Konventskind Dietrich von Daun

Alois Mayer, Daun

Im Staatsarchiv zu Luxemburg findet sich eine Pergamenturkunde, die interessante Details aus dem Leben und aus dem intimeren Familienbereich der Dauner Herren und Grafen preisgibt. Darüber hinaus ist sie auch wertvoll, denn diese Urkunde ist weder bei dem verdienten Heimatforscher Hörsch in seiner Dauner Grafengeschichte noch in der Urkundensammlung Dun erwähnt. Zum dritten kann durch sie ein weiterer Sohn der Dauner Familie nachgewiesen werden, dessen Existenz bisher ebenfalls gänzlich unbekannt war. Es war am 18. Juli 1491, ein Jahr bevor Kolumbus Amerika entdeckte und damit den Beginn der Neuzeit einleitete. Da trafen sich in Echternach zwei öauner Adlige mit Burghard, dem Abt des Echternacher Klosters, und besiegelten einen für Kloster und Dauner Familie bedeutsamen Vertrag, vergleichbar mit einem heutigen Ausbildungsvertrag. Darin teilen sie mit, dass der junge Herr Dietrich von Daun als Konventskind aufgenommen wird, also ins Kloster eingetreten ist, und das er dort ein Präbende, eine Bezahlung, erhält. Die Aufnahme und die Vergütung sind allerdings mit bestimmten Forderungen verbunden. Die Dauner Erziehungsberechtigten versprechen, dass ihr Sprößling Mitglied des Klosters wird, und dass sie natürlich des Klosters Vorteil wahren und dessen Mannen werden. Dazu leisten sie dann auch die notwendigen Treue- und Manneneide. In diesem Vertrag spürt man förmlich die Freude der beiden Dauner, für ihren (wahrscheinlich jüngsten) Nachkommen eine sichere Existenz gefunden zu haben und ihn aus ihrer elterlichen Fürsorge entlassen zu dürfen. Die nachfolgende Urkunde wird der Verständlichkeit wegen in Hochdeutsch und moderner Zeichensetzung wiedergegeben: »Ich, Wilhelm von Daun (= Wylhem von Doynne) und Jakob von Daun, mein »Magen"', verkünden allen Leuten und bekennen mit diesem vorliegenden Schreiben öffentlich, dass uns der ehrwürdige Herr, Herr Burghard Boyswin von Neuerburg, Abt und Herr zu Echternach, und die geistlichen Herren Dechanten sowie der Konvent des Gotteshauses des hl. Willibrords zu Echternach, Benediktiner Orden im Trierer Stift usw., besondere Gunst und Freundschaft erwiesen haben. Sie haben Dietrich von Daun, Sohn des genannten Wilhelms von Dann und »Magen« des Jakobs von Daun, zu einem Konventskind in ihrem Gotteshaus zu Echternach gemacht und aufgenommen und ihm um Gotteswillen eine Präbende zukommen lassen. Daher geloben und versprechen wir obengenannte Wilhelm und Jakob, den genannten Dietrich, unseren Sohn und »Magen«, zu ermahnen, sich nicht zu verantworten und in keinerlei Weise unbescheiden oder ungehorsam gegen unseren obengenannten lieben Herrn, Abt und Konvent oder dessen Gotteshaus zu sein. Und wenn der vorgenannte Dietrich ohne Erlaubnis das Kloster verlässt oder nicht gehorsam ist, oder wenn es sein sollte, dass der vorgenannte Dietrich stürbe oder in der Welt bliebe, dann ist dem erwähnten Herren Abt und Konvent, deren Nachfolgern und dem Gotteshaus daraus in keiner Weise ein Vorwurf zu machen.

Auch werden weder wir noch sonst jemand anders von uns, wegen des obengenannten Dietrichs, unserem Sohn und »Magen«, vom genannten Abt und Konvent oder Gotteshaus verlangen oder fordern, uns die wenigen Ausgaben, die wir unserem vorgenannten Sohn und »Magen« Dietrich mit (ins Kloster) geben, zurückzuerstatten. Käme aber Dietrich zu uns oder den unsrigen oder irgendwo andershin, so dass wir seiner habhaft würden, so werden wir ihn zur gleichen Stunde wieder in sein Gotteshaus Oder Kloster zurückschicken. Und wäre er dann so wild, was Gott verhüten möge, oder bereits so lange aus dem Kloster, dass er nicht mehr zur Priesterschaft taugt oder nicht mehr Priester werden möchte, dann sind die oftgenannten Herren Abt und Konvent oder deren Nachfolger weder verpflichtet, ihn aufzunehmen, noch ihn als Konventskind in ihrem Gotteshaus zu halten.

