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Gelesen und kommentiert von Hermann Meyer, Hillesheim

Man spricht heute oft von der »guten alten Zeit« um die letzte Jahrhundertwende und meint die »kaiserliche« Zeit, da vermeintlich Frieden, Ruhe und Ordnung im Lande herrschten. Man hatte wohl auch ein anderes Verhältnis zur Obrigkeit, man feierte des Kaisers Geburtstag. So heißt es im Volksblatt vom 28. Januar 1910: »Zur Feier des Allerhöchsten Geburtstages Sr. Majestät, unseres Allergnädigsten Kaisers und Königs, versammelten sich gestern Nachmittag 5 Uhr, 24 Herren im Hotel Kloep zum Festessen, bei welchem der Herr Bürgermeister den Kaisertoast ausbrachte. Erst nach Mitternacht trennten sich die Teilnehmer des Festes, welches einen selten anregenden und harmonischen Verlaufnahm. Am Morgen fand eine sehr zahlreich besuchte Schulfeier im Frings'schen Saale statt. Der Kriegerverein versammelte sich nach dem Gottesdienst im Kloep'schen Saale zum Frühschoppen.«

Und wenn gar der Kaiser selbst sich auf die Reise ins »preußische Sibirien« - sprich EIFEL - machte, dann war das ein Ereignis, bei dem die ganze Bevölkerung auf den Beinen war. So berichtet das Hillesheimer Volksblatt vom 20. Oktober 1911: »Die Durchfahrt Sr. Majestät des Kaisers durch unser festlich geschmücktes Städtchen ist heute Morgen 11 1/2 Uhr bei herrlichem Wetter erfolgt. Schulen und Vereine von hier und auswärts nahmen am Birgeler Wege Aufstellung. Bei der Ankunft seiner Majestät begann feierliches Glockengeläute. Das Publikum brach in freudiges Hurra-Rufen aus. Der Kaiser grüßte leutselig nach allen Seiten.« Hillesheim war damals ein kleines vergessenes Städtchen, es zählte nur 520 Einwohner, davon »174 Jungen, 162 Mädchen, 76 verh. Männer, 76 verh. Frauen, sowie 13 Witwerund 13 Witwen«.

Der Gemeinderat musste damals schon sehen, wie er über die Runden kam, so »wird die Gemeinde Hillesheim für 1911 von Umlagen 200 °/o auf die Einkommen - und 300 °/o auf die Realsteuern erheben«.

Lebenswichtig für Hillesheim war die Abhaltung der bedeutenden und im ganzen Rheinland bekannten Märkte, die leider in diesen Jahren zum Teil wegen Maul- und Klauenseuche ausfallen mussten.

»So wurden aufgetrieben im Januar 1910: 584 Stück Rindvieh und 524 Stück Schweine und im Mai 1911:898 Stück Vieh und 527 Schweine, dazu wurden 45 Verkaufsbuden aufgestellt.« Hillesheim war damals trotz vieler Geschäfte und Handwerkerbetriebe ein »größeres Bauerndorf« und vorwiegend von der Landwirtschaft geprägt, das besagt wohl die Statistik der Viehzählung vom 19. Dezember 1913: »Die diesjährige Viehzählung ergab für die Gemeinde Hillesheim 30 Pferde, 450 Stück Rindvieh und 264 Schweine. Gegenüber dem Vorjahr war eine geringe Zunahme zu konstatieren.« In diesen Jahren standen für die Gemeinde einige bedeutende Entscheidungen an, so wurden die Eisenbahnstrecken Dümpelfeld -Hillesheim - Lissendorf und Hillesheim - Gerolstein gebaut, die Wasserleitung in Hillesheim gelegt und über Pläne einer oberirdischen Telegraphenlinie beim Postamt Hillesheim beraten. Das beanspruchte die Räte sehr, denn: »Eine Dauersitzung hielt unser Gemeinderat am 11. des Monats ab. Er tagte von morgens 9 bis mittags 12 Uhr, und machte dann um 2 1/2 Uhr Fortsetzung, um abends um 7 l /4 Uhr zu schließen.« Was die schulische Weiterbildung anbelangte, so schienen nicht alle von deren Notwendigkeit überzeugt gewesen zu sein, so heißt es in der Ausgabe vom S.April 1912: »Mangels genügender Beteiligung, namentlich von den umliegenden Gemeinden, muss vorläufig von der Eröffnung der höheren Knaben- und Mädchenschule Abstand genommen werden. Nach der Eröffnung der neuen Bahnlinien und der damit geschaffenen besseren Erreichbarkeit unseres Ortes wird jedoch das Projekt bestimmt wieder aufgenommen werden. Damit die bereits zur Anmeldung gelangten Kinder inzwischen doch die Sexta stufe durchlaufen und nicht ein volles Jahr für ihre Weiterbildung verlieren, wird der Leiter der Schule an zwei Wochentagen nachmittags je 2 Stunden lateinischen Unterricht gegen ein Jahreshonorar von 100 Mark pro Kind hier erteilen, so dass die Kinder zu Ostern in die Quinta der höheren Knaben- und Mädchenschule zu Hillesheim eintreten würden.«

