Unterwegs im »Hinterbüsch«

Vom Brubbel in Wallenborn zur Prümscheid über Salm

Karl Thormann, Gerolstein

Die Vulkaneifel im Landkreis Daun zeichnet sich durch zahlreiche Höhen aus, die einen weiten Ausblick in die stark gegliederte Mittelgebirgslandschaft ermöglichen. Einer dieser Aussichtspunkte liegt bei 620 m Höhe nördlich von Salm an der L9, wo diese in Richtung Büscheich-Gerolstein in die bewaldeten Ausläufer des Höhenrückens »Prümscheid« (674 m) eintritt. Die von diesem Punkt aus mögliche Aussicht über die nach Süden und Südosten weiträumig sich abdachende Hochfläche mit ihren gestaffelten Freiflächen und Waldhorizonten verdient es, nicht nur bei einer flüchtigen »Sightseeing-Tour« angesteuert, sondern zu Fuß angewandert zu werden.

Eine Rundwanderung

Unseren Rundweg von etwa neun km Länge beginnen wir in Wallenborn an der B 257 und

Zeichnung der Wanderroute im Hinterbüsch.

 

Wald und Wasser sind die Mitgestalter der Landschaft.

parken unseren fahrbaren Untersatz am »Wallenden Born« in der Nähe der Imkerei Mehler. Vom Westrand des Dorfes aus wandern wir auf dem alten Salmer Weg leicht ansteigend aus der Talmulde heraus und erreichen nach knapp 1,5 km die Höhe 490 m am Friedorfer Hof. Wir wenden uns nach rechts, erhalten im Vorbeigehen an dem Aussiedlerhof einen ersten Eindruck vom Alltag eines bäuerlichen Grünlandbetriebes und erreichen nach 200 m die Einmündung in die B 257. Wir überqueren diese in die von Salm herführende L 29 hinein, folgen ihr für 150 m in Richtung Salm und biegen dann nach links von der Teerstraße ab in die freie Feldflur südlich des Dorfes. Über einen auf Salm zuführenden Feldweg erreichen wir nach wenigen hundert Metern das am Hang liegende Dorf und die ansteigende Dorfstraße, die gleichzeitig Durchgangsstraße der L 29 ist. Vorbei an Dorfkirche, Dorfbrunnen und Bürgerhaus, an um- und ausgebauten Bauernhäusern und neuen Wohnhäusern gewinnen wir einen Einblick in den Wandel des Charakters vom ehedem rein bäuerlich geprägten Dorfbild hin zu einem Ort mit neuer Wohn- und Lebensqualität. Nach 3/4 km erreichen wir den oberen Dorfrand, lassen die Abzweigung der Kreisstraße nach Birresborn links liegen, gehen weitere 50 m auf der L 29 bis zu einem Gittermast der örtlichen Stromversorgung, hinter dem wir wieder weg vom Teer nach links auf einen Waldweg einbiegen und parallel zur L 29 wandern.

Der Waldweg mündet nach etwa 800 m wieder in die L 29, der wir nun nach rechts für 250 m aus dem Wald heraus zu der Höhe 620 m über Salm, unserem Aussichtspunkt, folgen.

Der Blick ins Land

Vom erreichten Standort aus blicken wir nach Süden und Südosten über eine weite offene Landschaft, deren Panorama nach rechts vom Salmwald und nach links von den Waldpartien »Hinterbüsch« eingesäumt ist. Nach Süden senkt sich die Hochfläche allmählich und wird durch bewaldete Abdachungshorizonte gegliedert, in die sich die Bach- und Flussläufe von Salm, Kleiner Kyll und Lieser deutlich eingekerbt haben. Den südlichsten Abschluss bilden die Höhenzüge der Mosel- und Hunsrückberge.

Die unmittelbar vor uns liegende Freifläche erstreckt sich zwischen den Dörfern Salm am Hang einer flachen Hochmulde, Wallenborn in einer östlich sich anschließenden Tiefmulde und dazwischen, halbverdeckt hinter einer kleinen Waldinsel, Weidenbach. In der in Nord-Süd-Richtung sich hinziehenden Hochmulde zwischen Salm und Weidenbach geben eine Handvoll Aussiedlerhöfe einen deutlichen Hinweis auf den nach wie vor von der Landwirtschaft mitgeprägten Landschaftscharakter.

Das je nach Jahreszeit und Witterungsverlauf prächtige Farbmosaik der Feld- und Wiesenflur findet nach Süden hin im Mittelgrund seinen Abschluss durch einen bewaldeten Horizont. In Anlehnung an den Salmwald gliedert dieser sich von rechts her in den »Dreigemeindewald" zwischen Weidenbach mit den tiefer dahinter -liegenden und nicht sichtbaren Dörfern Meisburg und Deudesfeld. Nach Osten hin setzt sich der Waldhorizont über die Höhen Kretscheid (585 m) südlich von Wallenborn und den Buerberg {528 m) bei Schutz bis zum Höhenrücken zwischen Kleiner Kyll und Lieser fort. Weithin sichtbar und neuerdings unverwechselbar durch einen Windgenerator grüßt Bleckhausen (493 m) ins Land. Weitere Landmarken am mittleren Horizont sind der Gittermast eines Umsetzers vor Bettenfeld und der Bergsaftel des Mosenberges bei Manderscheid.

