Die preußische Uraufnahme

im Rheinland und ihre Bedeutung

für die Kulturlandschaftsforschung

Drs. Peter Burggraaff. Kelberg-Zermüllen

Einleitung

Aufgrund meiner wissenschaftlichen Beschäftigung mit der rheinischen Kulturlandschaft arbeite ich seit 1979 mit den Karten der für das Rheinland zwischen 1843 und 1850 erstellten preußischen Uraufnahme. Sie werden auch als Urmesstischblätter der heutigen topographischen Karte im Maßstab 1:25.OOO1 bezeichnet. Da die farbigen Originalblätter sich bis auf wenige Ausnahmen in der ehemaligen DDR (Staatsbibliothek in Ost-Berlin) befanden, konnten diese Karten bis 1989 nur auf der Grundlage der Schwarz-Weiß-Reproduktionen der Uraufnahme, die sich im Besitz der Geographischen Kommission von Westfalen (Münster) befanden, vom Landesvermessungsamt Nordrhein-Westfalen in Bonn-Bad Godesberg auf Bestellung reproduziert werden. Durch die Schwarz-Weiß-Wiedergabe wurde die Deutlichkeit der Karte erheblich beeinträchtigt und somit das Arbeiten mit dieser Karte erschwert. Hierdurch gingen jedoch wichtige kartographische Informationen bezüglich Morphologie, Hydrologie, Landnutzung und Besiedlung verloren.

Erst nach der Wende vom 9. 11. T989 wurden die kolorierten Originalkarten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin übertragen und konnten auf Antrag den Benutzern als Großdia zur Verfügung gestellt werden. In Nordrhein-Westfalen begann das Landesvermessungsamt bereits 1990 in Zusammenarbeit mit den Kreisen, kreisfreien Städten und Gemeinden diese Karte in Farbe (ähnlich wie die Tranchotkarte) nachzudrucken. 1997 sind bis auf wenige Blätter alle nordrhein-westfälischen Blätter im Maßstab 1:25 000 nachgedruckt worden und gegen einen Preis von DM 9,00 zu erwerben. Dies gilt auch für die Grenzblätter von Nordrhein-Westfalen 5604 Hallschlag, 5605 Stadtkyll und 5606 Üxheim.

Die für den rheinland-pfälzischen Teil der ehemaligen Rheinprovinz vorliegenden farbigen Originale sind nur in Form von Großdias, die mittlerweile fast DM 50,00 pro Stück kosten, bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin* zu erwerben. Im Gegensatz zu der Reproduktion der Tranchotkarte, die für das gesamte Kartenwerk länderübergreifend (Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, die Niederlande und Belgien) von der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde neu veröffentlicht wurde, sind die Kartenblätter des rheinlandpfälzischen Teils - außer den drei genannten Grenzblättern - nicht nachgedruckt worden. Für meine Untersuchungen für die Geschichtsstraße in der Verbandsgemeinde Kelberg habe ich einige Großdias bestellt und war von der Schärfe und Deutlichkeit der Kartendias sehr überrascht. Daraufhin habe ich die Dias den Vorstandsmitgliedern des Kreis verband es Daun des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz gezeigt. Alois Mayer sagte als Geschäftsführer der Bezirksgruppe Daun des Eifelvereins direkt zu, alle Großdias der Kartenblätter des heutigen Kreises Daun zu bestellen, weil diese Kartenblätter eine wichtige Grundlage für die geographische, historische Heimatforschung im Kreis Daun bilden. Die Großdias werden in der Kreisbibliothek gelagert und dort den Heimatforschern zugänglich gemacht.

Inhalt und Legende

Die meisten Blätter des heutigen Kreises Daun wurden in den Jahren 1847-1850 von Militär-Kartographen aufgenommen und gezeichnet. Dieses Kartenwerk stellt nach der Tranchotaufnahme von 1801-1813 die älteste exakte Landesaufnahme des Rheinlandes dar. Abgesehen von den Flurnamen, die lückenhaft - wie in der heutigen topographischen Karte - darge-

stellt sind, sind alle übrigen Angaben exakt und damit gut auszuwerten.