»Die beabsichtigte gewerbliche Fortbildungsschule kann wegen zu geringer Zahl von Lehrlingen einstweilen nicht errichtet werden. Im nächsten Jahre wird die Angelegenheit wieder geprüft werden.«

Anders dagegen bei den Mädchen: »Am Montag den 22. April beginnt in der landwirtschaftlichen Winterschule ein Kochkurs für die Kinder der oberen Mädchenklasse, welche abwechselnd beurlaubt werden und für welche ein Betrag nicht erhoben wird. Der Kurs dauert 12 Wochen.« Das Vereinsleben in Hillesheim war seinerzeit schon sehr rege. Hier sind zu nennen die Eifelvereinsgruppe, der Verschönerungsverein, die Feuerwehr, der Kriegerverein, der Cäcilienverein, der Gesangsverein und der Karnevalsverein. So wird von folgenden Aktivitäten berichtet: »Das am vorigen Sonntag vom Gesang-Verein >Eintracht< veranstaltete Concert mit theatralischen Aufführungen erfreute sich eines sehr starken Besuches. Die Gesang- sowie Theaterstücke fanden allgemein großen Beifall und wäre zu wünschen, wenn der Verein recht bald wieder einen solchen Abend veranstalten wollte.«

Vom Cäcilien-Chor Hillesheim wird berichtet: »Einen genussreichen Abend bereitete am zweiten Weihnachtstage uns der hiesige Pfarr-Cäcilien-Chor unter Mitwirkung der beiden Congregationen, indem er das Oratorium >Der Heilige Bonifatius< von Wiltberger zur Aufführung brachte. Das Leben und Wirken des Hl. Bonifatius wurde uns in einer Reihe von gemischten Chören, Deklamationen und lebenden bildern vor Augen geführt. In gleicher Weise fanden die wohlgelungenen lebenden bilder reichen Beifall. Der zahlreiche Besuch ließ erkennen, dass unser Publikum auch für derartige Veranstaltungen das nötige Verständnis hat.« Auch vom Eifelverein werden viele Aktivitäten berichtet. So schreibt J. Collet, Kaplan in Essen-Ruhr:

»Zu den großen Verdiensten des Eifelvereins gehört vor allem das Interesse für die Geschichte der Eifel geweckt zu haben. bilder echter deutscher Ritterlichkeit auf Burgen und Schlössern der Eifel; bilder biederen strebsamen Bürgersinns in den Eifelstädten entrollen sich vor unsern Augen, wenn wir die Geschichtsblätter durchwandern. Das Interesse ist geweckt, und es verlangt den echten Eifel er mehr zu erfahren über seinen Heimatort und die Ruinen einstiger Größen, die unsere Berggipfel zieren.«

