Eisen in der Eifel

Gewinnung und Verarbeitung

Joachim v. Schnakenburg, Renate Müller

Dar wesentlichste Industriezweig, der über 2 600 Jahre das Leben in der Eifel bestimmt hat, war die Eisenindustrie; die Gewinnung von Erz, die Erzeugung des Eisens und dessen Verarbeitung.

Die ersten Eisenerzfunde und die erste Eisenverarbeitung in der Nähe von Hillesheim deuten auf das 7. Jh. v. Chr. hin. Das ist der älteste datierte Fund nördlich der Alpen. Der letzte Hochofenbetrieb wurde 1898 in Jünkerath geschlossen.

Dass diese doch so lange Epoche nur wenig Spuren bei den Menschen in der Eifel hinterlassen hat, ist sicherlich auch darauf zurückzuführen, dass speziell über die Erzeugung und Eisenverarbeitung kaum schriftliche Unterlagen zur Verfügung stehen. Die ersten schriftlichen Belege findet man erst im 11. Jh. n. Chr. Funde von Eisenschlacken, die auf einen Hüttenplatz schließen lassen, können über die gesamte Zeitspanne nachgewiesen werden. 1400 n. Chr. dürften etwa 500 Abbaubereiche bestanden haben.

Zeittafel

• 700 v. Chr. datiert der bisher älteste Fund nördlich der Alpen: Gewinnung und Verarbeitung von Roteisenstein. Fundort: Hillesheim

• Schließung des letzten Hochofens in der Eifel: 1896 in Jünkerath

• um 3000 v. Chr. in Kleinasien erste Eisengewinnung und -Verarbeitung

• 1000 v. Chr. Schwerter aus Eisen in Griechenland

• Ende 14 Jh. n. Chr. Geburtsstunde der Eisengießerei in der Eifel

Da man bei einer Wanderung durch die Eifel

heute kaum noch auf Eisenerz - Abbaustätten achtet, möchten wir speziell auf den Eisenerzabbau in den folgenden Gegenden hinweisen:

• Blankenheim

• Blankenheimerdorf

• Dahlem

• D albende n

• Dollendorf

• Dreimühlen

•Eiserfey

• Engelgau

• Frohngau

• Harzheim

•Hüngersdorf

• Kall

• Keldenich

• Lommersdorf

• Marmagen

• Nöthen

• Pesch

• Rinnen

• Ripsdorf

• Rohr

• Scheuren

• Schmidtheim

• Sistig

• Sötenich

• Urfey

• Urft

• Vollem

• Weyer

• Zingsheim

• und andere

Abgebaut wurden Braun- und Roteisenerze mit 24-35 % Fe. Der Brauneisenstein war wertvoller, kalk- und manganhaltig und sonst frei von anderen Gangarten. Das Erz wurde im Tagebau in Stollen, in Schächten und auch in Kombination von Stollen und Schächten abgebaut. Mittels Fuhrwerken brachte man das Eisenerz zu den Verarbeitungsstätten, die sich Reidtwerke nannten; diese würde man heute als Hüttenwerke bezeichnen (die Schreibweise von »Reidt« findet man in der Literatur sehr unterschiedlich).

Die Aufzählung der vielen Mini-Hütten zeigt, welche Bedeutung diese Industrie in der Eifel erreicht hat.

Reidtwerke in der Zentraleifel, Ost- und Ahreifel:

• Kronenburger Hütten

• Schmidtheim

• Jünkerath

• Müllenborn

• Wehr bei Maria Laach

• Dollendorf

• Ahrhütte-Üxheim

• Anlweilter/Stahlhütte

Reidtwerke in der Südeifel:

Reidemeister in der Eitel:

•Hirnmerod

•Eisenschmitt

•Kall

• Neu werk

• Werk an der Bier

• Korneshütte

•Lohsalm

• Hof Raskop

• Niederkall

 • Minderlittgen

• Quint

•Malberg

 •Bollendorf

•Merkeshausen

• Wenzelhausen

•und andere

Reidtwerke in der Nordeifel:

