Geschichte des Paltzer-Hauses

Matthias Meinen. Bleckhausen

Vor über 150 Jahren verließ Bernhard Zimmer, verheiratet mit Maria Elisabeth Michels, und ihre zwei Kinder, Bleckhausen im Frühjahr 1843. Mit 480 Talern Reisegeld machten sie sich auf den Weg nach Amerika, um der damals hier in der Eifel allgemein sehr schlechten wirtschaftlichen Lage zu entfliehen, in der Hoffnung auf eine neue Heimat und auf ein besseres Leben: Hausrat und alles andere, das nicht auf die Reise mitgenommen werden konnte, hatte sich im Ort schnell verkauf!. Für die unbeweglichen Güter, wie Haus, Hof und Ländereien, musste ein zahlungskräftiger Käufer gesucht werden, der sich dann auch bald fand. Der Käufer hieß Jakob Paltzer, wohnhaft in Binsfeld und nannte sich Gutsbesitzer.

Was damals vertraglich zwischen dem Käufer Paltzer und dem Verkäufer Zimmer ausgehandelt wurde, ist nicht bekannt, jedoch wie die Nutzung der Güter nach Übereignung aussehen sollte, berichtet ein Dokument, welches in Manderscheid in der Amtsstube des dort ansässigen Notars, Karl Eduard Hubert Dick, aufgesetzt wurde.

Der Gutsbesitzer Paltzer verpachtet seinen »Bleckhausener Hof", wie er ihn nennt, für zehn Jahre an Jakob Göbel, damals wohnhaft in Kirsch an der Mosel. Dieses Dokument beinhaltet bis aufs kleinste Detail Aufgaben und Rechte der beiden Vertragspartner. Es lässt aber auch erkennen, wie groß die Kluft war zwischen jemandem, der Güter sein Eigentum nennen durfte und einem einfachen Tagelöhner, also zwischen reich und arm.

Pachtvertrag zwischen Jakob Paltzer aus Binsfeld und Jakob Goebel aus Kirsch an der Mosel

Manderscheid, den 21. Mai 1846

Vor dem königlich preußischen Notar Karl

Eduard Hubert Dick zu Manderscheid im LandgerichtsbezirkeTrier erschienen:

1. Der Herr Jakob Paltzer, Gutsbesitzer, wohnhaft in Binsfeld und

2. Jakob Goebel, Ackerer, wohnhaft in Kirsch, Bürgermeisterei Longuich, Land k reis T her, beide dem Notar persönlich bekannt, auf deren Ansuchen folgender Pachtvertrag aufgenommen wurde:

1. Comparent Paltzer verpachtet hiermit dem dieses annehmenden Comparenten Goebel seinen Hof zu Bleckhausen, genannt Bleckhausener Hof, mit Zubehör, bestehend aus einem Wohnhaus mit Stallung, Scheune und Hofbering in Bleckhausen neben Uller Mathias und der Gemeindestraße, Ackerland, Schiffelland, Gärten, Baumgärten und Wiesen, gelegen in den Gemeinden Bleckhausen, Schutz und Üdersdorf, enthaltend einen Flächenraum von etwa fünfzig Morgen magdeburgisch. Der Anpächter erklärt, den Hof genau zu kennen, weshalb er auf eine nähere Bezeichnung und Beschreibung desselben verzichtet.

2. Für den Fall, dass der Verpächter das gedachte Gut durch Ankauf in den genannten Gemeinden Bleckhausen, Schutz und Üdersdorf vergrößert, nimmt der Anpächter Goebel das dazu Erworbene gleichfalls sofort und unter den nämlichen Pachtbedingungen in Pachtung. Auch steht es dem Verpächter frei, zum Bleckhausener Hof gehörige Parzellen während der Pachtzeit nach Belieben und jederzeit auszutauschen und sich der Anpächter als dann verpflichtet, die vom Verpächter vertauschten Parzellen abzutreten, die dafür eingetauschten dagegen anzutreten und zwar ohne daraus irgend einen Entschädigungsanspruch geltend machen zu können.

3. Die Verpachtung geschieht auf zehn stete nacheinander folgende Jahre, welche angesehen werden, als hätten sie am 22. Februar laufenden Jahres ihren Anfang genommen, mithin am nämlichen Tage des Jahres 1856 endigen werden.

