mit den davon abgehenden rhenag-Hochdruckleitungen und den größeren versorgten Städten und Gemeinden.

Mit gleichem Datum erhielt rhenag die Förderzusage des Landes, und so waren zwei wichtige Voraussetzungen erfüllt. Für die Konzessionsvertragsverhandlungen verwendete rhenag ein abgestimmtes Vertragsmuster des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz. Mit den Gemeinden vereinbarte rhenag in Anbetracht des sich zeitlich streckenden Beginns der Erdgasversorgung für einige Gemeinden, aber auch wegen der hohen Anlaufverluste bei rhenag, eine Vertragslaufzeit von 50 Jahren. Dieser relativ lange Zeitraum wurde akzeptiert, garantierte er den Gemeinden doch eine ebenso lange Versorgungssicherheit.

Wegen der räumlichen Ausdehnung der Hochdruckleitungen und weil diese zwischen den Versorgungsschwerpunkten möglichst geradlinig, also querfeldein verlaufen sollten, war die Einleitung eines sogenannten »Raumplanerischen Verfahrens« erforderlich, in dessen Verlauf alle betroffenen Behörden und Interessensverbände gehört und mit dem Entscheid entsprechende Auflagen erteilt wurden. Für das erste Leitungsstück, Ulmen - Daun - Gerolstein, wurde das raumplanerische Verfahren am 30. Januar 1979 beantragt; am 11. Juni 1979 wurde bereits der positive Entscheid zugestellt.

Zeitgleich dazu erfolgte die Feintrassierung der Leitung sowie die Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern wegen deren Gestattung und den Entschädigungen dafür und für den landwirtschaftlichen Nutzungsausfall während und nach den Bauarbeiten. Diese Verhandlungen wurden einem Ingenieurbüro übertragen. Sie waren oft schwierig; die Hindernisse aber nicht unüberbrückbar. Mitte 1979 war es auch damit soweit! Der Leitungsbau war ausgeschrieben, die Aufträge vergeben. Mit dem Bau wurde am 18. Juni 1979 begonnen. Generalunternehmer war die Firma Mannesmann-Anlagenbau. Die Arbeiten verliefen zügig. Am 16. November 1979 konnte der 1. Hochdruckabschnitt Schönbach-Daun/Boverath vom TÜV abgenommen werden und in Betrieb gehen. Da parallel zu diesem Hochdruckleilungsbau auch Ortsnetz-Verteilungsleitungen in Ulmen, Darscheid und Daun verlegt worden waren, konnten in Daun auch die ersten Straßenzüge mit Erdgas beliefert werden. Erster Kunde war die Firma Apra-Norm einschließlich Wohnhaus. Um kundennah beraten und arbeiten zu können, hatte rhenag bereits zum 1. März 1979 in dem ehemaligen Autohaus und Auto-Reparaturwerkstätte Fries in der Abt-Richard-Straße 9 eine Betriebsstelle eingerichtet.

15 Jahre später

Seitdem sind 15 Jahre vergangen. 1980 wurde die Hochdruckleitung nach Gerolstein verlängert und als erster großer Kunde die damals noch getrennt arbeitenden Mineral wasserunternehmen Gerolsteiner Stern und Flora angeschlossen. 1981 kam die sogenannte westliche Umgehung Gerolstein hinzu, die das Erdgas bis in das Industriegebiet Bewingen brachte. Hier wurde der Anschlusspunkt für die Weiterführung nach Hillesheim -1983 - und in Gerolstein-Lissingen der Anschlusspunkt für die Weiterführung in das Industriegebiet Weinsheim und nach Prüm -1986 - gelegt. Von Prüm aus wurde 1990 eine Hochdruckleitung zur Milchunion in Pronsfeld gebaut. Von dieser Leitung zweigt bei Elverath noch in diesem Jahr eine Leitung zur Versorgung von Schönecken ab.

Von Hillesheim/Oberbettingen - 1989 - baute rhenag 1993 eine 12 km lange Hochdruckleitung durch das Kylltal zum Anschluss von Lissendorf, Jünkerath, Feusdorf und Stadtkyll. Der größte Kunde ist dort die Firma Mannesmann Demag. Die Aktivitäten im Räume Prüm -Obere Kyll führten dazu, zunächst eine Betriebsstelle in Prüm einzurichten, die dann 1992 nach Stadtkyll verlegt wurde. Dort arbeiten inzwischen acht Mitarbeiter, die alle aus der Region kommen.

