Zeitbilder der Kreisgeschichte

Bauernmühle - Borbachsmühle

- Spendenbrot für die Armen der Pfarrei Daun

Friedbert Wißkirchen, Daun

August Meyer hat sich in seinem Aufsatz »Bauernmühle« und »Herrenmühle« zu Daun, veröffentlicht im Eifeljahrbuch 1986, mit der Geschichte der Dauner Mühlen und vor allem der Namensgebung und falschen Namensdeutung befasst. Aus dem Archiv der Kirchengemeinde Daun ergeben sich weitere, interessante Einzelheiten zur "Bauernmühle« in Daun, die teilweise offene Fragen aus dem Aufsatz von A. Meyer beantworten.

Im mittelalterlichen Daun gab es zwei Mühlen. Die eine lag am östlichen Fuße des Burgbergs an der Lieser. Sie wurde je nach Besitzer als »Eschermanns Mühle«, »Hamanns Mühle«, hauptsächlich aber als »Bolensmühle« bezeichnet, weil die Familie Bolen sie 1582 aufbaute und seither über Jahrhunderte im Besitz hatte. Die Familie Bolen hatte in Daun großen Einfluss und Macht. Sie stellte von 1563 bis 1780 mit dem Amtskellner einen hohen kurfürstlichen Beamten in Daun. Irrigerweise wurde die Mühle, die früher das Hotel »Eifeler Hof«, dann das Hotel-Restaurant »Pfeffermühle« und heute ein chinesisches Restaurant in der Bahnhofstraße beherbergt, als »Herrenmühle» bezeichnet.

Die zweite Dauner Mühle lag zwei Kilometer außerhalb der Stadt auf halbem Wege nach Gemünden, etwas abseits der Lieser, am Beginn eines Seitentals (Fußweg zur Jugendherberge und Weinfelder Maar). Diese Mühle erhielt die Wasserkraft nicht durch die Lieser, sondern durch den "Borbach« der etwa 400 m nördlich und unterhalb des Weinfelder Maares entspringt, aber keine Verbindung zum Maar hat. Rund 160 cbm Wasser betrug früher die Quellschüttung, die auch in trockenen Sommermonaten nicht versiegte und damit gute Voraussetzungen für den Mühlenbetrieb bot. Diese Mühle wurde viele Jahrhunderte als »Borbachsmühle« bezeichnet, der Name »Bau(e)rnmühle« stammt von einem früheren Besitzer, der Familie »Baur«. Die Bezeichnung »Roben'sche Mühle« ist so gut wie unbekannt. Die Herren von Kesselstatt stammten aus der Gegend von Hanau und waren seit dem 14. Jahrhundert in Diensten der Trierer Kurfürsten und seit 1404 auch als kurtrierische Amtmänner in Daun tätig. Dauner Amtmänner der Familie Kesselstatt sind 1420,1425, 1451,1472 und 1660 urkundlich belegt. Sie hatten in ihrer Amtszeit auch Besitztümer und Güter im Dauner Raum. Unter anderem gehörte ihnen zeitweise die Hälfte der »Borbachsmühle». Am 19. August 1660 bestätigten Johann Eberhard von Kesselstatt, Herr zu Föhren, kurfürstlichtrierischer Rat und Amtmann zu Cochem, Daun und Ulmen und seine Ehefrau Anna An-thonetta, daß sie »unsere halben Borbachsmühlen zu Daun« dem Matheis Maas und seiner Ehefrau Katharina, geborene von Süß aus Giilenfeld verlehnt hatten. Ein Beweis, daß die Mühle schon vor 1660 bestanden haben muss. Der Pächter Matheis Maas war »gräflich markischer« (= arenbergischer) Schultheiß in Giilenfeld und hatte auch die "Holzmühle« (Gillenfel-der Mühle) von 1622-1653 in Erbpacht. In diesem Lehensbrief von 1660 bestätigt der Dauner Amtmann von Kesselstatt, dass er die halbe Mühle mit Garten und Wiese als Mannlehen des Kurfürsten erhalten hat und sie nun an die Eheleute Simon Baur und Katharina geborene

Bauernmühle Daun um 1930, gestapelte Getränkekisten und der kleine Lkw vorm Haus lassen bereits den Beginn des Getränkehandels erkennen. Foto: Archiv der Verbandsgemeinde Daun

