Der Kaiser, Dann und die Eifel

Heinz Reuter, Bodenbach

Über Preußen und seine Herrscher im allgemeinen, über das kritische Verhältnis der Preußen und der Rheinländer zueinander im besonderen und schließlich über seinen letzten König und Kaiser Wilhelm II. speziell wäre gewiss vieles zu sagen, und oft genug ist es gesagt und geschrieben worden. Ebenso sicher ist aber auch, dass neben viel Negativem um der Gerechtigkeit willen auch Positives zu nennen ist. Die Land- und Forstwirte etwa können auf manche segensreiche Initiative der 1815 zu Landesherren des Rheinlandes und damit auch der Eifel gewordenen preußischen Beamten hinweisen. Schließlich hat auch die Verkehrserschließung der bis dahin recht unwegsamen Eifel unter der Berliner Verwaltung beachtliche Fortschritte gemacht - allerdings auch aus militärischen Gründen zur Beschleunigung des Aufmarsches in einem Kriegsfall, was sich dann 1870 und 1939 bestätigte. Schon als Prinz während seiner Studienjahre in Bonn besuchte der spätere König und Kaiser Wilhelm II. seine Großmutter Kaiserin Augusta im Schloss in Koblenz, wo sie oft Erholung vom Berliner Stress suchte. Als Landesherr kam er wiederholt ins im Jahre 1892 wiederbesiedelte Kloster Maria Laach, das nach der Aufhebung 1802 nun durch Beuroner Benediktiner zu neuem Leben erweckt wurde. Er schätzte dieses Kloster, obwohl er selbst nicht katholisch war, und seine romanische Basilika sehr. Er hat viel zu ihrer Ausschmückung mit Mosaiken beigetragen. Den Laacher Künstlermönchen - wie übrigens auch den Benediktinerinnen der Abtei Eibingen bei Rüdesheim - hat er manchen Auftrag erteilt. Die Wiedereröffnung der Abtei war zunächst auf Bedenken des Regierungspräsidenten und des Oberpräsidenten der Rheinlande gestoßen, aber durch eine besondere Kabinettsorder Wilhelm II. für rechtens erklärt worden.

Der letzte Besuch des Kaisers, bei dem anschließend auch der Kreis Daun durchquert wurde, fand im Oktober 1913 statt. Dazu war von seinem Reisemarschall in gestochener Schrift der ganze Verlauf dieser Fahrt minutiös aufgezeichnet worden. In einem einzigen Exemplar sind diese Notizen erhalten und befinden sich heute im Archiv des Eifelvereins, im Faksimiledruck im Dauner Jahrbuch von 1978 veröffentlicht. Dieser kaiserliche Besuch war mit der Teilnahme am großen Eifel-Herbstmanöver verbunden. Nach dem Abschluss begab Wilhelm II. sich zusammen mit dem preußischen Generalstab nach Maria Laach, wo die illustre Gesellschaft an einem vom damaligen Abt zelebrierten feierlichen Pontifikalamt teilnahm. Davon seien, wie der Kaiser selbst dem Abt berichtete, die Herren seines Stabes sehr beeindruckt gewesen. Wie mir vor vielen Jahren ein heute nicht mehr unter den Lebenden weilender Augenzeuge - Pater Plazidus v. Spee (ein Vetter des 1914 vor den Falklandinseln mit seinem Geschwader untergegangenen Admirals v. Spee) erzählt hat, habe beim

 

anschließenden Stehempfang ein General zu ihm gesagt, der Gottesdienst sei excellent gewesen, »exakt wie beim Garde-Exerzieren". Der Kaiser fuhr anschließend zu einem Privatbesuch bei dem langjährigen preußischen Landwirtschaftsminister Baron von Schorlemer-Lieser, der dieses Amt von 1910 bis 1917 innehatte. Von Lieser aus ging die so sorgfältig vorbereitete Fahrt des Kaisers über Bernkastel-Kues, Wittlich und Manderscheid nach Daun. Im Reiseplan wird ausdrücklich erwähnt, dass im Jahre 1911 in »Anwesenheit seiner Majestät" dort der Kaiserbrunnen enthüllt worden sei.

Diesmal aber gab es keinen Aufenthalt, es ging in langsamer Fahrt durch das Spalier der Bürger und Schulkinder weiter nach Gerolstein, wo man um elf Uhr eintraf. Aus Anlass des 25jähri-gen Regierungsjubiläums des Kaisers im Jahre 1913 sollte die Gerolsteiner Felsengruppe die Bezeichnung "Kaiser-Wilhelm-Felsen" erhalten; so hatte es der damalige Gemeinderat beschlossen. Auch auf die bedeutenden vier Mineralwasser- und Kohlensäurewerke wird im Reiseplan ausdrücklich hingewiesen. Um 13.30 Uhr ging die Fahrt weiter in den Kreis Adenau, durch das Ahrtal und über Meckenheim nach Bonn, wo schon der kaiserliche Sonderzug nach Berlin bereitstand. Mit Bonn fühlte sich Wilhelm II. seit seinem Studium von 1877-1879 sein Leben lang verbunden. Dort gehörte er auch der feudalen Studentenverbindung »Borussia" aktiv an. Aus dieser Zeit gibt es ein Foto von ihm in voller studentischer Wichs. In seinen eigenen, nach dem Ersten Weltkrieg im Exil in Holland geschriebenen Lebenserinnerungen berichtet er ausführlich darüber. Zu den Besuchen in Maria Laach heißt es dort: »Oft habe ich Maria Laach besucht und mich an den Fortschritten der Ausgestaltung erfreut, wie auch an dem Verkehr mit den klugen Äbten und dem herzlich schlichten Empfang seitens der treuen Brüder."

In diesen Zusammenhang gehört auch die damals viel beachtete Ernennung des ersten Laacher Abtes nach der Wiederbesiedlung, Willibrord Benzler, im Jahre 1901 zum Bischof von Metz, das durch den deutsch-französischen Krieg von 1870/71 deutsch geworden war. Diese Ernennung konnte nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Kaisers erfolgen.

Auch in seiner Exilzert in Doorn bis zu seinem Tode 1941 hielt er jeweils zum Jahreswechsel und zu den hohen kirchlichen Feiertagen durch schriftliche Glückwünsche Kontakt mit Maria Laach. Im heutigen Seehotel Maria Laach hängt im Kaiserzimmer ein kostbar gerahmtes und persönlich signiertes Foto des Kaisers. Als seine zweite Frau Hermine, verwitwete Prinzessin Schönaich-Carolath, 1936 inkognito eine Rhein-Reise machte, besuchte sie auch Maria Laach. Das habe ihr Mann ihr, wie sie erzählte, ausdrücklich aufgetragen.