Als ich im Wald arbeitete

Angela Dingels, Salm

Es ist noch nicht vergessen, dass wir früher in den Eifeldörfern sehr bescheiden mit einem kleinen Einkommen leben mussten. Die Familien waren meist kinderreich und ernährten sich überwiegend aus der Landwirtschaft. Die meisten Betriebe waren aber sehr klein und erzielten kaum Gewinn.

Viele Männer waren während der Wintermonate im Wald beschäftigt und froh, sich dort auch im Sommer etwas zwischendurch verdienen zu können. Nach einem anstrengenden Arbeitstag im Wald wurde dann noch die Feldarbeit erledigt.

Die Jungen arbeiteten meist nach dem Schulabschluss als Knecht bei reicheren Bauern, die Mädchen nach der Schule in der Stadt als Dienstmagd. In den Sommermonaten wurde ihre Hilfe in der Landwirtschaft gebraucht. Da waren wir Mädchen froh, als sich Arbeit im Wald anbot, und wir uns etwas Geld verdienen konnten.

In Salm gingen wir in die Kultur oder in den Pflanzgarten, auch »Kamp« genannt. Um 7.30 Uhr machten wir uns auf den Fußweg von zwei bis vier Kilometer. Im Pflanzgarten war die Arbeit das Verschulen von Forstpflanzen wie Fichten-, Douglasien- und Kiefer-Sämlingen in Verschulbeete. Wir arbeiteten mit Verschul-brettern, um den richtigen Abstand einzuhalten. Der Reihenabstand war 20 cm, der Pflanzabstand 7,5-10 cm. Dazu kam noch das Hacken und Jäten der Verschulbeete. Die Arbeit in der Kultur war das Anpflanzen der kleinen Fichten zur Wiederaufforstung der riesigen Kahlschläge aus der französischen Besatzungszeit, daher der Name »Franzosenschlag«. Die kleinen Fichten wurden mit Lastwagen gebracht und in Beete eingeschlagen. Wir Mädchen hatten einen Korb mit einem Henkel und eine kleine Hacke. Wir füllten uns die Körbe mit den Fichtenpflanzen, die Männer machten die Löcher. So arbeiteten wir in mehreren Reihen nebeneinander. Es war meistens so, dass jedes Mädchen hinter einem Mann die Pflanze in das ausgehobene Loch setzte und das Erdreich festtrat. Man merkte schnell den Unterschied, wer die besten Löcher aushob. Wenn sie nicht tief genug waren, hatten wir Mühe, dass wir die Pflanzen richtig fest bekamen und mussten mit der kleinen Hacke nachhelfen. Es kam nicht selten vor, dass der Förster an den Pflanzen zupfte und Anweisungen gab, tiefer zu setzen und fester anzutreten. Wir hatten Spaß bei dieser Arbeit, da viel gescherzt wurde, und die Männer Witze erzählten. Sehr amüsant war es beim Mittagessen, wenn der Henkelmann auf dem offenen Feuer gewärmt wurde. Oft haben wir auch die Butterbrote gebraten. Die Männer machten uns aus Ästen eine Schere, darauf legten wir das Brot und hielten es über die Kohlen, bis es knusprig war. Es schmeckte gut, auch wenn es oft sehr dunkel oder schwarz und die Butter herausgelaufen war und in dem Feuer brutzelte.

Im Sommer war es nach langer Trockenheit zu gefährlich, Feuer zu machen. Dann nahmen wir Pudding als Mittagsmahlzeit mit. Oft hatten wir auch Waffeln von Muttern und schmierten uns darauf den Pudding. Ich erinnere mich noch sehr genau und werde es nie vergessen, was sich an einem warmen Sommertag zutrug. In meinem Henkelmann war Pudding. Da ich am Mittag nicht alles gegessen hatte, wollte ich den Rest zur Kaffeepause verzehren. Ahnungslos öffnete ich den Deckel, und ein Frosch sprang heraus. Ich habe so einen Schreck bekommen, dass ich alles wegwarf und laut schreiend weglief, als sei ich in Lebensgefahr. Alles amüsierte sich köstlich, hatten doch die Jungen, welche auch im Wald arbeiteten, mir in einem günstigen Moment den Frosch in den Henkelmann getan, da alle wussten, dass ich keine besonders freundliche Beziehung zu den hüpfenden Tieren hatte. Dieser gelungene Streich sorgte noch lange für Stimmung. An die Arbeit im Wald denke ich noch gerne zurück - es war eine schöne unbeschwerte Zeit.

Hier unser damaliger Verdienst: Im Mai 1947 betrug der Stundenlohn für die Frauen 0,29 bis 0,32 RM, für die Männer 0,59 bis 0,69 RM.

Nach der Währungsreform (Juni 1948) im April 1950 für die Frauen 0,59 bis 0.64 DM, für die Männer 0,88 bis 1,01 DM. Die Männer arbeiteten öfters im Akkord oder Stücklohn, da war der Verdienst wesentlich höher (1,38 bis 1,50 DM).