Sollte es auch sein, dass einige verborgene Süchte oder Gebrechen an dem vorgenannten Dietrich sind, die man während des nächsten Jahres ab dem Datum dieses Briefes feststellt, die gegen die Gewohnheit, die Freiheit und den Brauch des genannten Gotteshauses sind, dann werden wir den oft genannten Dietrich, unseren Sohn und »Magen», wieder zurücknehmen, dürfen dafür aber einen anderen Verwandten oder dergleichen an des vorgenannten Dieterichs Stelle geben und zu einem Konventskind machen lassen, wobei jedwede Arglist und Gefahr in diesen Sachen ausgeschlossen sein sollen.

Ich, vorgenannter Dietrich von Daun, bekenne für mich in diesem Brief, dass ich in diesen genannten Orden mit gutem Wissen, freiem Willen und in eigener Entscheidung eingetreten bin. Ich gelobe, schwöre und gebe mein Ehrenwort, im obengenannten Orden zu verbleiben, ihn nicht zu verlassen oder einen anderen zu erwählen. Und wäre es der Fall, dass ich in einigen der vorgenannten Punkten säumig oder wortbrüchig würde und meinem Orden nicht treu bliebe, so habe ich auf all mein väterliches und mütterliches Erbe und auf all mein Landrecht zu verzichten, und ich werde kraft dieses Briefes darauf verzichten und weder etwas verlangen noch in keiner Weise etwas fordern. Wir, die genannten Wilhelm von Daun und Jakob von Daun, bekennen auch in diesem vorliegenden Brief, dass wir beide zusammen und jeder für sich selbst, zu Mannen des oft genannten Herrn Abt, seiner Nachfolger und des Gotteshauses geworden sind und kraft dieses Briefes werden. Wir haben deshalb seiner Ehrwürdigkeit den gewöhnlichen Eid, die Huldigung und das Gelöbnis getan, in fester, stetiger Eidesstatt zum Besten für ihn und für sein würdiges Gotteshaus zu werben, ihn vor Arglist zu warnen und alles zu tun, was sich getreuen Männern gebührt, der Männlichkeit ^Ritterlichkeit) wegen.

Und um dies und alles oben Angeführte zu beurkunden, habe ich, obengenannter Wilhelm von Daun, mein Siegel hier an diesen Brief gehangen. Weil ich, obengenannter Jakob von Daun, kein eigenes Siegel habe, habe ich den treuen Johann de Wrede, Unterprobst zu Echternach, gebeten, dass er sein Siegel für mich unten an diesen Brief befestigen möge. Ich, obengenannter Johann de Wrede, bekenne, dass mich genannter Jakob gebeten hat, mein Siegel auch hier neben das seines genannten »Magens» an diesen Brief zu befestigen, was ich auch getan habe, um Zeugnis zu geben für die Richtigkeit aller beschriebener Dinge.

Diese Urkunde ist gefertigt worden am folgenden Montag nach dem hl. Alexiustag im Jahr 1491« (18. 7.1491).«

Dies ist die bisher einzige Urkunde, die von der Existenz eines Dietrich von Daun kündet. So kann also nichts über sein weiteres Leben gesagt werden. Vermutet werden kann, dass er bei seinem Klostereintritt zwischen 15 und 16 Jahre alt war. Dieses Alter ist bei anderen herrschaftlichen Jungen und Mädchen nachweisbar. Dietrich muss demnach um 1475 geboren worden sein. Bleibt zu hoffen, dass er ein guter Mönch geworden ist und im Echternacher Kloster glücklich sein Leben beendet haben wird. Über das Leben seines Onkels Jakob und seines Vaters Wilhelm erzählen die Urkunden - wenn es auch nicht all zu viele sind - etwas mehr.

Jakob von Daun

Jakob von Daun entstammt der Familie der »Herren von Daun von der jüngeren Linie« - aus der rund 300 Jahre später Leopold von Daun von sich reden machte.

Diese Dauner waren Burgmänner, vom Trierer Erzstift ernannt (und bezahlt). Mit der Linie »Daun-Manderscheid« waren sie eng verwandt und lehnsabhängig. Von ihr und vom Stift Trier aus erhielten sie Güter und Besitz zu Lehen. Anfangs nannten sie sich »Herren von Daun", später nur mehr »von Daun«. Erst Jahrhunderte später erhielten sie den begehrten Titel »Grafen von Daun«. Im Wappen führten sie das Dauner Gitter mit einer beziehungsweise zwei Lilien im rechten Obereck.

