Ein Haus voll Glorie schauet Eifeldom in Niederbettingen

Peter Jakobs. Simmern

Weit über den Landkreis Daun hinaus ist die große Pfarrkirche in Niederbettingen als »der Eifeldorn« bekannt.

Wer über die Kyllstraße an Niederbettingen vorbeifährt und diese Kirche in ihrer imposanten Größe vor sich sieht, fragt sich erstaunt, welche Bewandtnis hat ein solch majestätisches Bauwerk ausgerechnet in diesem kleinen Ort?

Nirgendwo im Umkreis findet der Besucher dies ungewöhnliche Größenverhältnis von Gotteshaus und Einwohnerzahl. Als Standort wählten die Erbauer einen terrassenförmigen Hügel, der kyllseitig verhältnismäßig steil, aber nicht tief abfällt.

Wenn man in den Akten des Bischöflichen Archivs in Trier stöbert, so kann man feststellen, dass der »Eifeldom« die vierte Kirche am Ort ist. Ende des 19. Jahrhunderts stellte sich heraus, dass die 1749 erbaute und 1828 erweiterte Kirche zu klein geworden war für die wachsende Pfarrei Niederbettingen. Man plante den Neubau eines weitaus größeren Gotteshauses. Triebfeder der ganzen Sache war der im Jahre 1892 in Niederbettingen eingesetzte Pfarrer Josef Pfeifer. Noch heute kann ich mich an die Erzählungen meiner Mutter über diesen strengen und gefürchteten Gottesmann erinnern, der die Pfarrei von 1892 bis 1907 verwaltete.

Im März 1896 wurde die alte Pfarrkirche von 1749 abgerissen. Den Grundstein für die neue Kirche legte man im Juli des Jahres 1897. Die feierliche Konsekration durch Weihbischof Schrod aus Trier fand am 26. Mai 1898 statt. Baumeister Rüppel aus Bonn war Architekt und Bauleiter zugleich. Im März 1900 rechnete er bereits die Baukosten ab: 57.340,88 Mark. Für die Innenausstattung waren noch rund 12.000,- Mark aufzuwenden, so dass man auf eine Gesamtsumme von etwa 70.000,- Mark kam.

Die Pfarrkirche erhielt auch ein neues Patronat. War bis zu diesem Zeitpunkt Apostelfürst Petrus der Niederbettinger Patron, so wurde nun das Heiligste Herz Jesu auserwählt. Die Schulchronik enthält einen Hinweis über die Konsekration der neuen Pfarrkirche: "Am Donnerstag, dem 26. Mai 1898. vormittags von sieben bis neun Uhr fand die feierliche Konsekration der neuen Pfarrkirche zu Niederbettingen statt, durch den Weihbischof S. Bischöflichen Gnaden, den Herrn Karl-Ernst Schrod aus Trier sowie den Herrn Dechanten Pfriem und fünf anderen Geistlichen. Danach war das Hochamt für die Firmlinge bis 9 3/4 Uhr. Die Firmung wurde von 9 3/4-10 1/4 Uhr erteilt. Die Predigt von Herrn Pastor, in Roth von 10 1/4-10 3/4 Uhr. Hierauf Christenlehre durch Herrn

Pfarrkirche Niederbettingen - der EIFELDOM Foto: Josef Pohlen, Düren/Birkesdorf

Pfarrer Pfeifer (Niederbettingen) bis 111A Uhr. Zum Schluss hielt der Bischof die Anrede von 11V4 Uhr-1 W4 Uhr. Lehrer und Schüler hatten an diesem Vormittag Urlaub aus der Schule durch Verfügung der Schulbehörde. Am Nachmittag war Schulunterricht.« Zur Pfarrgemeinde gehörten und gehören seit altersher die Orte Oberbettingen, Niederbettingen, Dohm-Lammersdorf und Bewingen. Die Bürger dieser Gemeinden haben beim Neubau der Kirche und in den Folgejahren große Opfer gebracht, nicht ohne einen gewissen Stolz auf das schöne Bauwerk zur Ehre Gottes.

Vielfältig waren im Laufe der fast 100 Jahre die Aufwendungen für Renovierungen dieser herrlichen Kirche. Das Bistum Trier hat sich in dieser langen Zeit nie kleinlich gezeigt und sich mit hohen finanziellen Beträgen engagiert. Der Unterhalt eines derartigen großen Gebäudes hat von den Gläubigen der Pfarrei stets große Opfer gefordert. Die jeweiligen Pfarrer fanden bei ihren Bitten eine große Bereitschaft vor und dies trotz großer Armut im ländlichen Bereich.