Genau das, »die Geschichtsblätter durchwandern«, geschieht auch durch diesen Artikel im Auftrag des EIFELVEREINS, Ortsgruppe Hillesheim. Auch hier soll das Interesse für die Geschichte der Eifel, speziell für die Geschichte unseres Eifelstädtchens Hillesheim geweckt werden. Um die Jahrhundertwende gab es vielerorts die »Kriegervereine«, das waren Vereinigungen ehemaliger Kriegsteilnehmer, teils zu geselligen Zwecken und zur gegenseitigen Unterstützung, teils aber auch mit politischen Zielen. »Der hiesige Kriegerverein veranstaltete am vorigen Sonntag sein diesjähriges Scheiben- und Vogelschießen. Am Abend formierte sich der Zug zum Festball im Kloep'schen Saale. Bei dieser Gelegenheit zeigte sich wieder sehr deutlich, wie durch den Bahnbau, der für Hillesheim wirtschaftlich von Bedeutung ist, der Verkehr gehoben worden ist. Der Festball hielt die Teilnehmer bis zur frühen Morgenstunde in fröhlichster Stimmung vereint.« »3. Februar 1910: In echt patriotischer Weise wurde auch in diesem Jahre der Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers vom Kriegerverein gefeiert. Ein Veteran des Vereins, Theodor Meyer, Inhaber des Eisernen Kreuzes, ergriff das Wort und trug ein Gedicht vor, wo es u. a. heißt: »Dieses Ehrenzeichen, vor dem alle Feigen weichen, hab ich durch Gottes Gnaden schier 40 Jahr getragen. Drum ihr Krieger alle, wir waren ja nicht bange, werdet aber doch nicht stolz, denn wir bekommen alle ein Kreuz, doch dann von Holz.«

»Fleesch op drr Desch!« - Das war das Motto des Hillesheimer Carnevals 1911. Sehr einfallsreich und phantasievoll waren schon damals die Karnevalsumzüge, teils sonntags, teils am Rosenmontag. Eine Anzeige im Hillesheimer Volksblatt lädt ein »zum Großen närrischen Kappenzug am Sonntag, den 26. Februar 1911. Durch alle bewässerten und zu kanalisierenden Gassen der Stadt. Alle verrückten Geister und solche, die es werden wollen, sind bestens eingeladen. Am Aschermittwoch: Tiefdämliches Erwachen mit starkem Kopfweh und leerem Geldbeutel. Tränenden Auges gedenken wir der entschwundenen Herrlichkeiten, sodann Fütterung des Katers mit Rollmöpsen.«

Festzüge gibt es auch bei anderen Vereinen und Veranstaltungen, so fand am Sonntag, den 13. Juli 1913 das »diesjährige Kreis-Feuerwehr-Verbands-Fest zu Hillesheim statt. Nach dem Wecken um 5 Uhr und dem feierlichen Kirchgang um 7 Uhr sowie dem Abmarsch um 10.30 Uhr zum Frühschoppen die Paradeaufstellung aller Wehren mit anschließendem Festzug durch Hillesheim und Parademarsch. Danach Festharmonie auf dem Festplatz und abends Festball bei Gastwirt Stefan Michels«. Wir beklagen uns heute oft über das »unnormale Wetter«, mal zu kalt, mal zu warm, mal zu trocken mal zu nass, kein Schnee mehr und keine richtigen Sommer. Alles schon mal da gewesen! Vor hundert Jahren 1879/80 gab es bei uns in der Eifel eine große Frost- und Schneekatastrophe. Und 1816/17 war es besonders schlimm und tragisch. Bis Mai/Juni lag noch Schnee, die Saat konnte nur verspätet ausgebracht werden, der Sommer war verregnet und kalt, Ende September konnte man erst Heu machen, im Oktober wurde das Korn geerntet, die Kartoffeln waren alle erfroren und im November kam schon der neue Schnee. Die Folge war eine große Hungersnot, sogar Wolfsfleisch und Frösche wurden gegessen. Und was sagt unser Volksblatt?

»28. Juli 1912: In der Nacht von Montag auf Dienstag zwischen 12 und l Uhr ging über unserm Ort ein Gewitter nieder. Dasselbe brachte uns zwar den ersehnten Regen, doch keine Abkühlung der Temperatur. Mit unverminderter Kraft brennt die Sonne schon wieder auf uns herab und wir werden die Qualen der Hitzewelle noch länger ertragen müssen.« »29. März 1913: Ein fürchterliches und dabei lang anhaltendes Gewitter am Karsamstag dürfte zu den seltesten Wettererscheinungen gehören. Im ganzen Rheinland entlud sich dieses Gewitter mit einer gewaltigen Regenmasse, um so dankbarer begrüßte man das gute Osterwetter an den beiden Feiertagen.« »6. Juni 1913: Ein furchtbares Gewitter hat am Mittwoch unser Städtchen heimgesucht. Kurz vor 6 Uhr nachmittags ballten sich die Wolken im Südosten und kamen über die Schwedenschanze gezogen, schon in der schmutziggelben Farbe ein Hagelwetter verkündend. Mit dem ersten Regen fiel einiger Hagel, die Atmo-