Maas und deren Erben neu verlehnt. Simon Baur war der erste Pächter, der der Borbachsmühle seinen Namen gab, denn in späteren Jahren findet sich häufig auch die Bezeichnung: »Baurnmühle«. Simon Baur war der Schwiegersohn des Gillenfelder Schultheißen und Spezialeinnehmers Matheis Maas; die Einnahmen aus der Mühle blieben also in der Familie. Die Pächter mussten im Todesfall das Erblehen erneut beantragen und jedesmal die sogenannte Kurmuth (= Abgabe für den Erbfall) von vier Reichstalern zahlen. Als Pacht waren 15 Fass Korn und 1 1/2 Fass Breimehl nach Dauner Maß jedes Jahr an »Martini« zur Kellnerei Daun, in die heutige Burgscheune, zu liefern. Am 7. 1. 1675 wurde die Belehnung von 1660 durch den Kurfürsten bestätigt, nachdem die Kesselstatt'schen Renten und Rechte an der Mühle (vermutlich 1659) auf den Kurfürsten übergegangen waren. Dieses Lehen wurde am 31. März 1691 auf den ältesten Sohn des Simon Baur, Theodor Josef Baur und seine Hausfrau nach einer Urkunde des Amtskellners Bohlen zu den gleichen - vorhin genannten -Bedingungen übertragen.

Immer ist von der »Halbscheid«, dem Hälfteanteil an der Mühle in den Belehnungsurkunden von Kesselstatt und Kurtrier die Rede. Wem gehörte aber die andere Hälfte? Otto Heinrich von Lontzen, genannt Roben, und seine Frau Rosina, geborene Aubach, Herr zu Burg Linster (Burglinster gehört heute zur Gemeinde Jungli-ster, der luxemburgischen Partnergemeinde von Üdersdorf) bestätigten in einem Lehensbrief vom 20. September 1691, dass bereits sein Vater, Bernhard von Lontzen - genannt Roben - die Hälfte der »Borbachsmühle« Simon Baur erblich verlehnt hatte und dies auch für den Sohn, den Schultheißen Theodor Josef Baur und seine Frau Johanna geborene Stoll gelte. Damals scheint die Mühle beschädigt gewesen zu sein, denn den Pächtern wird auch die »Auferbauung« vertraglich auferlegt. Wie beim Anteil Kesselstatt hatte die Familie von Lontzen ihre Hälfte als kurfürstliches Mannlehen erhalten. Auch die Pachtbedingungen waren die gleichen wie beim kurfürstlichen Teil. Als 1709 Dietrich Josef Baur starb, ging die Mühle in Erbpacht auf seinen Sohn Peter Christoph Baur über; auf den Lehensbrief von 1691 wurde ausdrücklich verwiesen. Peter Christoph Baur war Amtsschreiber in Daun und blieb unverheiratet, oder wie es in einer Urkunde von 1764 ausgedrückt wird: »los ledig« und verstarb 1758 ohne leibliche Erben. Damit begann ein jahrelanger Kampf um die Erbpacht der »Borbachsmühle« zwischen den Erben Baur und dem Dauner Amtskellner Emmerich Josef Bolen, der Zweifel anmeldete, ob die bisherigen Verlehnungen ordnungsgemäß und rechtzeitig erfolgt seien und bei den Sterbefällen die jeweilige Kurmuth entrichtet wurde. Aufgrund der langjährigen ununterbrochenen Erbpacht der Familie Baur konnte urkundlich der Nachweis erbracht werden, dass alle bisherigen Belehnungen rechtmäßig waren und es sich um ein Erblehen handelte, auf das die Nachfahren Baur einen Rechtsanspruch hatten. Johann Bernhard Baur und Miterben gewannen die rechtliche Auseinandersetzung, die auch scheinbar von persönlichen Interessen des Amtskellners Bolen geprägt war. Es wurde vereinbart, dass eine eventuell noch ausstehende Kurmuth nachgezahlt werden sollte. Am 13. 12. 1764 bestätigt Johann Claudius de Lahsan, kurtrierischer Revisionsrat, im Namen des Marquis von Roben, dass die Mühle in Erbpacht Johann Müller und seiner Frau Maria Judith und deren Nachkommen verliehen wurde. Johann Müller war Dauner Gerichtsscheffe, seine Frau Maria Judith stammte aus der Familie Baur und war eine Nichte des verstorbenen Christoph Baur. Die Jahrespacht betrug immer noch 15 Fass Korn und 1 1/2 Fass Breimehl. 1774 wurde als »Beständer« der Mühle die Witwe Maria Judith Müller in den Kellerei-Rechnungen verzeichnet.

Witwe Müller wird die Mühle nicht selbst bewirtschaftet, sondern wahrscheinlich einen Müller angestellt haben. 1787 wohnte auf der

Die Bauernmühle 1935, vom Borbachtal aus. Rechts der Mühlenteich, in dem das Wasser des Borbachs gestaut wurde. Über den Wasserkanal floss das Wasser aufs Rad oder die Turbine.

