Neuer Vulkanausbruch im Kreis Daun?

Robert Richter, Plütschcid

Eine des öfteren gestellte Frage ist, ob die Vulkane der Eitel und damit auch im Kreis Daun endgültig erloschen sind oder irgendwann wieder vulkanische Aktivitäten auftreten könnten. (Siehe Zeitungsmeldung vom Oktober 1995). Hauptaspekte einer solchen Betrachtung sind dabei die geologisch-tektonischen Gegebenheiten und die kaum vorstellbaren Zeiträume, in denen sie ablaufen.

Zu den geologischen Faktoren zählt, dass die Eitel im Schnittpunkt zweier Schwächezonen der Erdkruste in Mitteleuropa liegt. Zum einen ist da die große europäische Bruchzone von Rhone- und Oberrheingraben. Sie setzt sich im Mittelrheintal und Niederrhein, also am unmittelbaren Ostrand der Eifel, fort. Die andere Schwächezone ist bogenförmig um die Alpen angeordnet; von der Auvergne in Frankreich über Eifel, Westerwald, Rhon bis nach Böhmen. In der Auvergne und der Eifel flammten dabei bis in allerjüngster Vergangenheit die Vulkan berge auf. Ursache beider Schwächezonen sind Spannungen der Erdkruste in Mitteleuropa infolge Auffaltung der Gebirge in Südeuropa, vornehmlich der Alpen. Das geht seinerseits auf den Aufprall der afrikanischen Kontinentalplatte auf die eurasische Kontinentalplatte (seit etwa 65 Mio. Jahren) im Mittelmeerraum zurück. Eine weitere Folge dieser mit gigantischen Kräften in unvorstellbaren Zeiten ablaufenden Vorgänge der Erdkruste ist die Hebung der Eifel (bis zu 1 mm pro Jahr). Dies führt in der ohnehin mit 30 km vergleichsweise dünnen Erdkruste der Eifel zur Ausbildung von lokalen Bruchzonen. Markantes Beispiel ist die südost-nordwestwärts verlaufende Westeifel-Vulkankette von Bad Bertrich bis Ormont, quer durch den Kreis Daun. Entlang solcher Bruchoder Schwächezonen drang Magma (flüssiges Gestein) im Verlauf der Erdgeschichte der Eifel aus dem oberen Erdmantel bis zur Erdoberfläche vor und löste vulkanische Tätigkeiten aus. Zieht man in Betracht, dass die Hebung der Eifel auch heute noch weitergeht, ist anzunehmen, dass weitere Bruchzonen entstehen, an denen - wie zumindest zweimal in jüngster Erdgeschichte geschehen - Magma bis zur Erdoberfläche aufsteigen kann und zu neuen Vulkanausbrüchen führen würde. Wegen der langen Zeiträume solcher Vorgänge fragt es sich nur wann. Damil sind wir bei der zeitlichen Betrachtung des Eifelvulkanismus. Vulkane in der Eifel gibt es seit etwa 45 Mio. Jahren. Dazwischen lagen Ruhephasen von mehreren hunderttausend wenn nicht sogar Millionen Jahren. Auffallend sind die vulkanischen Erscheinungen des Westeifelvulkanzuges, der in den letzten 600 000 Jahren entstanden ist. Bemerkenswert ist dabei eine Steigerung der Aktivitäten in den letzten 100 000 Jahren. Ob diese verstärkte Ausbruchphase oder gar der Eifelvulkanismus nun ausgerechnet mit der Entstehung des Ulmener Maares vor 9000 Jahren - als derzeit letzte vulkanische Tätigkeit der Eifel - erloschen ist, muss heute stark bezweifelt werden. Dafür erlaubt der Zeitraum von 9000 Jahren geologisch gesehen einfach keine eindeutige Antwort. Zudem gab es frühere Ruhephasen des Eifelvulkanismus, deren Zeitdauer wesentlich länger war als die Zeit von der Bildung des Ulmener Maares bis heute. Auch die zahlreichen CO-haltigen Mineralquellen im Kreis Daun mit ihrem beträchtlichen Gasausstoß lassen keinen Schluss zu. Man kann sie sowohl als letzten Nachhall einstiger vulkanischer Tätigkeiten wie auch als vorübergehende Ruhepause der Vulkane oder gar als den Auftakt eines langsam wiederauflebenden Vulkanismus interpretieren.

Aufgrund dieser Faktoren kann man durchaus zur Ansicht gelangen, ein erneuter Vulkanausbruch (oder auch Maarausbruch) im Kreis Daun sei nicht ganz auszuschließen. Zur Beruhigung sei aber gesagt, zur Zeit gibt es keinerlei Anzeichen für ein erneutes Aufleben vulkanischer Tätigkeiten. Aber in geologischen Zeiträumen, die die zeitlichen Dimensionen vieler Generationen und erst recht die eines Menschenlebens sprengen, kann niemand erneute Vulkanausbrüche hier ausschließen. Damit ergibt sich die Frage nach Folgen und Auswirkungen eines solchen Ereignisses. Für die Natur in der Umgebung der Ausbruchstelle wäre es die (vorübergehende) totale Zerstörung allen Lebens. Für den Menschen gäbe es aber sicher genug Anzeichen einer bevorstehenden Vulkankatastrophe. Aufsteigendes Magma und Gase müssten sich zunächst verstopfte Schlote oder sonstige Kanäle freisprengen, um bis an die Erdoberfläche zu gelangen. Das würde zu einer Häufung von Erdbeben an der betreffenden Stelle führen, also sich bemerkbar machen. Erdbeben der letzten Zeit, wie im April 1992, haben allerdings nichts mit einer bevorstehenden Vulkaneruption zu tun, da sie tektonische, das heißt im Aufbau der Erdkruste liegende Gründe haben. Mögliche Vulkanausbruchstellen könnten von Satelliten anhand von Infrarot auf nahmen relativ rasch erfasst werden, da es dort zu einer erhöhten Wärmestrahlung kommt. Außerdem käme es im Bereich einer möglichen Ausbruchstelle durch die nach oben drängenden Glutmassen zu einer verstärkten (1-5 cm) Aufwölbung der Erdkruste, die ebenfalls durch Satelliten- oder Radarmessungen nachweisbar wären. Anzunehmen ist auch, dass ein erneuter Vulkanausbruch in der Eifel kaum die Dimensionen erreicht, wie die großen verheerenden Vulkaneruptionen entlang der Grenzen der Kontinentalplatten, etwa auf den Philippinen (Pinatubo) oder der Westküste Amerikas (Mount St. Helens), da dort andere Gesetzmäßigkeiten herrschen. Allerdings zeigt der Ausbruch des Laacher See Vulkans vor 11 000 Jahren mit der Zuschüttung des Neuwieder Beckens mit meterdicken Bimsschichten, große Vulkankatastrophen kann es auch in der Eifel geben. Die heute lebende Generation und wohl auch noch einige kommende werden ein vulkanisches Szenario - wie einst der Mensch in der Buchenlochhöhle bei Gerolstein vor 30 000 Jahren - mit einiger Sicherheit kaum erleben. Größte Unbekannte bleiben aber die nicht vorhersagbaren geotektonischen Kräfte, angetrieben vom glühenden Erdinnern und in unvorstellbarenZeitspannenarbeitend. Deren Wirken, sowohl bezüglich ihrer unermesslichen Kräfte wie auch im Hinblick auf die Zeiträume, die jedes menschliche Maß überschreiten, lässt sich aber - und damit auch eine exakte Vorhersage von möglichen Vulkanausbrüchen - allenfalls erahnen und wohl nie genau bestimmen.