Leider ist von diesem Kartenwerk keine kolorierte Legende erhalten, sondern nur ein schwarz-weißes Exemplar überliefert. Die Legende ist in vier Rubriken eingeteilt:

1. Chorographische Gegenstände

Dies sind die unterschiedlichen Landnutzungsformen, bei denen das Ackerland weiß dargestellt ist. Der Wald wird mit Baumsignaturen dargestellt. Weiterhin wird zwischen „junges Holz", „Plantage" und „Gestrüppe" unterschieden. In den jüngeren erstellten Karten blättern, dies gilt auch für die Blätter des Kreises Daun, wird der Wald nach Baumarten in Laub- (blau

bis grünblau) und Nadelwald (braun) ohne Baumsignaturen gegliedert3. Das Grünland (hellgrün) wird ebenfalls mit Signaturen weiter differenziert (nasse Wiese, trockene Wiese, Bruchland und Moor). Die Heide ist mit einer Zusatzsignatur in Braun dargestellt4.

Das Relief (Morphologie) wird in den meisten Blättern mit schwarzen Bergstrichen in Stufen von 0°-45° nach Lehmann-Müfflingischer Schraffenmanier dargestellt. Aber die meisten Kartenblätter des heutigen Kreises Daun sind schon mit Büschungsformlinien mit eingetragenen Neigungswinkeln oder Höhenlinien5 versehen (Kleinn 1967, S. 74).

2. Gewässer, Brücken

Die Gewässer (blau) sind in sieben Klassen (von Gräben bis Ströme) eingeteilt und die stehenden Gewässer in vier Klassen. Zusätzlich werden die Signaturen für die unterschiedlichen Brückentypen, Stege, Schleusen, Wehre usw. hier aufgeführt.

3. Wege und Wohnungen

Es werden 10 Wegetypen (Fußwege bis Steindämme) unterschieden, die in Rot, Braun und Gelb dargestellt werden. Die Siedlungen werden entsprechend ihrer administrativen Zuordnung (Stadt, Marktflecken, Kirchdorf, Dorf, Colonie und Festung) und nach ihrer Form als geschlossene Siedlungen und Einzelsiedlungen dargestellt. Die Bauten sind differenziert in: einzelne Häuser, Pachthof oder Meierei, Schlossanlage, Amt. Die bebauten Flächen sind schwarz umrahmt und rot ausgefüllt. Die meisten Haus- und Hofplätze in den Dörfern sind schwarz, die Schlösser, Kirchen, Wegkreuze usw. sind rot. Kirchen mit bzw. ohne Türme werden ebenfalls unterschieden. Bei den Häusern wird schließlich ein Unterschied zwischen Stein (rot) und Holzbauten (schwarz) gemacht.

Die geschlossenen Siedlungen (Städte und Festungen) sind dagegen mit dem Straßengefüge in Rot dargestellt (Kleinn 1964, S. 75).

Chorographische Gegenstände

Gewässer, Brücken pp.

Wege und Wohnungen

 

 

Die Gärten um die Städte, Dörfer und Einzelsiedlunger sind dunkelgrün.

4. Bezeichnung und Signaturen der Mühlen (verschiedene Typen), Fabriken, Öfen, Bergwerke und anderer topographischer Gegenstände.

Es werden eine Großzahl von topographischen Elementen aufgeführt: wie Trigonon, Signalbaum, Grenzbaum, Grenzstein, verschiedene Mühlenarten, Bergwerke, Gruben usw. Sie sind der Legende zu entnehmen. Es werden lediglich Landes-, Provinz- und Kreisgrenzen (rot) und keine Gemeindegrenzen dargestellt.

