Wie die Lissinger eine neue Kirche bauten

»Chronik über die Entstehung der neuen Kirche zu Lissingen im Jahre 1932« von Matthias Lamberty -1. Teil

Johann Himmes, Lissingen

Bei Räumungsarbeiten anlässlich der Renovierung der Filialkirche Lissingen in den achtziger Jahren fand ich in der Sakristei eine verstaubte Holzkiste, fein säuberlich zugenagelt. Das machte mich natürlich neugierig. Die geöffnete Kiste bescherte mir einen wahren Schatz. Neben einer Menge alter Rechnungs- und Quittungsbelege, die sich auf den Kirchenneubau zu Anfang der dreißiger Jahre bezogen, enthielt sie die obengenannte «Chronik«. Auf dreißig DIN-A4-Seiten hat der damalige Lissinger Küster Matthias Lamberty, der seinerzeit nicht zuletzt wegen seiner Schreibkünste und seiner Redlichkeit auch zum Schrift- und Rechnungsführer des Bauausschusses bestellt war, in sauberer Sütterlinschrift die Geschehnisse an und um den Bau akribisch aufgelistet und verzeichnet. Dabei handelt es sich beileibe nicht um eine statistische oder tabellarische Auflistung, sondern um eine, manchmal zu Herzen gehende, Darstellung aller mit dem Neubau zusammenhängenden Stimmungen, Meinungen und Tatsachen. Matthias Lamberty hat uns damit ein Zeitdokument von unschätzbarem Wert hinterlassen. Er hat zwar kein literarisches Werk geschaffen, aber seine Ausführungen belegen deutlich, welch großes Anliegen es ihm und den Lissingern gewesen ist, ein neues und würdiges Gotteshaus im Dorf erstehen zu lassen. Lamberty hat alle seine, mit dem damaligen Ereignis zusammenhängenden eigenen Erlebnisse, Gefühle und Empfindungen in die Niederschrift einfließen lassen. Sein Stil ist im Grunde nichts anderes, als eine Übersetzung mundartlicher Ausdrucksweise ins Hochdeutsche. Häufig sind die Sätze derart lang konstruiert, dass er sie selbst nicht mehr recht zu Ende führen kann; doch immer versteht der Leser, was gemeint ist. Da stören auch die abrupten Zeitenwechsel ebenso wenig wie kleine historische Ungereimtheiten, etwa wenn er behauptet, die Burgen der Eifel oder das Lissinger »Kirchlein« seien römischen Ursprungs.

Die »Chronik über die Entstehung der neuen Kirche zu Lissingen im Jahre 1932« ist es wert, der Nachwelt erhalten zu bleiben. Sie dokumentiert die Lebenseinstellung unserer Alt vorderen, ihre Einstellung in und zur Dorfgemeinschaft und zu ihrer Religion; sie beschreibt Dorfpolitik, Kirchenpolitik und Parteipolitik im kleinen Eifeldorf. wie es exemplarisch für unsere Eifelheimat kaum deutlicher und besser offenbart werden kann. Darum soll die »Kirchenbau-Chronik« des Matthias Lamberty im Heimatjahrbuch des Kreises Daun veröffentlicht sein. Am Wortlaut des Originals ist nichts verändert, dafür verbürge ich mich; die Orthographie ist so weit wie möglich belassen, die Interpunktion weitmöglichst auf den heutigen Stand gebracht; Abkürzungen und Ziffernschreibung sind ebenso belassen, die Absätze allerdings sind im nachhinein von mir angelegt, da Lamberty (aus Sparsamkeitsgründen'') absatzlos Satz an Satz gefügt hat. Aus Gründen des Datenschutzes sind die im Original vollständig aufgeführten Personennamen aller Lissinger Bürger nur mit den Anfangsbuchstaben angegeben. Dennoch scheint es mir angebracht, die Namen der zwölf Lissinger Männer vollständig wiederzugeben, die schließlich spontan den Bauausschuss bildeten und so persönlich die volle Verantwortung für den Kirchenneubau übernahmen, nachdem sich keine öffentliche Institution dazu imstande gesehen hatte. Und darum gebührt diesem »mutigen Dutzend« noch im nachhinein höchste Anerkennung und Dank; darum seien hier ihre Namen öffentlich genannt, so wie sie der Küster Matthias Lamberty seinerzeit notiert hat:

