Schienenpersonennahverkehr in der Eifel Zukunftskonzepte der Deutschen Bahn AG

Meik Ebert. Köln - Frank Wissen, Koblenz

Seil Anfang dieses Jahres greift die sogenannte »Regionalisierung« des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV): Ab diesem Zeitpunkt sind Zweckverbände als politische Besteller für die Angebotsgestaltung des SPNV verantwortlich. Wie kann sich unter diesen veränderten ordnungspolitischen Rahmenbedingungen das Angebot im Personennahverkehr auf den Schienenstrecken der Eifel aus Sicht der Deutschen Bahn AG (DB) entwickeln? Die Autoren stellen mögliche Zukunftskonzepte dar.

Regionalisierung des Nahverkehrs -Neue Zuständigkeiten im SPNV

Seit Anfang des Jahres 1996 ist es soweit: Die Regionalisierung des Öffentlichen Personennahverkehrs hat für die Organisation der Eisenbahnverkehre grundlegende Veränderungen gebracht.

Wichtigste Neuerung: Zukünftig sind die Gebietskörperschaften dafür zuständig, welche Nahverkehrsleistungen sie ihren Bürgern anbieten wollen. Die Kreise und Städte »vor Ort« entscheiden also in sogenannten Nahverkehrsplanen, wo, wann und wieviele Züge und Busse fahren sollen. Hierzu wurden sie von Bund und Ländern mit entsprechenden Finanzmitteln ausgestattet. Diese Gelder verwenden sie, um die von ihnen konzipierten Nahverkehrsangebote bei Verkehrsunternehmen zu "bestellen" und von diesen fahren zu lassen. Alles in allem: Es wird in der Zukunft also nicht mehr von Bundesbehörden oder (fernen) Unternehmenszentralen vorgegeben, welche Schienenverkehre im Gebiet der Eifel realisiert werden, sondern von den Kreisen und Städten m dieser Region! Nun hat der Personennahverkehr auf der Schiene gegenüber den Busverkehren eine Besonderheit. Aufgrund seiner in der Regel überörtlichen Bedeutung bestellt hier nicht jede einzelne Kommune Verkehrsleistungen. Die Kreise und Städte haben sich vielmehr zu regionalen Zweckverbänden zusammengeschlossen, die jeweils koordinierte Angebote mit den Verkehrsunternehmen zusammen planen und dann bestellen.

Dies alles gilt auch für die Eisenbahnstrecken, die die Eifel erschließen. Für die nordrhein-wesffälischen Strecken ist nunmehr der Zweckverband des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg (VRS) in Köln, für die Eifelstrecken in Rheinland-Pfalz der Zweckverband Nord - mit Sitz in Koblenz-verantwortlich.

Bah n Strukturreform - Die DB vor Ort

Die Deutsche Bahn AG (DB) als wichtigster und größter Betreiber im Schienenpersonennahverkehr hat sich auf die verstärkte Aufgabe n Verantwortung vor Ort eingestellt. Sie gründete schon vor knapp zweieinhalb Jahren ebenfalls regionale Unternehmenseinheiten im Geschäftsbereich Nahverkehr (bundesweit 19 Regionalbereiche), um kundenorientiert und unternehmerisch am Markt agieren zu können. Die Unternehmenseinheiten sind vom Einzugsbereich her im wesentlichen deckungsgleich mit den Organisationen der politischen Besteller. Für die SPNV-Verkehre in der Eifel verantwortlich sind in Köln der Regionalbereich Nahverkehr Rheinland und in Koblenz der Regionalbereich Nahverkehr Rhein-Mosel. Sie arbeiten eng mit den bestehenden Zweckverbänden zusammen.

Sie sind die Ansprechpartner der DB für Fahrgäste und Politiker, was die Fragen des SPNV angeht. Zugleich sind sie diesbezüglich die Koordinatoren im DB-Konzern in der Zusammenarbeit mit den weiteren Geschäftsbereichen, indem sie zum Beispiel mit dem Fernverkehr abgestimmte Fahrplankonzepte entwickeln, beim Geschäftsbereich Fahrweg die dafür notwendigen Benutzungsrechte (Fahrplantrassen) einkaufen oder Wünsche für

 

weitere Park-and-ride-Anlagen mit dem zuständigen Geschäftsbereich Personenbahnhöfe abstimmen.

