Zwischen Reblaus und Backstuw eine Rückblende

Dr. Ulrich Wierz, Trier/Dockweiler

Vor Jahren gab's in Daun zwei Discotheken, auf die man STAND und der Besuch war gleichbedeutend mit SAMSTAGABEND.

Saturday Night Fever

Aus den Lautsprechern - vier oder acht oder mehr sind es bestimmt - dröhnen die Bee Gees; laut, sauber, amerikanisch, perfekt. Aus dem Ei gepellt wie alles und alle hier. Es gibt keinen Lärm, es gibt Musik. Viervierteltakt und Foxtrott ohne Unterbrechung. Moderner Pop-Realismus: »Disc, Disco Dancing«. Es ist laut und undurchsichtig; ein Durcheinander von Selbstverständlichkeiten, Zigarettenqualm-Aura, Musik als Dampfwalze gegen Kommunikation, die im Dämmerlicht nur noch visuell stattfindet. Die Bedienung - optisch kaum auszumachen, nur am Tablett in der Hand zu erkennen, aber doch da, wenn die Gäste sie brauchen - schlängelt sich gekonnt durch die hautnahe Enge, durch Parfumschwaden, vorbei an hundert verborgenen Lippenstiften. Auch die Bedienung: offenes Gesicht, freundlich, beinahe freundschaftlich. Fast glaubst du, sie schon lange zu kennen. Bitte zahlen. Hier fragt man nicht nach Geld, hier hat man es. Hier ist man chic und vielleicht nicht mehr um die zwanzig. Es herrscht Stil und man ist fröhlich.

Satislaction

Die Tür öffnet sich, ein kleiner Flur. Die zweite Tür verbirgt die Geräuschkulisse nur noch schwach. Jagger singt schon seit x Jahren sein »l can get no satisfaction«. Nur Rock wird gespielt, kein Pop. Die Luft ist voll vom Rauch der Selbst gedrehten und auf allen möglichen Ablagen liegen olivgrüne Parkas. Hier gehört auch Systemkritik zum verstaubten Inventar. Meist unverstanden, ohne Pathos und selten mit Engagement, aber sie ist da: manchmal auch nur als Graffiti auf der Toilette. Wer hier tanzen will, kann alleine tanzen. Auch so wie er will. Alles ist erlaubt. Man steht da mit dem schweren Glas in der Hand und redet noch an gegen die laute Musik. Hier werden Wort-Schlachten geschlagen, gewonnen und verloren. Die Haare sind noch länger, die Kleidung lässig oder beliebig, obwohl man auch hier das unbestimmt Bestimmte sucht.

The times they are a changing

Vor nun über dreißig Jahren hat Bob Dylan dieses Lied geschrieben, es ist weltweit ein Hit geworden - und er hat recht behalten. Die Zeiten ändern sich immer noch, wenigstens das bleibt konstant, wie manche meinen. Die Reblaus gibt es schon längst nicht mehr. Schade, sagen viele. Sie haben ihre Erinnerungen daran. Die Backstuw gibt es heute noch. Sie hat alle Trends überlebt. Als Ausgangspunkt für manches „Weißt Du noch . . .« -Gespräch der damaligen Parka-, Nickelbrille- und Langhaarträger-Generation, die heule vermutlich - mit oder ohne Bauchansatz und gelichteten Haaren - in akademischen oder sonstigen beruflichen Würden steht oder sitzt, gibt die »Backstuw« immer noch genügend her. Backstuw - long may your run.