Foto: Archiv der Verbandsgemeinde Daun

Mühle die Familie Nikolaus Borns, vermutlich der damalige Müller. Wie lange die Familie Baur oder deren Nachkommen die Mühle in Besitz hatten, ist nicht mehr nachweisbar. Als kurfürstlicher Besitz fand die Mühle wahrscheinlich - wie so viele Besitztümer - im Zuge der Säkularisation {= Enteignung der kirchlichen Güter) nach 1800 einen neuen Eigentümer. Der jetzige Eigentümer Hans Schreiner berichtete von einer Urkunde, nach der Napoleon die Mühle einer belgischen Gräfin als Geschenk übereignet habe.

Das Kessel statt'sehe Vermächtnis

15 Fass Korn und 1 1/2 Fass Hafermehl erhielten die Freiherrn von Kesselstatt als ihren 1/2-Anteil an der Mühlenpacht. Seit 1660 stand der Pfarrei Daun aufgrund eines »Legatums« (= Vermächtnis) der Freiherrn von Kesselstatt acht Fass Korn zu, die für «die Armen der Pfarre Daun« verwendet werden sollten. Jährlich an Martinstag musste der jeweilige Mühlenpächter das Mehl im Pfarrhaus abliefern, aus dem dann Brot gebacken und an die Bedürftigen verteilt wurde. Mehrfach wird in den folgenden Belehnungsurkunden auf dieses Vermächtnis hingewiesen und vom »Spinbrot« gesprochen. Würde man das Wort heute mit "Spendenbrot" übersetzen?

1726 bescheinigte der damalige Pfarrer Neuendorf, dass in den letzten dreißig Jahren, in denen er Pfarrer in Daun sei, das Vermächtnis erfüllt und die Familie Baur pünktlich das Korn geliefert habe. Später mussten Amtsverwalter Christian Hamann und Amtskellner Bolen Druck ausüben, damit die Mühlenpacht an Kirche und Kellnerei geliefert wurde. Grund für die Weigerung war, dass viele Bauern, obwohl dazu verpflichtet, nicht auf der Borbachsmühle mahlen ließen. Wenn Mahlgäste ausblieben, fehlten die Einnahmen und die Darscheider Mühle war als Konkurrent seit 1710 dazugekommen.

Der Dauner Mühlenbann

Der Kurfürst bannte seine Dörfer auf bestimmte Mühlen, er schrieb also vor, auf welcher Mühle die Untertanen mahlen lassen mussten. Durch diese Festlegung konnte der Kurfürst sich eine weitere Einnahme erschließen, denn er verlangte vorn Müller neben der Pacht eine Abgabe auf den »Bann". Die Mühlenbannung führte häufig zu Streit, weil manche Mühle wegen Wasserknappheit nicht immer mahlen konnte und die Qualität des Mehls von Mühle zu Mühle unterschiedlich war. So waren natürlich viele Bauern versucht, bei dem Müller ihrer Wahl mahlen zu lassen.

Auch die Dauner Mühlen kämpften ständig um ihre Mahlgäste und Einnahmen. 1663 legte der Amtskellner Ludwig Bolen fest, dass die Dorfschaften Darscheid und Gemünden auf die »Borbachsmühle« und Hörscheid und Bove-rath auf die unterhalb der Dauner Burg gelegene »Hamanns-Mühle» - später »Bolensmühle« - mahlen lassen mussten. Für den Fall der Nichtbeachtung wurden empfindliche Strafen angedroht. Für jeden Verstoß der Untertanen wurden zwei Goldgulden, den Müllern, die außerhalb ihrer Bannung Mahlgäste bedienten, sogar sechs Goldgulden "Herrenstraf« angedroht und vollstreckt. 1664 wurde der Weiersbacher Müller mit einer Strafe von sechs Goldgulden belegt, weil er einem Gemündener mahlte. Viel geholfen haben die Androhungen und Strafen wohl nicht, denn auch in den Folgejahren suchten die Gemündener häufig die Weiersbacher Mühle, die Darscheider die Mühle in Nerdlen auf. Auch in Mehren, Rengen und Schönbach nahmen die Mühlen fremde Mahlgäste an. Manchmal lockten die Müller fremde Mahlgäste mit einer günstigen Molter, der Naturalabgabe für ihre Arbeit. Der Streit zwischen den Darscheidern und dem Müller der Borbachsmühle war ein Dauerthema. Amtskellner und Amtmann mussten ständig die Darscheider ermahnen, den Mühlenbann zu beachten. Nachdem mehrere Strafandrohungen nicht gefruchtet hatten und das Versprechen des Darscheider Zenders und Bürgermeisters nicht eingehalten wurde, auf fremden Mühlen nicht mehr mahlen zu lassen, wurde durch den Amtskellner ein Pferd in Darscheid gepfändet, weil die Betroffenen die Strafe nicht zahlen konnten oder wollten. Das Pferd wurde erst wieder herausgegeben, als die Darscheider Bewohner für entgangene Molter (Mahllohn) an den Borbachsmüller Baur ein Fass Korn und ein Fass Hafer geliefert hatten. Außerdem durfte der Dauner Müller ab Mai zwei Rinder in Darscheid auf Gemeindeeigentum weiden lassen.