4. Der Anpächter ist verpflichtet, den Hof wie ein guter Hausvater zu bewirtschaften, mit zugehörigem Vieh und Ackergeräten zu bestellen und in seinen Furchen und Grenzsteinen zu erhalten. Insbesondere wird hiermit festgesetzt, dass im dritten und den folgenden Pachtjahren wenigstens acht Stück Rindvieh und zwölf bis zwanzig Stück Schafe auf dem Pachtgute vorhanden sein sollen.

5. Da das Wohnhaus mit dem Ökonomiegebäude noch nicht ganz fertig ist, so verpflichtet sich der Verpächter, den Keller dieses Jahr und das Übrige im Jahr 1847 in Stand zu setzen. Was die Reparaturen betrifft, so fallen die Lokativ-Reparaturen zur Last des Anpächters, alle übrigen aber zur Last des Herrn Verpächters, jedoch verpflichtet sich der Anpächter, bei allen dem Verpächter obliegenden Reparaturen die nötigen Fuhren zu tun, sowie den Arbeitsleuten Kost und Schlafung zu geben und zwar alles dieses unentgeltlich.

Das zum Dach und sonstigen Reparaturen notwendige Stroh wird ohne Vergütung für den einen oder anderen Teil vom Hofe genommen. Sollte der Verpächter Neubauten machen, was ihm, ohne dazu verpflichtet zu sein, zu jeder Zeit freisteht, so fallen alle entstehenden Kosten und Arbeiten ihm allein zur Last, so dass der Anpächter weder zu Fuhren und Beköstigung, noch zu sonst etwas verpflichtet ist.

6. Überhaupt soll der Pächter beim Abzüge das Pachtgut in dem Zustande abtreten, wie er es beim Aufzuge antrifft. Insbesondere wird ihm zur Pflicht gemacht, kein Stroh, Heu, Kaf (= Spreu) und Dünger vom Gute zu verkaufen oder sonst zu verbringen, vielmehr soll solches beim Pachtgute verbleiben, selbst dann, und ohne Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung von Seiten des Pächters, wenn letzterer während der Pachtzeit dergleichen Sachen auf seine Kosten angeschafft und auf das Gut gebracht hat.

Auch ist der Anpächter verpflichtet, dieses und jedes nachfolgende Pachtjahr wenigstens elf Morgen mit Winterfrucht, elf Morgen mit Hafer und Kartoffeln und ebensoviel mit Klee, Erbsen, Linsen, Wicken, Flachs oder sonstigen Früchten zu bestellen und den Rest nach Ortsgebrauch entweder als Brache für die kommende Winterschaar zu bebauen, oder aber mit Vorfrüchten zur Wintersaat zu gemeinschaftlichem Vorteil zu benutzen, so dass das Gut, selbst das Schiffelland schon im dritten Jahr gänglich in Ertrag kommt und sofort darin erhalten wird.

Beim Abzüge vom Pachtgute am 22. Februar 1856 soll der Anpächter ebenfalls zurücklassen:

1. sämtliche, von ihm zu Felde gebrachte Wintersaat mit wenigstens vier Morgen Klee, ohne davon die Hälfte zu beziehen oder eine Entschädigung für Samen und Ackerlohn zu fordern.

2. fünfundzwanzig Zentner Heu, weil der Pächter das jetzt auf dem Gute vorrätige Heu bezieht und

3. dreißig Zentner Stroh, wovon die eine Hälfte Kornstroh und die andere Hälfte Haferstroh sein soll, weil er gleichfalls das jetzt auf dem Pachtgute vor findliche Stroh erhält.

7. Es ist dem Anpächter untersagt, das Pachtgut unterzuverpachten oder sein Pachtverhältnis einem dritten zu überlassen. Ebenso soll er während der Pachtzeit in den Gemeinden, worin das Pachtgut gelegen ist, keine anderen Güter oder einzelne Grundstücke weder anpachten, noch ankaufen und für seine Rechnung bewirtschaften dürfen.

8. Der Verpächter verpflichtet sich, das sogenannte Bürgerrecht in Bleckhausen anzukaufen und die damit zusammenhängenden Vorteile seinem Pächter zu überlassen, dagegen vergütet letzterer die Hälfte des Ankaufspreises und entrichtet die dessfallsigen (fälligen) jährlichen Beiträge gänzlich für seine Rechnung.

9. Die Grundsteuer und sonstigen Real-Lasten tragen Verpächter und Anpächter gemeinschaftlich, dagegen fallen alle Personal-Lasten, als: Hand- und Spanndienste, Einquartierung und die Beiträge zum Pfarr- und Küstergehalte und dergleichen mehr dem Anpächter zur Last, jedoch soll der Verpächter die diesjährigen Real-Lasten einseitig abführen.

