Blankenheimer Ratsbeschlüsse in französischer Zeit

Hubert Fitzen, Stadtkyll

Im Herbst des Jahres 1794 brauten sich dunkle Wolken über der Eifel zusammen, als sich französische Revolutionstruppen anschickten, das linksrheinische Gebiet zu besetzen. Nach ihrem Sieg bei Fleurus (Belgien) rückten die Franzosen in die Eifel ein. Augusta, letzte regierende Gräfin von Blankenheim, flüchtete auf die Besitzungen ihres Gemahls nach Böhmen. Für Feudalherren war in einer Republik kein Platz. Hoffnungen auf eine Rückkehr sollten sich nicht erfüllen. Die gräfliche Familie bewahrte in ihrem Familienarchiv Hunderte von Urkunden auf, um ihre Rechte und Privilegien beweisen zu können. De jure gehörten die Blankenheimer Besitztümer in der Eifel auch weiterhin der gräflichen Familie. Erst 1798 erfolgte die Aufhebung der Feudalrechte durch französische Dekrete. Im Friedensschluss von Luneville (1801) anektierte Frankreich schließlich das linksrheinische Gebiet, was für die Blankenheimer Grafenfamilie die endgültige Aufgabe ihres Eifelbesitzes bedeutete. Als Ausgleich für den Verlust der Eifelterritorien erhielt das Haus Sternberg- Manderscheid die süddeutschen Abteien Schussenried und Weißenau, Auch nach der Flucht der Gräfin blieb zunächst ihr Regierungskollegium, das aus drei Regierungsräten und zwei Sekretären bestand, im Amt. Ihre Aufgabe war keinesfalls zu beneiden. Einerseits mussten die Räte versuchen, die gräflichen Rechte durchzusetzen, andererseits hatte man sich mit der französischen Besatzungsmacht zu arrangieren. Die Grafschaft Blankenheim bestand aus folgenden Teilgebieten: Blankenheim mit 15 Dörfern und neun Höfen; Herrschaft Jünkerath mit sechs Dörfern; Herrschaft Dollendorf; Grafschaft Gerolstein mit 24 Dörfern; Herrschaft Betlingen (an der Prüm) mit 10 Orten; Herrschaft Erp (bei Zülpich); Kronenburg mit 17 Dörfern und Höfen; Mechernich, Bleibuir und Garzem. Hinzu kamen noch Besitzungen im "Ländchen Drachenfels« und an der Mosel. Die Franzosen unterstellten schließlich diese Herrschaftsgebiete einer Zentralverwaltung in Aachen. Somit hatte die gräfliche Regierung ihre Schuldigkeit getan.

Für die Eifelbevölkerung begannen nun schlimme Zeiten, die durch Lieferungen von Nahrungs- und Futtermitteln, Geld und Wertgegenstände geprägt waren. Zur Tagesordnung gehörten der Verkauf von geistlichem und adligem Besitz. Doch am 18. März 1797 erfuhr die französische Besatzungspolitik eine überraschende Wende. Der General und Zivilgouverneur Lazare Hoche setzte in Bonn eine »Mittelskommission» als oberste Behörde ein. Seit dem 21. März 1797 wurden die alten Verwaltungen wieder eingesetzt; im Steuerwesen kehrte man zum alten Feudalsystem zurück. So durften auch die ehemaligen gräflichen Regierungsmitglieder ihre Arbeit wieder aufnehmen. Es handelte sich um die Regierungsräte Heimsoeth, Roesgen und Abel sowie die Sekretäre Engel und Lieber. Für die Zeit vom 20. März bis 22. Dezember 1797 ist das Regierungsprotokoll erhalten geblieben. Die Beschlüsse der Kammer bezogen sich auf die herrschaftlichen Güter im gesamten Eifelraum: Zehntzahlungen, Zölle, Akzisen, Verpachtungen von Mühlen, Wiesen und Weihern. Auf die Beziehungen der Blankenheimer Regierung zur französischen Besatzungsmacht und Bonner Mittelskommission kann in diesem Beitrag nicht eingegangen werden. (Vgl; Ritzen, H: »Trügerisch sind ihre Züge..." Blankenheim: Regierung und Agenten in französischer Zeit, in: Jahrbuch des Kreises Euskirchen S. 19 ff) Es sollen vielmehr die Regierungsangelegenheiten bezüglich der Orte des heutigen Kreises Daun beleuchtet werden, die im damaligen Herrschaftsbereich Blankenheims ]agen. Im Ratsprotokoll sind folgende Eintragungen zu finden: 28. April 1797: Die Gemeindedeputierten von Salm Niclas Koch und Anton Marx präsentieren einen Bericht des Landschreibers Meyer zu Gerolstein, aus dem hervorgeht, dass die Gemeinde Salm dem französischen Kommandanten die Dienstpferde verweigere. Regierungsrat Roesgen solle sich in Bonn bei der Mittelskommission dafür einsetzen, dass die Untersuchung dieser Sache einer unparteiischen Kommission übergeben werde.

