Das missratene Tagewerk des Theodor

Peter Metzen, Esch

Es war an einem Märztag in den dreißiger Jahren. Der Winter hatte sich ausnehmend früh verabschiedet. Linde Lüfte und Sonnenschein verkündeten den Frühling. Für die Bauern war nun nach langer Winterpause die Zeit gekommen, ihre Äcker zu bestellen. In der dem Ort am nächsten gelegenen Flur »Am Örchen« wurde von den betreffenden Bauern der Anfang gemacht. Die Gemarkung bestand aus mehreren kleinen Parzellen. Folglich waren am fraglichen Tag auch mehrere Bauern zugleich dort anwesend, um ihren Acker zu pflügen. Auch der Bauer Theodor hatte dort eine Parzelle; er war aber noch nicht da. Theodor war ein geselliger Mann, der gern ein Schwätzchen hielt und stets Neuigkeiten zu erzählen wusste. Er war nicht schnell aus der Ruhe zu bringen, hatte niemals Eile und nahm es mit der Pünktlichkeit nicht allzu genau. Nun sahen ihn die schon anwesenden Bauern in der Ferne kommen. So, wie man es von ihm gewohnt war, ritt er pfeifenrauchend auf seinem blinden Pferd Felix, daneben ein Ochse, der unentbehrliche Begleiter des Pferdes. Schnell waren sich die Bauern einig, die Pause

zum Wiederkäuen des Gespanns der Reihe nach zu verlegen und jeder für sich Theodor in ein Gespräch zu verwickeln, um ihn so von der Arbeit abzuhalten. Als er am ersten Bauern vorbeiritt, begann dieser mit der Pause und begrüßte ihn freundlich. Sofort war Theodor gesprächsbereit, stolz, so freundlich begrüßt zu werden. Der Plan schien Erfolg zu haben. Nach einer Weile beendete dieser Bauer die Pause, und Theodor ritt weiter seinem Acker zu. Auf diesem Wege wurde er, wie geplant, in gleicher Weise vom nächsten Bauern aufgehalten. So ging es weiter, bis plötzlich die Glocken zu Mittag läuteten. Noch immer saß Theodor auf seinem Felix, schaute auf die Uhr und meinte: »Das darf doch nicht wahr sein!" Er war gar nicht zum Pflügen gekommen. Vergnügt und amüsiert über den gelungenen Streich fuhren die Bauern heimwärts zur Mittagspause. Wohlgemut schloss Theodor sich ihnen an. Vielleicht hatte er den Schabernack bemerkt, aber man hatte ihn zuvorkommend behandelt und ihm begeistert zugehört; das war ja auch etwas wert. Waren das nicht schöne Zeiten, als die Menschen noch Zeit füreinander hatten?