Der Strom kommt!

Wanderausstellung im Eisenmuseum Jünkerath

Franz Josef Ferber. Daun

»Das Thema ist im wahrsten Sinne des Wortes spannend-. So schrieb Klaus Ring, Kulturreferent des Kreises Euskirchen und Leiter des Kreismuseums in Blankenheim. Er muss es wissen, denn er hat sich in den letzten Jahren mit dieser Thematik intensiv befasst. Genauer gesagt: Er war Hauptinitiator und Redaktionsleiter der vierten großen Wanderausstellung des Arbeitskreises Eifeler Museen, dessen Mitbegründer und Vorsitzender er ist. Der Arbeitskreis Eifeler Museen (AEM), ein Zusammenschluss von Museen der Eifel- und Moselregion aus Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, machte zwei Jahre nach seiner Gründung erstmals von sich reden mit der Wanderausstellung -Notjahre der Eifel 1944-49«, die in den Jahren 1983 bis 1985 an 11 Orten - unter anderem im Kreishaus in Daun - gezeigt wurde und über 40000 Besucher anzog. In den Jahren 1986 bis 1989 schloss sich die Ausstellung »Dünnbeinig mit krummem Hörn. Die Geschichte der Eifeler Kuh oder der lange Weg zum Butterberg« an. Sie wurde an insgesamt 12 verschiedenen Ausstellungsorten - auch im Gerolsteiner Rathaus - präsentiert und fand in der Bevölkerung hohe Beachtung. Dasselbe gilt für die nachfolgende dritte Wanderausstellung »Tafel, Griffel, Rutenstock. 150 Jahre Eifeler Volksschulleben" (1989 bis 1992), die, was den Kreis Daun betrifft, in der Kreisverwaltung zu sehen war. Nun wandte sich der Arbeitskreis einem Gebiet zu, das bisher in dieser Form noch nicht aufgearbeitet wurde. Diesmal war ein technikgeschichtliches Thema an der Reihe. Die Geschichte der Elektrifizierung des Eifel- und Moselraumes ist Gegenstand der vierten gemeinsamen Wanderausstellung. »Der Strom kommt!« lautet ihr Titel. Mit diesem Ruf wurde in den Jahrzehnten von 1890 bis 1930 überall im Lande zwischen Aachen, Köln, Koblenz und Trier der Beginn des technischen Zeitalters angekündigt. Eine neue Energie begann die ländliche Arbeitswelt und das häusliche Leben zu verändern. Einzelne «Pioniere" wie zum Beispiel Henri Tudor in Rosport, Claus Molitor und Wilhelm Feuser in Eichelhütte oder Heinrich Geist in Treis-Karden verhalfen der Eifel und dem Moselraum zu einem frühen Anschluss an die technologische Entwicklung in Mitteleuropa. Es ist kein Geheimnis, dass dieser Raum seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in den meisten anderen Bereichen den Nachbarregionen hinterherhinkte, im preußischen Staat gar als "Entwicklungsgebiet« galt. Bei der Elektrizität dagegen war es anders. Der Wasserreichtum der Eifel inspirierte einzelne Tüftler, kleinformatige Stromgewinnungsanlagen zu bauen, die sich etablierende Energieerzeugungsindustrie erkannte und nutzte die Vorteile von Topographie und Klima für die Strorngewinnung. Talsperren und Elektrizitätswerke wurden gebaut. Nach und nach ist der ländliche Raum flächendeckend mit Strom versorgt worden. In den 1920er Jahren mussten sich zahlreiche Kommunen verschulden, um die hohen Anschlusskosten für die Stromversorgung tragen zu können.

Aus der Geschichte der Stromversorgung im Kreis Daun

Wie in anderen Gegenden der Eifel, so waren es im Kreis Daun hauptsächlich Müller, die erstmals elektrischen Strom erzeugten, für den eigenen Bedarf, aber auch für benachbarte Häuser und Orte. Beispielhaft seien die Nerother und die Pelmer Mühle genannt. Von den ersten Versuchen bis zur flächendeckenden Stromversorgung war es jedoch ein weiter und steiniger Weg. Er dauerte ungefähr vierzig Jahre.

Im Jahre 1919 war's, als im Kreis Daun mit den Vorarbeiten zur Elektrizitätsversorgung begonnen wurde. Am 21. 9. 1921 wurde das Kreisprojekt für die Versorgung von 80 Gemeinden der »Rheinelektra« übertragen. Beim Aufbau der Stromnetze traten erhebliche finanzielle Schwierigkeiten auf. Sie wurden dadurch verursacht, dass die Geldentwertung die ursprünglich kalkulierten Kosten explosionsartig ansteigen ließ. 1925 waren die Arbeiten weitgehend getan, das Keisgebiet mit elektrischem Strom versorgt.

