Mehr als ein Arbeitsplatz...

Behinderte Menschen in den Westeifel Werkstätten

Franz-Josef Basner, Gerolstein

Wer sich mit Kunst in der Eitel auseinandersetzt, begegnet seit einigen Jahren immer wieder einer Künstlergruppe, die in den Westeifel Werkstätten beheimatet und mit dem Namen Walter Wilde verbunden ist. Was vor über drei Jahren mit Fragezeichen begann, hat sich zu einem spannenden Prozess entwickelt, bei dem behinderte Menschen ihre Persönlichkeit entwickeln und ihren Empfindungen künstlerischen Ausdruck geben. In Einzelarbeit oder in kleinen Gruppen entstehen Werke unterschiedlicher Maltechnik: Acryl und Aquarell, Bleistift und Wachsmalkreide sowie Pastell werden bei der Arbeit verwendet und führen zu Ergebnissen, die den Betrachter faszinieren. Immer wieder stößt man bei den bildern auf »Ursymbole« wie Sonne, Regenbogen, Bäume, die seit jeher ihren Platz in den Tiefenschichten aller Kulturen haben. Für den behinderten Menschen ist es wichtig, im Malen oder Gestalten mit Ton oder Holz Ausdrucksmöglichkeiten zu finden, die ihm sonst verschlossen bleiben und die er sprachlich kaum artikulieren kann.

Dass auch in der Öffentlichkeit ein starkes Interesse an dieser Kunst besteht, haben nachhaltig die Ausstellungen bewiesen, die sich zunächst auf den Eifelraum erstreckten, mit der Präsentation bei der KSK Daun im August 1995 begannen und in Schönecken und Bitburg fortgesetzt wurden. Trier und Mainz waren nächste Stationen, und auch in der Zukunft werden regelmäßig die bilder behinderter Menschen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Kunsttherapie ist bei den Westeifel Werkstätten eingebunden in ein breites Programm

von arbeitsbegleitenden Angeboten, die von behinderten Menschen intensiv genutzt werden. Eine anerkannte Werkstatt für Behinderte (WfB) ist verpflichtet, in beiden Bereichen, Produktionsarbeit und Persönlichkeitsförderung, bestmögliche Bedingungen zu schaffen. Der Weg freilich war lang von den ersten Anfängen der Werkstattarbeit in dem kleinen Eifeldorf Kopp bis zum großen Unternehmen, das mittlerweile an drei Standorten - Gerol-stein, Hermesdorf und Weinsheim - über 420 vorwiegend geistig- und mehrfachbehinderte Menschen beschäftigt. Gesellschafter der Einrichtung sind die Lebenshilfe Kreisverbände Bitburg, Prüm und Daun sowie die beiden Landkreise Daun und Bitburg-Prüm, die das Einzugsgebiet der Werkstatt bilden. Schon früh fiel die Entscheidung bei den Westeifel Werkstätten, sich auf den Aufbau der Eigenproduktion zu verlegen. So entstanden zwei Standbeine im Laufe der Zeit, die einer großen Zahl behinderter Menschen Arbeitsmöglichkeiten bieten und ständig wachsende Umsätzeverzeichnen.

Ballons aus Gerolstein sind zum Markenbegriff geworden: Aufbauend auf der Produktphilosophie »Qualität aus Gerolstein" entwickelte sich ein Arbeitsbereich, der heute zu den führenden Ballondruckereien in Deutschland zählt. Jährlich verlassen mehr als 50 Millionen bunt bedruckter Luftballons unser Haus und finden ihren Weg zu Werbeagenturen, Kaufhäusern und Privatkunden.

Zum zweiten Schwerpunkt hat sich in den letzten Jahren die Produktion von Park- und Landschaftsmöbeln entwickelt. Park- und Ruhebänke, Rundbänke, Tische, Pflanzkübel und Abfallkörbe bilden den Schwerpunkt in einem Programm, das über 30 Grundmodelle in unterschiedlichsten Ausführungen umfasst. In dem 1995 nach kürzester Planungs- und Bauzeit eröffneten Fertigungsbetrieb Weinsheim ist dieser Arbeitsbereich konzentriert. Die Westeifel Werkstätten verstehen sich als Solidargemeinschaft. Nicht nur leistungsstärkere Behinderte finden hier einen Arbeitsplatz. In mittlerweile vier "Fördergruppen« an den Standorten Gerolstein und Hermesdorf finden schwerst mehrfachbehinderte Menschen optimale Therapie- und angemessene Arbeitsmöglichkeiten.

Wer die Gewissenhaftigkeit behinderter Menschen bei ihrer Arbeit erlebt und ihre Lebensfreude bei Sport- und Bildungsangeboten, bei Festen und Feiern erfährt, der bekommt eine Ahnung davon, was Arbeit mit behinderten Menschen bedeutet:

Nicht die Defizite stehen im Vordergrund, sondern die beglückenden Erfahrungen menschlicher Begegnungen.

 

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