Die Legende, die den heutigen gängigen topographischen Legenden bereits ähnelt, ist im Vergleich zur beschreibenden Legende der Tranchotkarte verständlich und deutlich lesbar. Die topographischen Darstellungen der Uraufnahme sind durch die Typologisierung der Gewässer, der Landnutzung, der Wege und der gebauten Objekte sowie weiterer topographischer Elemente f Grenzbäume usw.) sehr reichhaltig und informativ. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass diese Karte ein deutliches Bild über das Aussehen der Kulturlandschaft im Kreis Daun um 1850 vermittelt und dadurch einen hohen Quellenwert hat. Als nächstfolgende neue Landesaufnahme wurde die sogenannte Preußische Neuaufnahme in den Jahren 1893-1901 für die Rheinprovinz erstellt. Aufgrund dieses Kartenwerkes sind die heutigen topographischen Karten entstanden. Die Neuaufnahme wurde seitdem mit Nachträgen versehen, berichtigt und umfassend umgearbeitet. Reproduktionen der Blätter der Neuaufnahme sind im Landesvermessungsamt Rheinland-Pfalz zu bestellen. Zu diesem Kartenwerk gibt es ebenfalls ein Legendeblatt, das vom Land es Vermessung sä m t herausgegeben wird.

Mit der anerkennenswerten Zurverfügungstellung dieser Karte durch die Bezirksgruppe des Eifelvereins Daun wird es möglich, sich ein deutliches Bild von der Kulturlandschaft des heutigen Kreises Daun zu machen und durch Kartenvergleich mit späteren Ausgaben der topographischen Karte die Kulturlandschaftsent-

Über diese Initiative hinaus ist es zu hoffen, dass das Landesvermessunqsamt Rheinland -Pfalz ähnlich wie das nordrhein-westfälische Landesvermessungsamt diese Karten nachdrucken wird.

Im Kartenverzeichnis sind noch weitere historische Karten und Landesaufnahmen aufgenommen, die für die Kulturlandschafts- und Heimatforschung im Kreis Daun von Bedeutung sind. Sie werden von den Landesvermessungsämtem Nordrhein-Westfalen (Muffendor-fer Str. 19-21, 53177 Bonn) und Rheinland-Pfalz (Ferdinand-Sauerbruch-Str. 15, 56073 Koblenz) vertrieben.

Literatur

Burggraaff, P- Die Bedeutung aller Karter im Tätigkeitsbereich der Angewandten Historischen Geographie. In: Auswertung und Erschließung historischer Landkarten Köln 1988 (= Archivberatungsstelle Rheinland. Archivheft 18), S. 175-202.

Erläuterungen zu den Musterblättem für die topographischen Arbeiten des Königlich Preußischen Generalstabes. Nebst drei Musterblättern und einem Schrittmesser Hrsg. vom Landesvermessungsamt Nordrhein-Westfalen. Berlin 1816

Kleinn, Hans Nordwestdeutschland in der exakten Kartographie der letzten 250 Jahre. In: Westfälische Forschungen 17. 1964, S. 28-82: 13.1965,3.43-75.

Kleinn, Hans Die preußische Uraufnahme der Messtischblätter in Westfalen und den Rhemlanden. In Westfalen und Niederdeutschland. Band II Beiträge zur allgemeinen Landesforschung. Münster 1977 (Spleker. 25), S. 3S5-356.

Komp, K. [Hrsg.]: Kartographie im Nordwesten: Festschrift des Ortsvereins Münster der Deutschen Gesellschaft für Kartographie zum 25 lähngen Bestehen Münster 1906

Zeichen-Erklärung für die Messtischblätter 1:25 000 Herausgegeben von der Kartographischen Abteilung der Königl. PreuG. Landes-Aufnahme. Unveränderter Nachdruck der Zeichenerklärung (lese) durch das Landesvermessungsamt Nordrhein-Westfalen. Bonn-Bad Godesberg.

Kartenverceichnis (mit Angaben über den Kreis Daun umfassende Blatter)

• Carte topographigue des pays compris entre la France, les Pays-Bas et le Rhine {Reduktion der Kartenautnahme von Tranchot aut 1:100.000) herausgegeben von "Depot de la Quarre'. Paris 1940. Blätter 5 Aix-la-Chapelle (Aachen), 6 Coblentz und 7 Hillesheim. Nachdruck Bonn-Bad Godesbarg und Koblenz 1987.

• Karte des Deutschen Reiches 1:100.000 (1868-1903) - Generalstabskarte - Die Rheinpravinz. und die Provtnz Westfalen wurden überwiegend aus den Karten blättern der Neuaufnahme im Maß-stab1:S5 000 verkleinert und generalisiert. Blätter 481 Hillesheim. 482 Mayen, S03 Prilm und 504 Cochem (auf Bestellung reproduziert).

