Karklappern

Christa Feltgen, Steffeln

Mag es Ende März, Anfang April draußen auch noch so ungemütlich sein und sich die erhoffte Blütenpracht in den Gärten erst durch zaghafte Knospen anzeigen, wenn sie frühmorgens mit ihrem Lärmen beginnen, weiß man, dass es bald Ostern ist, und dass in ein paar Tagen ein Frühlingsduft in der Luft liegen wird. Die Klapperkinder ziehen wieder durch das Dorf, denn die Kirchenglocken sind aus Trauer über den Tod des Herrn nach Rom geflogen. Was sie da machen, darüber gibt es ganz verschiedene Auskünfte. Einmal heißt es, sie wollen den Papst besuchen, ein anderes Mal, sie wollen den Frühling suchen. Am Niederrhein sagt man, die Glocken wären nach Rom, »Papp äten«, also um süßen Brei zu essen.

Für die Kinder, je nach Dorf alle Schulkinder oder alle Kinder, angefangen bei denen, die groß genug sind, diese Strapazen mitzumachen, bis zu ein paar größeren, die ein wenig die Aufsicht bei diesem Brauch führen, sind das wichtige Tage. Aber alle Kinder? Mädchen und Jungen? Da scheiden sich die Geister. Ist es nun den Mädchen erlaubt, mitzuziehen und auf ihren Instrumenten zu lärmen und die alten Weisen zu singen oder nicht? In manchen Orten tut man sich da sehr schwer, besonders wenn sich früher die Teilnehmer am Karklappern aus den Ministranten rekrutierten, also eine reine Jungensache war. In den meisten Dörfern gibt es im Augenblick einfach nicht genug Jungen, die als Ministranten dienen könnten, die zur Osterzeit klappern und später in den Junggesellenverein eintreten, um mit den anderen Heranwachsenden die alten Feste zu feiern und die alten Bräuche aufrecht zu erhalten. Mädchen, die am Altar dienen, gibt es längst und die meisten Junggesellen haben ihren Altersgenossinnen die Tür zu ihrem Verein geöffnet. Die letzte Bastion der Jungen, die eigentlich nach Meinung der meisten Mädchen fallen müsste, ist die Sache mit dem Karklappern. In vielen Orten ist das längst eine Selbstverständlichkeit, zumal die Jungen heute doch so reichlich mit Taschengeld ausgestattet sind, dass sie das Teilen ihres Klapperlohns mit den Mädchen verschmerzen können. Oft lässt man sich dabei sogar eine kleine Hintertür frei, die Mädchen dürfen zwar die Klappergruppen begleiten, bekommen aber von den gespendeten Gaben nicht so viel ab, wie die Jungen.

Die Fronten sind und bleiben aber in den meisten Fällen verhärtet, denn es stehen natürlich auch viele ältere Einwohner eines Ortes auf dem Standpunkt, dass das Brauchtum so erhalten werden muss, wie es von alters her gewesen ist. Es war eben schon immer schwierig, wenn die Gegebenheiten sich ändern, ohne dass man etwas dagegen tun kann. Schließlich kann der Klapperstorch ja nicht nur Jungen bringen.

Die Kinder eines Dorfes sind mit der augenblicklichen Situation ein wenig überfordert, denn die Meinungen sind selbst in den einzelnen Familien geteilt. Den Vätern ist es aus Zeitmangel oft egal, was die Kiemen machen, die Mütter würden ihre Töchter gern unter den Klapperkindern sehen und die Großeltern meinen wie früher, dass die Mädchen da nichts verloren haben, das wäre Jungensache. Man kann nur hoffen, dass die Gemüter sich in absehbarer Zeit beruhigen und man zu einer akzeptablen Lösung kommt. Dem alten Brauch des Karklapperns darf nichts geschehen, wer sollte denn sonst die Zeit überbrücken, in der die Glocken schweigen?