Das
Das Mitbringsel
Marianne Schönberg, Jünkerath
Wenn eine Gabe zum Geschenk wird, ist das eine Verwandlung, die mit dem reellen Wert in Mark und Pfennig meist nichts zu tun hat. Es ist die Überlegung, warum ich sie gerade diesem Menschen bringe - das machts. Familientreff im Spätherbst. Eine Cousine kommt auch dazu, sie hat einen Bauernhof und Milchkühe.
Ich hab' Euch was mitgebracht - so ihre fröhliche Begrüßung an uns - ihr trinkt doch so gern frische Milch. Die hier ist von heut' Morgen.
Es war ein großer Eimer voll des herrlichen weißen Saftes. Ganz behutsam verstauten wir das Gefäß im Auto, überprüften den Deckel immer wieder, ob er wohl hielt, und langsam fuhren wir alle Kurven Richtung Heimat. Die flüssige Fracht kam wohlbehalten hier an.
Ein Eimer Milch, das bedeutet Schwelgen im Genuss und eben trinken, trinken, trinken. Doch irgendwann ist das Fassungsvermögen erreicht, der Eimer wird in den Keller gestellt, da ist's kühl - morgen geht's weiter. Milch pur auch am nächsten Tag, doch das Behältnis zeigt noch immer keine großen LEER-SPUREN. Nun muss etwas geschehen, damit die gute Gabe sinnvoll verwendet wird. Pudding - das ist's! Da gibt es doch mancherlei Variationen in Geschmack und Aussehen und wen begeisterte nicht ein Etagen-Arrangement in gläserner Schüssel von schokoladebraun über vanillgelb zu himbeerrosa; vielfarbig, duftend. Es ergab sich zudem, dass eine Nachbarin erkältet war und zu Bett lag. Pudding für sie, das war's doch. Er kam an.
Wie das Leben so spielt, eine andere Nachbarin kam zum Krankenbesuch, sah die dampfende Schüssel und meinte... »so was Gutes hätte ich auch gern mal«. Soll sie haben und zwar sofort, die Milch ist da und will verwertet sein.
Also der nächste Pudding -muss ich betonen, dass es richtig Freude machte? Trotz aller Aktionen und genussvollem Milchtrinkens konnten wir nicht alles in zwei Tagen verwerten, ein Teil des weißen Saftes wurde sauer. Dickmilch sollte das dann sein, aber die Substanz verklumpte, wahrscheinlich stand das Milchgefäß
zu warm. Was nun? Wer dann in Erinnerungen blättern kann, ist fein raus. Ich überlegte, dass Mutter so etwas durch ein Tuch und durch das Küchensieb gab, es ablaufen ließ und am nächsten Tag hatten wir Quark. So war's auch hier und es hat wunderbar geschmeckt.
Da sag mir einer, Erinnerungen an vergangene Zeiten sind nostalgisches Getue und der untrügliche Beweis, dass der Mensch nun alt sei, weil er gut und schön finde, was DAMALS war. Welch ein Unsinn. Das Leben besteht nicht nur aus DA-SEIN hier und heute, es ist auch ein Stück GESTERN und viel ZUKUNFT. Die Mischung macht's, dass der Alltag interessant und aufregend bleibt, eben lebenswert.
Und kleine Freuden, die muss man sich selbst arrangieren. Dann finden sie auf jeden Fall statt.
Später erzählte ich der Cousine von der RUNDUM-WIRKUNG ihrer Gabe. Sie war richtig glücklich und meinte,
SO kann man sich allein doch gar nicht freuen; recht hat sie.