Das Hippelsteinchen

Wer heutzutage etwas auf sich hält, der reist so kreuz und quer durch die Welt, er sucht Sensationen und vergisst, wie schön es doch in der Heimat ist.

Es gibt, nahe hier bei unserm Ort, erst kurz war ich beim Spaziergang dort, ein Fleckchen Erde, friedlich und still, wo man gerne etwas verweilen will.

Dort steht im Berghang am Wiesengrund ein großer Fels, wie ein Ball so rund. Er wird das Hippelsteinchen genannt und ist hier eigentlich jedem bekannt.

Und wenn an einem Freitag zur Mittagsstund' die Glocken läuten in weiter Rund, dann dreht sich der Stein und aus einer Tür tritt ein uralt Zwergenmännlein herfür.

Es blinzelt ins Licht und schaut umher, ob auch niemand da ist, der es stör', und hippelt dann lustig, hetdideldum, mit frohem Lachen ums Steinchen herum.

Wenn dann vom Turm die Glocke verhallt, und es wieder still wird über dem Wald, dann verschwindet das Männlein im steinernen Tor, und alles sieht aus, als wie zuvor.

Es geht die Sage: Wenn ein Sonntagskind den richtigen Freitag, den dreizehnten find', und es sieht das Männlein und bittet schön, so wird ihm ein Wunsch in Erfüllung gehn.

Auch ich geh demnächst mal wieder hin, das Männlein zu treffen hab' ich im Sinn. Und kommt es heraus aus der Felsentür und fragt: »He Menschlein, was willst du von mir?

Willst du Gold oder willst du Edelstein?« Dann schütt'l ich den Kopf und sage: "Nein! Weißt du, du lieber, freundlicher Wicht, das ist sehr schön, doch ich brauch es nicht.

Behuf mir die Heimat, die hab' ich so gern.

Halt' Sturm und Feuer und Krieg von ihr fern.

Hilf wahren uns Brauchtum, Freundschaft und

Recht,

dann geht es den Ärmsten von uns nicht

schlecht.»

Und diesem Wunsch, ich bin überzeugt, ist das Männlein gar nicht abgeneigt. Versucht euer Glück doch auch einmal beim Spaziergang im verwunschnen Wiesental.

Thekla Heinzen,Feusdorf