Im Osten des Kreisgebietes erschloss rhenag Ulmen bereits 1979 mit Erdgas und baute von dort 1990 eine Hochdruckleitung zum Anschluss des Ferienparks Heilbachsee bei Gunderath. Diese Leitung wurde 1993 weiter bis nach Kelberg geführt. Die Betreuung hier erfolgt von der Betriebsstelle Daun aus, in der mittlerweile zehn Mitarbeiter beschäftigt sind. Gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter sorgen mit modernem Arbeitsgerät und guter Fahrzeugausstattung rund um die Uhr dafür, dass das Erdgas - zum Jahresende 1995 werden es 500 Millionen Kilowattstunden sein - über ein 450 km langes Leitungsnetz die zur Zeit rund 7 000 Kunden stets erreicht. Die Mitarbeiter werden dabei unterstützt von einem internen Betriebsfunknetz, zu dessen Funktionieren rhenag in dem schwierigen topographischen Gelände neun Sendestationen aufstellen musste. Die Verwaltung und die drei Betriebsstellen in Cochem, Daun und Stadtkyll sowie alle wichtigen Versorgungsanlagen und großen Kunden sind untereinander mit einem eigenen, leistungsfähigen Fernmeldenetz - teilweise in moderner Lichtwellenleitertechnik - verbunden, über das die interne Kommunikation, die Datenübertragung und die Kontrolle der ausgedehnten Versorgungsanlagen erfolgt.

Zusammenfassung

In Kenntnis der eher demotivierenden Ruhrgasstudie aus 1975 war rhenag mit strengeren Vorgaben, was Absatzerwartung und Investitionsplanung betraf, an das Projekt herangegangen. Dazu gehörte aber auch, dass die Erdgasverkaufspreise aus Wettbewerbsgründen nicht höher sein sollten als in den von rhenag bereits seit Jahrzehnten versorgten Ballungsräumen an Ruhr, Rhein und Sieg, obgleich dort die Investitionen pro Einheit Erdgas niedriger waren, als sie im ländlich strukturierten Raum der Eitel sein würden.

Sind nun - nach 15 Jahren - die Erwartungen erfüllt worden?

Die Akzeptanz des Erdgases bei den privaten, gewerblichen, industriellen und öffentlichen Kunden übertraf alle Erwartungen. Dadurch wurde in etwa ausgeglichen, dass die Mengenerwartung nicht eingetreten ist. Das hat folgenden Grund: Beider Erhebung des zur Ablösung durch Erdgas zur Verfügung stehenden Energie-Potentials (leichtes Heizöl, schweres Heizöl, Kohle, Flüssiggas) war von rhenag zwar berücksichtigt worden, dass bei der Umstellung sich Energieeinsparungen durch die neuere Technik ergeben würden, aber doch nicht in dem großen Maße. Auch kamen zur modernen Verbrennungstechnik weitere Einsparungen durch immer wieder verschärfte gesetzliche Heizungsanlagen- und Wärmeschutz Verordnungen. Und schließlich hatte die rhenag »Energieeinsparung" zum Unternehmensziel gemacht und fördert das in der Praxis durch Zuschüsse beispielsweise zur Einführung der Brennwerttechnik.

Eingehalten werden konnte ebenfalls nicht der zeitliche Ablauf der Erschließungen. Er verzögerte sich durch immer schwieriger werdende Leitungstrassenbeschaffung und Genehmigungsverfahren sowie länger werdende Prüfungszeiten von Förderanträgen. So sind die getätigten Investitionen heute - erwartungsgemäß - noch nicht wirtschaftlich. Sie werden es erst sein, wenn die Investitionen entscheidend zurückgehen und rhenag gleichzeitig mit großen Anstrengungen den Absatz noch weiter steigert. Rhenag schätzt das noch zusätzlich zu realisierende Potential auf weitere rund 250 Mio kWh.

Für die Umwelt allerdings geht die Rechnung schon heute auf: Durch das Ersetzen von Koks, schwerem und leichtem Heizöl und Flüssiggas durch die 500 Mio kWh Erdgas werden der Region jährlich 14 Tonnen Staub, 535 Tonnen Schwefeldioxyd und 36 531 Tonnen Kohlendioxyd erspart.

 

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