Neu im Kreis Daun -

integrative Kindertagesstätte Hillesheim

Klaus Peter Metzger/Angelika Heber

Als im Frühjahr 1992 erste konkrete Gespräche geführt wurden und ein erster Entwurf bei der Verbandsgemeinde Hillesheim den zuständigen Gremien vorgelegt wurde, war der Weg frei für ein neues schönes Haus. Nach nur 15monatiger Bauzeit wurde die neue integrative Kindertagesstätte in Hillesheim fertiggestellt und konnte im August 1994 rechtzeitig zu Beginn des Kindergarten Jahres 1994/95 den Betrieb aufnehmen. Planung und Bauleitung lagen in den Händen des Architekturbüros Gottfried Perings aus Oberbettingen.

Bei diesem Projekt wurde in vielen Bereichen Neuland beschritten, da eine integrative Einrichtung in dieser Konzeption in der hiesigen Region bisher nicht existierte. In diesem neuen Kindergarten wurden auch Kindergarten p l ätze in integrativen Gruppen für behinderte und nichtbehinderte Kinder geschaffen. Körperlich und geistig behinderte Kinder, von einer Behinderung bedrohte und Kinder mit Entwicklungsverzögerungen, Verhaltens- oder auch Sprachstörungen bedürfen einer besonderen pädagogischen Betreuung und Förderung. Im Landkreis Daun fehlte bis 1991 ein Sonderkindergarten. Behinderte Kinder wurden, soweit sie nicht in Regelkindergärten wohnortnah aufgenommen werden konnten, in benachbarte Einrichtungen in andere Landkreise gebracht.

Als provisorischer Übergang wurde 1991 in der ehemaligen Schule in Oberstadtfeld ein Sonderkindergarten eingerichtet, in der Trägerschaft der Lebenshilfe KV Daun e. V. Es war von Anfang an erklärte Absicht der Verbandsgemeinde Hillesheim, des Landkreises Daun und der Lebenshilfe KV Daun e. V., behinderte und nicht behinderte Kinder unter einem Dach zusammenzuführen.

In der integrativen Kindertagesstätte stehen 95 Plätze zur Verfügung, davon 80 im Regelkindergarten- und 15 im Sonderkindergartenbereich. Letzterer nimmt auch Kinder aus den Nachbarverbandsgemeinden Gerolstein und Obere Kyll auf.

Die Einrichtung bietet zusätzlich eine Betreuung über Mittag an. Die Bauträgerschaft übernahm die Verbandsgemeinde Hillesheim. Außerdem trat die Kreisvereinigung Lebertshilfe e, V. Daun für den zu integrierenden Behindertenkindergarten mit in die Bauträgerschaft ein.

Und so war die Finanzierung vorgesehen: Aus den Gesamtkosten wurde ein Anteilsbetrag für die Aufnahme behinderter Kinder herausgerechnet. Die Sicherstellung erfolgte durch die Kreisvereinigung Lebenshilfe e. V. Daun, durch Landeszuschüsse, Kreiszuschüsse und Zuschüsse der Verbandsgemeinden, der Aktion "Sorgenkind« und Eigenanteile. Die Finanzierung der Verbandsgemeinde Hillesheim war durch Landeszuschüsse, Kreiszuschüsse und Eigenanteile zu erbringen.

Kurzchronologie zum Projektablauf

24. 4. 92 erste Entwurfs vorläge mit Modellen bei der VG Hillesheim mit Auswahl der eingeschossigen Variante als Grundlage für die weitere Bearbeitung

15.6.92 Vorstellung der Entwurfsplanung mit Konzeption Teilnehmer: Landesamt für Jugend und Soziales, Bez.-Reg. Trier Kreisverwaltung Daun Lebenshilfe Kreisvereinigung Daun e.V. Verbandsbürgermeister Architekt

20. 7. 92 Besprechung/Abstimmung mit der Bez.-Reg. Trier bezüglich Entwurfsplanung und Konzeption (ohne wesentliche Änderungen Übergang in Genehmigungsplanung)

14.10.92 Einreichung der Bauantragsunterlagen

22. 3. 93 Genehmigung

10.2.93 1. Sitzung des gemeinsamen Bauausschusses mit Einführung und Verpflichtung der Ausschussmitglieder sowie Vorstellung der Planung und Finanzierung

19. 4. 93 Baubeginn durch Fa. Bauer, Hillesheim -Rohbau-

14.10.93 Richtfest

1. 8.94 Inbetriebnahme

17. 5. 95 Einweihung

Die Betriebsträgerschaft für die gesamte Einrichtung hat die Lebenshilfe KV Daun übernommen. Zwischen der Verbandsgemeinde Hillesheim und der Lebenshilfe Daun wurde ein Trägervertrag geschlossen.

