Technisches Denkmal »Bahnbetriebswerk«

Hans-Peter Kühl, Gerolstein

Ein Sommerwochenende in 1999. Gerade ist der »Pendolino-Regionalexpress« aus Köln im Bahnhof Gerolstein eingelaufen: Der Gegenzug aus Richtung Trier hat schon einige Minuten vorher hier Station gemacht. Einige der Reisenden gehen nicht den üblichen Weg Richtung Ausgang, sondern wenden sich nach Gleis 5. Hier wartet ein alter Schienenbus - VT 95 im Fachjargon - auf Fahrgäste mit einem besonderen Fahrziel. Nicht Prüm oder Daun sollen angefahren werden, Zielpunkt ist das Mitte 1998 eröffnete "Eisenbahnmuseum Gerolstein". Der Triebwagen, welcher dem Verein »Eifelbahn e. V.« gehört, bringt die Besucher schnell in das ca. 1,5 km vom Bahnhof entfernte Bw, die Fahrkarte gilt gleichzeitig als Eintrittskarte. Im »Bw« sind eine ganze Reihe unterschiedlicher Fahrzeuge zu sehen, angefangen bei einer Garnitur historischer Reisewagen über Rangier- und Dienstlokomotiven bis hin zu einer Diesellok V 100-früher hierin Gerolstein beheimatet. Der Star des Museums ist jedoch die große Güterzug-Dampflok Baureihe 50. Auch die Eisenbahnfreunde Vulkaneifel haben im Bw einen Großteil ihrer Exponate abgestellt, der besseren Wartungsmöglichkeiten wegen. Im Schuppen steht auch eine Dampflok Baureihe 38, die am Vortag einen Sonderzug nach Gerolstein brachte. Teilweise ist der Schuppen durch eine Absperrung unterteilt, hinter welcher noch Loks der DB AG auf ihre Einsätze auf der Eifelstrecke warten.

Das ehemalige Verwaltungsgebäude beherbergt eine Sammlung historischer Postkarten, Pläne, Fotos und Bahnutensilien, Dem Besucher wird gezeigt, wie sich die Bahn in den letzten 129 Jahren im Eifelraum entwickelt hat. Auch die Arbeit rund um die Loks wird eindrucksvoll dokumentiert. In einem Souvenirladen können Andenken in Form von Postkarten, Zuglaufschilder oder Bücher gekauft werden, während im ehemaligen Aufenthaltsraum der Schlosser ein kleines Bistro auf Gäste wartet. Ob eine solche Zukunftsvision Wahrheit werden kann, muß zunächst noch abgewartet werden. Immerhin sind einige wesentliche Voraussetzungen bereits erfüllt. So hat sich im Januar 1995 ein Verein gegründet, mit dem Ziel, das alte Bahnbetriebswerk zu einem Museum umzugestalten. Beteiligt an diesem Verein sind unter anderem der »Arbeitskreis Eifelbahnen«, die "Eisenbahnfreunde Jünkerath e. V.« und die "Eisenbahnfreunde Vulkaneifel e. V." mit Sitz in Daun. Somit steht gewiss eine stattliche Zahl potentieller Mitarbeiter für das Museumsprojekt zur Verfügung.

Durch Zusammenarbeit möglich geworden mit der belgischen Vennbahn ist es, dass die Europäische Gemeinschaft für den Aufbau des Projektes einen Zuschuss von rund 600 000 DM gewährt hat. Wesentlich ist auch, dass das gesamte Areal des Betriebswerks als Denkmalzone gemäß dem »Denkmalschutz- und -pflegegesetz« ausgewiesen wurde. Die vom »Arbeitskreis Schienenverkehr im Rheinland" am 1. 10. 1993 beantragte Unterschutzstellung ist genau zwei Jahre später durch Veröffentlichung der Rechts Verordnung der Dauner Denkmalpflegebehörde rechtswirksam geworden. Nach langen Jahren fehlender Unterhaltung müsste der "Geschäftsbereich Traktion« der DB AG - zuständig für den Lokeinsatz - wohl noch in 1996 den Lokschuppen, die Drehscheibe und die alte Lokleitung sanieren. Ein geändertes Betriebskonzept führt dazu, dass seit einigen Wochen bereits täglich acht bis zehn große Dieselloks wieder in Gerolstein zur Übernachtung abgestellt werden. Weniger gut stehen die Chancen für das große Verwaltungsgebäude des Bw, da der hierfür zuständige Geschäftsbereich weder eine Sanierung durchführen noch einem Verkauf oder Vermietung zustimmen will. Hier wird der Verein Eifelbahn e. V. wohl noch intensive Arbeit leisten müssen. In jedem Fall hat die Unterschutzstellung wieder auf die Bedeutung der Anlage hingewiesen. So heißt es im § 3 der Rechtsverordnung:

§ 3 Zweck und Begründung der Unterschutzstellung

1) Die Unterschutzstellung erfolgt zum Zweck der Erhaltung der Bau-, Technik- und Gleisanlage des ehemaligen Bahnbetriebswerkes Gerolstein, das in der Zeit von 1928 bis 1930 an der Eisenbahnstrecke Köln-Trier errichtet wurde.

2) Die Denkmalzone ist ein Zeugnis des technischen Wirkens und geistigen Schaffens i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 a DSchPflG, da es hinsichtlich der baulichen und technischen Konzeption und Ausstattung dem Typ eines mittleren Bahnbetriebswerkes aus der Zeit nach 1920 entspricht. Durch die noch vorhandenen ursprünglichen bzw. nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1950 wiederaufgebauten baulichen (Lokschuppen, Magazin-, Verwaltungs- und Werkstattgebäude) und technischen Anlagen (Drehscheibe, Anschlussanlagen für Wasserkran, Schlackengrube. Gleisanlagen) dokumentiert das Bahnbetriebswerk noch heute die technischen Betriebsabläufe.

An der Erhaltung und Pflege des Kulturdenkmales besteht aus wissenschaftlichen Gründen (§ 3 Abs. 1 Nr. 2a DSchPflG) ein öffentliches Interesse, da das Bahnbetriebswerk fast vollständig erhalten geblieben ist und zu den letzten funktionstüchtigen Anlagen in Rheinland-Pfalz gehört. Ferner ist das Objekt ein Dokument für die Geschichte des Eisenbahnbaus in der Eifel und die frühere Bedeutung des Bahnstandortes Gerolstein. Von ganz besonderer Bedeutung ist das Bahnbetriebswerk durch seine Eignung, das geschichtliche Bewusstsein zu fördern (§ 3 Abs. 1 Nr. 2b DSchPfG). So ist es ein technikgeschichtliches Zeugnis für den Bau und Betrieb eines fortentwickelten Bw aus dem Jahre 1930, ein Zeugnis des gesamten funktionstechnischen Zusammenhangs der Unterhaltung und Reparatur des Lokomotiv- und Waggon best an des sowie ein bedeutendes Dokument der sozial- und wirtschaftspolitischen Funktion der Gerolsteiner Eisenbahnanlagen und repräsentiert somit insbesondere in wirtschaftlicher Sicht die Stadtentwicklung ab 1930.

Loks der Baureihen 57, 91 und 93 (Dampf), 211 (Diesel) und VT 95 (Triebwagen] gehörten zu den langjährig hier beheimateten Fahrzeugen. Besonders die von Gerolstein ausgehenden Nebenbahnen nach Hillesheim, Daun und m die Westeifel wurden mit Gerolsteiner Loks befahren. Noch 1974 standen 110 Eisenbahner beim Bw in »Lohn und Brot«. Die Bahn selbst hat wesentlich zur wirtschaftlichen Entwicklung des Gerolsteiner Landes beigetragen. Es bleibt zu hoffen, dass die DB dem Projekt des Museums noch aufgeschlossener gegenübersteht und so die Kulturlandschaft des Kreises bereichert und die Entwicklung des Fremdenverkehrs weiter angekurbelt werden kann.