Mittwoch, den 3. Mai 1797: In Bonn ist man der Meinung, dass sich die Regierung mit dieser Sache nicht beschäftigen könne, da sie vor ein Militärgericht gehöre. Inzwischen hatte Roesgen eine weitere "Vorstellung« für die Commission Intermediaire angefertigt und diese im Sitzungshotel »Metternicher Hof« in einen Kasten gelegt, weil an diesem Tag keine Session stattfand. In der vorgelegten "Vorstellung« macht Roesgen die Mittelskommission auf französische Exzesse aufmerksam. Daraufhin erhält er als Antwort, dass Ortsbeamte diejenigen Einwohner von Salm, die von diesem Vorgang »Wissenschaft« hätten, zu vernehmen und hierüber ein Protokoll anzufertigen haben. Freitag, den 30. Juni 1797: Die Zölle und Akzisen der Grafschaft Gerolstein werden vom Rentamt nach vorhergehender Publikation dem Meistbietenden »zur öffentlichen Versteigerung angesetzt«. Sie verbleiben in der Grafschaft Gerolstein dem Letztbietenden Sebastian Buch von Auel für 93 Reichstaler. Montag, den 10. Juli 1797: Von Auel übergibt Bartholomäus Joebels ein Memoriale mit folgendem Inhalt: Der Schultheiß Maas zu Steffeln habe die in Auel gelegene herrschaftliche Wiese, auf der die Gemeinde Auel das Gras zu mähen, das Heu zu machen und einzufahren schuldig sei, auf 20 Jahre für jährlich 10 Reichstaler gepachtet. Da die Pachtjahre zu Ende seien, biete er 13 Reichstaler jährlich, wenn ihm diese Wiese auf 20 Jahre überlassen werde. Außerdem bittet der Duppacher Müller Lambert Blum, ihm das neben der Mühle erbaute herrschaftliche Fischerhäuschen, das seit Wegzug des Müllers Dupont leerstehe, nebst dem sechs Ruten großen Garten für ein halbes Malter Korn in Erbpacht zu verleihen. Freitag, den 21. Juli 1797: Die Blankenheimer Regierung entscheidet, dass das zuständige Ge-rolsteiner Rentamt die Wiese dem Meistbietenden auf 12 Jahre verpachten solle. Ein geführtes Protokoll solle nach Blankenheim geschickt werden. Dem Müller Lambert Blum wird das Fischerhaus für 20 Jahre verpachtet, wenn er es auf eigene Kosten unterhält und nach Beendigung der Pacht in gutem Zustand abtritt. Am Martinstag soll er als Quantum fünf Fass Korn Gerolsteinsches Maß ans Rentamt entrichten.

Mittwoch, den 9. August 1797: Pastor Cremer zu Wiesbaum bittet um sechsjährige Verlängerung der Pacht des alten Weihers für jährlich fünf Reichstaler.

Freitag, den 18. August 1797: Der Gerolsteiner Müller Andreas Pfeil zeigt an: Durch die große »Eißfahrt« im heurigen Winter sei das Mühlenwehr so verdorben, dass, wenn keine Reparation baldigst geschehe, die Mühle künftigen Winter nicht mehr gehen könne. Seine Bitte: Die Regierung solle die Reparatur verfügen. In der Zwischenzeit erließ die Bonner Mittelskommission einen Erlass, dass über Geldzahlungen, Lieferungen und Pachtzahlungen Quittungen vorgelegt werden müssten. Das Gerol-teiner Rentamt legt von folgenden Personen diese Einzahlungsbelege vor: Freitag, den 1. September 1797: Hofpächter zu Birgel, Lehnerath, Kalenborn und Niedereich; Müller von Duppach, Müllenborn, Oberbettingen und Michelbach. Der Stadtkyller herrschaftliche Müller Niclas Koch bittet um Pachtverlängerung. Montag, den 4. September 1797: Dem Stadtkyller Müller Niclas Koch -wird die gebetene Extension der Pfachtung auf 12 Jahre dergestalt hiemit erteilet, dass er den vorherigen Pfachtbedingnissen punktlich nachlebe und anebst seinem Anerbieten gemäß einen neuen Backofen in der Mühle zur Bequemlichkeit eines zeitlichen Müllers auf seine eigene Kosten aufrichte«.

