Neunzehn Jahre Hauswirtschaft

an der Landwirtschaftsschule Hillesheim

Margarete Heckmann, Rengsdorf

Zwei Übernachtungen in dem komfortablen Golf-Hotel »Augustiner-Kloster« weckten in mir so manche Erinnerung, habe ich doch neunzehn Jahre in den alten Klostermauern gewohnt.

Sicher erinnert sich so mancher Hillesheimer noch, dass in dem all ehrwürdigen Klostergebäude 84 Jahre lang die Landwirtschaftsschule untergebracht war (von 1888-1972). Bis 1913 besuchten Schüler aus den Kreisen Daun, Prüm und Schleiden die Winterschule, wie sie damals offiziell genannt wurde oder die Ackerbauschule, wie sie in der Bevölkerung hieß. Später errichteten die Kreise Prüm und Schleiden eigene Landwirtschaftsschulen. Als auch in Daun 1929 eine Winterschule eröffnet wurde, erstreckte sich der Schulbezirk nur noch auf die Ämter Hillesheim. Lissendorf-Birgel und Gerolstein mit 43 Gemeinden. Nachdem 64 Jahre nur Jungen an der Landwirtschaftsschule unterrichtet wurden, baute die Gemeinde Hillesheim, mit Unterstützung von Kreis und Land, einen Teil des alten Klostergebäudes in Lehr- und Internatsräume für die Mädchenabteilung um. Nun begann für uns, die beiden Lehrerinnen der landwirtschaftlichen Haushaltungskunde, Anneliese Ternes und Margarete Heckmann, die Aufgabe, Lehrküche, Unterrichtsräume und Wohnheim zu planen und einzurichten; ein schwieriges Unterfangen, da das Geld keineswegs "floß«, sondern um jede Anschaffung gekämpft werden musste. Nur durch die Großzügigkeit von einigen Hillesheimer Geschäftsleuten konnten wir rechtzeitig im November 1952 mit dem Unterricht beginnen. Mit 28 Schülerinnen starteten wir in das erste Wintersemester an der Abteilung Hauswirtschaft. Sie kamen zum größten Teil aus landwirtschaftlichen Betrieben des gesamten Kreisgebietes. Von 75 Anmeldungen konnten wir nur 28 berücksichtigen. Es war schwierig, da eine Auswahl zu treffen. Oft kamen die Jungbauern und baten dringend um die Aufnahme ihrer Bräute. So war in den ersten Jahren das Durchschnittsalter unserer Schülerinnen zwanzig Jahre. Es waren interessierte, aufgeschlossene Menschen, die das Rüstzeug für ihre spätere Aufgabe als Hausfrau, Mutter und Bäuerin erwerben wollten. Mit viel Freude und Engagement von Lehrerinnen und Schülerinnen ging es in den Unterricht, waren es nun theoretische Fächer, die sich über Ernährungslehre, Gesundheits- und Säuglingspflege, Wirtschaftslehre bis zu Gartenbau und Viehhaltung erstreckten oder die praktischen Stunden wie Kochen, Nähen, Haus- und Wäschepflege. Doch auch die musische und allgemeinbildende Ausbildung kam nicht zu kurz. Wer erinnert sich nicht gerne an die Vorbereitung und Durchführung mancher Veranstaltungen und Feste? Da standen auf dem Programm: Weihnachtsfeier. Weiberdonnerstag, Wintertest, genannt Knollenball und Landfrauentag. Mit viel Begeisterung und Freude übten wir Lieder, Theaterstücke, Sketche und Volkstänze ein. Manches Talent kam da zum Vorschein!

Auch Theaterbesuche und Besichtigungen gehörten zum Lehrplan. Abends wurde in gemütlicher Runde gewerkt, gebastelt und gewebt. In manchen Haushaltungen im Kreisgebiet sind heute noch handgewebte Kissen und Teppiche zu sehen. Am Landfrauentag, zum Abschluss des Wintersemesters, konnten die mit viel Geschmack hergestellten Näh- und Werkarbeiten in einer Ausstellung bewundert werden.

Da das Bargeld in landwirtschaftlichen Betrieben sehr knapp war, brachten die Schülerinnen Naturalien für den Koch Unterricht mit. So kam manches Mädchen mit Milch, Fleisch und Gemüse oft schon sonntags zu Fuß angeschleppt.