Was die Feuerprämie der gegen Brandschaden versicherten Gebäude betrifft, so wird solche für dieses Jahr vom Verpächter allein, im übrigen aber vom Verpächter und Anpächter gemeinschaftlich bezahlt.

10. Als Pachtzins bezieht der Herr Verpächter sämtliche Feldfrüchte zur Hälfte, ohne von den Gartenfrüchten, sowie vom Grase und Heu etwas in Anspruch nehmen zu können, jedoch soll das Obst beiden Teilen gemeinschaftlich zukommen. Auch wird der Verpächter im ersten und letzten Pachtjahr die Gartenfrüchte zur Hälfte erhalten. Zu den Feldfrüchten wird alles das gerechnet, was auf dem Ackerland und Schiffelland wächst, gleichviel ob es Weizen, Korn, Hafer, Klee, Erbsen, Flachs, Linsen oder sonstige Frucht ist. Die Teilung der Früchte geschieht auf dem Felde und es soll dem Verpächter mit der Verpflichtung das Stroh vom Anpächter zürn Hof zurückholen zu lassen, freistehen, seinen Anteil an den Früchten in eine besondere Scheune einfahren zu lassen.

Das Abmachen, Einscheunen, Einkellern und Ausdreschen der Früchte besorgt der Anpächter einseitig und auf seine alleinige Kosten, jedoch wird der Verpächter zum Ausdreschen einen vom Anpächter übrigens zu beköstigenden Tagelöhner stellen. Alles Saat- und Setzgut liefert der Anpächter allein. Ferner ist der Anpächter verbunden, das vom Pachtgute gewonnene Getreide des Verpächters, also Klee und Kartoffeln ausgenommen auf jederzeitiges Erfordern des Verpächters frei und unentgeltlich nach Binsfeld zu transportieren und daselbst abzuliefern. Endlich soll der Anpächter dem Verpächter noch als Pachtzins im Jahr 1847 und den folgenden Pachtjahren jährlich ein fettes Schwein von einhundertachtzig Pfund in der Woche vor Weihnachten frei und unentgeltlich nach Binsfeld tiefern und auch gedachtes Schwein allemal zuvor lebendig abgeliefert, aber, gehörig abgeschlachtet und ausgeworfen, soll es die angegebene Schwere haben.

11. Alle dem Verpächter als Pachtzins zukommenden Vorteile wurden von den Parteien behufs (mit Hilfe] der Sempelberechnung hiermit zu einem Werte von einhundertzwanzig Talern taxiert.

12. Der Anpächter verpflichtet sich, die solidarische Bürgschaft seiner Ehegattin zur Erfüllung aller von ihm durch den gegenwärtigen Pachtkontrakt übernommenen Verbindlichkeiten binnen Monatsfrist einem notariellen Akte auf Kosten des Verpächters beizubringen und dem letzteren auszuhändigen.

13. Wenn der Anpächter die von ihm durch diesen Pachtkontrakt übernommenen Verbindlichkeiten im ganzen oder teilweise nicht erfüllen sollte, so soll das Pachtverhältnis zürn Vorteil des Verpächters als von rechtswegen aufgelöst betrachtet werden.

14. Die Kontrahenten sind darin einig, dass jährlich etwa 30 Obststämme zum Besten des Gutes angepflanzt werden sollen und wird der Verpächter zu diesem Behufe (Zweck) die Obststämme liefern und der Anpächter solche zu pflanzen und zu unterhalten verbunden sein.

15. Die Kosten des gegenwärtigen Aktes, zu dessen Aufnahme sechs Stunden verwendet worden sind, trägt der Anpächter.

Also geschehen am Tag und Ort wie Eingangs in des Notars Amtsstube mit Zuziehung von Theodor Coll, Ackerer, und Peter Zens, Ackerer und Bierbrauer, beide in Manderscheid wohnhaft als Zeugen. Und haben die Comparenten mit den Zeugen und Notar nach Vorlesung unterschrieben.

Unterschriften: Jakob Goebel, Theodor Coll, Peter Zens, Paltzer, Dick

Anmerkung

Der Vertrag ist wörtlich übersetzt

Erwähnenswert ist noch dass der Name des Gutsbesitzers, also Paltzer. so dominierend war dass das erworbene Gut diesen Namen als Hausnamen erhielt und somit den alten Hausnamen verdrängte Noch heute, nach über 150 Jahren, ist der Name Paltzer als Hausname im Ort gebräuchlich und am Haus Brunnen Straße 3 hallen geblieben.