•9 Hütten an der Olef in den Orten:

• Olef

•Schleiden/Gangfurth

• Wiesgen

• Oberhausen

•Blumenthal

• Hellenthal

•9 Hütten an der Urft in den Orten:

•Kali

• Golbach

 •Sötenich

•Urft

• Lyntborch

•Steinfeld

 

Reidtwerke im Vichttal:

• Mulartshütte

• Altwerk

• 5 Werke in Zweifall

• Werkerhütte

• Junkershammer

• Plattenhammer

• Klappermühle

• Neuenhammer

•Konradshammer

• Henneswerk

• Bernhardshütte

• Dollartshammer

• Hepishammer

•Jülicher Eisenwerke

am Wehebach,

Kallbach, Rur

Zu solchen Reidtwerken gehörte der Hochofen mit mindestens zwei Schmelzern und Aufgebern für Kohle und Erz. In der Frühschmiede waren in der Regel zwei Frühschmiede sowie im Hammerwerk zwei Hammerschmiede beschäftigt.

In der Schorrenmühle arbeitete meist ein Hammerknecht, der schon damals das in der Schlacke vorhandene Eisen recycelte.

Die Besitzer solcher Werke hießen Reidemeister; folgende Familien sind bekannt, die bis in die heutige Zeit auf diese Industrie verweisen:

Reidemeister in der Eifel:

• Axmacher

• Basiert

• Gramer

• Günther

•Hoesch

• Jenches

•Krämer

•Münker

• Peuchen

• Pidoll

• Pirath

•Poensgen

• Rotscheidt

•iSchink

•Schleicher

• Schoeller

• Virmond

•und andere

Diese Betriebe waren zu einem großen Teil auch Nebenerwerbs betriebe. Hier wird das eingangs erwähnte Fehlen von schriftlicher Dokumentation verständlich. Größere Betriebe sind erst ab dem frühen Mittelalter bekannt.

Die Verfahrenstechnik hat während dieser langen Zeit unterschiedliche Entwicklungen erfahren; vom einfachen Einofensystem zu einem Ofen mit zwei Kammern oder einem Ofen mit einem Ofenherd, in dem das Roheisen vorgefrischt wurde. Die Technologie wird zum ersten Mal im 12. Jh. n. Chr. belegt. Auf die Produktion von Gusseisen, das sich im Mitlelalter als zweiter Verarbeitungszweig für das Eisen entwickelt hat, wird hierbei nicht eingegangen. Ende des 15, Jh. begann die Herstellung der Gusseisen platte n für die Öfen, die heute so gerne als Dekoration genutzt werden.

Man darf die Menschen nicht vergessen, die hinter diesem Wirtschaftszweig standen und die Industrie vorangetrieben haben. In der Zeit zwischen 1840 und 1850 waren noch etwa 2500 Menschen in dieser Industrie beschäftigt, wobei 30.000 Fuhren Eisenerz, Kohle und Eisenprodukte pro Jahr transportiert wurden. Die Grafschaft Blankenheim hatte 1794 3.900 Einwohner, wobei die Gemeinden Lommersdorf und Freilingen 1.100 Einwohner zählten. Jedes Haus hatte ein bis zwei Pferde. In Dahlem gab es 85 Häuser und 115 Pferde. Im Kreis Schleiden existierten Mitte des vorigen Jahrhunderts 160 Eisengruben, 17 Hochöfen und 20 Eisenhämmer.

Die folgende Tabelle weist auf den Lebensstandard der damals von der Eisenindustrie lebenden Menschen hin:

Löhne/Preise (-1820-1840)

• Hüttenleute

12 h 92 Pf-1.50 Mark

• Schmiede 16h2-2,20Mark

• Schlackenarbeiter 40 Pf/Tag

• Frauen und Kinder 6h15Pf

• Brot: 9 Pf/Pfund

• Butter: 90 Pf/Pfund

• Rindfleisch: 35 Pf/Pfund

• Schweinefleisch: 75 Pf/Pfund

• Mehl: 22 Pf/Pfund

• Tabak: 70 Pf/Pfund

• Zucker: 80 Pf/Pfund

Die Märkte der Eisenprodukte waren einmal die angrenzenden Bistümer und Grafschaften, aber auch schon zur Mitte des Mittelalters gab es internationale Marktverbindungen nach Belgien, England, Frankreich, Holland und Luxemburg.

