Vom Steinbruch zum Naturschutzgebiet
Zur Geschichte Steinebergs
Alois Mayer, Daun
Die Vulkaneifel ist arm an Bodenschätzen. Das wenige, das der karge Boden hergibt, sind Geschenke der Vulkanzeit; verbrannte Aschen (Lava), erkaltetes Magma (Basalt) und kohlensäurehaltige Wasserquellen (Drees und Mineralquellen, Sprudel). Erst um die letzte Jahrhundertwende begann der Eifeler, diese »Bodenschätze« in größerem Maße zu nutzen und aus ihnen Verdienstmöglichkeiten zu schaffen. Dazu bot sich auch der massive Basaltkegel »Steineberger Ley« mit seinen Gesteinsvorkommen an. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg begann an der Nordseite der Steineberger Ley ein Steinbruchbetrieb mit der Gewinnung und Verarbeitung des Grundgesteins. Doch in den kommenden Jahrzehnten schob sich die Abbruchkante immer näher an den historisch bedeutsamen Ringwall heran. Erste Zerstörungen setzten ein. Bereits während des Ersten Krieges wiesen geschichts- und heimatbewusste Forscher auf die Gefährdung jenes Kulturdenkmals hin (siehe E. Krüger, Trierer Jahresbericht 10/11,1917/18, Beilage 31). Die Appelle und Berichte rüttelten politisch Verantwortliche auf und führten zu einer Unterschutzstellung der »Steineberger Ley«. Aber sie beinhaltete noch nicht ein Verbot des Basaltabbaus im nördlichen Teil. Aus der sich immer mehr erbreiternden Grube wurde Basalt gewonnen, begehrtes Material zum Ausbau von Straßen und bedingt durch den Westwallbau auch für kriegerische Anlagen.
Basalt und Zins
Nach einer Aufstellung des Unternehmers Jakob Schmilz aus Darscheid, der diesen Steinbruch schon vor dem Zweiten Weltkrieg in Pacht hatte, erzielte die Gemeinde Steineberg in den Jahren 1938 bis 1948 14 512,64 Mark an Bruchzins und Gewerbesteuern. Für uns Heutige sicherlich keine allzu großen Einnahmen, für die damalige Zeit mit ihren enormen wirtschaftlichen Engpässen allerdings ganz bedeutende Finanzquellen, um die Steineberg schon von anderen Gemeinden beneidet wurde. Nach dem Krieg konzentrierten sich alle Kräfte auf den Wiederaufbau des zerstörten Deutschlands. Arbeitsplätze und Basaltsteine waren gesucht, erschienen wichtiger als natur- und landschaftsschützerische Maßnahmen. So begann der kleine Steinbruchbetrieb am Nordhang der Ley erneut mit seinem Abbau. Und wiederum protestierten das Trierer Landesmuseum, Natur- und Denkmalschutzbehörden. Ein reger Schriftwechsel setzte ein. Zahlreiche Verhandlungen zwischen dem Steineberger Gemeinderat, dem Dauner Landratsamt und dem Unternehmer zogen sich über Jahre hin. Diskussionen erhitzten Gemüter, führten zu Spannungen und Streit zwischen einzelnen Bürgern und politischen Gremien. Leidenschaftliche Appelle konzentrierten sich um die Kernfragen: Was ist wichtiger, Arbeitsplätze und Verdienst oder Natur- und Denkmalschutz, Abwanderung von Arbeitskräften oder Schaffung einer heimischen Industrie? Die Lösung dieser Fragen war für Steineberg von existentieller Bedeutung (ist es heute noch für viele Gemeinden der Eitel).
So wurden in den Jahren 1948 bis 1955 nahezu 70000 to Steinmaterial entnommen, für das die Gemeinde Steineberg über 33 000 DM Bruchzins erhielt.
Das Jahr 1952 wurde zu einem ganz entscheidenden Termin, der das Ende des Steineberger Steinbruchs anzeigte. Zum einen lief der Vertrag zwischen der Gemeinde Steineberg und dem Steinbruchunternehmer aus und zum anderen war der Basaltabbau auch an die Grenze des unter Natur- und Denkmalschutz stehenden Ringwalles gekommen. Die Gemeinde beantragte eine Sondergenehmigung, um weitere Teile des Berges für den Abbau freigeben zu dürfen.
Dagegen wehrte sich die Obere Naturschutzbehörde bei der Bezirksregierung Trier. Das Ende des Steinbruchs schien nahe. Verzweifelt wehrte sich der Gemeinderat Steineberg gegen die beabsichtigte Schließung, die viele Steinbrucharbeiter arbeitslos gemacht und für den Gemeindehaushalt empfindliche finanzielle Einbußen bedeutet hätte. Sie verfasste 1952 eine Resolution, die sich bittend an verantwortliche Politiker des Landes Rheinland-Pfalz und der Bundesrepublik wandte, denn sie -...fühlt sich verpflichtet. Schritte zur Existenzsicherung und zur Wahrnehmung der öffentlichen Interessen zu unternehmen. Wenn auch der ideelle Wert der >Steineberger Ley< an sich nicht verkannt wird, so kann doch weder die Gemeinde noch die Arbeitsbevölkerung Verständnis dafür aufbringen, wenn in einem landwirtschaftlichen Notstandsgebiet die Naturschutzbelange über die Existenzfrage gestellt werden-.
