Seit 455 Jahren Ort der Anbetung

Thekla Heinzen, Feusdorf

»Ein Haus voll Glorie schauet weit über alles Land.« Der Text dieses alten, noch immer gern gesungenen Kirchenliedes trifft, wörtlich genommen, wohl nicht so ganz auf die kleine Filialkirche in Feusdorf zu; sie steht eher bescheiden in der Reihe der benachbarten Wohnhäuser. Nur der mit einem schlichten Kreuz geschmückte Turm erhebt sich etwas über diese hinaus. Die zwei Glocken, die er beherbergt, laden mit ihrem Geläut ein zu Gebet und Gottesdienst, oder sie geben einem müden Erdenpilger das Geleit zu seiner letzten Ruhestätte auf dem waldumsäumten Friedhof des etwa 560 Seelen zählenden Ortes. Wenn man den Ursprung und das Alter des ehrwürdigen Gotteshauses näher betrachtet, kann man in diesem Jahr sogar von einem Jubiläum

sprechen. Urkundlich erstmals erwähnt wurde es im Jahre 1543, vor also genau 455 Jahren, unter dem Namen »Servatiuskapelle«. Auch heute noch ist der hl. Servatius der Schutzpatron dieser Kirche. Er war Bischof von Tongern und wird heute noch, besonders in West- und Südeuropa, als einer der drei Eisheiligen verehrt. Zu seinen Lebzeiten kämpfte er mit großem Eifer gegen die arianische Irrlehre und Ketzerei.

Ein weiterer Schutzpatron ist der hl. Germanus, einst Bischof von Paris. Dargestellt wird er in bischöflicher Kleidung mit einem Kind auf dem Arm. Er wird um Hilfe angerufen für kranke Kinder. In der mündlichen Überlieferung spricht man sogar davon, daß besorgte Eltern hier in dieser Kapelle beim hl. Germanus ihr Anliegen vorgetragen haben. Reliquien von ihm erhielt die Kapelle im Jahre 1687, und 1775 wurde ihm zu Ehren ein Altar errichtet. Es ist heute der linke Seitenaltar.

Der rechte Seitenaltar stammt ebenfalls aus der Renaissancezeit und zeigt die Gottesmutter Maria mit dem Jesuskind. Der Hauptaltar stammt aus dem Jahre 1776 und zeigt die hl.. Maria Magdalena, die Büßerin, im Mittelteil des Altares vor einer Felsenlandschaft. Rechts und links davon sind die kleinen Statuen der Mutter Gottes und des hl. Johannes. Im Jahre 1848 wurde die Kapelle durch einen Blitzschlag zerstört. Im gleichen Jahr, vor also 150 Jahren, wurde sie wieder aufgebaut. Die Feuerversicherung zahlte damals einen Zuschuss von 3 000 Talern.

Eine Besonderheit der Kirche ist in der Vorhalle zu sehen, ein aus dem 15. Jahrhundert stammendes, gusseisernes Grabkreuz, welches noch vor der Entstehung des Jünkerather Eisenwerkes in einem Eifeler Betrieb von Hand gefertigt wurde. In früherer Zeit wurde dieses Kreuz übergangsweise auf das letzte Erwachsenengrab gestellt. Zwei weitere Kreuze mit besonderer Bedeutung befinden sich an der Außenwand der Kirche. Beide sind aus Sandstein. Eines davon ist ein sogenanntes Pestkreuz Ungewissen Entstehungsdatums.

Das andere ist der Grabstein des Augustiner-Laienbruders Wendelinus Hoevel, datiert vom Jahre 1821. Der Volksmund berichtet, dass dieser Geistliche eine Zeitlang hier im Ort versteckt gehalten wurde. Vor wem oder vor was er auf der Flucht war, weiß heute niemand mehr zu sagen.

Zu Beginn des Jahres 1968 wurde ein bedeutsamer Beschluss gefasst. Die Feusdorfer Kapelle sollte erweitert werden. Nur der unter Denkmalschutz stehende gotische Altarraum aus dem 17. Jahrhundert blieb in seiner ursprünglichen Form erhalten.

Eine Woche vor Maibeginn wurde das alte Kapellchen abgerissen. Für das Bauvorhaben war eine Gesamtsumme von 180000 DM veranschlagt. Etwa 40 000 DM spendete die Dorfbevölkerung.

Auch aus Veranstaltungen der Vereine flössen Gelder dem Kirchenbaufond zu. Musikverein, Sportverein und Feuerwehr starteten manche Veranstaltung zugunsten des Kirchenneubaus. Bei der Einweihungsfeier lobte der damalige Pastor Opperskalski die Spendenfreudigkeit der Gemeinde und der öffentlichen Hand. Er dankte für finanzielle Hilfen aus Mainz, vom Generalvikariat, vom Kreisausschuss und viele private Spenden, die zum Teil von Gläubigen erbracht wurden, die gar nicht zur Gemeinde Feusdorf gehörten.

Am 12. April 1970, nach fast zweijähriger Bauzeit, war die feierliche Einweihung der neuen Kapelle durch Dechant Neumeyer aus Stadtkyll. Die heilige Messe zelebrierten mit ihm Pastor Opperskalski, Pastor Latzke und Pastor Kappel aus Hillesheim unter großer Anteilnahme der Bevölkerung und zahlreicher Ehrengäste. Das neue Gotteshaus mit seinen 130 Sitzplätzen konnte die Schar der Gläubigen kaum fassen. Musikalisch umrahmt wurde die schöne Feier vom hiesigen Musikverein »Harmonie«. Es war ein denkwürdiger Tag für den kleinen Eifelort Feusdorf.

Im Laufe der folgenden Jahre wurden die drei Altäre der Kapelle gemeinsam mit denen der Pfarrkirche in Esch restauriert und das alte Harmonium durch eine Elektronik-Orgel, ebenfalls eine Spende, ersetzt.

Viele kleine und große Feiern und Gottesdienste haben die Gläubigen im Laufe der Jahrhunderte im kleinen Gotteshaus erlebt. Mit seiner leicht überschaubaren Größe und anheimelnder Atmosphäre lädt es ein zum Gebet, zum Innehalten und Stillwerden. Meinen Bericht möchte ich mit dem Schlussvers des zu Beginn zitierten Kirchenliedes beenden: »O lass im Hause dein uns all geborgen sein.«