Der
Margaretenkranz
Maria Sohlbach, Herzogenrath
Besondere Erlebnisse in der Kindheil prägen
den Menschen. Es muss nicht immer Spektakuläres sein,
das noch im Alter so in Erinnerung ist, als war's gestern geschehen.
Vor Jahrzehnten hatte jedes Dorf in der Eifel
eine Schule und »seinen« Lehrer.
Mit ihm und seiner Familie lebte man,
in guten und schlimmen Tagen, Gemeinsamkeit verband.
Ein Schulkind der Großmuttergeneration
erinnert sich: Es war ein schöner Tag im Juli.
Das kleine Eifeldorf erwachte
und wir Kinder freuten uns auf den Schulweg -
es sah nach Sonne aus.
Durch Wiesen und Felder liefen wir
alle Tage zum Unterricht,
doch besonders schön war's in der Sommerzeit
. Blumen und Insekten konnte man am Wegrand sehen,
sich am Gesang der Vogel erfreuen,
am Duft aus den Wiesen von allerlei Kräutern,
die intensiv blühten und dies
mehr oder weniger wohlriechend kund taten.
Diesmal erklang zu ungewohnter Stunde
von der Dorfkirche die Glocke,
eintönig, das bedeutete nichts Gutes.
Im Schulhaus erklärte uns der Lehrer unter Tränen,
dass der Unterricht ausfiele -
seine Frau sei verstorben und sein Kind nun allein.
Irgendwie zufrieden über den freien Tag
gingen alle Schüler heim.
Unterwegs blieb ich zurück,
da war eine Wiese voller Margareten
und ich pflückte die Blumen,
wand sie zu einem Kranz.
Der Großmutter erzählte ich zuhause, ..
.»den hab ich für die Frau Lehrer gemacht".
Sie ging mit mir zum Schulhaus,
der Lehrer legte mein Blumengebinde
seiner toten Frau ins lange blonde Haar.
Heute verschickt man beim Trauerfall
teures Bütten mit schwarzem Rand,
dem Aufdruck Herzliche Teilnahme;
persönliche Zuwendung ist meist unerwünscht.
So ändern sich die Zeiten.