Jakob von Daun wurde vermutlich um 1420 geboren. Urkundlich findet er 1440 Erwähnung, 30 Jahre früher als Hörsch angibt. In diesem Jahr zählen er und sein Bruder Dietrich die Lehen auf, die sie von dem Manderscheide r Herren erhalten haben. 1459 erhalten die beiden Brüder weitere Lehen, unter anderem den Boverather Weiher, Garten und Scheune auf dem Kampbüchel, sowie den Krebsbachhof (bei Nürburg), den Kampenhof bei Meisenthal (bei Kelberg) und ein Gut zu Ditscheid. Johann II., Erzbischof von Trier, bekennt am 31. 1. 1466, dass er Jakob von Daun 77 Gulden für 123 Malter Hafer schuldet. An Katharinentag (25. 11.) 1471 bittet er den Grafen Diedrich von Manderscheid, ihn in einem Rechtsstreit zu unterstützen, den er mit Klag von Kettig am Gericht zu Virneburg wegen seines Lehensgutes zu Ditscheid führt. Eine letzte Erwähnung findet sich am 4.2.1503, als ihn der Trierer Erzbischof Jakob zum Vormund bestellt. Wahrscheinlich wird er kurz darauf im hohen Alter von über 80 Jahren gestorben sein.

Wilhelm, Herr von Daun

Stammherr war Wilhelm, Herr von Daun. Sein Vater hieß Dietrich und war der Bruder von Jakob. Vater Dietrich, wahrscheinlich von kleinem Körperwuchs, wurde häufig »Dunegin = Däun-chen« genannt. Dieser Name ging auf Wilhelm über, aber auch der Name, den er mütterlicherseits bekam: »von Zievel«. Daneben wird er noch häufig mit einem dritten Namen belegt: von Cluss(a)ert = von Klüsserath, den sein Vater erstmalig trug. Er war wie sein Vater, dessen Nachfolge er um 1463 antrat, ebenfalls trierischer Amtmann zu Daun und nahm als solcher seinen Wohnsitz auf der Burg seiner Ahnen.

1463,1467,1499, 1503, dann wieder am 14. 4. 1505 und am 8.9.1512 wurde Wilhelm von den Kurfürsten Johann, Jakob und Richard mit den väterlichen Gütern belehnt, nämlich mit einem Hause auf der Burg zu Daun, einem Hof im Tal daselbst, dem Hochgericht zu Immerath, den Leuten und Gütern zu Deudesfeld, als trierisches Mannlehen, den Gütern und Renten zu Neroth, als Burglehen zu Manderscheid und zu Arenrath.

Am 3. 11. 1482 erhält Wilhelm vom Manderscheider Grafen Wilhelm dessen Güter der Herrschaft zu Daun zu Lehen und neun Jahre später noch Güter und Renten zu Gerolstein, Rockeskyll, Niederehe, (Stroh-)Eich, Walsdorf, Flesten, Blankenheim, Birgel, üssendorf und Basberg (Dun 812). Bei seiner Vermählung mit Walburgis, Tochter des Johann Kessel von Nürburg, 1490, empfing er vom Abte Otto zu St. Maximin in Trier die Höfe, Güter und Gedinge zu Pomster (bei Barweiler). Am 18. 6. 1515 verpachtete Wilhelm von Daun die »Erbschaff zu Lyssingen«. Bei diesem Vertrag siegelte aber bereits sein Sohn Peter, so dass die Vermutung naheliegt, dass Wilhelm entweder seine »Regierungsgeschäfte« an seinen Sohn übertragen hatte oder (durch Alter und Krankheit bedingt) zu schwach war, selbst zu siegeln. Gleiches ist zwei Jahre später am 20.11.1517 feststellbar. An diesem Datum gestattete Erzbischof Richard von Trier dem Peter, dass er seiner Frau Katharina Wittumsgüter übertragen darf. Vater Wilhelm hatte dazu seine Einwilligung gegeben. Dann schweigen die Urkunden über Wilhelm, so dass zu vermuten bleibt, dass er 1518/1519 gestorben sein muss (nicht um 1523, wie Hörsch angibt), denn bereits am 10.

3. 1519 erhält Peter seine Lehen vom Trierer Erzbischof.

Hörsch führt fünf Kinder Wilhelms an. Urkundlich können aber sechs nachgewiesen werden:

1. Elisabeth, verheiratet mit Philipp von Ingelheim

2. Katharina, verheiratet mit Hermann von Hersei

3. Peter. Er führte die Dauner Linie weiter

4. Margaretha. Sie wurde Priorin im Kloster von St. Thomas

5. Offina, verheiratet mit Johann Graf von Salm-Dyk und Reifferscheid

6. Dietrich, trat ins Kloster Echternach ein.

Anmerkungen

1 »Magen«, Magenschaft oder Magschaft bedeutet hier im engeren Sinne die Verwandtschaft außerhalb des »Busens«, die Onkeln und Tanten, die Neffen und Nichten im weitesten Sinne. Jakob von Daun war der Onkel von Wilhelm und der Großonkel von Dietrich, dem Sohn von Wilhelm.

2 Als Onkel führte er nicht die Dauner Linie, weswegen er auch kein Recht auf das Führen eines eigenen Siegels hatte.

Quellen

Wampach Camill, Urkunden- und Quellenbuch, Bd. IX, Luxemburg

1952, Nr. 1044

Dun Johann, Urkundenbuch, Köln 1909

Hörsch Wilhelm, Geschichte der Grafen von Daun, Daun 1877