Die Eisenindustrie entwickelte sich unterschiedlich; in der Südeifel begann der Niedergang im 30jährigen Krieg. Gründe hierfür waren zum einen die schlechte Infrastruktur, wie zum Beispiel Transportwege - verständlich bei einem hohen Aufwand an Transportleistung bei der Erzeugung von Eisenprodukten - wie oben anschaulich beschrieben wird. Ein zweiter Grund für den Niedergang waren zerstrittene Landesherren, es gab keine geschlossene, politische Entwicklung, im Gegenteil. Der Streit zwischen Trier und Manderscheid machte zu Beginn des 19. Jh. der Eisenindustrie ein Ende. Wie so oft in der Geschichte hatte man zwar die Gründe erkannt, unternahm aber nichts, um in der Zentral- und Nordeifel die Erhaltung dieser so wichtigen Industrie zu gewährleisten. Auch hier begann schon bald die fehlende Infrastruktur eine wichtige Rolle zu spielen, die Bahnlinien wurden zu spät gebaut und für diese Industrie auf falschen Streckenführungen.

Hinzu kamen erhebliche Umweltschäden, die ihre Ursache in der Abholzung der Buchen -und Eichenwälder hatten. Das Holz zur Reduktion des Eisenerzes musste importiert werden. Uns ist nur ein Reidemeister bekannt, der gezielte Waldwirtschaft betrieben hat und für seine Hochofen genügend Holzkohle zur Verfügung hatte. Ab 1840 machten darüber hinaus billigere Waren aus England der Eisenindustrie in der Eifel zu schaffen. Heute würde man von Globalisierung sprechen.

1845 waren in Gemünd mehr Arbeiter in der Eisenindustrie beschäftigt, als bei Krupp in Essen. 1860 begann die Abwanderung in das Ruhrgebiet, nach Düsseldorf, Essen und Dortmund. Die Kohle und der Koks ersetzten das teure Reduktionsmittel Holz.

Der letzte Hochofen wurde 1898 in Jünkerath ausgeblasen und damit auch eine 2 600jährige Industrieepoche in der Eifel. Der Autor möchte fast behaupten, davon hat sich die Eifel heute noch nicht richtig erholt.

Andererseits sei aber der Hinweis erlaubt, darüber nachzudenken; soll die Eifel in der Zukunft nur Naturpark sein? Viele Entscheidungen der Politik von kommunaler Ebene bis zu Landesund Bundesregierung trauen den Menschen in dieser schonen Gegend wohl keine wirtschaftlichen Erfolge zu. Es gibt jedoch durchschlagende Gegenbeweise. Warum sollte man nicht auch nach 200 Jahren -Pause" an eine wirtschaftliche Entwicklung anknüpfen?

Mit diesem kurzen Beitrag über eine Industrieepoche in der Eifel möchten wir die Menschen, die heute in dieser Region leben, an dem Ursprung der kulturellen Entwicklung interessieren. Hierzu gibt es ausgezeichnete Veröffentlichungen. Einen hervorragenden Einblick erhalten Interessierte auch im Eisenmuseum in Jünkerath. Glückauf!

Literaturhmweis

1. Eßer, Thomas Der Hüttenmeister Stejnmans

2. 300 Jahre Jünkerath und das Eisen, Hrsg • Mannesmann Demag Jubiläumsschrift

3. Lietzmann. K.-D /Schlegel, J. Schmiede Eisen

4. Neu. Peter: Eisenindustrie in der Eifel

5. Wübbenhorst. Hein/Enpels. Gerhard: 5000 Jahre Giessen von Metallen