Mittwoch, den 13. September 1797: Das Gerolsteinische Rentamt legt ein Protokoll vor, aus dem hervorgeht, dass dem Handelsmann Gerhard Geyer auf dem Stadtkyller Markt der "Bannzapf« für vier Reichstaler überlassen worden sei. Das bedeutete, dass Geyer das alleinige Recht besaß, Bier und Wein zu verkaufen. Freitag, den 15. September 1797: Erst an diesem Tag wird über die nötige Reparatur des Wasserwehres der Gerolsteiner Mühle entschieden: Baumeister Ladner hatte das Wehr besichtigt und ist der Meinung, dass vor dem Winter keine dauerhafte Reparatur geschehen könne. Mit geringen Kosten (15 Reichstaler) könne aber das Wehr wiederhergestellt werden, dass der Müller den Winter hindurch die Mahlgäste bedienen könne. Er habe dem Müller bereits den Auftrag gegeben, diese Arbeit durch den Mauermeister Niclas Wongarts aus Lissingen ausführen ?u lassen. Die vom Baumeister Ladner gegebene Weisung zur einstweiligen notdürftigen Herstellung des Mühlenwehres wird von der Regierung genehmigt. Freitag, den 6. Oktober 1797: Die Deputierten der Gemeinden Lissendorf und Birgel bitten, ihnen die herrschaftliche Mühle zu Birgel zu überlassen. Sodann würden sie die für die Reparatur des Wehres erforderlichen Steine anschaffen. Die Inhaber der Sengersdorfer und Jünkerather Schlossgüter Pastor Schneichels und »Consorten« zu Glaadt bitten um Entschädigung wegen bisheriger Kriegsschäden. Montag, den 9. Oktober 1797: Die Birgeier und Lissendorfer Deputierten Heinrich Lenz, Hans-Peter Olfges und Johann Hütter erhalten bezüglich der Verpachtung und Reparatur der Birgeier Mühle folgenden Ratsbeschluss: Da die Pachtjahre der Mühle noch nicht abgelaufen sind, habe das Gesuch der Petenten keinen Erfolg. Der Verordnung, die erforderlichen Steine zur Reparatur des Wehres heranzuschaffen, haben die Mahlgäste binnen drei Tagen Folge zu leisten. Widrigenfalls würden die Steine durch gedungene Fuhrleute herangebracht und die Mahlgäste zur Zahlung des Fuhrlohnes durch Zwangsmittel angehalten. Am gleichen Tag informiert die Blankenheimer Regierung über das Arrestgesuch des Gerolsteiner Landschultheissenamtes gegen Steffelner Einwohner. Diese hatten sich geweigert, den Zoll für die Holzkohlefahrten zur Jünkerather Hütte zu entrichten.

Freitag, den 1. Dezember 1797: Die Gemeinde Salm bittet um Erlaubnis, in ihrem Wald ungefähr 100 Klafter Holz zum Kohlen zu hauen und verkaufen zu dürfen, damit sie die entstandenen Schulden wieder abtragen könne.

Die Eintragungen in dem 166 Seiten umfassenden Protokoll enden am 22. Dezember 1797. Am 6. 12. 1797 hielt der neue Gouvernementkommissar Rudier seinen Einzug in Bonn und brachte innerhalb kürzester Zeit die Einführung der französischen Verwaltung zum Abschluss. Rudier ordnete nun die Verwaltungsangelegenheiten neu. Die gräfliche Regierung musste erneut ihren Dienst quittieren.

Quelle

Protocollurn domesticum vom 20. 3.-22 12 1797, Herzog von Croy'sches Archiv Dülmen, Nr. 3,42