Aktuelles Kreisgeschehen

Forum Daun

Geschichte eines Marktplatzes

und seiner Ritter

Alois Mayer, Daun-Pützborn

1992 wurde inmitten der Stadt Daun nach rund zweijähriger Bauzeit eine neue Stadthalle eingeweiht. Ihr wurde der Name »Forum Daun" gegeben. Forum, aus dem Lateinischen stammend, bezeichneten einen Markt- und Gerichtsplatz innerhalb von Städten. Nun soll damit nicht ausgesagt werden, dass in den neugeschaffenen Dauner Räumlichkeilen Markt oder Gericht abgehalten wird. Das Gebäude soll vielmehr Kommunikationszwecken dienen, wie dies bis in die heutige Zeit bei regem Marktgeschehen, buntem Treiben und Handeln ebenfalls geschieht, wo neben reinen Geldgeschäften vor allem zwischenmenschliche Beziehungen nicht zu kurz kommen. Aber der Namensbezug auf einen Markt- und Gerichtsplatz trifft in diesem speziellen Dauner Falle auf geschichtliche Fakten. Nur wenige Meter südlich des heutigen Repräsentationsgebäudes befand sich durch das gesamte Mittelalter bis in die jüngste Zeit sowohl ein Marktplatz als auch der Platz, an dem die Rechtsprechung zum Vollzug kam. Von daher ist die Namensgebung eines Raumes innerhalb der Stadthalle, der sich »Alter Markt« nennt, zutreffend.

Die Ritterfamilie derer »vom Markt«

Kaum bekannt ist die Tatsache, dass durch mehrere Jahrhunderte direkt neben dem »Alten Dauner Markt" eine Ritterfamilie lebte, die den Familiennamen »von dem Markte" trug. Die Vorfahren dieser »Ritter von dem Markte« hatten, ebenso wie das einflussreiche Geschlecht der Dauner Herren auf der Burg, ihren Ursprung im Luxemburgischen, genauer in Echte mach.

Dort wird am 22. 9. 1267 zum ersten Male der Bürger Theoderich von dem Marte erwähnt. Sicherlich ein angesehener und wohlhabender Mann, sonst hätte er nicht den Herkunftsnamen »von dem Marte" getragen. Unbedeutendere Personen werden meist nur mit dem Vornamen genannt. Er und andere Bürger der Stadt Echternach erscheinen wegen einer scheinbaren Unrechtmassigkeit in dieser Urkunde. Er hatte nämlich über eine längere Zeit die Erträge eines Weingartens mit Garten und Wiese einbehalten. Das schien nicht rechtens gewesen zu sein, denn dagegen klagte das Kloster Himmerod. Es konnte nachweisen, dass ihm zumindest die Hälfte der Erträge zustand, da die Echternacher Bürgerin Gertrud diese vor ihrem Tod dem Kloster vermacht hatte. Landdechant Heinrich von Trier hatte in dieser Streitsache Recht zu sprechen. Und er entschied, dass das Kloster Himmerod nun sämtliche Erträge »wegen Vorenthaltung« erhalten sollte.

Wenige Wochen später wurde dieser Theoderich Bürger der Stadt Trier. Dort veranlasste ihn Landdechant Heinrich erneut, auf seine Ansprüche an dem Echternacher Weingarten zugunsten des Klosters Himmerod zu verzichten. Theoderich von dem Marte stimmte zu, ebenso sein Freund Isekin von Echternach. Und da bereits damals Reiche und Einflussreiche zusammenhielten, wird er vermutlich als Gegenleistung,

sozusagen als eine »Quasi-Entschädigung«, auf Empfehlung des Landdechanten eine Anstellung beim Trierer Erzbischof und Kurfürsten erhalten haben.