1. Herr Krämer, Anton-Himmes,Vorsitzender,

2. Herr Andreas Himmes,

3. Herr Peter Müller,

4. Herr Peter Albert Maas,

5. Herr Matthias Lamberty,

6. Herr Johann Engeln,

7. Herr Matthias Stolz,

8. Herr Matthias Kleusch,

9. Herr Heinrich Engeln,

10. Herr Anton Krämer II,

11. Herr Nikolaus Mülbüsch II - Cossmann.

12. Herr Adam Hermes.

Die Wiedergabe der Chronik soll im Heimatjahrbuch in drei Abschnitten erfolgen. Der l. Teil umfasst die Überlegungen und Vorbereitungen zum Neubau bis zum verbotenen Abriss der alten, denkmalgschützten, doch baufälligen Kapelle im Dezember 1931.

Der II. Teil wird die Planungen und den ersten Bauabschnitt beschreiben bis zur Grundsteinlegung im September 1932. Der III. Teil, schließlich wird die Zeit des Bauens bis zum Abschluss beinhalten, wenn Matthias Lamberty seine »Chronik" am 18. November 1934 schließt.

Im schönen Kylltale, südlich des berühmten, durch seine Wasserquellen wohlbekannten Eifelstädtchens Gerolstein, liegt das nicht minderbekannte, unweit entfernte (etwa 20 Minuten) Dorf Lissingen. Gerolstein wie Lissingen sind geschichtlich bekannt durch die aus der Römerzeitstammenden Burgen. Lissingen gehört zur Pfarrei Gerolstein. Da Lissingen eine Seelenzahl über 600 schon lange Jahre erreicht hatte, die Pfarrkirche dagegen sich allenthalben zu klein erwies, sann man in Lissingen, zumal der Kirchgang den Bewohnern, besonders älteren Personen, bei Wind und Sturm viele Schwierigkeiten verursachte, das am südlichen Ausgange unseres Ortes auf einer niedlichen Anhöhe gelegenes altes, in die Römerzeit zurückgreifendes, sehr baufälliges Kirchlein durch ein neues zu ersetzen. Unser altes Kirchlein war weit bekannt; denn auf Reisen mit der Eisenbahn, die etwas südöstlich an dem Kirchlein vorbeiführt, konnte man oft hören: Hier ist der Ort mit dem schiefen Kirchturm, welcher mit seiner 34 m Höhe allem Wind und Sturm trotzte. Schon lange Jahre hindurch war man bemüht, dem in unserem Kirchlein thronenden Herrn und Gott eine ihm gebührende Wohnstätte zu errichten. Mit diesem Gedanken war ein besonders eifriger Bürger des Ortes, Herr A.K. (H), lange Jahre umgegangen. Im Jahre 1921, zu damaliger Zeit Herr K. Ortsvorstand war, wollte er den Plan eines Kirchenneubaues ausführen, kam aber nicht dazu, da um diese Zeit die unglückselige Inflation tobte, der auch der von den Ortsbewohnern damals schon gezeichnete und zum größten Teile einbezahlte Betrag von 40000 RM zum Opfer fiel. Nun war so mancher gute Wille getrübt. Seitens des Provinzialkonservatorium für Heimatschutz und Denkmalpflege war man bemüht, das alte Kirchlein wieder instand zu setzen. Jedoch an der finanziellen Beteiligung obiger scheiterten alle Versuche einer Reparatur. Eines frühen Morgens, Anfang November 1931, als Herr Pfarrer Rader von Gerolstein die hl. Messe hier gefeiert hatte, sagte dieser nach der hl. Messe: "Meine lieben Christen! Wenn Ihr die Kirche erhalten haben wollt, dann muss innerhalb 14 Tagen etwas an der Kirche gemacht werden, sonst erfolgt eine polizeiliche Schließung.« Tiefgerührt vernahmen die Anwesenden die Worte des Pfarrers, der sie ebenso gerührt ernsten Blickes den Zuhörenden übermittelte. Tiefes Grauen ergriff viele, die wirtschaftliche Not des Vaterlandes betrachtend, die auf die kleinsten Ortschaften des Landes sich erstreckt. - Was wird mit unserer Kirche, wenn polizeiliche Schließung erfolge? Ernste Sorge ergriff tatsächlich diejenigen, die das graue Gespenst der Entchristlichung, der Abkehr von Gott, der Glaubenslosigkeit erkannt hatten. Was wird werden, wenn keine Kirche mehr hier wäre? Man dachte, sann und sann, wird nicht schließlich unsere Gemeinde eingreifen? Man sandte eine Resolution an die Regierung, aber vergebens. Es nahte immer mehr der Tag des Unsichern. Da, auf einmal am 23ten November 1931 wurde durch Ortsschelle bekannt: Heute abend um 7 Uhr große Versammlung betrifft Kirchenfrage. Es wird der Herr Bürgermeister Dr. Willkomm anwesend sein als Bevollmächtigter der Regierung, auch der Pfarrer ist eingeladen. Tatkräftige Männer, darunter als erster Herr K. A.-H., hatten sich ein Ziel gesteckt, das, wenn eine Schließung der Kirche erfolge, in Augenschein zu nehmen sei. Um 7 1/2 Uhr eröffnete der Gemeindevorsteher H. A. die Versammlung, übertrug nach kurzer Erläuterung dem Herrn Dr. Willkomm das Wort. Dieser legte nun der Versammlung klar, dass, wenn nichts an der baufälligen Kapelle geschehe, dieselbe am alleräußersten Termin, der 1. Dezember 1931, die Kapelle geschlossen werde.