Danach werden alle wichtigen Fragen in Zusammenhang mit der Tagesstätte »einvernehmlich« entschieden. Das heißt, dass keiner der beiden Vertragspartner seine Vorstellungen ohne Zustimmung der jeweils anderen Seite durchsetzen kann. Im Streitfall muss ein Kompromiss gefunden werden und zum Beispiel in Personal frage n Einvernehmen herrschen. Die Vertragsdauer wird wegen der Zweckbindung der öffentlichen Zuschüsse auf 25 Jahre festgelegt.

Bemerkenswert und besonders erwähnenswert ist die völlig problemlose und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der Verbandsgemeinde Hillesheim, der Verwaltungsspitze, den Gremien und der Lebenshilfe Daun e. V. Von den ersten Vorgesprächen an über die gesamte Planungs- und Bauphase haben sich das gemeinsame Wollen und das gesteckte Ziel in einer konstruktiven und fruchtbringenden Vorgehens weise niedergeschlagen, die zu einer zügigen und im Ergebnis beispielhaften Erstellung dieser Einrichtung geführt hat. Die integrative Kindertagestätte Hillesheim ist

eine Fünf-Gruppen-Einrichtung, in der insgesamt 95 Kinder im Alter von drei Jahren bis zum Schuleintritt betreut werden. Verteilt sind die Kinder auf zwei Regelkindergartengruppen mit jeweils 25 Kindern und drei integrative Gruppen mit je 15 Kindern, davon 10 Regelkindergartenkinder und fünf Kinder mit Behinderung oder von Behinderung bedrohte Kinder. Geöffnet ist die Kindertagesstätte montags bis freitags von 7.30 Uhr bis 16.30 Uhr. Auch für die Regelkindergartenkinder bietet sich eine Ganztagsbetreuung mit Mittagessen an, welches täglich in der Küche frisch zubereitet wird. Dieses Angebot wird derzeit von 17 Kindern genutzt.

Die pädagogische Arbeit

Behinderte und nichtbehinderte Kinder leben und lernen gemeinsam in der Kindertagesstättengruppe. Sie ergänzen einander und können voneinander profitieren. Dies bedeutet die Aufhebung der Trennung der Lebenszusammenhänge von behinderten und nichtbehinderten Kindern. Im Gegensatz zu der bisherigen Ausrichtung der Regelpädagogik auf die nichtbehinderten Kinder und der Sonderpädagogik auf die behinderten Kinder und ihre speziellen Bedürfnisse ermöglicht eine integrative Pädagogik allen Kindern entscheidende Lebenserfahrungen in gemeinsamen Lebensfeldern. Die Nichtbehinderten haben die Möglichkeit zur alltäglichen Erfahrung und Verarbeitung von Behinderung und können so einen angstfreien und spontanen Umgang mit Behinderten aufbauen. Die behinderten Kinder können weitgehendst in ihren alltäglichen Lebenszusammenhängen bleiben und werden nicht aus ihren emotionalen und sozialen Bezügen herausgerissen, die sie, wie alle anderen, zum sozialen und psychischen Überleben brauchen. Sie haben die Chance, Lern- und Entwicklungsanreize zu erfahren, die nur im Zusammenleben mit Nichtbehinderten möglich sind. Erklärtes Ziel der integrativen Arbeit ist das Miteinander des Verschiedenen. »Alle sind gleich - alle sind verschieden.«

Betreut und gefördert werden die Kinder nach zeitgemäßen pädagogischen Ansätzen von einem Team aus sozialpädagogischen und therapeutischen Fachkräften. Verschiedene Teamgespräche dienen der Reflexion der Arbeit und den Überlegungen, wie jedes Kind aufgrund seiner Individualität betreut und gefördert werden kann. Das gilt für alle Kinder.