Höchstwahrscheinlich schickte auch Erzbischof Dieter von Trier dessen Sohn Konrad als Burgmannen nach Daun, hier wird er urkundlich erstmals am 1. 6. 1305 als »Konradus de Foro, manens in Duna« erwähnt. Aus dem »manens in Duna« geht eindeutig hervor, dass dieses Burgmannengeschlecht seinen Namen schon mitgebracht hat und nicht nach dem Dauner Markt benannt wurde. Wie es aber der Zufall wollte, wurde ihm und seiner Familie ein Burgmannenhaus zugewiesen, das sich am Burgaufgang auf der linken Seite befindet (heute Wollstübchen) und direkt neben einem freien Platz stand, der sich drei Jahrzehnte später zum ersten Dauner Marktplatz entwickelte. Konrad, vom Bürger zum Ritter befördert, befand sich als Untertan des Dauner Burgbesitzers, Herrn Richard von Daun, in dessen Abhängigkeit. Noch durfte er, der noch an der unteren Stufe des sich langsam entwickelnden Adels stand, bei Vertragsabschlüssen kein eigenes Siegel führen, das urkundlich oder notariell Beweiskraft gehabt hätte. Daher bat Konrad seinen Burgherrn auch, für ihn die Urkunde zu besiegeln, nach der er aus seinen Besitzungen in Klotten dem Erzbischof Dieter von Trier vier Ohm Wein zu Lehen aufträgt.

Dreißig Jahre später wurde Konrads Sohn, der denselben Namen wie der Vater trug, Burgmann in Hillesheim, angestellt durch den Grafen Wilhelm von Jülich. Dafür erhielt er 90 Mark Vorschuss, für die er seine Güter zu Kinheim an der Mosel belastete. Wieder bat er den Dauner Burgbesitzer, diesmal den Ägidius von Daun, auch Gilles genannt, diese Urkunde mit seinem Siegel zu bestätigen.

Dieser Vertrag liest sich in damaliger Sprache wie folgt:

»Ich Coenraid van Dune dem man spricht van dem Marcen dun kunt allen luden aen die dis breif comen sal, dat ich gehaven hain van ey-nen edelen manne minem lieven heren dem greven van Guylge nunzich marc paymencz, en de magen eme weider ende sinen erven ain allen minen gude ze Kinheym wat hude up diesen dag behorende is, zien marc geiz dan ave ich ende mine erven dis vurgenantin greven van Gulge ende sinre erven boirchman solen sin ze Hillesheym in der Stadt, up dat diese stucke stede und vaste bliven, so bid ich minen lieven here, hern Geiles here van Dune want ich in geinen ingesegil en haen, dat he sinen inge-segil an deissen breyf wille hangen, ende wir Geiles here van Dune bekennen dat wir umb beiden willen dis vurgenanten Coenraicz unsen siegil ain diesen breyf han gehangen, die ge-screven wart int iaer uns herren dusent iar dri-hundert ende vunfe ende drizzich, up sente Be-nedictus dag des heylgen abtz.« (Dun 271)

Daun erhält Marktrechte

Der Dauner Ägidius beeinflusst ganz entscheidend die weitere Dauner Geschichte. Unter ihm als schillerndstem und bedeutendstem Ritter des Dauner Herrengeschlechtes wird Daun am 17. 9. 1337 erstmals als Stadt erwähnt. An diesem Tag trägt der Herr zu Daun dem König Johann von Böhmen seine Burg zu Daun und die Stadt oder Vorburg unter der Burg - »oppidum seu suburbium sub castro Duna« - als luxemburgisches Lehen auf.

Drei Jahre später, am 20. 5. 1340, gibt der böhmische König Johann seinem Getreuen Ägidius von Daun dieselbe Stadt, das Tal und alles Zugehörige mit der Abmachung zurück, dass er dem König im Bedarfsfalle die Stadt und die Burg Daun zur Verwendung und Beihilfe öffnen will gegen jedermann, den deutschen König, den Kaiser, allein ausgenommen, »rege Allemanie imperatore solum exepto«. Dafür verspricht König Johann dem Ägidius Schutz und Hilfe, falls Feinde die Stadt, das Tal und die Burg Daun belagern oder mit Bauten umgeben und schädigen.

Die »Stadt oder Vorburg" des Ägidius von Daun erscheint als solche nur in diesen beiden Urkunden; sie erweist sich so als neue und eigenmächtige Anlage und zugleich als Teilanlage. Wer sich die damalige Stadt Daun groß vorstellt, irrt. Selbst 200 Jahre später wohnen noch keine200 Einwohnerin ihr. Die Stadt war ein kleines Baugebiet an der Ostseite des Burgberges, in der heutigen »Schweiz"; sie reichte bis zur Lieser, vielleicht über sie bis an den Fuß des Leyens. Die alte Dorfsiedlung westlich und südlich der Burg wird deutlich von der neu errichteten Vorburg geschieden, »oppidum, vallis et castrum de Duna« (Urkunde 1340). Das ältere Daun ist in der Urkunde von 1344 gemeint: »Hof zu Dhaun, der in dem dhaill gelegen ist« und später der "hoff in dem daie zu Dune zu der syten zu sente Nycolauswerd«.

