Sportfotograf Gustav Schröder ein Porträt

Von Bert Brecht bis Berti Vogts

Brigitte Bettscheider, Kelberg

Er ist einer der bekanntesten Sportfotografen und -Journalisten Deutschlands. Und er ist der offiziell im Arbeitsplan ausgewiesene Fotograf des Pfingstwaldfestes von Sassen, einem kleinen Dorf im Kelberger Land. Von Gustav Schröder ist die Rede, der seit sechs Jahren mit seiner Frau Anni in Sassen lebt. Die beiden fühlen sich sehr wohl in der kleinen Eifelgemeinde, in ihrem Haus mit Garten, gleich neben der Dorfkapelle. »Wenn ich mal keine Sporttermine mehr habe, ist die Eifel nicht mehr sicher vor mir«, sagt Gustav Schröder. Dann wolle er sich mehr der Landschaftsfotografie widmen. Aber das wird wohl noch etwas dauern, denn im Olympiajahr ist sein Terminkalender erst mal randvoll.

Heute glaubt Gustav Schröder, dass schon der Tag und die Stunde seiner Geburt etwas mit seiner späteren Begeisterung fürs Fotografieren zu tun hatten. Er ist am 21. Juni geboren, als die Sonne am höchsten stand; 1929 war das, in Düsseldorf. Während der Sport und das Schreiben schon sehr früh eine Rolle in seinem Leben spielten, gewannen Kamera und Dunkelkammer erst viel später an Bedeutung. »Ich gehöre zur Generation der Kinderlandverschickten und der Flakhelfer«, so Gustav Schröder, und er erzählt, wie er 1945 in einem Wehrertüchtigungslager eine eigene Zeitung gemacht habe. Es war zwar mehr eine Tonpost, denn die Artikel wurden beim Abendessen vorgelesen, aber der damals 15jährige gab ihr den bezeichnenden Namen »Journal de Republique«.

Die berufliche Laufbahn von Gustav Schröder begann nach dem Abitur zunächst als technischer Kaufmann in der Elektromedizin bei Siemens in Düsseldorf. Aber schon bald begann er mit dem Studium der Philosophie und Germanistik in Leipzig. »Das war die Zeit, als ich ein großer Schriftsteller oder Theaterwissenschaftler

werden wollte«, erinnert sich Gustav Schröder heute. Damals hat er Kabarett gespielt, war Praktikant an Bert Brechts Theater in Berlin und wurde »Herbert Kowalski« - eine Romanfigur in Erich Loests Buch »Das Jahr der Prüfung«.

Von Kind auf hatte er viel Sport getrieben und als Fußballer und Feldhandballspieler das Laufen gelernt. Während der Leipziger Studentenzeit begann - als Mitglied des »SC Rotation Leipzig« - seine sportliche Karriere. Beim Universitätssportfest wird er DDR-Meister im 5.000-Meter-Lauf. Und wieder habe das Datum eine besondere Bewandtnis gehabt - es war der geschichtsträchtige 17. Juni 1953. Dem Leistungssport hatte er sich zugewandt, weil er der Politik und den Problemen des "real existierenden« Sozialismus davonlaufen wollte. Und einer Köpenickiade ähnlich (»Ich reise im Auftrag der SED") verlässt Gustav Schröder 1956 die DDR und geht nach Düsseldorf - von Brecht zur Barmer.

Er wird also Sachbearbeiter bei der Krankenkasse, und da hatte er viel Menschenkenntnis gewonnen. »Ich wusste immer auf den ersten Blick, ob einer Einlagen oder Zahnersatz brauchte."

Daneben sammelte er Meisterschaftstitel im Langstreckenlauf und stand mit Männern wie Herbert Schade und Emil Zatopek »auf dem Treppchen". Er wurde Personalchef einer großen Stahlfirma in Düsseldorf, er trieb Sport und schrieb für sechs Zeitungen gleichzeitig. ••Zuerst habe ich über mich selbst geschrieben, gesteht er - unter den Pseudonymen Bernd König und Gerd Schwarz. Er wurde Pressewart für Leichtathletik im Kreis Düsseldorf/Neuss und saß sonntags als Redakteur bei der Rheinischen Post 1970 übernahm er die Sportredaktion der Westdeutschen Zeitung (WZ) und war an der Entdeckung von Berti Vogts beteiligt, der in Büttgen bei Neuss Fußballspieler und Meßdiener war. Immer öfter hieß es: »Wenn Sie sowieso zu dem Termin gehen, können Sie doch auch gleich fotografieren." Und das hat Gustav Schröder dann auch gemacht, 15 Jahre lang, nicht nur Sport, sondern auch das Händeschütteln von Politikern, Spatenstiche, Richtfeste und Karnevals Veranstaltungen. »Das konnte ich nur schaffen, weil ich Marathonläufer war«, sagt er, und er sei dafür bekannt gewesen, dass er oft vor dem Sieger die Ziellinie erreicht habe. Er gründete eine eigene Fotoagentur, die "Rhein-Ruhr-Foto". 1983 trennte Gustav Schröder sich von der WZ. »Da kam mir der liebe Gott zu Hilfe und übertrug mir die Chefredaktion des Sportmagazins des DJK-Bundesverbandes." Track and Field News - so heißt die berühmteste Leichtathletikzeitschrift der Welt; sie wird in Los Angeles herausgegeben, zehn Fotografen arbeiten mit, zwei davon sind Deutsche, einer ist Gustav Schröder. Seine umfangreiche Fotosammlung aus den 70er Jahren hat er 1995 dem Kreis Neuss gestiftet.

Im Juli 1996 stellte er- zur Einstimmung auf die Olympiade - Sportfotografien im Kelberger Rathaus aus. Er bebildert die Programmhefte zum Trierer Silversterlauf, der in diesem Jahr zum siebten Mal über die Bühne gehen soll und den Gustav Schröder aus der Taufe gehoben hat. Er wird überregional in Text und Bild von dem Ereignis berichten. Im Unruhestand lebt der »Mann mit der Baskenmütze« jetzt also, er schreibt und fotografiert nach wie vor. Dass er sich nach Meinung seiner Frau zu wenig um die drei Kinder gekümmert habe, weist er zurück. "Immerhin", so betont er m seiner unnachahmlich charmanten Art, »ist unsere Tochter Cornelia Sportlehrerin geworden und unser Sohn Ralph Sportfotograf.«