Diese ständige Auseinandersetzung mit der täglichen Arbeit trägt dazu bei, in Zusammenarbeit mit den Eltern eine möglichst optimale Betreuung und Förderung für jedes Kind zu erreichen.

Die oben beschriebenen Aussagen prägen auch den Alltag in der Kindertagesstätte. Morgens um 7.30 Uhr werden die ersten Kinder von ihren Eltern in den Frühdienst gebracht. Ab 8.00 Uhr geht es in allen Gruppen richtig los. Die Mädchen und Jungen aus den umliegenden Ortschaften erreichen den Kindergarten um 8.15 Uhr. Die Kinder mit Behinderungen, vorwiegend aus dem Einzugsbereich der VG Hillesheim, der VG Gerolstein und der VG Obere Kyll werden durch drei Buslinien um 8.30 Uhr zur Tagesstätte gebracht. In den integrativen Gruppen wird um 9.00 Uhr gemeinsam gefrühstückt. Hiermit wird vielen Kindern Rechnung getragen, für die es wichtig ist, dass der Tagesablauf strukturiert ist und immer wieder Punkte auftauchen, die sich regelmäßig wiederholen und Sicherheit im Alltag verleihen. Ein fester Bestandteil in der Arbeit ist das Freispiel, in das verschiedene Angebote durch die Mitarbeiterinnen in der Gruppe gesetzt werden, die sich an den Bedürfnissen der Kinder und anstehenden Situationen orientieren.

Ein Angebot ist das Malen mit Wasserfarben: Hierbei kann es für das eine Kind wichtig sein, erst einmal den Umgang mit den Farben zu erlernen, für das andere ist es wichtig, durch großflächiges Malen eine Schulung der Feinmotorik zu erreichen und das dritte Kind möchte für seine Eltern oder für die Gruppe ein gegenständliches Bild malen. In welcher Phase nun das einzelne Kind gerade ist, hängt nicht vom Alter ab, sondern richtet sich nach den Bedürfnissen und Fähigkeiten. Dazu ist es wichtig, dass die Mitarbeiterinnen der Gruppe »ihre« Kinder sehr gut kennen. Dies wird möglich durch gezielte Beobachtungen während des Freispiels. einer guten Zusammenarbeit mit den Eltern (Elterngespräche, Elternabende, gemeinsame Feste, Feiern und Hausbesuche], einer gezielten Beschäftigung mit den einzelnen Kindern und genaue Beobachtung in der Gruppensituation. Die therapeutische Betreuung der Kinder mit Behinderungen wird in den Alltag integriert. Je nach Situation kann die Therapie in der Gruppe stattfinden, in Kleingruppen oder aber auch als Einzeltherapie außerhalb des Gruppenraumes. Der nächste Fixpunkt ist das Abholen der Kinder und für die Ganztagskinder das gemeinsame Mittagessen in der Gruppe. Im Anschluss daran besteht die Möglichkeit, dass Kinder sich ausruhen oder schlafen können, die übrigen haben die Möglichkeit, innerhalb des Gruppenraumes einer ruhigen Beschäftigung nachzugehen. Ab etwa 13.30 Uhr steht den Kindern dann wieder der ganze Kindergarten zur Verfügung. Da am Nachmittag nur noch integrative Gruppen im Haus sind, ist viel Platz für jedes einzelne Kind vorhanden. Die Chance im Bällebecken herumtoben zu können ist wesentlich größer als am Vormittag, der Spielplatz ist nicht so voll und man kann auch mal in Ruhe mit dem Dreirad oder dem Roller über das Pflaster fahren, ohne Gefahr zu laufen, ständig auf andere Kinder achten zu müssen. So ist es auch möglich, dass das »ungeschickte" Kind Rollerfahren lernen kann, das ruhige auch mal im Bällebecken herumtobt. Gegen 15.00 Uhr werden die behinderten Mädchen und Jungen von den Bussen abgeholt und nach Hause gebracht. Die Ganztagskinder finden sich dann in einer Spätdienstgruppe zusammen und werden bis 16.30 Uhr von ihren Eltern abgeholt.