Alte Molkerei und Elektrizitätswerk Hillesheim 1910

Sphäre durchsetzte sich mit Nebel und der Sturm steigerte sich zum Orkan. Dann aber brach ein Wetter los, wie man es glücklicherweise nicht oft erlebt. In das Rauschen des wolkenbruchartigen Regens und das ungestüme Brausen des Sturmes mischte sich anhaltend Donner, Blitz folgte auf Blitz, der Hagel wurde stärker. Prasselnd schlugen hühnereigroße Eisstücke von bis zu 4 1/2 cm Dicke und 13 gr. Gewicht auf die Dächer. In den Schlot der Zin-zius'schen Gerberei hat es eingeschlagen, das obere Stück des Schornsteins wurde weggerissen, der Schlot zu fast 2/3 gespalten. Herr Zinzius und zwei seiner Arbeiter wurden durch den Luftdruck gegen die Wand geworfen. Von den umliegenden Höhen ergossen sich Wassermassen nach dem Ort, die Geröll, Holz, Blätterwerk, Schlamm und tote Vögel mit sich rissen. Der Schaden war beträchtlich«.

Die langanhaltende Trockenheit im August hat es dann mit sich gebracht, »dass in verschiedenen Bezirken sich die Feldmäuse außerordentlich vermehrt haben und ungeheuren Schaden anrichten. Sie drohen die neue Saat zu vernichten. Die billigste Methode zur Mäusebekämpfung sind die Mäusetyphusbazillen, die genau nach Vorschrift eingesetzt werden müssen«.

Wir erinnern uns noch an den Hale-Bopp-Kometen 1997, den Kometen mit dem langen Schweif. Ängste und Prophezeiungen kamen auf. Aber auch das gabs schon einmal, so am 20. Mai 1910: »Die Macht des Kometendurchgangs durch die Erdbahn ist ruhig verlaufen ohne den Weltuntergang, den abergläubische Gemüter befürchteten. Auffallend war, dass ein heller Dämmerschein die Erde bedeckte, trotzdem der Mond so sehr verhüllt war, dass man ihn zeitweilig kaum entdecken konnte.«

Solche Himmelserscheinungen sind immer sehr beeindruckend, so auch die Sonnenfinsternis vom 19. April 1912; das Hillesheimer Volksblatt schreibt: »Am Mittwoch um Mittag - von 12 bis 2 1/2 Uhr - trat die in unserer Gegend seltene Erscheinung einer Sonnenfinsternis ein. Zur Zeit der Mitte blieb nur ein äußerst schmaler Ring der Sonnenscheibe noch sichtbar. So konnte man bei herrlich blauem Himmel eine erhebliche Abnahme des Tageslichtes konstatieren; es war eine Beleuchtung wie in einer mondhellen Nacht. Ebenso ließ die Tageswärme während der Finsternis merklich nach. In 200 Jahren erst ist dieses Schauspiel wieder zu beobachten. Wer also die Finsternis nicht gesehen hat, muss unbedingt noch 200 Jahre warten.« Um die Jahrhundertwende erfüllte sich ein langersehnter Menschheitstraum; das Fliegen. Am 10. Mai 1912 wurde erstmals das erste lenkbare Luftschiff über Hillesheim gesehen. »Ein merkwürdiges Geräusch machte sich heute morgen kurz vor 8 Uhr über unserem Ort bemerkbar; ein lenkbares Luftschiff überflog in östlicher Richtung Hillesheim. Alt und jung strömte aus den Häusern, um das neue Verkehrsmittel einer modernen Zeit zu bewundern. All zu schnell war das Luftschiff wieder in den Wolken verschwunden.« 25. April 1913: »Unerwartet erschien gestern morgen um 8 Uhr ein Luftschiff von Gerolstein kommend Richtung Hillesheim. Über dem Ort angekommen, drehte das Luftschiff in langsamer Fahrt. Und fürwahr, das in majestätischer Ruhe dahinziehende, von der Morgensonne übergossene Luftschiff bot einen wunderbaren Anblick, der jedenfalls lange in der Erinnerung bleiben wird.« Aber auch damals gab es schon die Tücken der Technik, ein Flugzeug musste am 27. Juni 1913 notlanden: »Am Montagabend gegen 8 Uhr kam in flottem Flug mit Richtung Nord-Süd ein Aero-plan über Hillesheim, der auf den Kyllwiesen bei Bolsdorf niederging. Es war ein Militärflugzeug, geflogen von Leutnant Pickard vom Inf. Reg. Nr. 161 Trier. Kaum hatte sich der Apparat auf die Kyllwiese niedergelassen, als die Leute scharenweise herbeieilten, um das neue Verkehrsmittel aus nächster Nähe zu betrachten. Dieses hatte sich bald wieder erhoben - nachdem der Pilot ausgestiegen war - und wollte den Weiterflug aufnehmen. Doch plötzlich kippte der Apparat um und stürzte, sich überschlagend, zur Erde. Die Bolsdorfer Feuerwehr hielt die Nachtwache. Am nächsten Tage wurde der Aero-plan abgebaut und nach Berlin befördert.«