Die verbotswidrig im Dezember 1931 von den Lissinger Bürgern abgerissene alte Kapelle.

Foto: Aus Wackenroder, Der Kreis Daun

 Er streifte noch kurz frühere Unterhandlungen zwischen den Regierungsstellen und der Gemeinde Lissingen, die bis dato noch ohne Erfolg geblieben sein. Herr P. A, M. spricht von einem Betrage von 3600 Mk., der während seiner Tätigkeit als Gemeinderatsmitglied (etwa 3 Jahre) bewilligt worden sei; wo der geblieben sei? Keine Aufklärung könnte erfolgen. Es setzt eine rege Diskussion ein. Kein Geld, Arbeitslosigkeit, Kirchenneubau, Reparatur der alten Kapelle usw. Herr M. P. hat einen Grundriss entworfen für einen Kirchenneubau, bringt ihn zur Bekanntgabe mit oberflächlicher Kostenberechnung pp. Nach Zahlungsmethode gefragt: Wir haben verschiedene Stände im Orte, z. B. Beamte, Arbeiter, Landwirte, Gewerbe usw. Diejenigen, welche nun mit laufenden Bareinnahmen Betreuten, sollen sich bereit erklären, nach ihrem besten Willen und Können, wenn auch mit Opfer verbunden, zu einem Kirchenneubau Bargeldbeschaffung beschließen. Dagegen die, die keine oder Bareinnahmen in geringem Maße haben, sollen mit Gespann oder Handarbeit im Frondienst sich beteiligen. Nach vielseitigen Beleuchtungen ging man auf einen solchen Plan ein. Nach ruhigem Überblick des Ganzen ergriff Herr Pfarrer Rader das Wort: »Ich finde es jetzt für meine Pflicht, der Versammlung folgende Frage zu stellen: Wer ist nach all dem Hin- und Herraten für einen Kirchenneubau? Derjenige, der dafür ist, soll aufstehen oder ein Zeichen mit der Hand geben.« Ein Moment lautlose Stille. - Einstimmige Annahme eines Kirchenneubaues. Große Heiterkeit, man fühlt sich von Herzen erleichtert, aber Herr Bürgermeister Dr. Willkomm ergreift zu Worten des Dankes und ermahnt gleichzeitig zur Einheit. »Dann wird das der Zeit entsprechend doppelt so schwere Opfer leichter zu bringen sein, als wenn einer nach rechts, der andere nach links zieht. Wir dürfen heute Abend ruhig ein Schritt weitergehen, nämlich der Bildung eines Bauausschusses.« Geschieht. Es wurden nun folgende Herrn als Bauausschussmitglieder durch Zuruf gewählt: (Siehe Vorspann! Die Redaktion.) Nach einem Appell an die Bauleitung durch Herrn Pfarrer Rader wegen der Finanzierung schließt Herr H. A. die Versammlung um 10 1/2 Uhr. Es graut der Morgen des 24ten November. Bei fast Tagesanbruch sieht man auf gewöhnlichen Zusammenkunftspunkten auf der Straße Gruppen von Männern; es setzt die allübliche Straßenpolitik ein. Jedoch auch der Bauausschuss beginnt mit aller Energie seine Tätigkeit, Einzelberatungen usw. Am 27. November tritt der Bauausschuss zur 1ten Sitzung zusammen. Nach eifriger Aussprache beschließt man die Hauptfrage einer Ortssammlung durch freiwillige Einzeichnung von Bargeld und Frondienst. Zu dieser Einzeichnungssammlung wurden bestimmt folgende Herrn: 1. Herr St. M. und Kl. M. für die Landwirtschaft. 2. Herr M. P, und M.N.II C. für Beamten und andere Bargeldempfänger. Es setzt jetzt am 28. Nov. die Einzeichnungsfreudigkeit ein. Sie dauert bis 30. Nov. Besondere Neugierde herrscht bei den Bauausschussmitgliedern über die Eintragungen. Am Abend des 30ten Nov. ist die Einzeichnung beendet und schließt ab mit einer Bargeldsumme von 12880 Mk. - Frondienst 4165 Mk. Am morgigen Tage, dem 1. Dezember 1931, wird die letzte hl. Messe in der alten Kapelle gefeiert. Die Kirche ist gefüllt bis auf den letzten Platz, um der letzten hl. Messe beizuwohnen. Ein banges Denken ergreift viele. - Werde ich nochmal erleben, dass der liebe Heiland seinen Einzug in unsere Kirche hall? - Um 11 Uhr, unter Vorsitz des Herrn Pfr. Rader, beginnt die 2te Ausschußsitzung. 