• Kartenaufnahme der Rhein lande durch Trane hol (1BQ1-1314) und v. Müffling (1814-1323) im Origmalmaßstab 1:20.000. Mehrfarbig nachdruckt im reduzierten Maßstab 1 25 000. Bonn. Blätter: 131 Adenau, 141 Stadtkyll.142Hille5heim, 143Nohn, 144Kelberg. 145 Virneburg, 153 PrtJm. 154 Gerolstein. 155 Dockweiler, 156 Daun, 157 Ulmen. 165 Schönecken, 166 Murlenbach, 167 Wallenborn, 168Gillenleld. 16g Lutzerath, 173Kyllburg. 179Eisenschmrtt. 180 Manderscheid, 131 Bad Bertrich.

• «arte von Rheinland und Westfalen 1:80.000 (1837-1855) - Generalstabskarte. Nachdruck. Bonn-Bad Godesberg und Koblenz 1964. Blätter 53 Aremberg, 54 Mayen, 58 Prüm. 59 Cochem.

• Preußische Generalstec.s'kaite 1 :B6 SOO, liatee Grad'ierung [1S16-1847) Reduktion der Kartanaufnahme von Tranchot (1801-1913) und v. Müfflmo; (1816-1828) vom Aufnahmemalistab 1:10 000 in

den Maßslab 1:36.400. Nachdruck Bonn- Bad Godesberg 19S5 Blauer: 33 Aremberg, 34Mgyen,39 Prum und 4Q Cochem Preußische Kartenaufnahme 1'25 000 - Uraufnahme - des preußischen Topographischen Bureaus. Aufnahme Provinz Rheinland (1643-1050) Bonn-Bad Godesberg 199Qtf. Nur die an Nordrhein-Westfalen grenzenden Blätter liegen mehrfarbig gedruckt vor 5604 Hallschlag, 5605 Stadtkyll und 5606 Üxheim. Von folgenden Blallern befinden sich Großdias m der Kreisbibliothek in Daun 5604 Hallschlag, 5605 Stadtkyll , 5606 Üxheim, 5607 Adenau, 5704 Prüm, 5705 GeroIstein. 5706 Hillesheim, 5707 Kelberg, 5708 Kaisersesch, 5305 Mürlenbach, 5SOS Daun, 5307 Gillenteld, 5806 Manderscheid und 5fl07 Hasborn.

Preußische Kartenaufnahme l :25.000 - Neuaufnahme - der Königlichen Preußischen Landesaufnahme. Aufnahme Provinz Rheinland 1393-1901 Blätter. 5604 Hallschlag, 5605 Stadtkyll , 5606 Üxtieim, 5607 Adenau, 5704 Prum, 5705 Gerolstein, 57DB Hillesheim, 57D7 Kelberg, 5708 Kaisersesch. 5005 Mürlenbach. 5806 Daun, 5S07 Gillenfeld, 5806 Manderscheid und 5807 Hasborn.

1 Preußische Karten aufnähme l 25.000 (1836-1850) - Uraufnahme. Aufgenommen im Auftrage des Königlichen Preußischen Bureaus. Insgesamt 423 Karlenblatter m Trapezform. Das Blattformat entspricht der heutigen topographischen Karte.

2 Staatsbibliothek zu Berlin. Preußischer Kulturbesitz, 10102 Berlin.

3 Die Unterscheidung nach Waldarten (Laub- und Nadelwald} ist nicht In der abgebildeten Legende dargestellt. Sie ist erst nachtraglich {nach 1847) für die jüngeren Karlen vorgeschrieben worden. Dies könnte mit der Tatsache zusammenhangen, dass die Nadelaurforstungen, die um 1840 in der Eifel einsetzten auch kartographisch berücksichtigt werden mussten.

4 Zu bemerken ist. dass die Farben aufgrund der Handkolonerung pro Kartenblatl unterschiedlich intensiv sind.

5 Die Höhenschichtlinien bzw Höhenlinien sind nicht in der Legende abgebildet. Der wahrscheinliche Grund dafür ist, dass während der Bearbeitung dieses Kartenwerkes die topographische Darstellung bei den später bearbeiteten Karten blättern angepasst und verbessert wurden.