Die Fastenzeit

Therese Schneider, Brockscheid

Die Fastenzeit beginnt mit dem Aschermittwoch und endet am Karsamstag um Mitternacht. Zwar hat sie im Laufe der Zeit etwas an Strenge verloren, doch wird sie in katholischen Gegenden immer noch als eine Zeit der Besinnung und Läuterung angesehen Früher war die Fastenzeit eine sehr ruhige Zeit; es durften keine Feste gefeiert werden, keine Tanzveranstaltungen und keine Hochzeiten stattfinden. Sie war eine echte Bußzeit, in der viele Christen sich zu dem Verzicht auf das Sattessen noch freiwillige Opfer auferlegten. Heute spricht man von Gewichtsreduktion, Abspeckung oder Entwöhnung zum Wohle der Gesundheit. In fast allen Familien gaben die Mütter das Programm zum Fasten an. Sie waren es, die Küche und Kochtöpfe »regierten«. Die Fleischmahlzeiten wurden stark reduziert. Der Nachmittagskaffee, der in bäuerlichen Haushalten üblich war, wurde gestrichen, dafür die Abendmahlzeit schon sehr früh eingenommen. Und wenn in den späten Abendstunden der Magen knurrte, durfte man einen Apfel oder getrocknete Früchte essen. Alle Freitage waren besonders strenge Fasten tage, an denen es nichts von Fleisch gab. So war die Fastenzeit für viele junge Leute eine unangenehme Zeit. Wenn sie sich in der Mittagspause schon mal am Dorfbrunnen oder an der alten Buche trafen, um sich zu unterhalten oder auch zu »flirten«, erzählten sie sich gegenseitig, wie das Mittagessen ausgefallen war.

Einmal kam auch Franz hinzu und sagte: »Bei oos jov et hout nur Krumperen und jel Speys innerenanner jekocht - ohne Fleesch un ohne Spääk, su en Fraß well ech net, deshalb hon ech och direkt mein Kaap jeholt und seyn abjehauen«. - »Jel Speys« sind gelbe Futterkohlrabi, die früher zur Winterfütterung angebaut wurden, und als Ersatz für Mohren (Karotten) auch als Gemüse Verwendung fanden. Mit Rauchfleisch oder Geselchtem, dazu Salzkartoffeln, schmeckte das Gemüse sehr gut. Heute werden die Kohlrabi da und dort wieder in den Gemüseabteilungen der SB-Märkte angeboten. Zum Fasten kam auch das Gebet. In allen Kirchen wurde während der Fastenzeit jeden Abend der Rosenkranz gebetet, und jeder, der sich freimachen konnte, musste daran teilnehmen. Höhepunkt der Fastenzeit war und ist der Karfreitag. Fleisch war tabu, aber auch Schmalz und Speck verboten, nicht mal eine Speckschwarte - die man sonst für den herzhaften Geschmack der Suppe beigeben konnte - war erlaubt. Da geriet manche Hausfrau in seelische Bedrängnis; sie konnte nur Öl oder Margarine zum Schmelzen verwenden. Doch Margarine gab es früher in vielen Haushalten überhaupt nicht. Mit einem »Stich« Butter im Essen hatte man eine gute Alternative. Butter war aber auch das Lebensmittel, mit dem sparsam umgegangen werden musste, erst recht in der Fastenzeit. Mit einem sehr kargen Frühstück fing der Karfreitag an. In vielen Haushalten wurde als Brotaufstrich - als Ersatz zur Butter - aus Magermilch ein Grießbrei gekocht, dem ein kleines Stück Butter und Salz zugegeben wurde, selbstverständlich ohne Zucker. Das Mittagessen bestand in manchen Küchen aus Pellkartoffeln und einer Einbrennsoße. Dazu wurden die Kartoffeln rundum in der Mitte einen Zentimeter breit geschält und in leichtem Salzwasser weichgekocht. Die Einbrennsoße wurde wie folgt zubereitet: Nach Bedarf Mehl in eine trockene Bratpfanne geben, auf der nicht zu heißen Herdplatte unter Rühren hellbraun rösten lassen, mit so viel Wasser aufkochen, dass eine sämige Soße entsteht. Mit Salz, Pfeffer, nach Geschmack einen Esslöffel Kümmel oder gehackte Zwiebel beigeben und mit gebräunter Butter schmackhaft würzen. Diese Soße schmeckte mit ausgebratenem Speck oder Schinkenstückchen,, oder auch einer Tasse Sahne, sehr gut, was leider am Karfreitag nicht erlaubt war. Am Karsamstag wurde in den Häusern das Osterfest vorbereitet. Es wurde geputzt, gebacken, die Sonntagskleider ausgebürstet und gebügelt. Viele Mädchen hatten auch neue Kleider bekommen. Mit Frohgefühl auf die zwei Osterfeiertage arbeitete man bis in den späten Abend und ging dann todmüde zu Bett. Am Ostermorgen standen alle Leute sehr früh auf, denn es mussten ja noch notwendige Arbeiten im Stall verrichtet werden. Danach machten sie sich für die Auferstehungsfeier in der Kirche zurecht. Die Mutter half den Kindern, die schon mit zur Kirche gehen konnten; alle fühlten sich recht wohl in den frischen Sonntagskleidern. Natürlich ging man nüchtern zur Kirche, doch das störte nicht. Freudig sang man im festlichen Gottesdienst die schönen Osterlieder, viele wohl mit dem frohen Gedanken im Hinterkopf, daß nun endlich die Fastenzeit vorbei war. Nach dem Gottesdienst fand das gemeinsame, reichhaltige Osterfrühstück statt, woran sich alle sehr gütlich taten: Selbstgebackenes Brot, frischer Hefe-Osterkranz, hausgemachte Wurst und Schinken, gefärbte Frühstückseier - und vor allen Dingen wieder selbstgemachte Butter. Schulkinder sagten zur Freude der Eltern schon mal ein Gedicht auf. Die kleineren Kinder durften nach dem Frühstück in die anderen Häuser gehen, zu Patentante und -onkel, wünschten FROHE OSTERN und sangen: Fasten ist vorüber, das ist mir lieber, Eia, Eia, Ostern ist da. Eier und Wecken viel besser schmecken, Eia, Eia, Ostern ist da. Ein altes Ostergedicht: Die Lerche stieg am Ostermorgen empor ins klare Luftgebiet und schmettert hoch im Blau verborgen ihr freudig Auferstehungslied.

Und wie sie schmetterte, da sangen es tausend Stimmen nach im Feld, wach auf, das Alte ist vergangen, wach auf du froh verjüngte Welt. Wacht auf und rauscht durchs Tal ihr Bronnen und lobt den Herrn mit frohem Schall, wacht auf im Frühlingsglanz der Sonnen ihr grünen Halm und Blätter all1!