Diese Resolution und die öffentlich geführten Debatten bewegten auch die breite Öffentlichkeit. Zahlreiche Presseartikel und leidenschaftlich Pro- und Contra-Leserbriefe beschäftigten sich mit dem Steineberger Problem, ebenso der Eifelverein bei seiner Hauptvorstandssitzung im März 1953 in Kaisersesch. Der Vorsitzende der Gillenfelder Eifelvereins-Ortsgruppe Nohn, der als Amtsbürgermeister die Nöte der Bevölkerung Steinebergs besonders gut kannte, schilderte die wirtschaftliche Lage der Gemeinde. Der Eifelverein kam letztlich zu der Überzeugung, daß die Gewinnung des dort vorhandenen Basaltgesteins nicht unterbunden werden soll. Der mit der Ausbeutung beschäftigte Besitzer hat auch keinesfalls die Absicht, die Naturschönheiten zu beseitigen. Man will dem Gedanken des Eifelvereins nachkommen und nicht nur die Natur schützen, sondern auch den wirtschaftlichen Belangen der Eifelbevölkerung Rechnung tragen. Stets stand die Sorge um den arbeitenden Menschen mit im Vordergrund, und das bedeutete für den kleinen Betrieb in Steineberg rund 30 Arbeiter, deren durchschnittlicher Monatsverdienst 1955 bei 241,50 DM lag. Jedoch kann dies nicht als alleiniger Maßstab genommen werden, da viele Arbeiter täglich nur fünf bis sechs Stunden arbeiteten und die übrige Zeit in ihrer Landwirtschaft beschäftigt waren. Der Monatsverdienst eines Arbeitnehmers bei voller Arbeitszeit lag zwischen 350,00 und 490,00 DM.
Bei einer damaligen monatlichen Arbeitsstundenzahl von 200 Stunden und einem Monatsverdienst von 400,00 DM betrug demnach 1955 der Stundenlohn 2,00 DM. Ein im Vergleich zu anderen Stundenlöhnen höherer Wert.
Stellt man nur die Gesamtleistungen aus dem Steinbruch der Jahre 1953 bis 1955 zusammen, so ergeben sich:
Durchschnitts-Jahreslohn 64 228,- DM
Leistungen an die Gemeinde Steineberg
Bruchzins: Jährlicher Durchschnittsbetrag 7 701,- DM Naturalleistungen: Jährlicher Durchschnitt 2 208,- DM Gewerbesteuer: Jährlicher Durchschnitt 634,- DM Demnach lag der volkswirtschaftliche Wert des Betriebes jährlich bei 74 771,- DM. Gegenüber den in der Tat berechtigten Interessen der Gemeinde Steineberg auf Nutzung des Steinbruches standen aber die ebenfalls berechtigten Interessen sämtlicher Naturschutzbehörden und -Vereinigungen. Zahlreiche Gremien und Naturschutzfreunde schalteten sich in die öffentlich geführten Diskussionen ein, unter anderem auch der Präsident des »Deutschen Naturschutzringes« Prof. Dr. Hans Krieg, der die offizielle Meinung vertrat, dass zum einen der für den Straßenbau benötigte Basalt-Schotter auch aus schon bestehenden Brüchen der weiteren Umgebung gewonnen werden könnte und zum anderen auf gar keinen Fall die Einmaligkeit des vorchristlichen Ringwalles als "einzigartiges Natur- und Kulturdenkmal unseres Vaterlandes geopfert« werden dürfte.
Das Ergebnis der öffentlichen Appelle und der Resolution hatten aufschiebenden Erfolg; in der bestehenden Grube, aber nicht in dem südlichen Teil des Ringwalles, durfte weiter abgebaut werden.
Der letzte Pächter
1967 zeigte die Firma Basaltwerk Höchstberg Kaspers & Schnorpfeil GmbH Treis-Karden, Pacht Interesse. Es kam zu einem vorläufigen Vertragsabschluß, der erst bei Zustimmungserteilung der oberen Straßenbehörde rechtswirksam werden sollte. Mehrere angeforderte Gutachten kamen aber zu der Erkenntnis, dass das abgebaute Material durch Verwitterung und Sonnenbrände für den Straßenbau nicht geeignet ist. Damit war das Ende des Steineberger Steinbruches besiegelt.
Umwelt- und Naturschutz
Nahezu siebzig Jahre waren seit Beginn des Steinbruches an der Ley ins Land geschritten. Er brachte vielen Familien guten Verdienst und dem »Gemeindesäckel« enorme Einnahmen; er brachte aber auch Unruhe und Wirren, politische Aufregungen und behördlichen Streit. Nun setzten die Renaturierungsmaßnahmen und Bestrebungen ein, den Steinbruch und das sich langsam entwickelnde Feuchtbiotop in einer Größe von 0,5 ha für Amphibien, Libellen und andere feuchtbiotopabhängige Tierarten zu erhalten und unter Naturschutz stellen zu lassen. So beantragte die Kreisverwaltung Daun 1976 Landeszuschüsse »zur Sicherung des in dem stillgelegten Lavabruch entstandenen Feuchtbiotops«. Für über 66 000 DM wurden Rekultivierungsmaßnahmen ausgeführt. 1983 wurde die Steineberger Ley zum offiziellen und damit geschützten Naturdenkmal erklärt. Heute knallt und rattert, staubt und lärmt es nicht mehr im Bruch. Die Natur erobert sich nach und nach die brachliegenden Felswände zurück, bildet herrliche Biotope, ein El Dorado für Pflanzen und Tiere.