Die Stadt des Gilles hat kaum zwei Jahrzehnte bestanden. Der böhmische König kam ihm nicht zur Hilfe, als 1352 der Trierer und Kölner Erzbischof gemeinsam Daun belagerten, Ägidius erpressten und die »Stadt« verwüsteten. Trotzdem behielt der kleine Ort Daun, der meist mit »Tal" bezeichnet wird, die ihm verliehenen Stadtrechte. Offiziell wurde Daun am 31. 5. 1376 im Sammelprivileg für Erzbischof Kuno zum ersten Mal als trierischer Besitz unter den Orten mit dem angeblichen Frankfurter Stadtrecht aufgezählt (zusammen mit Ulmen und Hillesheim) (Neues Archiv, 33, 354). Mit dieser Erhebung zur Stadt waren zahlreiche Rechte verbunden, auch das Recht der Repräsentation bei den Landständen, das Recht der Stadtbefestigung, das Marktrecht, das Recht auf eigene Maße und Gewichte und auf Stadtgericht und Rechtsprechung. Diese Marktrechte mussten allerdings ausdrücklich vom König bewilligt werden. Es ist also dem Ritter Ägidius und dem böhmischen König Johann zu verdanken, dass Daun einen Markt bekam und die Ritter »von dem Markte" nunmehr ihren Namen zu Recht trugen.

An die Verleihung des Marktrechtes waren gleichzeitig Marktzoll, Marktmünze und Marktfrieden geknüpft, der allen Marktbesuchern sicheres Geleit gewährte. Wahrzeichen des Marktfriedens war das Marktkreuz oder der Schild des Burgherrn, sein Hut oder ein Strohwisch, Bei den Jahrmärkten und Wochenmärkten wurden diese für die Dauer des Markttages aufgestellt. Der Stadtbezirk wurde somit vom Landgericht abgetrennt und bildete einen eigenen Gerichtsbezirk mit Sonderrecht. Der Grund- und Stadtherr wurde zum Hüter des Königsfriedens, zum Gerichtsherrn. Auch am Dauner Markt befand sich ein solches Marktkreuz. Es stand an der Stelle der heutigen Adler-Apolheke und war mit einer kleinen Halle überbaut, die 1824 abgerissen wurde. Dieses Kreuz hängt heute als "Missionskreuz« in der Taufkapelle der Nikolauskirche. Der Burgherr ließ in der Regel durch einen von ihm aufgestellten Richter Recht sprechen. Dieser wachte nun über die Güte der Ware, hielt Betrüger fern und kassierte den Zoll. Tausch und Kauf unterlagen den besonderen Bestimmungen, die örtlich verschieden waren. Die Marktrechtsprechung gehörte zu den Aufgabenbereichen der Burgmannenfamilie von dem Markte. Sie hatte wesentlich größere Kompetenzen als ein heutiger städtischer Marktmeister. Als Dank und Pacht für diese Belehnung mussten die Burgmannen jährlich dem Herrn zu Daun eine gewisse Summe Geldes, meist aber Getreide, abliefern.

Was ein solcher Zoll einbrachte, erfahren wir aus einer Urkunde von 1583 im STAKo:

 Der »Zoll zu Dhaun thut ungefehr ahn Geldt 8 oder 9 Mark

Der Pferdeszoll ist in kurtzen Jahren erst angefangen,

thut ein Jahr mehr als anderen 1 fl 1 oder ettlich Albus.

Jeder Pferd, so verkauft wird, gibt 1 Albus So gibt ein jeder stück Viehes, es sey klein oder groß 4pfenning

undt wie ich zu meiner ankunft bericht, ist dessen niemand gefreyen.

Ein Wagen gibt 1 Albus,

ein Karh 1/2 Albus.

Ein Krähmer, so seine Kram aufm Rücken trag! (= Händler mit einer Kiepe] 2 Pf.,

sonst der einen großen Kram hat, gibt 1 Albus.