Ich erwähnte am Anfang die Meinung von der »guten alten kaiserlichen Zeit«. Aber eine Zeit ist nur so gut, wie die Menschen ihrer Zeit. Und die sind nicht alle und nicht immer gut. Das bestätigen die Gerichtsakten des Amtsgerichtes Hillesheim in jenen Jahren: »8. Juli 1910: Einige rohe Messeraffären ausländischer Arbeiter fanden in der vergangenen Woche ihre gebührende Vergeltung. Ein Kroate hatte im Circus Althoff in Jünkerath einen wüsten Skandal verursacht und dabei einen Schießmeister sowie einen Mitarbeiter erstochen. Er bekam drei Monate Gefängnis. Ein anderer hatte am Pfingstsamstag abends bei der hiesigen Apotheke einen Arbeiter fünf Stiche versetzt, er bekam 2 Monate. Zwei weitere Messerhelden hatten ohne jede Veranlassung und anscheinend durch Personenverwechslung bei der Dohm-Lammersdorfer Kirmes einem Arbeiter mit mehreren Stichen übel zugesetzt. Der Täter ist noch nicht ergriffen.«

»8. September 1911: Bei Gelegenheit einer hier stattgefundenen Festlichkeit benahmen sich verschiedene dort anwesende ausländische Arbeiter derart unnütz, dass sie aus dem Lokal verwiesen werden mussten. Einer der Ausgewiesenen versetzte dem Schreiner Nikolaus Funk einen Messerstich in die linke Schulter. Ein anderer leistete dem Gendarmeriewachtmeister Prill einen derartigen Widerstand, dass dieser von der Waffe Gebrauch machen musste.«

»9. August 1912: Das Gerücht von einem in den Gärten unterhalb der Mühle vorgekommenen Mord durcheilte am Mittwochabend unser Städtchen und versetzte die Gemüter in große Aufregung. Ein Schneidergeselle, der beim Schneidermeister Heinrich Christen in der Lehre war, war entlassen worden. Bei einer Begegnung mit dem Sohn des Meisters zog der Geselle plötzlich den Revolver und gab 4 Schüsse aus geringer Entfernung auf den Sohn ab, die aber alle fehl gingen. In der Aufregung ließ der Sohn sich fallen, der Geselle nahm nun an, er habe ihn getötet und gab 2 Schüsse auf sich selbst ab. Gendarmeriewachtmeister Prill und einige herbeigeeilte Einwohner fanden den schwer verletzten Gesellen in einer Blutlache in einem Kornfeld. Er wurde nach Bonn in die Klinik gebracht, wo er vielleicht mit dem Leben davon kommt.«

