Wiesel oder Hermelin?

Christa Feltgen, Steffeln

Wenn man für das Jahrbuch Daun schreibt, lernt man zunächst viele andere Autoren des Buches kennen und erfährt aus ihren Artikeln viel Neues von Land und Leuten, sieht dann aber auch am Ende des Jahres seine eigenen Aufsätze und Gedichte in den Händen von Nachbarn und Bekannten und muss mit deren Zustimmung oder Ablehnung fertig werden. Das kann so weit gehen, dass jemand auf die letzte Rose im Garten zeigt und sagt: »Darüber solltest Du auch einmal schreiben!" Na, ja, man hat ja dann noch etwas Zeit bis zum nächsten Jahrbuch und kann es sich noch einmal überlegen.

Mit meinem fiktiven »Brief an meinen Enkel" im Buch 1996 ist mir allerdings eine Geschichte passiert, die ich so niemals für möglich gehalten hätte. Das kleine Mauswiesel, von dem in diesem Gedicht die Rede ist, hat mir eine Briefbekanntschaft mit einem Bewohner der Niederlande eingebracht.

Da flatterte nämlich einige Zeit nach Erscheinen des Buches eine Karte aus Apeldoorn auf meinen Schreibtisch, mit der Frage, ob das Wiesel nicht vielleicht doch ein Hermelin gewesen sei.

Nun muss ich zuerst anmerken, dass es in den beiden Sprachen, im Holländischen und im Hochdeutschen sehr viele Wörter gibt, die entweder gleich geschrieben oder gleich ausgesprochen werden, aber jeweils einen völlig anderen Sinn haben. So bedeutet zum Beispiel das holländische nederig in Deutsch bescheiden, ein Kleinkind ist ein Enkel, overvledig, was wir vielleicht mit überflüssig übersetzen möchten, bedeutet üppig, ein noodweer ist ein Unwetter und bellen heißt telefonieren oder klingeln. Wenn allerdings in einem holländischen Ferienort in einem Fenster ein Schild steht »te huren-, sollte es sich der deutsche Gast dreimal überlegen, ob er seine Nachbarn für sexbesessen hält. Das bedeutet ganz einfach nur »zu vermieten«.

Den Niederländern geht es mit vielen deutschen Wörtern nicht anders. Und so gibt es in unserer Sprache den Namen Hermelin und Wiesel für ein und dasselbe Tier. So weit ich weiß, meint man bei den Holländern damit zwei verschiedene Tiere.

Weil ich neugierig war, wie unser Dauner Jahrbuch nach Apeldoorn kommt, habe ich auf die Karte geantwortet. Der Schreiber entpuppte sich als Eifelkenner, eifriger Sammler von Jahrbüchern aller Art, Heimat- und Volkskundler par excellence. Er kannte auch meine frühere Adresse in Moers, weil ich für das Jahrbuch Wesel geschrieben habe, und er hatte sogar mein Gedicht über den Milan aus einem anderen Dauner Jahrbuch in seine Sprache übersetzt. Seine Deutschkenntnisse sind zu meinem Glück sehr gut, denn ich bin der holländischen Sprache nicht mächtig, verstehe sie aber, weil mein heimatlicher Dialekt dieser Sprache sehr ähnlich ist. Bis zum Jahresende 1996 waren schon etliche Briefe zwischen uns hin und hergegangen, und ich habe zu meiner Freude eine Menge über die Niederlande und die Umgebung von Apeldoorn dazugelernt.

Wer für das Jahrbuch Daun schreibt, muss wohl immer einmal mit Überraschungen rechnen.