1. Bekanntgabe der Sammlung im Ort. Freudige sowie auch ernste Mienen sieht man unter uns. Herr P. A. M. referiert abweichend, wegen der Einzeichnungsformulare, Zahlungsschwierigkeiten seinerseits usw. Er stellt dem Kirchenneubau ein Barbetrag von 900 Mk, die er als Außenstände im Ort hätte, zur Verfügung und Frondienst für 300 Mk. Es wird weiter beschlossen, die Steinfrage zu prüfen. Vorschlag auf der Hütte wird genehmigt. Am 3. Dez. beginnt schon der Versuch nach den Steinen. Alle möglichen Ratschläge gemacht, weil alles Laien in der Sache. Besonders tritt Herr F. D. hervor, der mit aller Zähigkeit festhält, dass die Steine im Boden, nicht an der Erdoberfläche seien. Nach einigen Tagen war schon eine Menge Steine geborgen. Je tiefer, desto besser wurden die Steine, und je mehr Steine, desto mehr Mut erhielt ein jeder, besonders die Bruch arbeite r. Am 5. Dez. 31 wurden die Bänke aus der Kirche entfernt und bei Herrn L. J. untergestellt durch Herrn M. N. II, L M., K. M. und K. H. und Schuljugend. Am 9. Dez. liehen wir bei Herrn Arnoldy Nick., Baugeschäft, Gerolstein, 105 m Gleis mit Zubehör und Wagen für die Erdbeförderung von den Steinen, pro m und Monat 0,06 Mk und 6 Mk für den Wagen und Monat, vertraglich durch M. N. II und L. M. So ging nun das Steinebrechen mit aller Energie los. Am 10. Dez. 31 wird die alte Kirche durch Herrn Pf r. Rader ausgeräumt und dem freien Abbruch preisgegeben. Alle Sachen aus der Kirche wurden in der Schule untergebracht. Sie stammten aus alter Zeit, z. B.: Altar aus dem Jahre 1747, Beichtstuhl 1779, Taufstein 1799. Es wurde festgestellt, dass der Altar aus 1747 stammte, da eine Münze aus dessen Jahreszahl im Altar gefunden wurde. Alle Arbeiten wurden freiwillig geleistet. Mit voller Begeisterung erwartete man den folgenden Tag, da an diesem Tage der Abbruch der Kirche beginnen sollte. Es war der 12. Dez. 31. In aller Frühe waren kühne, kräftige Burschen zusammengekommen, um die Niederlegung des Turmhelmes zu bewerkstelligen. Unfachkenntnis aller Beteiligten wie auch aller Neugierigen verursacht vorerst etwas Unstimmigkeit, da jeder gerne besseren Ratschluss zu wissen meinte. Man einigte sich nun auf den Vorschlag St. M.'s, starke Ketten und Taue zu besorgen, um die obere Helm-spitze zu legen und mittels Kabelzug den ganzen Helm ohne weiteres abzuziehen. Gegen 2,14 Uhr gelang dies dann auch tatsächlich, und mit einem unheimlichen Krachen und Stöhnen stürzte der 27 m lange Helm in die Tiefe. Voller Begeisterung schwang sich die mutige Abreißkolonne auf das Kirchendach, und auch schon im Nu kamen Bretter und Balken herunter, so dass man fast meinte, es wäre Zerstörungswut, jedoch nur Begeisterung war. dass man eine neue Kirche bekomme, die sich auch wirklich dem Ortsbild anpasse usw. Um 5 1/2 Uhr nachmittags war das Kirchlein seines Daches beraubt. Traurig steht sie nun da und sieht betrübt zum Firmament empor. Es ist Samstag. Morgen Sonntag. Trauriger Anblick. Gleich einer verheerenden Feuersbrunst zum Opfer gefallenen Gebäulichkeit steht unser Kirchlein da.

