Herbstlaub

Anne-Marie Reuter, Bodenbach

Der Sommer ist vorüber, der schöne heiße Sommer.

Noch in der Erinnerung bleibt er leben, als eine Reihe von schönen Wochen. Wenn man nun am Morgen die Fenster öffnet, kommen sie einem schon entgegen geflogen, die braunen Blätter. Wenn nicht gerade ein Regenschauer sie in der vergangenen Nacht fest an die Erde geklebt hat, führen sie ihren fröhlichen Tanz auf. Am Ende des immer noch grünen Tales sind Wolkenfetzen zu sehen. Leichte Rauchwolken schweben über dem Dorf.

Es riecht nach Herbst. Die großen Kastanienbäume haben ihre Früchte restlos abgeworfen. Noch vor Tagen waren die Kinder damit beschäftigt, sie herunterzuschlagen oder mit Stöcken herunterzuwerfen. Nun liegen die schönen reifen Kastanien unbeachtet und zum Teil von Autos überfahren auf der Straße. Keiner will sie mehr haben. Früher, als die Mütter noch mehr Zeit hatten, haben sie mit ihren Kindern lange Ketten oder lustige Männlein daraus gebastelt.

Der nahe Wald ist nun herrlich bunt. Das Laub glänzt golden, wenn ein paar Sonnenstrahlen darauf fallen. Ein leichter Wind lässt es wie ein Fallen von goldenen Federn erscheinen. Nun kommt die Zeit der Wintervorsorge für die Tiere. Die kleinen Eichkätzchen huschen über Wege und Pfade, schnell den nächsten Baum hinauf eilend, emsig und eifrig gefallene Bucheckern sammelnd. Der einsame Wanderer nimmt die Schönheit des Herbstes in sich auf. Er trauert nicht dem Sommer nach, denkt noch nicht an den kommenden Winter.

Wenn die Kartoffelfelder abgeerntet sind, der Bauer die letzten Futterrüben zu Hause hat, dann meint man, das Jahr halte für kurze Zeit den Atem an. Auch die Menschen denken nun an Vorräte für den Winter. Sicher braucht man heutzutage keine Großaktionen zu machen, wie sie früher nötig waren. Heute kann man das Obst nach der Ernte erst mal einfrieren und dann Marmelade kochen, wenn man gerade Zeit hat. Damals roch es in jedem Haus nach Eingedicktem und Gelee, denn die Johannisbeeren, die Pflaumen, Birnen und Falläpfel mussten ja sofort eingekocht werden. Und heute, wo man in jedem Supermarkt fantastische Konfitüren kaufen kann, sagt jeder; es geht doch nichts über Selbstgemachtes, da weiß man, was man hat. Das raschelnde Herbstlaub unter den Füßen bringt so manche Erinnerung zurück, zu einer Zeit, die noch nicht so komfortabel, so überreich an Angeboten war. Wie gut schmeckte damals ein Brot mit Rübenkraut. Keine Arbeit war zuviel, abwechselnd wurde im großen Kessel gerührt. Die Substanz durfte ja nicht anbrennen, denn dann wurde das Rübenkraut bitter.

Und erst das herrliche Pflaumenmus! Ganze Straßenzüge rochen danach. Vieles ist heute leichter und besser, nur die Jahreszeiten sind geblieben. Daran können die Menschen nichts verändern. Nach jedem Herbst kommt ein Winter und danach wieder der Frühling. Jede Zeit hat ihre besondere Schönheit und dafür müssen wir dem Schöpfer der Natur Dankeschön sagen. Er ist der Herr über alle Dinge.