Daun hatte eigene Maße und Gewichte. Während der Kurfürstenzeit war z. B. das Fruchtmaß das Dauner Malter, welches 12 Fass

Am Pranger, nach einem Altarbild in Marburg/Lahn

ä 22,6 Liter enthielt. Das Fass wurde beim Messen nicht gestrichen, sondern gehäuft. Das Flüssigkeitsmaß war ein Maß zu 4 Schoppen, beim Wein ungefähr 1,3 Liter und beim Öl ungefähr 1,5 Liter.

Und als Längenmaß hatte Daun (wenigstens 1793) seine eigene Elle, die 0,56879 Meter betrug.

Es bleibt zu vermuten, dass solche genormten Dauner Maße sichtbar am Dauner Markt angebracht waren, damit jeder Bürger oder Händler sich an ihnen orientieren konnte.

Eigenes Geld hatte Daun - abgesehen von den Inflationsjahren in diesem Jahrhundert - nie geprägt.

Wer gegen den Marktfrieden (oder sonstige städtische Verordnungen) verstieß, wurde verurteilt und schandvoll der Öffentlichkeit als abschreckendes Beispiel zur Schau dargestellt. Häufig geschah es in der Form des an den »Prangersteilens«.

Auch auf dem Dauner Markt, am »Haus und Hof zum Markte«, stand ein solcher Pranger. Im Dauner Dialekt wurde er »die Käks« genannt, vermutlich abgeleitet aus dem französischen »carcan«. Die Formen eines Prangers waren sehr vielfältig, angefangen von einem einfachen Halseisen, welches mit einer Kette an einem öffentlichen Gebäude befestigt war, über den Schandpfahl, über kunstvoll gestaltete Schandsäulen aus Holz oder Stein, über Ausstellungskäfige- bis hin zu Sitzprangern oder dem einfachen »Stock« oder »Brett« mit Löchern für die Beine und Eisen für die Handgelenke.

Ebenso vielfältig wie die Formen eines Prangers waren auch die Delikte, welche mit Pranger bestraft wurden. Im wesentlichen kennt man fünf Gruppen:

1. Kriminelle Delikte

Beim erstmaligen offenen Diebstahl eines unter fünf Gulden liegenden Wertes = einfaches Prangerstehen. In schwereren oder Wiederholungsfällen Prangerstehen mit Züchtigung, Brandmarken oder Verstümmelungen.

2. Gefährdungsdelikte

Das sind Verstöße gegen polizeiliche Vorschriften, wie Verunreinigen von Brunnen, Übertreten der Polizeistunde, leichtsinniges Umgehen mit offenen Feuern. Auch Arbeitsscheue und Landstreicher standen oft am Pranger.

3. Sittlichkeitsdelikte

wie Unzucht, Kuppelei, Ehebruch, die Geburt eines nicht ehelichen Kindes.

4. Beleidigungsdelikte

wie Verleumdungen, Lügen, Ehrabschneiden, Beschimpfungen.

5. Religiöse Delikte

Fluchen, Gotteslästerung; häufig war in solchen Fällen das Prangerstehen mit dem Herausschneiden der Zunge verbunden. Oberhalb oder neben den Pranger brachte man eine Tafel an, auf welcher der Name des Verurteilten, seine Straftat und das Urteil vermerkt

waren. Die »armen Sünder« standen meist an Sonn- oder Markttagen durchschnittlich zwei Stunden am Pranger, wenn viele Menschen auf den Straßen waren. Es war allen Vorübergehenden erlaubt, die Verurteilten zu beschimpften, auszulachen, zu bespucken, mit Unrat zu bewerten oder sonstwie zu ärgern.