Vielfach beklagen wir heute auch in Hillesheim ein gewisses Rowdytum. Sachbeschädigungen verschiedenster Art fallen an. Dieselben Klagen hatte der Eifelverein schon 1910: »Mehrfach ist lebhafte Klage über das Fehlen und die Beschädigung der vom Eifelverein zur Förderung des Fremdenverkehrs angebrachten Wegezeichen geführt worden. Von besonderem Werte würde es sein, wenn die Herren Geistlichen und Lehrer die heranwachsende Jugend bei passender Gelegenheit über den Zweck der Wegezeichen aufklären würden. Da aber die meisten Fälle der vorgekommenen Zerstörungen erwachsenen Personen zuzuschreiben sind, so möchte ich den Polizeibehörden dringend ans Herz legen, den Eifelverein durch strenge Aufsicht, Ermittlung und Anzeige der Schuldigen zu unterstützen.« Da hilft auch kein Nachtwächter. Übrigens wurde am 7. Juli 1911 ein Herr Nikolaus Harings zum Nachtwächter für Hillesheim gewählt. Sie kennen das Kartenspiel »Sieben Schräm«, ein auch in Hillesheim beliebter Zeitvertreib, manchmal vielleicht zu lange und zu leidenschaftlich. Nun - so berichtet das Volksblatt vom 21. Juli 1910: »Beschwerten sich einige Arbeiterfrauen beim Bürgermeister darüber, ihre Männer würden leidenschaftlich Karten spielen, wodurch der Familie manchmal der ganze Wochenverdienst verloren ginge. Zunächst machte der Bürgermeister die Wirte auf den Übelstand aufmerksam. Dann aber kam von dritter Seite eine Anzeige wegen Duldung von Glücksspiel in seinem Lokal. Das Schöffengericht erkannte auf Freispruch: Sieben Schräm ist kein Glücksspiel. Die Berufungsinstanz erachtete das Vergehen im Sinne des Glücksparagraphen und beantragte eine Geldstrafe von 5 Mark. Das Gericht beschloss dann nach längerer Beratung in die Beweisaufnahme einzutreten und ließ sich das »Sieben Schrämspiel« praktisch vorführen. Dabei klopften die einzelnen Spieler so sehr auf, als säßen sie daheim oder an ihrem Stammtisch. Das Gericht kam zum Urteil: >Sieben Schrämspiek ist kein Glücksspiel und sprach den Wirt frei.« Ging es hier um Glücksspiel - ja oder nein - so ging es in einem anderen Fall um Automatensteuer. Aus einer Hauptversammlung des Verschönerungsvereins Hillesheim vom 9. Januar 1910 im Hotel Kloep ist die recht angeregte Beratung zu erwähnen: »Es wurde beschlossen, die Sammelbüchsen, welche wegen ihres scherzhaften Schließmechanismus der Automatensteuer unterworfen waren, in einfache Geldeinwurfkästen umzuändern, die ja nicht steuerpflichtig sind und die auch die leidige Zerstörungssucht weniger herausfordern.« Religiöses Brauchtum wurde und wird in Hillesheim sehr gepflegt, ob St. Martin oder Dreikönig, ob Fronleichnam oder Krautwischtag. Besonders beliebt ist damals wie heute der Hl. Nikolaus. Die Kinder schicken ihm vielfach einen Wunschzettel, damit sie auch das Gewünschte bekommen; dazu ein Bericht vom 5. Dezember 1913: »An den lieben guten heiligen Nikolaus, im Himmel oder auf Erden. Ein merkwürdiges Wunschbriefchen, allerdings von einem größeren Kinde, wurde dieser Tage unter obiger Adresse und folgendem Inhalt durch die Post bestellt: Lieber guter heiliger Mann! Auch ich, lieber heiliger Mann, habe eine Bitte an Dich. Hoffentlich erfüllst Du sie mir. Ich hätte gerne einen lieben, guten, braven, fleißigen, sparsamen, nüchternen, großen, nicht zu dicken, schönen, netten, sehr liebenswürdigen Mann. Er braucht ja nicht gerade so heilig sein wie Du es sein sollst.« Unterschrift leider unleserlich, da Schreiberin sonst sicherlich mit einem wenigstens essbaren Manne beschert würde. Dass die Post auch mit solchen Briefen sich zu helfen weiß, geht daraus hervor, dass sie denselben mit dem Vermerk »Polizeilich nicht gemeldet« - »Jetziger Aufenthalt unbekannt« an den Präsidenten des Junggesellenvereins »Freundschaft« aushändigte.