Eisenbahnstrecken von und zur Eifel -Wie sieht die Zukunft aus?

Die DB-Schienenstrecken in der Eifel stellen zum einen eine großräumige Verbindung von der Eifel zu den Oberzentren Köln im Norden und Trier im Süden her. In Bonn, Remagen und Andernach werden Anschlüsse an die starke Personenverkehrsachse auf der linken Rheinstrecke hergestellt.

Bezogen auf die Eifel wird es zu deutlichen Verbesserungen des Angebotes im SPNV kommen. Hintergrund bildet das Konzept des Integralen Taktfahrplans (ITF) - in Rheinland-Pfalz in einer Vorstufe des "Rheinland-Pfalz-Taktes« bereits realisiert, in Nordrhein-Westfalen wird er derzeit vorbereitet. Was sind nun zunächst die wesentlichen Merkmale des ITF?

• Alle Bahnhöfe und Haltepunkte werden mindestens stündlich bedient.

• Jede Strecke wird mit einer oder mehreren Linien an allen sieben Tagen der Woche zwischen etwa 6 und 22 Uhr bedient.

• Jede SPNV-Linie hat über den ganzen Tag die gleichen Unterwegshalte.

• Jede SPNV-Linie wird stündlich oder zweistündlich in immer der gleichen Minute gefahren (Taktzeit), einige Linien öfter (Halbstundentakt ganztägig oder zu den Hauptverkehrszeiten).

• Jede SPNV-Linie wird mit einem einheitlichen, modernen Fahrzeugtyp bedient.

Der Integrale-Takt-Fahrplan ist für den Fahrgast leicht zu merken und weist gegenüber herkömmlichen Taktsystemen noch einen weiteren entscheidenden Vorteil auf: Durch Abstimmung der Taktzeiten wird erreicht, dass an den wichtigen Knotenbahnhöfen des SPNV-Netzes die Züge aller Richtungen gleichzeitig eintreffen und nach wenigen Minuten wieder in die Gegenrichtungen abfahren. Für den Kunden entstehen somit nicht nur regelmäßige Umsteigebeziehungen zwischen allen Richtungen, sondern auch die Wartezeiten werden deutlich verkürzt.

Neben den Direktverbindungen können so zahlreiche weitere Fahrtmöglichkeiten mit günstigen Reisezeiten im SPNV-Netz geschaffen werden.

Wie sehen nun die Verbesserungen im einzelnen aus?

Strecke Köln - Trier (Eifel st recke)

Wichtigste Neuerung ist der für den Fahrplan 1997/98 geplante Einsatz von Fahrzeugen mit Neige-Technik. Für sämtliche Züge auf der auch weiterhin im Zwei-Stunden-Takt verkehrenden Regional Express-Linie zwischen Köln und Trier ist das neue Fahrzeugmaterial bereits bestellt.