Still und stumm verläuft der Sonntag; unser schrilles, helles Glöcklein ruft nicht zum Ave Maria, auch nicht zur Rosenkranzandacht, die als gewöhnlich unsern Sonntagsnachmittagsgottesdienst darstellte. Der Bauausschuss beginnt seine Tätigkeit wieder durch eine Sitzung um 1 Uhr nachmittags. Allgemeine Ansicht und Beschluss, das Bauwerk ohne Turm abzureißen. Herr K. A.-H. bringt seine witzige Meinung noch zum Ausdruck mit dem Versgen: »Dat Oafbrächen a(J neist, äwer dat Obbauen; wenn dat esu jeng, wir ech früh mat für ech. Hätten mir weil et Jäld, uder hätt ech ald ees die Schnauf vam Pastuer!« Herr Pfr. prisst gerne, lässt gewöhnlich seine Prisedose umgehen bei Versammlungen, hatte aber auf der Ausschusssitzung vom 1. Dez. 31 Herrn K. abgewiesen, bis die neue Kirche fertig sei. Herr K. sagte damals: >>Dan wellt ech, ech kinn se eweil ald krei-en, dan wirre mer reet.« Stille Nacht. Es wird Montag, und der Abbruch des Mauerwerkes beginnt. Der Schutt des Abbruches soll zur Planierung des Schulhofes dienen. Mit derselben Energie und zielstrebendem Eifer geht die Sache los. Hacken, schauein, Schubkarren schieben usw., alles mit Mut und zähem Ausdauerwillen. Lustig sind alle Arbeiter klein und groß. Brauchbare Steine werden ausgelost und zur Wiederverwendung bei Seite geworfen. Nach alter Sage soll in der Kirche ein ehemaliger Ritter der Burg Lissingen begraben sein, wie das an der Südseite angebrachte Grabmal auch aufweist. Voller Neugierde sind alle Arbeiter, wenn bei Auffindung des Grabes und Sarkopha des Verblichenen irgendwelche, wie bei Ritter üblich, mit zu Grabe gegebenen Wertgegenstände gefunden würden. Mit aller Vorsicht wird das Grabdenkmal ausgebaut, jedoch hier ist nichts Auffallendes zu entdecken. Auch bei Durchgrabung des Böden-lnnern ist nichts aufzufinden. Ohne jegliche Störung geht die Abbruchtätigkeit weiter, und nach 10 Tagen ist das Mauerwerk bis zur Fundamenttiefe abgerissen. Nun steht noch der Turm allein, keck ragt er in die Luft, als halte er treue Wacht der einst heiligen Stätte, bis die neue Wohnstätte des Höchsten sich wieder an ihn anschmiege.

