Pfarrei Beinhausen und ihre Kirche

Alois Mayer, Daun-Pützborn

Auf dem Wege von Kelberg nach Daun kommt man durch die Gemeinde Beinhausen, die auf eine wechselvolle Vergangenheit zurückblickt. Dieses Dorf lieh der heutigen Pfarrei, die bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts noch »Pfarrei Hilgerath« genannt wurde, seinen Namen. In manchen Veröffentlichungen kann man lesen, dort habe während des Mittelalters ein Dorf mit dem Namen »Hilgenrait« = Hilgerath gestanden, das während des 30jährigen Krieges untergegangen sei. So wie in Weinfeld sei dort auch nur die steinerne Kirche erhalten geblieben. Ich persönlich glaube dies nicht, und zwar aus mehreren Gründen:

a) keiner, der die These vom untergegangenen Dorf Hilgerath aufstellte, führte irgendwelchen Beweis oder irgendwelche Quellen an;

b) bis heute sind auf dem hoch gelegenen Berg bei Acker- oder Waldarbeiten keine Funde gemacht worden, die auf ein untergegangenes Dorf hinweisen;

c) in alten Urkunden oder Steuerlisten aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges habe ich bis heute noch nirgendwo den Hinweis auf ein bestehendes Dorf »Hilgenrait« gefunden. Sicher ist wohl, dass auf jenem Berg, auf dem heute von weither die Kirche Hilgerath zwischen mächtigen Bäumen zu sehen ist, in vorchristlicher Zeit eine heidnische Kultstätte gestanden hat. Und genau wie in Weinfeld, wie auf dem Arnulfusberg bei Walsdorf oder bei der Berndorfer Kirche haben Eifelmissionare in christlicher Zeit auf diesem »Heidenberg« mit seiner heidnischen Anlage ein christliches Bethaus, eine Kirche erbaut. An die vorchristliche Zeit erinnern zwei sogenannte »blaue Donnerkuli«, also Steinbeile, die man bei Grabungen in der römischen Siedlung »In der Heck« fand. Im

Distrikt »Auf den Steinen« bei Sarmersbach entdeckte man römische Baureste, und man nimmt an, dass es sich dabei um eine römische Kultstätte gehandelt hat. Man schließt dies aus den gefundenen Skulpturen, die zwei wohlerhaltene Köpfe von anscheinend weiblichen Statuen darstellen, und einem steinernen Vogel. Im benachbarten Gräberfeld im Distrikt »In der Heck« lag eine weitere römische Siedlung. Im »über valoris«, der Erzdiözese Köln aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts wird von einer Pfarrei Hilgerath nichts gemeldet. Es ist aber anzunehmen, dass dort ein Gotteshaus stand, wenn auch mit ihm der Begriff Pfarrei nicht verbunden war. In dem Bericht des Bischofs von 1869 findet sich der Hinweis, man erzählte, die Pfarrei sei 1461 gegründet worden. Für diese Jahreszahl findet sich aber nirgendwo ein Beweis. Trotzdem können wir davon ausgehen, daß sich in diesem Jahrhundert Hilgerath von den uralten Pfarreien in der Nachbarschaft, zum Beispiel Daun im Süden, Uess im Osten, Dockweiler im Westen und Kelberg im Norden herauslöste und selbständig wurde. Nach dieser Zeit mehren sich urkundliche Belege. Im Uesser Brüderschaftsbuch wird für das Jahr 1500 ein Pfarrer Leonhard von Mehren als Pfarrer in Hilgerath erwähnt; vier Jahre später erfahren wir von Kirchenmeistern, nämlich als die »Eheleute Tys Kremes von Nerdlen und Greit Frigedanks von Eller, die in Nerdlen wohnte, den Kirchenmeistern von Hilgenrait erblich einen halben Sester Ölgulden des Clais von Beyhausen und des Luyk von Sarmersbach verkauften«. Kirchlich gehörte Hilgerath zum Eifeldekanat von Kurköln, weltlich zur Erzdiözese Trier. Man kann sich das so erklären: alle religiösen Belange hatte der Erzbischof von Köln zu bestimmen und zu entscheiden; das weltliche Recht, Steuern, Zehnten und die Rechtsprechung oblag aber dem Erzbischof von Trier und seinen Beamten im Amt Daun, die auf der Dauner Burg lebten. Dank der Zugehörigkeit der Pfarrei zum Amt Daun blieb der katholische Glaube in den Wirren der Reformation unangetastet, während benachbarte gräfliche Herren wie Virneburger, Manderscheide r und andere zeitweise den Protestantismus einführten. Die Hauptzehntherren waren noch 1734 die Herren von Veyder, die unter anderem als Grundherren in Oberehe wohnten, und die Herren von Metternich, denen zuletzt auch Waldkönigen gehörte. Sie waren Kollatoren, das heißt, sie hatten unter anderem das Recht, den jeweiligen Pfarrer für Hilgerath zu ernennen. So blieb es für Hilgerath bis zum Jahre 1803, jenem Jahr, in dem aufgrund der Französischen Revolution sich alle politischen und kirchlichen Verhältnisse im Kreise Daun und im linksrheinischen Gebiet grundlegend änderten und neu geregelt wurden. Seit dieser Zeit gehört Hilgerath zur Diözese Trier und mit noch 34 weiteren Pfarreien zum Dekanat Daun, seit wenigen Jahren aber zum Dekanat Kelberg. Seit 1807 trägt die Pfarrei auch nicht mehr den Namen "Pfarrei Hilgerath«, sondern -Pfarrei Beinhausen«. Heute gehören sieben Dörfer, sieben Filialen, zur Pfarrei Beinhausen: Nerdlen, Sarmersbach, Kradenbach, Neichen, Beinhausen, Boxberg und Gefeil. Noch im letzten Jahrhundert war diese Pfarrei bedeutend größer. Da gehörten noch die Orte Hörschhausen und Katzwinkel zu Hilgerath, die heute Uess zugeteilt sind. Auch für die Dörfchen Merzbach und Scheid war Hilgerath zuständig. Doch diese Siedlungen gibt es nicht mehr. Sie sind untergegangen, zerstört, abgebrannt. Die kleine Siedlung Merzbach, die schon 1358 erwähnt wurde, lag bei Boxberg. Vor 400 Jahren zählte sie noch acht Feuerstätten, also rund 44 Einwohner. 1651 wurde Merzbach durch lothringische Truppen zerstört und einige Häuser danach wieder neu aufgebaut. 1869 lebten dort noch fünf Bewohner in einem Hof, der aber 1899 total abbrannte. Heute ist auf der ehemaligen Flur von Merzbach ein stolzer Aussiedlerhof errichtet. Der Scheidhof bei Sarmersbach gehörte dem Kloster Springiersbach. Der Pächter mußte dafür dem Springiersbacher Kloster jährlich am Martinstag 10 Malter Hafer nach Dauner Maß. 5 Hühner und 4-V? Albus Pacht entrichten. Dafür hatte der Hof das Recht, einer Malefizperson {^Verbrecher) auf 6 Wochen und 3 Tage ein Asyl zu gewähren und wieder um solange, »sobald der Missetäter nur drey Sprung aus dem Hof könne tun und wiederum darin machen könne.« Dieser Hof wurde durch die Franzosen 1805 für 1240 Taler versteigert, später abgetragen. Heute befindet sich in seiner Nähe ein supermoderner computergesteuerter Bauern betrieb.

