Borstenvieh und Schweinespeck -Zucht und Mast früher und heute

Therese Schneider. Brockscheid

Seit der Wegrationalisierung kleinbäuerlicher Betriebe gibt es fast nur noch große Mast- und Zuchtanstalten. Früher hatte jede bäuerliche Familie Schweine für den Eigenbedarf und zum Verkauf. Das Fleisch wuchs im eigenen Stall heran und man achtete darauf, dass die Tiere hohes Schlachtgewicht brachten. Auch dicker Speck und reichlich Schmalz waren sehr willkommen, im Gegensatz zu heute wurde alles Essbare verwertet.

In vielen Ställen wurden auch Jungtiere aufgezogen. Dazu suchte man zunächst aus dem vorhandenen Bestand ein weibliches Schwein heraus, das nach Körperbau den Anforderungen eines Mutterschweines gerecht wurde: Es sollte ja mehrere Jahre diese Aufgabe erfüllen. Das Zuchttier wurde von den anderen getrennt versorgt und gefüttert. Ein zu starker Fleischansatz hätte das hormonale Befinden für die Zucht stören können; es wurde »schlank gehalten«.

Wenn das Zuchtschwein etwa ein Jahr alt war, konnte es gedeckt werden, und nach diesem Vollzug betrug die Zeit der Tracht 16 Wochen. Jetzt hoffte man, dass alles gut verlief und viele gesunde Ferkel zur Welt kamen. Bei jüngeren Schweinen konnten es bis zu 12 sein; bei älteren dagegen 15 bis 18.

Das Tier wurde in der Trachtzeit sehr ruhig, da es sich ja nicht mit seinen Artgenossen herumbalgen konnte. Es wurde meist von derselben Person gefüttert und dadurch zutraulich. Entweder hatte die Mutter des Hauses oder eine erwachsene Tochter diese Aufgabe übernommen, die das Tier auch mal streichelten und es ansprachen. Auch ein Schwein gibt Antwort auf ein gutes Wort und drückt sie mit »rou -rou« aus.

Sorgfältig achtete man auf den Geburtstermin, der im Kalender vermerkt wurde. Inzwischen war das Tier hochträchtig und alle Merkmale für die bevorstehende Mutterschaft deutlich ausgeprägt. Nun sahen die Besitzer bei Tag und auch bei Nacht öfters nach ihm, denn man wollte es nicht alleine abferkeln lassen.

Der Grund lag darin, dass man nicht wusste, wie die »Erstgebärende« sich den Kleinen gegenüber verhalten würde. Bei manchen Schweinen ist der Mutterinstinkt nicht vorhanden und so kommt es vor, dass sie ihren Nachwuchs selbst umbringen.

Wenn nun die 16 Wochen - und vielleicht noch zwei bis drei Tage mehr - vergangen waren, wurde das Tier unruhig und machte sich im Stall zu schaffen. Mit der Schnauze nahm es die Streu auf und türmte sie hoch übereinander zu einem Lager. Die Ferkelssau machte sich ein »Bett« für die Niederkunft. Dies wurde ihr instinktiv befohlen. Dann legte sie sich hin, stand aber immer wieder auf, um noch mehr Stroh zusammenzutragen.

Allmählich setzten die Wehen ein. Die Aufsichtsperson sprach beruhigend und gütig auf das Tier ein, und es war nicht angebracht, dass sich eine zweite im Stall aufhielt; das hätte das Tier beunruhigen können. Es sei denn, es würde dringend Hilfe gebraucht. Und dann kamen sie - die kleinen Ferkelchen -in kurzen Abständen, wenn alles normal verlief. Das Abferkeln konnte aber auch mehrere Stunden dauern. Da man nicht wusste, wie sich das Tier gebärdet, nahm man vorsichtshalber die Schweinchen weg und legte sie in einen bereitgestellten Korb, der mit Heu ausgelegt war und mit einem alten Tuch abgedeckt wurde. Das Muttertier wurde zwischendurch gestreichelt, das gab ihm das Gefühl, mit den Geburtsschmerzen nicht alleine zu sein. Erst wenn der Akt vorüber war, ließ man die Ferkel vorsichtig zur Mutter, die dann, wenn sie ein gutes Tier war, ihre Kinder säugte und viel Muttergefühl zeigte. Ganz behutsam drehte sie sich, damit sie keines der Tierchen erdrückte, halb auf den Rücken, und so stand ihr von Milch prallgefülltes Gesäuge etwas höher, so dass die Ferkelchen sich gütlich tun konnten. Schön anzusehen - wie eine Perlenschnur- die kleinen, rosaroten, noch blinden Schweinchen, die am Gesäuge der Mutter schon soviel Selbsterhaltungstrieb entwickelten. Sie wuchsen ins Leben, und nach sechs bis acht Wochen waren sie bereits zum Verkauf kräftig genug. Dann fuhr man zum Markt nach Daun, wo es darauf ankam, sie richtig anzupreisen, um eine gute Summe zu erzielen. Das Schwein wird, trotz der Nützlichkeit, als schmutziges Tier gewertet. Und es ist auch so, wenn man es in freier Wildbahn betrachtet. Es braucht eine Suhle, in der es sich wälzen kann. Je tiefer die ist, um so besser für das Wildschwein. Hier stößt es Hautschuppen und auch Ungeziefer ab. Das Hausschwein lebt dagegen im Nachteil. Wohl hatte man früher auch eigens angelegte Schweine-Pferchen mit Weide, denn wo sich Schweine aufhielten, da grasten weder Kuh noch Pferd.

Auch der Schweinemist ist im Geruch viel penetranter als Kuh- und Pferdemist. Dies wiederum hängt von der Fütterung ab. Die Schweine wurden immer mit Weichfutter, die Huftiere dagegen mit Rauhfutter versorgt. Und weil man das Schwein als "dreckig" betrachtet, gibt es bei uns Menschen auch so viele Aussprüche, die man mit schmutzigen Dingen in Verbindung bringt Führt einer ein loses Mundwerk, so sagt man: Das Schwein erkennt man an seiner Schnauze! Fehlt es jemand am richtigen Benehmen bei Tisch oder im Umgang mit dem Nächsten, so sagt man, der benimmt sich wie ein Schwein. Zu einem noch kleinen Kind sagt die Mutter, wenn es sich total verdreckt hat - vielleicht aber nicht in bösem Ton - du bist ein kleines Ferkel.

Aber es gibt auch den Ausdruck »Glücksschwein«.

Was damit wohl gemeint ist? Wann hat das Schwein Glück? Wenn es nicht unter das Schlachtmesser kommt? Es lohnt, darüber nachzudenken.