Dennoch hielten die Beschwerden der Darscheider Bürger an und waren auch berechtigt. Ihre Bannung auf eine weit entfernte Mühle empfanden sie als ungerecht. Die Mühle unterhalb der Dauner Burg lag viel näher, dennoch mussten sie zwei Kilometer weiter bis fast nach Gemünden fahren. Mit großem Nachdruck forderten sie eine eigene Mühle, die auch durch den Kurfürsten genehmigt und 1710 errichtet werden konnte. Damit endete für die Darscheider die Bannung auf die Borbachsmühle; die Familie Baur wurde aber von der Abgabe für den »Bann" befreit.

Die Hörscheider waren 1768 noch auf die Dauner »Bolensmühle« gebannt, wie eine massive Beschwerde der Dorfbewohner zeigt. Als Begründung führten sie aus, dass die Mühle im Winter bei Frost und im Sommer wegen Wassermangel nicht mahle und der Müller selbst auf andere Mühlen fahren müsse, um Mehl für den Eigenbedarf zu haben. Eine Änderung erfolgte jedoch nicht.

Auf welche Mühle waren die Dauner Bürger gebannt? Aus den Unterlagen ist nichts ersichtlich, so dass angenommen werden kann, dass sie Mühlenfreiheit genossen, also auf einer Mühle ihrer Wahl mahlen lassen konnten. Weshalb das Dorf Gemünden auf die »Borbachsmühle" gebannt war, obwohl in Gemünden selbst eine Mühle vorhanden war, lässt zwei Schlüsse zu. Entweder war die Mühle in Gemünden nicht in Betrieb oder aber nur der kurtrierische Teil des Dorfes war auf die Borbachsmühle gebannt.

190 Jahre im Besitz der Familie Schreiner

Im Jahre 1804 kam der Ur-Ur-Großvater des jetzigen Eigentümers Hans Schreiner als Pächter auf die Borbachsmühle. Er heiratete ein Jahr später Maria-Theresia Blum aus Neunkirchen; aus dieser Ehe gingen fünf Kinder hervor. 1807 kaufte Peter Schreiner die Mühle von einer belgischen Gräfin. Nachfolger wurde sein Sohn Nikolaus, der die Mühle wiederum an seinen Sohn Johann übergab. Der letzte Müller, der die Mühle noch voll betrieb, war der Vater des heutigen Eigentümers Nikolaus Schreiner. Hans Schreiner, in dessen Eigentum heute das frühere Mühlenanwesen ist, erlernte von 1936 bis 1939 das Handwerk eines Müllers. Das Wasserrad war 1928 bereits einer Turbine gewichen. Bis 1939 trieb das Wasser des Borbachs, der in der Senke unterhalb des Weinfelder Maares entspringt, die Mühlsteine. Oberhalb der Mühle war ein kleiner See angestaut, um das Mühlrad oder die Turbine ausreichend mit Wasser versorgen zu können. Die Landwirtschaft, die neben der Mühle Erwerbsgrundlage war, wurde sogar noch bis zum Jahre 1952 betrieben. Die ehemalige Mühle wurde im Laufe der Zeit in einen Getränkegroßhandel umgestaltet. Heute findet man auf der Bauernmühle, die annähernd 200 Jahre im Besitz der Familie Schreiner ist, das Getreide »Korn« nur noch in Form hochprozentiger Getränke oder die »Gerste« als Gerstensaft in vielfältigen Biersorten.

Quellen

Akten LHA KO -1 c 18383

1 c 3075

1 c 5803

Akten Pfarrarchiv Daun

August Meyer --Bauernmühle- und "Herrenmühle-zu Daurn-in Eifeljahrbuch 1966

Wilhelm Hörsch - Beschreibung des pfarrbezirks Daun-1877

Johann Dün. - Urkundenbuch der Familie von Dune - Köln. 1909

F. Wißkirchen - Die Holzmühle - Kreisjahrbuch 1991