Auch danach sah es mit dem Geld nicht rosig aus. In der umfangreichen »ACTA betreffend Kreiselektrizitätsamt« steht geschrieben, dass der Kreis Daun (und nicht nur er allein) mit der »Verteilung von Defiziten« geplagt war. Und der Prümer Landrat beispielsweise schrieb am 25. Mai 1929 an seinen Dauner Kollegen einen Brief. Darin beklagte er, daß die »unerquickliche Situation, die Jahr für Jahr durch die Verteilung des fraglichen Defizits auf drei Kreise verteilt (Anmerkung: Es ging um die gemeinsamen Kosten der Stromversorgung der Kreise Adenau, Daun und Prüm) keinem der beteiligten Landräte viel Freude macht...« Es musste also an allen Ecken und Enden massiv gespart werden. Zum Beispiel sah sich der Kreisausschuss am 23. Oktober 1931 veranlasst, zu beschließen, dass die »Opel-Limousine« bis zum kommenden Frühjahr abzumelden ist, die »Adler-Limousine« nicht mehr wie bisher in Anspruch genommen werden darf und ein Chauffeur eingespart werden muss. Auch bei den Löhnen wurde gespart. 1932 verdienten Elektromonteure pro Stunde zwischen 54 und 64 Reichspfennige. Ab 1. August 1933 wurden die Spesen auf täglich 75 Pfennige herabgesetzt. Dies veranlasste einen Monteur aus Daun, dem Landrat einen Brief zu schreiben, um ihn zu fragen, wie er mit netto 22,06 Reichsmark in der Woche seine fünfköpfige Familie ernähren soll. Ob der Herr Landrat es ihm gesagt hat, weiß man nicht, jedenfalls ist in dem dicken Aktenbündel hierüber nichts vermerkt. Zu Beginn der 1930er Jahre muss die Finanzlage des Kreises Daun so desolat gewesen sein, dass die Preußische Staatsbank In Berlin dem Kreis aus dem Staatsdarlehen von 200.000 Reichsmark die Restschuld von 142.032,80 RM erlassen hat. Allerdings musste der Kreis eine Ablösesumme von 36.000 RM zahlen.

Klaus Ring (Mitte) führt durch die Ausstellung. Von links: Landrat Albert Nell, Erwin Holzer und Franz Josef Ferber. Foto: Heinz-Peter Hoffmann, Kreisverwaltung Daun

Zu dieser bedrückenden Situation gibt es sogar etwas Positives zu berichten, nämlich, dass man sich beim Kreiselektrizitätsamt Gedanken machte über die Architektur der Transformatorenhäuschen; sie sollten nicht alle gleich aussehen. Diese Vorschläge jedoch passten dem Kreis bau meiste r nicht. Deshalb schrieb er dem Landrat, daß derartige Bauten so einfach und so billig wie möglich gehalten werden müssten. Die Transformatorenstationen im »reichen Kreis Düren«, auf die das Kreiseleklrizitätsamt immer hinweise, kämen für einen armen Eifelkreis nicht in Frage; sie seien zu teuer, nicht schön, und wegen ihres Aussehens wisse man noch nicht einmal, welchem Zweck sie dienten. Später -1936 - verkaufte der Kreis Daun seine Stromversorgungsanlagen dem RWE.

Ausstellung im Jünkerather Eisenmuseum

Vom 16. September bis 17. November 1996 machte die Wanderausstellung Station im Kreis Daun, im Eisenmuseum in Jünkerafh. Es war (nach der Eröffnung im Kreismuseum Blankenheim) ihre zweite, zugleich ihre erste Station in Rheinland-Pfalz. Landrat Albert Nell hatte zur Ausstellungseröffnung am 16. 9. zahlreiche Gaste eingeladen, viele waren gekommen. Die lange Reise der Stromversorgung in der Eifel nachzuzeichnen, so lobte der Landrat, sei eine Aufgabe, die der Arbeitskreis bestens gelöst habe. Klaus Ring erklärte die Ausstellung. Er blickte hundert Jahre zurück und erinnerte daran, dass die Eifel bei der Versorgung mit elektrischem Strom alles andere als rückständig war. Die Ausstellungsstücke sind außergewöhnlich vielfältig, nicht wenige muten heute kurios an, zum Beispiel der riesengroße Tauchsieder zur Erwärmung des Badewassers. Am Ende der Ausstellung konnte eine stattliche Besucherzahl registriert werden: 1024. Fachmännisch betreut wurde die Präsentation von Erwin Holzer, dem engagierten ehrenamtlichen Mitarbeiter des Eisenmuseums.

Buch zur Ausstellung

Wie bei allen früheren Wanderausstellungen, so ist auch zu dieser Ausstellung ein Begleitband erschienen. Er umfasst 564 Seiten, ist stark bebildert und beinhaltet nicht nur Elektrotechnikgeschichte, sondern auch interessante sozial- und alltagsgeschichtliche Themen. Von ihm sagt Klaus Ring, dass die Leute ihn mit Vergnügen lesen können, ohne von langen wissenschaftlichen Passagen abgeschreckt zu werden. Kurz und gut: Der Ausstellungsbegleitband ist ein Heimatbuch für jedermann; er ist in den Ausstellungen und im Buchhandel erhältlich.

Quallen

''Der Strom kommti'' Begleitbuch zur gleichnamigen Wanderausstellung des Arbeitskreises Eifel er Museen, erschienen bei Warlich-Druck, Meckenheim 1996;

Presseinformation von Museumsleiter Klaus Ring. Blankenhelm; Akte der Kreisverwaltung Dann (Das Elektruitatsamt).