Hier einige Beispiele: Unter Pfarrer Friedrich Billen (1932-1941) wurde eine neue Turmuhr installiert. Pfarrer Johannes Mailänder (1941-1953) sah es als seine Aufgabe an, die erste Orgel für die Pfarrkirche anzuschaffen. Die älteren Mitbewohner der Pfarrei können sich noch erinnern, dass Vorgenannter mehrfach alle Familien in der Pfarrgemeinde aufsuchte, um Spenden für dieses Vorhaben einzusammeln, und dies mit großem Erfolg.

In der Folgezeit wurde eine Heizungsanlage eingebaut, danach eine Klimaanlage. Vielfältig waren die Aufwendungen für die Beseitigung von Kriegs- und Witterungsschäden. Pfarrer Klaus-Dieter Scherer (1962-1977) spezifizierte die Renovierungskosten während seiner Amtszeit in seinem letzten Pfarrbrief wie folgt:

Dach 40.000,-

Anstrich 20.000,-

Orgel 10.000,-

Heizung 20.000,-

Vorplatz 10.000,-

Pfarrheim 20.000,-

Turm 100.000,-

DM 220.000,-

 

Innenansicht der Niederbettinger Pfarrkirche mit Hauptaltar. Foto: Josef Fohlen, Düren/Birkesdorf

Hinzu kommen im gleichen Zeitraum DM 150.000,- Kosten für Kapellen in Oberbettingen, Dohm, Bewingen und Lammersdorf.

Als um die Jahreswende 1944/45 unsere Heimat zum Kampfgebiet wurde, standen dem schönen Bauwerk schwere Zeiten bevor. In der Silvesternacht hatte die Wehrmacht in unmittelbarer Nähe der Kirche ein Fahrzeug abgestellt. Am Neujahrsmorgen gegen 11.00 Uhr entdeckten Jabos dieses Gefährt und griffen im Tiefflug mit Bomben und Bordwaffen an. Durch den Luftdruck einer neben der Kirche eingeschlagenen Bombe wurden fast alle schönen Kirchenfenster zerstört. Zum Teil waren es Stiftfenster mit unersetzlichem Wert. Nach dem Angriff fanden Augenzeugen im Innenraum ein Bild der Verwüstung vor. In der seitherigen Art konnten die Fenster bis heute nicht alle ersetzt werden. Schlimmer wurde es in den Kampftagen vom 5. 3.-7. 3. 1945 um die sogenannte »Kyllstellung« und den Übergang über die Kyll. Tagelang lag schweres Artilleriefeuer auf dem Ort, wobei auch die Kirche schwer getroffen wurde. Während der Kämpfe wurden die Einwohner im Hause Endres-Kuhlen zusammengetrieben. Sie konnten mit eigenen Augen sehen, wie die amerikanischen Panzer mit ihren Kanonen den Turm unter Beschuss nahmen. Angeblich vermutete man im Turm deutsche Beobachter. Pfarrer Mailänder, der sich unter den Zusammengetriebenen in diesem Hause befand, musste den US-Soldaten den Schlüssel der abgeschlossenen Kirche aushändigen. Mehrfach getroffen wurde das Gotteshaus auch von deutschen Granatwerfern. An Dach und Mauerwerkwaren die Einschläge und Spuren noch viele Jahre sichtbar und konnten bis heute nicht alle beseitigt werden. Gerade die Renovierung von Turm und Dach war sehr kostenträchtig und bis zur Währungsreform im Juni 1948 wegen fehlendem Material unmöglich.

Dank sollte man der Freiwilligen Feuerwehr Niederbettingen zollen, die 1949 im hinteren Teil der Kirche eine Gedenktafel für die Opfer des Krieges aus Niederbettingen angebracht hat.

Nicht mehr lange, und für den Eifeldom ist das große Jubiläum fällig. 1998 wird die Kirche 100 Jahre alt.

Das wird sicherlich ein Fest weit über die Grenzen der Pfarrei werden.

Die schmucke Pfarrkirche, für deren Bau sich Generationen unserer Vorfahren unter der maßgeblichen Führung von Pastor Pfeifer mächtig ins Zeug gelegt haben, bewahrt für alle sichtbar ein gutes Stück großer Überlieferung. Sie ist zugleich ein ins Hillesheimer Land herausragendes Stück abendländischer Kulturgeschichte, das Werk der ganzen Pfarrei Niederbettingen und der bauliche und lokale Mittelpunkt des Ortes.

Möge sie auch in Zukunft ihr geistiges Zentrum und Herzstück bleiben.

Quelle:

Heimatbriefe des Heimatvereins Niederbettingen.