Die »von dem Markte« gelangen zu Ansehen

1353 starb Ägidius von Daun, auch der »tolle Gilles« genannt. Sein Erbe wurde im kommenden Jahr am 1.5. 1354 unter seinen Söhnen Heinrich und Richard aufgeteilt. Heinrich erhielt unter anderem alle Gerichtsbarkeit, die Mannen und Burgmannen, so wie sie sein verstorbener Vater hatte. Für etwaige Streitigkeiten unter den beiden Brüdern wurden als Schiedsrichter drei Burgmannen benannt, nämlich Konrad Nachthuben, Peter Wyhen und Konrad von dem Marte. Eine hohe Ehre und Verantwortung und mit viel Macht ausgestattet. Bei Nichtbeachtung eines Schiedsspruches dieser drei kam der streitsuchende Ritter in des Papstes Bann und des Reiches Acht. In dieser Urkunde taucht auch zum ersten Mal der Name des Burgmannen Peter Wyhen auf, von dessen Familie wir noch später hören werden. Mittlerweile hatte sich die Familie von dem Marte auf der Standesleiter des niederen Adels emporgearbeitet, denn bereits wenige Jahre später besaß sie das Recht, ein eigenes Wappen zu führen. Es ist das Dauner rote Gitter auf Goldgrund. Die Familie durfte nun auch Urkunden besiegeln. Die Siegelumschrift lautete 1354: 1. ARNOLDI... DUNE 2. S. (= Sigillum) CONRADI DE FORO. Aus der Tatsache, dass Arnold als erster siegelte und in seinem Wappen einen Hammer in der rechten oberen Ecke hatte, während sein Bruder Konrad diesen in der linken oberen Ecke hatte, schließe ich, dass er der Ältere war, dessen Sohn den Stammbaum weiterführte.

Die Brüder Arnold und Konrad sind noch in weiteren Urkunden nachweisbar, in denen sie jedesmal als Zeugen oder Bürgen benannt werden für Gelder, die sich der Burgbesitzer Heinrich leiht. Am 25. 5. 1357 ist Arnold sogar als Burgmann bei der von Daun abstammenden Familie Dietrich von Daun, Herr zu Bruch, nachweisbar. Dort nimmt er mit anderen Eifelern und Daunern als Zeuge an einem Prozessteil, den sein Herr auch gewinnt. Auf Laurentiustag 1402. allerdings gab es damals die heute beliebte Laurentiuskirmes noch nicht, wird als nächster Vertreter der Ritterfamilie von dem Marte Diedrich oder Theoderich, ein Sohn von Arnold, erwähnt.

Dessen Sohn wiederum nannte sich Peter van Dhune von dem Marte. Er wird 1427 genannt. In Trier regierte ein neuer Erzbischof mit Namen Otto. Gemäß damaligem Recht musste jeder neue Landesherr die Lehen seiner Dienstund Amtleute bestätigen. So bekundete also Peter van Dhune von dem Marte, am 26. 10. 1427 (uff sondag nest na sente Severinsdage), daß ihm Erzbischof Otto von Trier ein Haus mit Garten zu Kröv und ein Gulden Zins zu Trier als Burglehen von Neuerburg sowie als Mannlehen die Hälfte des Hofes Marte zu Dhune. dessen andere Hälfte Conrad von Münster innehat, nebst dem Zolle zu Dhune, Kornrenten und Banngülten in verschiedenen Dörfern als Lehen gegeben habe, so wie sein »vatter und aldern selig vom Stifte der herrschaft van Dune wegen« damit belehnt gewesen seien. Bemerkenswerte Einzelheiten sind in dieser kurzen Urkunde versteckt. So ist zum Beispiel zu erfahren, wie beengt oft jene Ritterfamilien lebten. In ihrem Haus am Markt - und dass es nicht groß war oder ist, davon können wir uns ja heute noch überzeugen - lebten mindestens zwei Familien mit ihren Frauen und zahlreichen Kindern, mit ihren Knechten, Mägden und sonstigen Dienstboten. Mangelhafte Beleuchtung und Heizung, fast gänzlich fehlende sanitäre Einrichtungen trugen nicht zur Lebensqualität bei, auch wenn die »Familie am Markt« es mit ihrer Wasserversorgung etwas bequemer hatte. Direkt neben ihrem Haus befand sich nämlich ein Brunnen, der bis in dieses Jahrhundert hinein existierte und gutes Wasser spendete. Die oft gehörte Vermutung, wie pompös und luxuriös Ritter und Burgmannen lebten, ist falsch. Wenn diese Familien dennoch zu den Privilegierten und Wohlhabenden gehörten, wie schlicht und armselig müssen dann aber erst die übrigen Dauner Bürger, die kleinen Handwerker und Bauern, gelebt haben? Wir erfahren auch etwas über den Beruf und die Einkünfte jener Burgmannen. Unter anderem hatte Peter von Daun Einkünfte aus Erträgen, Vermietungen und Verpachtungen seiner privaten Besitztümer, Einkünfte aus einem vom Erzbischof zur Verfügung gestellten Haus mit Gatten zu Kröv und einen Gulden Zins zu Trier, weil er als Burgmann von Neuerburg arbeitete, das heißt er war verpflichtet, bei Gefahr persönlich bei der Verteidigung der Neuerburger Burg mitzuwirken. Die Hälfte des Markt-Hofes zu Daun durfte er als Mannlehen des Dauner Grafen benutzen, da er bei diesem zu Lehndiensten angestellt war, also neben seinen Aufgaben als Marktrichter musste er ihm unter anderem ebenfalls bei Kriegsdiensten helfen, Gefolgschaft und Treue leisten, sich nicht gegen ihn verbünden, bei Beratungen oder sonstigen Diensten behilflich sein.