Auch Geflügel stand auf dem Küchenplan. Mit viel Weh, Ach und Oh fand das große Hühnerschlachten statt. An ein "Schlachtfest« erinnere ich mich besonders: Eine Schülerin brachte eine Gans mit, die aber Gott sei Dank schon geschlachtet und gerupft war. Sie sollte in gebratener, knuspriger Form die Krönung unseres Mittagessens sein. Aber ach, das liebe Federvieh wurde und wurde nicht gar. Nachdem ich mich nach dem Alter des Tierchens erkundigt hatte, bestätigte die edle Spenderin, dass, solange sie sich erinnern konnte, die stolze Gans auf ihrem Gefiügelhof herumstolziert sei. Kurz entschlossen drehten wir dann das Fleisch durch den Fleischwolf, und so gab es bei sorgfältig zubereiteten Kartoffelklößen Gänsefleischfrikadellen. Sie schmeckten nach dem nervenaufreibenden Hühnerschlachten auch gut.

Inzwischen sind die »Ehemaligen« schon Großoder Urgroßmütter und haben die verantwortliche Führung ihres Haushaltes und Betriebes unter Beweis stellen können. Wie oft hörte man später: »Wie gut, dass ich damals in der Mädchenabteilung war!" Bis 1971 besuchten 375 Schülerinnen die Abteilung Hauswirtschaft in Hillesheim, die nach der Einrichtung der Mädchenabteilung in Daun 1955 vorwiegend aus dem nördlichen Kreisgebiel kamen.

Neben dem Unterricht war die Beratungstätigkeit ein zweiter Schwerpunkt für uns Fachkräfte. Mit dem Fahrrad ging es bis 1955 durch den ganzen Kreis. Die ersten Gemeinschaftswaschanlagen wurden eingerichtet. Es war schwer, die Gemeindeväter und Hausfrauen von der Leistungskraft einer modernen Waschmaschine zu überzeugen. Da half nur die Vorführung des Gerätes, in dem die schmutzigste Wäsche des Dorfes gewaschen wurde. Später folgten dann neben den Gemeinschaftswaschanlagen die Gefrieranlagen, alles Einrichtungen, die der Hausfrau und Bäuerin die vielseitige Arbeit erleichtern sollten. Bis 1964 entstanden im Schul- und Beratungsbezirk Hillesheim: 21 Gemeinschaftswasch- und 17-gefrieranlagen, 4 Gemeinschaftsschlachträume und 2 -vorkühlräume sowie 2 Gemeinschaftshäuser. Ab Mitte der fünfziger Jahre wurden auch die ersten Aussiedlungen gebaut. Bei Planung und Durchführung waren neben den landwirtschaftlichen Fachkräften auch wir von der Hauswirtschaft gefragt, besonders, wenn es um die Zuordnung und Einrichtung der Wirtschaftsräume ging.

Neben diesen Beratungsschwerpunkten kamen immer neue hinzu. 1956 wurde in Zusammenarbeit mit der Ruhrkohle das Musterdorf Oberbettingen geschaffen, in dem sechs Betriebe eine Heizungs- und Warm Wasseranlage einbauten. Mit dem RWE richteten wir Elektro-Richtbetriebe ein. Daneben gab es die Projekte Dorfverschönerung und Förderungsmaßnahmen zur Schaffung von Arbeitserleichterungen der Bäuerin.

Natürlich war die Berufsausbildung zur Gehilfin und Meisterin der ländlichen Hauswirtschaft, die Erwachsenenbildung und Landfrauen arbeit ein weiterer Schwerpunkt.

Bald bewältigten wir die Arbeit mit dem Fahrrad nicht mehr. Ein Moped und später ein VW Käfer halfen uns, Zeit einzusparen. Die vielseitigen Aufgaben und Tätigkeiten machten viel Freude. An der Landwirtschaftsschule und Beratungsstelle waren wir ein kleines, aber gutes Team. Jeder achtete und unterstützte die Arbeit des Kollegen und der Kollegin.

Mit der Nachbardienststelle Daun pflegten wir guten Kontakt. In den Betrieben wurde man gebraucht und war immer willkommen. Zu vielen Familien hatte man ein persönliches Verhältnis, so dass die Beratungsgespräche oft nicht nur fachlicher Natur waren. Leider mussten, obwohl noch interessierte Schüler und Schülerinnen da waren, auf Anordnung des Landwirtschaftsministeriums Mainz 1971 die hauswirtschaftliche und 1972 die landwirtschaftliche Abteilung geschlossen werden.

Es ist gut zu wissen, dass auch heute noch, trotz vieler Rationalisierungsmaßnahmen von selten der Regierung, die Frauen auf dem Lande von den hauswirtschaftlichen Fachkräften der Beratungsstelle Daun betreut werden und manche ehemalige Schülerin sich in der Landfrauenarbeit engagiert.

Sketche, Darbietungen zur Unterhaltung und offizielle Veranstaltungen wie Landfrauentag, auch das gehörte ins Programm der Landwirtschaftsschule Hillesheim.