Diese sieben Dörfer begrenzen in etwa jenen Eifelteil, der die Struth genannt wird. Diese Landschaftsfläche, die bis zum Zweiten Weltkrieg als ärmste des Kreises Daun bezeichnet wurde, hatte, genau wie andere Teile der Eifel, stark unter Kriegen und Pestzeiten zu leiden. So gab es vor dem 30jährigen Krieg 86 Feuerstellen in der Struth, das waren ungefähr 473 Personen. Nach dem zerstörerischen 30jährigen Krieg und der Pest existierten nur mehr rund 30 Feuerstellen, also rund 165 Personen. Die Struth war also um rund 65 Prozent ausgerottet. Heute entwickelt sich dieser herrliche Landstrich immer rascher. Gewerbegebiete sind ausgewiesen. Die Dörfer sind zu beliebten Neubaugebieten geworden. Zu Beginn dieses Jahres lebten rund 1100 Menschen in den sieben Struthdörfern, von denen nach der Gebietsreform Mitte der 1970 Jahre Beinhausen, Boxberg und Neichen zur Verbandsgemeinde Kelberg und Gefell, Kradenbach, Nerdlen, Sarmersbach zur Verbandsgemeinde Daun gehören.

Wann die erste Kirche erbaut wurde, wissen wir nicht. Der Bau der zweiten Kirche wird - wie bereits erwähnt - im 15. Jahrhundert gewesen sein. Der noch erhaltene Turm weist mit seiner Bauart ebenfalls auf dieses Jahrhundert hin. Über die Gründung der Kirche, deren Ort Gott selbst bestimmt hat, berichten einige Sagen. Von jenem alten Kirchen bau wissen wir aus Berichten und Urkunden, dass 1719 das Kirchendach erneuert und 1750 Kirche und Sakristei gründlich überholt werden mussten; 1803 war diese jedoch erneut so baufällig, dass die Kirche abgetragen wurde. Nur der uralte Westturm blieb bis heute erhalten. An ihn wurde der Neubau, ein einfacher Bau mit einem dreiseitigen Chorschluss mit einfachem Rundportal und einer windgeschützten Halle errichtet. Bemerkenswert ist, dass dieser Neubau nicht eingesegnet wurde. Erst 1950, als das Kirchenschiff durch einen nördlichen und südlichen Anbau erheblich vergrößert wurde, wurde die gesamte Kirche durch Weihbischof Metzroth eingeweiht.