Während jener Abbruchtage war die Steinbruchtätigkeit fleißig gefördert worden. So ging nun gleich das Anfahren der Steine zum Bauplatz los. Bevor das Anfahren tatsächlich erfolgen konnte, musste das im Wege lagernde alte Gehölz des Kirchturmdaches - beiseite geschafft werden. Der Ausschuss beriet und schlug vor, es im Wege des freien Verkauf (Versteigerung) fortzuschaffen. Es wurde nun am 15. Dez. 31, 4 Uhr Nachm. öffentlich ausgeboten, ohne jegliche Gewähr und der Betrag von 140,80 Mk erzielt. Am 13. Dez. 31 tagte der Ausschuss wieder, um jetzt, nach Räumung der Baustelle usw., das Anfahren der Baumaterialien pp. ordnungsgemäß zu bewerkstelligen. So beschloss man nun, die einzelne Arbeitspositionen auch einzelnen Herrn zu übertragen, um eine übersichtliche Handhabung zu gewährleisten. So wurden unter anderem übertragen:

1. Buchführung und Rechner: L. M. {Der Autor der Chronik. Red.)

2. Kirchenabbruch und

Vorarbeiten zum Aufbau pp: M. NIIC. und M. P.

3. Leitung der Fuhrwerke: St. M. und H. A.

4. Sandbelieferung ca. 300 cbm: H. A.

5. Steinbrucharbeiten, hatte wie früher schon- Herr F. D. übernommen

6. Beaufsichtigung der Maurerarbeiten als Fachmann: K. M., und K. A.I, Gesuche an alle Nachbargemeinden zu machen um Überlassung von Bauholz im Unterstützungswege, um so den Barzeichnungsfonts in etwa zu schützen.