Erlebnis der Landschaft

Im Angesicht der Vielfalt an Formen und Farben in dem vor uns sich ausbreitenden Panorama, geprägt von Natur und Kultur und deren Wechselwirkungen, lassen sich alle landschaftsgestaltende n Elemente erkennen: Berg und Tal, Hügel und Mulde, Freifläche und Waldinsel, Dorfsiedlung und Einzelgehöft, Bach und Teich, Fluss und See, Himmel und Wolken, Licht und Schatten wechseln in oft überraschender Folge.

"Meine Augen werden hell, wenn ich von der Eifel spreche; sie ist und bleibt die Heimat meiner Sehnsucht und die Liebe meines Herzens.« So schwärmerisch drückte die Eifel Schriftstellerin Clara Viebig (1860-1952) ihre Verbundenheit mit der Eifel aus. Und es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, dass sie dieses Bekenntnis im Anblick eben dieser Landschaft des Hinterbüsch südlich der Prümscheid verfasst haben könnte, vom Quellgebiet der Salm aus, an deren Oberlauf ja auch Eisenschmitt liegt, Ort der Handlung in ihrem Eifelroman »Das Weiberdorf".

Wenn wir uns heute weniger romantisch zeigen möchten und auch das Attribut «schön« für diesen Ausblick über die Landschaft uns zu einfach erscheinen mag, vielleicht hilft da eine Aussage des Schriftstellers Werner Bergengruen (1892-1964) zum Thema Landschaftsästhetik in einer Ausgabe der FAZ von 1953 weiter:

«In ihrer Vielfältigkeit wirkt die Eifel wie ein Urbild deutscher Landschaftsgestaltung."

Zurück nach Wallenborn

Wir setzen unsere Rundwanderung fort. Den Rast- und Aussichtspunkt verlassen wir in nordöstlicher Richtung auf dem Höhenweg in Richtung Prümscheid und passieren gleich zu Beginn eine Wegsperre. Nach etwa 750 m erreichen wir eine Kahlfläche, die wir auf dem nach rechts abzweigenden Wirtschafts weg betreten. Dabei unterqueren wir nach wenigen Metern eine Freileitung, mit einem letzten Blick auf Salm und den typisch runden Kirchturmhelm. In Gehrichtung entlang eines Wildzaunes zur Rechten, noch vor dem Eintritt in die Waldzone, erblicken wir über diese hinweg in östlicher Richtung die Erhebungen der Dauner Maarlandschaft mit den Kuppeln des Observatoriums am «Hohen List" (549 m). Dahinter am äußersten Horizont ist das Dorf Steineberg an der Steineberger Ley (558 m) auszumachen. Der breite Holzabfuhrweg, auf dem wir durch den hochstämmigen Hangmischwald unterwegs sind, führt uns nach etwas mehr als einem Kilometer über eine Spitzkehre nach rechts weiter talwärts.

In gemächlichem Gefalle gelangen wir nach weiteren 1,5 km zu einer nach links abzweigenden Spitzkehre. In ihrem Verlauf in weitem Bogen durch den Hangwald passieren wir drei Bachrinnsale, eine Lichtung unter alten Buchen und Eichen, sowie zwei Ansitze rechts und links des Weges.

Kurz vor dem Ende eines Wildzauns zur Rechten verlassen wir den weiter talwärts führenden Weg und biegen nach links auf einen parallel zum Hang führenden Holzabfuhrweg ein, der uns nach weiteren 3/4 km bis zur zum Naturdenkmal (ND) erklärten Solitäreiche bringt. Von da aus gehen wir nun talwärts in die freie Fläche hinaus und auf einem geteerten Feldweg auf Wallenborn unter uns in der Mulde zu. Kurz vor Erreichen des Ortsrandes überqueren wir die B 257. Hinweisschilder am Dorfeingang auf Kräuterfarm, Fischräucherei und Imkerei neben weiteren Einzelheiten im Ortsbild vermitteln den Eindruck einer von Handwerk und Gewerbe geprägten Gemeinde.

Jetzt, nach der Rückkehr zum Parkplatz am »Brubbeldrees«, nehmen wir uns die Zeit, das knapp einstündige Naturschauspiel der periodisch steigenden und fallenden Wasseroberfläche in der von Blaubasaltsäulen eingefassten Quelle zu beobachten.

Der Anblick der durch aufsteigende Kohlensäure- und Schwefelgase in brodelnde Aufwallung geratenen Wasserfläche vermag an Goethes Ballade vom Zauberlehrling zu erinnern.

Ausklang

Unsere Wanderung wäre ohne eine Rast natürlich nur eine halbe Sache. Sowohl in Wallenborn als auch unterwegs in Salm laden mehrere Gaststätten zur Einkehr ein. Zünftig aus dem Rucksack lässt sich die Rast aber auch am Schluss leicht mit der Beobachtung des Geschehens am Wallenden Born verbinden.

Lange Sommernachmittage lassen sich abrunden mit Besuchen in der Großimkerei Mehler in Wallenborn, (nach telefonischer Rückfrage unter 06599/258) oder in der denkmalgeschützten, vom Wasserrad getriebenen Schneidemühle J. Schneider (06599/222) im Tal der Lohsalm bei Meisburg. Auf der Heimfahrt lässt sich schließlich auch noch Rom (im Salmwald) ausfindig machen.

Ganz gleich, was wir an einem solchen Tag unternehmen, mitbringen sollten wir außer Muße und Neugier die Bereitschaft, unsere eigenen Gehwerkzeuge zu benutzen.

Dann erschließt sich uns womöglich schon hinter der nächsten Hecke das Abenteuer des Entdeckens.