Als Schutzpatron der Kirche wurde im 17. Jahrhundert mehrmals die Gottesmutter erwähnt, während nach 1744 nur mehr der heilige Hubertus als Schutzpatron von Kirche und Pfarrei genannt wird.

Zentraler Mittelpunkt der im Inneren an und für sich kargen und schmucklosen Kirche ist ein altes Wallfahrtsbild aus Holz, das die Beweinung Christi darstellt. Es stammt aus dem 15. Jahrhundert und dürfte somit von Beginn des Kirchenbaus in ihm gestanden haben. Es wurde 1903 instandgesetzt und neu bemalt. Diese 86 cm hohe Holzstatue ist aus einem Stück gearbeitet. Die Muttergottes ragt schlank aus der Mitte der drei trauernden Frauen heraus, und über die Knie des Lieblingsjünger Johannes und der Maria Magdalena ist der Christuskörper hinweggelegt. Auffallend ist dessen eingezogener Leib mit dem eng anliegenden Lendentuch, das bei geschlossenen Fü(3en eine symmetrische Haltung annimmt. Nur der rechte Fuß von Maria ist etwas gehoben und stellt so eine Bewegung dar. Der Kopfputz von Maria lässt lediglich ihr Gesicht frei. Besonders betont und eindrucksvoll ist das weinerliche Gesicht von Maria Magdalena. Ein ähnliches Altarbild finden wir nur mehr in Singen am Rhein. Diese Muttergottes erlebte ein ähnliches Schicksal wie die Weinfelder Madonna. Auch sie wurde eines Tages aus der Kirche gestohlen. Rund 20 Jahre blieb sie verschollen. Da tauchte sie 1995 bei einem Kunsthändler in Biberach/Riss auf. Dieser erkannte den Wert, meldete sie bei der Polizei, die dann feststellte, dass es sich um die gestohlene Muttergottes von Hilgerath handelte. Nun konnte sie Gott sei Dank wieder durch ihren heutigen Pfarrer Euteneuer an ihren rechtmäßigen Ort zurückgebracht werden. Vor Freude über ihre Heimkehr beschlossen die Struther, um nicht zu sagen: sie machten ein Gelübde, alljährlich am zweiten Sonntag im September eine Stern wallfahrt aus den sieben Dörfern hin zu ihr durchzuführen.

Der uralte Taufstein ohne Fuß wurde jahrelang als Regentonne benutzt. Heute schmückt er am Altar den Chorraum. Er hat einen Durchmesser von 88 cm, zeigt große runde Kufen mit senkrechter Wand und einer einfachen Wandschräge. Drei Köpfe in Höhe der Kufen waren vorgekragt, davon ist aber nur mehr ein Kopf erhalten. Rund um die Kirche befindet sich die einzige Begräbnisstätte der weiten Pfarrei. Einige sehr alte und gut erhaltene Grabsteine sind ringsum in die Kirchenwand eingelassen.

Das Pfarrhaus hat von Beginn der Pfarrei an in Beinhausen gestanden. Es war ein kleines Haus, so wie manches alte Bauernhaus heute noch zu erkennen gibt. Schlichtes Fachwerk, strohgedeckt, mit wenigen Zimmern. 1752 führt der Pastor in Köln Klage, dass sein Haus nur eine Stube habe, in der Knecht und Magd sich im Winter aufhalten müssten. Das Haus habe auch nur dünne Lehmwände, die leicht durchbrochen werden könnten. Während der napoleonischen Besatzung war es wochenlang durch Franzosen und später durch die zurückkehrenden Preußen besetzt. Damals wurde auch der Hilgerather Pfarrer Michael Zender mit einem Jahr Gefängnis bestraft. Er hatte sich geweigert, den Franzosen, die das Land besetzten, die Kirchenbücher herauszugeben. Die Franzosen brauchten diese, um Soldaten für den französischen Wehrdienst einzuziehen. Im Laufe der Jahrhunderte verschlechterte sich der Zustand des Pfarrhauses immer mehr. Ein Neubau wurde fällig. So entstand 1902 der heute noch an der Straße in Beinhausen sichtbare Prachtbau mit acht Zimmern. Der Bau kostete seinerzeit 14000 Mark. Die Regierung gab 3000 Mark Zuschüsse, das Bistum Trier ebenfalls, die übrigen Dörfer spendeten 2000 Mark und nur das kleine Gefell musste 6000 Mark aus seinem Kapellenvermögen zusteuern (vermutlich weil das Kapelle n vermögen recht beachtlich war).