In den Birresborner Eishöhlen

Bernhard Stadtfeld, Birresborn

Seit 1938 stehen die Birresborner Eishöhlen unter Denkmalschutz (Amtliche Liste Nr. 142). Sie verdanken ihre Entstehung nicht irgendwelchen natürlichen Einflüssen, wie man das annehmen sollte. Zu den Zeiten, als es in der Eitel noch zahlreiche Mühlen gab, haben Steinmetze diese Höhlengänge geschaffen, um aus dem vorhandenen Basaltgestein Mühlsteine zu gewinnen. Als die Mühlsteine aus Birresborn nicht mehr gefragt waren, blieben die Höhlengänge als kleine, attraktive Sehenswürdigkeiten zurück. Wer ihnen einen Besuch abstatten will, muss sich mit Lampe oder Fackel wappnen, um in der tiefen Dunkelheit des begehbaren Höhleninneren überhaupt etwas erkennen zu können; das Tageslicht reicht allenfalls ein paar Meter in den Höhleneingang hinein. Und warm anziehen muss sich auch, wer aus der sommerlichen Hitze in das Höhleninnere eintaucht. Dann spürt man augenblicklich, warum die »Eishöhlen« gerade diesen Namen haben; denn auch im Hochsommer zeigt das Thermometer im Höhleninneren nur wenige Plusgrade an. War der voraufgegangene Winter kalt, ist bis in den Sommer hinein ausreichend kalte Luft in der Höhle zurückgeblieben, die von der wärmeren Außenluft gefangengehalten wird. Dann bleiben auch die während der kalten Jahreszeit in den Eishöhlen entstandenen Stalagmiten und Stalaktiten lange erhalten, ja, sie können noch bis in den Sommer hinein weiterwachsen. Diese Eiszapfen und -säulen entstehen in den Höhlen dann, wenn bei einer Innentemperatur um den Gefrierpunkt Niederschlagswasser durch die Höhlendecke herabtropft und dabei gefriert. Das kommt nicht in jedem Jahr vor. Wenn der Winter nicht ausreichend und nicht lange genug kalt war, so dass

nicht genügend kalte Luft im Höhleninneren gespeichert wird, bleibt die Bildung der Wasserstalagmiten und -Stalaktiten aus. Der Winter 1995/96 hat nach mehreren Jahren wieder die Entstehung der tropfsteinähnlichen Gebilde in unseren Eishöhlen ermöglicht. Das Foto zeigt Stalagmiten und Stalaktiten der freizugänglichen Birresborner Eishöhle im Januar 1996. Wenn im Frühjahr das Schmelzwasser des in diesem Winter mit seiner langen Frostperiode wieder einmal reichlich gefallenen Schnees durch das poröse Lavagestein der Höhlendecken in das Höhleninnere hineintropfen wird, werden die Stalagmiten und Stalaktiten noch weiter wachsen und den Birresborner Eishöhlen eine noch größere Attraktivität verleihen, als sie ohnehin schon haben.

Alte Birresborner können sich noch daran erinnern, dass die Eishöhlen den Metzgern zur Lagerung von Fleisch und von Gastwirten zur Kühlung der Bierfässer genutzt wurden. Im letzten Kriegsjahr boten die Höhlen vielen Birresbornern Schutz und Zuflucht vor Bomben und Granaten, bis der Einmarsch der Amerikaner im März 1945 dem Elend ein Ende setzte.

Quelle Birresborn im Wandel der Zeiten, eine Ortschronik, 1986