Dieser Peter muss früh gestorben sein. Er hinterließ einen unmündigen Sohn, ebenfalls mit dem Namen Peter, dessen Vormund Colin Fentsch von Broich (= Bruch bei Wittlich) war. Dieser bekundete 1444 dem neuen Erzbischof Jakob in Trier, dass seinem Zögling zum einen das halbe Haus in Daun gehöre, zum anderen habe er aber auch noch ein Haus in Kröv und verschiedene Einnahmen und Renten aus Besitzungen in Reil, Ueß, Tettscheid und Grelen. Dieses Grelen ist Nerdlen, denn in Urkunden der kommenden Jahrhunderte werden stets die gleichen Besitzungen erwähnt, nur wandelt sich der Ortsname von »Crelen- über »Orlen« bis hin zu "den Erlen«.

Dasselbe bekundet Peter persönlich 1451. Wahrscheinlich, weil er volljährig wurde. Setzen wir die Volljährigkeit oder das Alter der Erbanlrittsrnöglichkeit mit 16 Jahren an - wie aus anderen Urkunden erkennbar - können wir daraus rückschließen, dass dieser Peter um das Jahr 1434/35 geboren wurde und neun bis zehn Jahre alt war, als sein Vater starb. Um diese Zeit wird auch zum ersten und letzten Male eine Frau aus der »Markt-Familie" erwähnt, und zwar die Intzgin von Dune, genannt von dem Marte, die in die Trierer Kesselstattfamilie einheiratete.

Um 1460 heiratete Peter im Alter von 26 Jahren die Adelheid von Lontzen (oder Elgin von Leut-zen; Hörsch 157). Erzbischof Johann von Trier erlaubte daraufhin am 20. 2. 1461 »seinem lieben getreuen Peter von dem Märte zu Dune«, dass er seine Hausfrau Alleid (= Adelheid) auf seine Trierer Lehengüter bewitlume, das heißt, dass Peter Nutzungsrecht und Anspruch auf den Besitz seiner Frau hatte und diese und ihre Kinder aber auch Anrecht auf das Vermögen des Mannes beziehungsweise des Vaters. Man kann dieses »bewittumen« als eine Art Ehevertrag ansehen.

Peter kam zu Ansehen und reicherem Vermögen. Erzbischof Johann verschrieb ihm arn »sondag Judica«, dem 31. 3. 1476 für 1.000 Gulden die Stadt und Pflege Wittlichs und ernannte ihn dort zu seinem Amtmanne, was man in etwa der heutigen Bezeichnung »Landrat« gleichsetzen könnte. Zusätzlich gab er ihm ein Haus in Wittlich zu Lehen. Sogar der Manderscheider Graf Diedrich lieh sich 1.050 Gulden bei Peter von dem Marte. Davon zahlte er ihm 525 Gulden zurück und verpfändete ihm für den Rest Land und Güter in Lüxem bei Wittlich. Diese Güter in Lüxem kaufte Peter am 6. 11. 1482 dem Manderscheider Grafen ab. In der Verkaufsurkunde ist auffallend, daß Peter von Daun, genannt von dem Marte, aber auch mit dem Namen Peter Wyhen bezeichnet wird. Dieser Name »Wyhen« ist uns schon einmal als eigenständiger Familienname einer Burgmannenfamilie begegnet und wird ab jetzt immer häufiger »Wyhen von der Marte« geführt. Es scheint also, dass beide Geschlechter untereinander geheiratet und sich gegenseitig beerbt haben.

