Die schönen Wilden

Marianne Schönberg, Jünkerath

Wenn die Barbarazweige verblüht sind, der Winter noch immer das Land im Griff hält, sein Grau und Weiß das Umfeld bedeckt; dann sehnt man sich nach Grün. Spätestens im Februar werden Mandelbäumchen und Forsythia unters Messer genommen, vorsichtig, aber einige Ästchen müssen mit ins Haus, kommen in die Vase und nach wenigen Tagen leuchten farbige Blüten-Sternchen, erste Grüße vom Frühling. Das tut so gut.

Freunde aus dem Rheintal überraschten uns mit Forsythienzweigen aus ihrem Hausgarten, voll erblühten. Die biologischen Uhren gehen dort ein wenig anders, das Gelb war uns ein Geschenk.

Doch etwas störte am Gebinde. Die Rispen standen steif und starr im Gefäß, als hätten sie den Frost noch in den Stengeln -Gartenware, schlank, ohne Makel; leider auch ohne Ausstrahlung. Anfangs wusste ich nicht, was mich am Gesteck störte, bis Tage später ein Nachbar kam, den Arm voller wildverschlungener wintergrauer Ranken. Der Bagger habe einen Strauch an der Straße umgefahren und das alles lag am Boden, ob wir's nicht in eine Vase stellen mögen, es sei ausgewilderte Forsythia.

Welch ein Gewirr, kaum zu bändigen, aber im dicken braunen Tontopf sah's wunderschön aus, wandt sich von der Tischhöhe bis zum Boden, skurril anzusehen, eine Augenweide für Freunde bizarrer Formen. Dann das zaghafte Erwachen.

Hier und dort kam ein Spitzchen Grün, ein Tupfer in Gelb, von Tag zu Tag wurde alles farbintensiver. Welch eine Fülle B l Ute n Sternchen machte sich da auf den Weg ans Licht und die Wilden überboten mit Fülle, was Gezüchtetes an Größe bringt. Sonnengelb leuchteten die Wirrköpfe nach Tagen, machten das Haus licht und hell, Individualisten ganz eigener Art, Nicht zu laut will ich sie preisen, das gebiert Hochmut. Ich sag ihnen danke und weiß, das genügt.