So wurden unter anderem Unterstützungsanträge gestellt an die Gemeinden Pelm, Gees, Kirchweiler, Hinterweiler, Hohenfels, Betteldorf, Bewingen, Roth, Calenborn, Duppach, Müllenborn, Birresborn, Büscheich, Wallenborn, Gerolstein, Wallersheim. Inzwischen hat Herr St. M. nun begonnen mit der Steinanfuhr. Es gab gleich ein reges Treiben unter den Fuhrleuten, jeder wollte am meisten leisten durch öftere Fahrten oder Höchstladung. Herr M. N.II C. hatte die Hände voll, um die Steine an den richtigen Platz zu bringen und die Fuhrwerke aufenthaltslos zu entladen. Durchschnittlich wurden täglich 25-27 Wagen Steine angefahren (ca. 35 cbm]. Währenddessen laufen auch schon unterstützungsbewilligte Holzzusagen ein. An erster Stelle Roth mit 8,25 Fm, und andere je nach Leistungswilligkeit zwischen 3-5 Fm. Alsbald setzten auch die Holzfuhrwerke an. In rückhaltloser Opferwilligkeil setzten sich Herr K. N. W. und H. J. für diese Arbeit besonders ein, ohne Schonung von Mann und Gespann. Alle Gemeinden haben die Notwendigkeit unseres Kirchenbaues erkannt und zusagende Beihilfe gewährt. Durch die regen Gespann- und Arbeitsleistungen angespornt wollen auch die Bargeldzahlungen nicht im Rückstande bleiben. Um allen in Frage kommenden nur Möglichkeit zu geben, damit keine Störung eintreten soll, wurde in der Ausschusssitzung vorn 11. Jan. 32 beschlossen, 2 Kassenkonten zu errichten, nämlich in Lissingen bei der Spar- und Darlehenskasse und in Gerolstein bei der Kreiskasse. In den ersten 8 Tagen liefen bereits 1000 Mk ein. Nach, mit Herrn Pfr. Rader gemeinschaftlich besprochener Plananfertigung, warten wir alle auf die technische Fertigstellung, um anhand dieser das zu benötigende Hauwerk zu beschaffen. Herr Architekt Bauer, Hiliesheim, ist durch Herrn Pfr. damit beauftragt. Wie mag der Plan wohl im Bilde aussehen? Alle Bewohner warten mit Neugierde.

Inzwischen hat sich eine kleine Unliebsamkeit herausgestellt. Halt! Auf wessen Name wird die Kirche gebaut? Unsere Gemeinde hat jede Verantwortung abgelehnt, zumal ihr baubehördlicherseits Vorhaltungen gemacht wurden wegen brutalem Abbruch usw. Also, unsere Zivilgemeinde und Kirchengemeinde, rein katholisch, ist nicht eins (verständlich). Sollte nun zum Neubau eine Geldanleihe in Frage kommen, muss ein Institut vorhanden sein, worauf ein solches Geschäft zu tätigen ist. Seitens des Ausschusses vertrat man nun in der Sitzung vom 29. Jan. 32 die Meinung, dass, wie schon verschiedentlich erwähnt worden sei. ein großer Teil der Geldzeichnungsinhaber sich bereit finden ließen, ihren Zeichnungsbetrag alsbald zu leisten, um damit evtl. das Anleiheverfahren zu ersparen. Diese wirklich lobenswerte Anteilnahme am Kirchenneubau wurde allseitig anerkannt. Aber namentliche Persönlichkeiten waren noch nicht da, auf wessen Namen (pro Forma) die Bauausführung getätigt werden soll. Es muss also ein Bauherr da sein, da die Gemeinde ja nicht das Risiko übernehmen kann. Dieserhalb hat man nun in obiger Sitzung 2 Bauherren ernannt, nämlich Herr K. A.I und Herr M. P. Auf dieser Herrn Name wird der inzwischen eingegangene, zur Ansicht angefertigte Plan nach Begutachtung der Ortsbewohner dem Kreisbauamt und der Regierung zur Genehmigung vorgelegt. Am 31. Jan. 32 ist obiger Plan nun im Schaufenster des Kaufhauses Schmilz Joh. zu jedermanns Einsicht ausgehängt.

(Der Beilrag wird im kommenden Heimatjahrbuch fortgesetzt.)