Die speziell konstruierten neuen Verbrennungstriebwagen (VT) der Baureihe 611 (der Vorgänger VT 610 wurde als »Pendolino« bekannt) erlauben es im Gegensatz zu herkömmlichen Zügen, auch kurvenreiche Strecken mit hoher Geschwindigkeit zu durchfahren. Wie ein Motorradfahrer legt sich der VT bei Kurvenfahrten schräg - ein freischwingend aufgehängter Wagenkasten und eine vom Gleisradius abhängige Wagensteuerung machen's möglich. Mit einem hydraulischen System, das je nach Kurvenkrümmung und Geschwindigkeit den Wagenkasten in eine entsprechende Schräglage bringt, können Kurven bei gleichem Reisekomfort schneller durchfahren werden. Die Fahrgäste bemerken diese Drehung kaum, da der Wagenkasten auf Höhe der Sitze nur geringfügig an der Bewegung teilnimmt. Die außergewöhnlichen Leistungsmerkmale des Neigezuges kommen vor allem in kurvenreichen Mittelgebirgsregionen mit ländlichen Siedlungsstrukturen zur Geltung. Auf nicht elektrifizierten Strecken mit Halteabständen von etwa 20 km erreicht er eine durchschnittliche Reisegeschwindigkeit von 100 km/h. Wenn die notwendigen, millionenschweren Investitionen in den Oberbau realisiert sind, können wir 1997 die Reisezeit jedes Regional-Express zwischen Köln und Trier um etwa 20 bis 25 Minuten verkürzen. Zwischen Trier und Saarbrücken können nochmals etwa zehn Minuten an Fahrzeit eingespart werden. Während in Nordrhein-Westfalen alle heutigen Regional Express-Halte weiterhin angefahren werden, werden in einer ersten Einsatzstufe auf dem rheinland-pfälzischen Abschnitt der Eifelstrecke zunächst die Halte Bitburg-Erdorf, Gerolstein und Jünkerath bedient. Damit ergeben sich mit dem Regional-Express-Zuges optimal vertaktete Umsteigeverbindungen auf die Saarstrecke, nach Luxembourg sowie auf die Obermosel. Sollte der Zweckverband in Nord-Koblenz dann weitere Verbesserungen des SPNV-Angebotes bestellen, könnten im Fahrplan 1997/98 auch die nicht vom VT 611 bedienten Halte Kyllburg, Speicher und Kordel profitieren. Denkbar wäre beispielsweise eine zusätzliche zweistündliche Stadt Express-Linie Trier - Gerolstein (- Köln) mit den Halten Kyllburg, Speicher und Kordel.

Neben der Regional Express-Linie erfüllen noch weitere SPNV-Linien Verkehrsaufgaben auf der Eifelstrecke. Unsere beiden SPNV-Linien auf der nördlichen Eifelstrecke,

• die RegionalBahn (RB) Köln-Kali und

* der Stadt Express (SE) Köln-Gerolstein, werden noch vor dem Jahr 2000 mit neuen Fahrzeugen ausgerüstet. Die dazu notwendigen 20 bis 25, im Auftrag der DB neu entwickelten Leichtverbrennungstriebwagen (LVT) sollen in zwei bis drei Jahren zum Einsatz kommen: leichter und energiesparender, mit höherem Reisekomfort, mit weniger Lärmentwicklung und abgasärmer als die heutigen lokbespannten Züge.

Mit dem Fahrplanwechsel am 2. Juni 1996 wurde zwischen Trier und Gerolstein der Taktverkehr eingeleitet. Die Regional-Bahn verkehrt annähernd im 2-Stunden-Takt, wodurch sich optimale Anschlusssituationen in Trier von und

nach Saarbrücken, Luxembourg und Perl ergeben. Die darüber hinaus gehenden Schüler- und Berufszüge bleiben weitgehend unverändert, so dass sich vor allem zu den wichtigen Hauptverkehrszeiten eine Verdichtung des Zugangebotes ergibt.

Ausblick

Es tut sich was im Schienenpersonennahverkehr - auch für die Bürger in der Eifel! Regionalisierung und Bahnstrukturreform haben neue Rahmenbedingungen geschaffen, um mehr Wettbewerb auf der Schiene zu ermöglichen. Die politischen Besteller werden mittelfristig das Verkehrsunternehmen auswählen können, das den gewünschten Nahverkehr am preisgünstigsten erbringen kann. Die Deutsche Bahn AG mit ihren Regionalbereichen wird sich dem Wettbewerb um diesen Markt der Zukunft stellen - und sie hat gute Chancen dabei. Wir können eine in vielen Jahren gewachsene Erfahrung als netzweiter SPNV-Planer und -betreiber den Bestellern als Dienstleistung anbieten. Für die Eifel bereits fest geplante Investitionen in Millionenhöhe für moderne Fahrzeuge, deutliche Verbesserungen der Schieneninfrastruktur und neue planerische Konzepte wie der Integrale Taktfahrplan werden dafür sorgen, dass durch Rationalisierung und höhere Produktivität in Zukunft mehr Nahverkehr für weniger Geld möglich sein wird. Die Bürger und Fahrgäste in der Eifel werden von dieser Entwicklung profitieren.