Kurz vor seinem Tode begegnet uns »Peter de Duna alias vom Mart« noch einmal. Als Domizell und in seiner Funktion als Gerichtsschöffe von Kröv ist er am 2. 1. 1495 bei einer Verkaufsverhandlung zwischen den Klöstern Springiersbach und Echternach anwesend. Peter war etwa 60 Jahre alt, als er starb. Das Familienerbe übernahm sein ältester Sohn, der ebenso wie sein Vater und Großvater den Namen Peter trug. Er erbte alle Güter in Daun, Wittlich und in Kröv. Erzbischof Jakob verlieh sie ihm sogar auf Lebenszeit. 1513 heiratete er Trinchen, die Tochter von Peters vom Kirchhof und übernahm deren Erbanteile. Der Trierer Erzbischof Richard bestätigte diese Richtigkeit. Peter führte in seinem Siegel das Dauner Gitter und drei Hämmer im rechten Obereck. Eines seiner Kinder war Hermann. Allerdings nannte er sich Hermann Wyhe von Daun, genannt von dem Marte. In seinem Siegel führte er das Dauner Gitter mit einer Lilie im rechten Obereck (Dun 896). Möglicherweise hatten Söhne der »Wyhen-Familie« in der Vergangenheit in die Nebenlinie der Dauner Ritter, in die der Marschälle von Luxemburg, eingeheiratet, denn dieser Zweig war es, der Ende des 14. Jahrhunderts zum ersten Mal als Unterscheidung die Lilien ins Dauner Wappen einführte. Dieser Hermann ist nach kurzer Zeit der Ehe jung gestorben, denn acht Jahre später, am 24. 1. 1570, ist zu lesen, dass Hermanns Ehefrau bereits wieder mit dem »Mathis von der gebrannlen Müllentür« verheiratet war. Ihr Sohn aus erster Ehe, Nikolaus Wyhe von Daun, genannt von dem Marte, war nun der Stiefsohn von jenem Müllertür-Mathis. Diesem Vormund verlieh Erzbischof Jakob den Hof am Markte, allerdings zugunsten des Stiefsohnes, der 1582 sein Erbe antrat.

In Trier wechselte das Bischofsamt erneut auf Erzbischof Lothar. Als neuer Landesherr bestätigte er wiederum alle Lehnsgüter. Unter anderem auch die des Dauner Nikolaus. In dieser Urkunde vom 27. 10. 1601 erfahren wir noch einmal bruchstückhaft etwas über das Einkommen dieser Familie. Demnach gehörte dem Niclass Wyl von Daun, genannt von dem Marte, das Haus und der Hof »zu dem Marthe«, der dortige Zoll, der jährlich acht oder neun Mark erbrachte, drei Pfund Wachs, je zwei Dauner Malter Hafer zu Orlen (= Nerdlen) und Uhs (= Ueß), drei halbe Dauner Malter Hafer und drei »Höner« zu Drittscheid, so wie dies Peter von Daun, genannt von dem Marte, und seine Vorfahren zu Lehen getragen.

Doch die Ritterfamilie derer von dem Marte schien nicht die gesündeste zu sein. Bereits sechs Jahre später starb Nikolaus Wyhe recht jung - meiner Rechnung nach im Alter von 40 Jahren - und vor allem kinderlos. Seine Dauner Güter, der Marktzoll, die Renten und sonstigen Einkünfte sowie das Haus am Markte gelangten nun in den Besitz von Johann Ehinger, der in seinem Namen aber nicht mehr den Zusatz »von dem Marte« trug. Damit war das Rittergeschlecht der Dauner »de foro«, vom Forum, vom Markte, endgültig erloschen,

Erhalten geblieben sind bis heute das Haus und der alte Marktplatz, auf dem bis Ausgang des letzten Jahrhunderts Markt gehalten wurde, vor genau 100 Jahren achtmal (1883/84 Kram- und Viehmarkt: 10. Jan.; 7. Feb.; 13. März; 9. Mai; 14. Aug.; 17. Okt.; 21. Nov.; 12. Dez.), heute 24mal, die Flohmärkte, Basare, Autoschauen oder sonstigen Sonderveranstaltungen nicht mitgerechnet.

Literatur:

Neues Archiv. 33,354

Wampach Camillus Urkunden- und Quellenbuch zur Geschichte der

altluxembürgischen Territorien, Bd XI

Dün, Urkundenbuch Daun

Hörsch Wilhelm. Geschichte van Daun

Heinemann Franz, Richter mit! Rechtsgelehrte