Suche nach den Wurzeln des Eifel-Vulkanismus

 Das Eifel-Plume Projekt

Dr. Joachim Ritter, Universität Göttingen

Die tiefen Ursachen des Eifel-Vulkanismus sind zur Zeit das Ziel eines geowissenschaftlichen Großforschungsprojekts, an dem sich Geophysiker verschiedener europäischer Forschungsinstitute beteiligen. Das Ziel dieses Forschungsvorhabens ist die Entwicklung des Vulkanismus in der Eifel besser verstehen zu lernen, wobei ein besonderer Schwerpunkt die Prozesse im Erdmantel, in Tiefen größer 35 km, darstellt. Eine zentrale Fragestellung ist hierbei, ob ein Aufstrom heißen Mantelmaterials, ein sogenannter Plume, unter der Eifel nachgewiesen werden kann.

Der Eifel-Vulkanismus

Die zeitliche Entwicklung der vulkanologischen Phasen in der Eifel kann grob in zwei Abschnitte gegliedert werden, einen älte-

Karte des Messgebietes mit den mobilen (Kreise) und permanenten (Quadrate) seismischen Stationen. Die Ost- und Westeifel-Vulkanfelder sind grau schattiert.

ren tertiären Abschnitt (Hauptphase vor 42 - 34 Millionen Jahre) und eine jüngere, heftigere quartäre Phase (600.000 bis 11.000 Jahre vor heute) (Meyer, 1994). Räumlich werden der Vulkanismus in der Hocheifel sowie die West- und Osteifel-Vulkanfel-der unterschieden (Abb. 1). Im Quartär entstanden zirka 350 Ausbruchstellen, wobei sich die letzten Eruptionen am Laacher See Vulkan (12.200 vor heute) im Ostfeld und am Ulmener Maar (10.800 v. h.) im Westfeld ereigneten (Brauer et al., 1994). Im Zuge der vulkanischen Tätigkeiten entwickelten sich die weltberühmten Maare als negative Geländeformen sowie Lavaströme und Schlackenkegel, die heute noch bis zu mehrere 100 m über dem örtlichen Relief herausragen.

Der Aufbau des obersten Erdinnern kann grob in zwei Bereiche untergliedert werden. Die obersten 35 km unter der Eifel bestehen aus der Erdkruste (Abb. 2). Sie besteht aus festen Gesteinen. Darunter befindet sich der sogenannte Erdmantel, der neben einer festen kristallinen Struktur auch Bereiche mit etwas Schmelzen (Magmen) enthält. Die ausgetretenen Laven in der Eifel bestehen vorwiegend aus gering differenzierten, basaltischen Schmelzen. Dies deutet daraufhin, dass diese Schmelzen größtenteils direkt aus dem Erdmantel an die Erdoberfläche kamen, ohne größere Magmenkammern in der Erdkruste zu bilden. Der strukturelle Aufbau des Erdmantels unter der Eifel ist nur wenig bekannt. Deshalb weiß man wenig über die Ursprungsregion der oberflächlich gut bekannten Vulkane. Es wird aber vermutet, dass noch Reste der vulkanischen Aktivitäten im Erdmantel vorhanden sind. Dies wurde bei geo-physikalischen Messungen in den 70er und 80er Jahren erkannt. Aufgrund dieser Arbeiten werden Bereiche mit erhöhter Temperatur und eventuell sogar magmatische Schmelzen unterhalb 35 km Tiefe in der Eifel vermutet. Da diese Hinweise jedoch relativ ungenau sind, sollen nun mit einer detaillierten Studie unter Verwendung modernster Messgeräte und Untersuchungsmethoden die tiefen Wurzeln des Eifel-Vulkanismus gesucht werden.

Geophysikalische Tiefensondierung

Die Erkundung des Erdinnern beruht vor allem auf indirekten Methoden, da die tiefsten Bohrungen nur knapp über 10 km Tiefe reichen. Das bedeutet, dass der größte Teil des Erdkörpers mit einem Radius von 6371 km dem Menschen nicht direkt zugänglich ist. Eine besonders effektive Methode, Strukturen im tiefen Erdinnern zu bestimmen, ist die Erdbebenkunde (Seismologie). Wenn sich ein starkes Erdbeben ereignet, dann breiten sich elastische Wellen durch den gesamten Erdball aus und können an Erdbebenwarten gemessen werden. Die Informationen, die man den Aufzeichnungen (Seismogramme, siehe auch Abb. 4) entnehmen kann, dienen Geophysikern dazu, Modelle des Erdinnern zu berechnen.

Eine relativ neue Methode, dreidimensionale bilder des Erdinnerns zu erhalten, ist die sogenannte seismische Tomographie (Abb. 2). Ähnlich wie in der medizinischen Computertomographie werden durch Messungen an der Oberfläche eines Körpers Daten gewonnen, mit denen man dessen dreidimensionalen, inneren Aufbau bestimmen kann. In der seismischen Tomographie werden zu diesem Zweck an der Erdoberfläche die Ankunftszeiten von Erdbebenwellen aus verschiedenen Richtungen gemessen. Um tiefe Strukturen bestimmen zu können, ist es wichtig, Fernbeben (Entfernung größer als 4000 km) aufzuzeichnen, da deren Wellen sich tief im Erdmantel fortpflanzen und dann steil aus der Tiefe an den Messstationen auftauchen. Wird das Untersuchungsobjekt - wie beispielsweise ein Mantelplume in Abb. 2 - gut durchstrahlt, dann ist es möglich, seine Gestalt im Computer zu rekonstruieren. Die Qualität solcher Abbilder des Erdinnern hängt vor allem von der Anzahl und Dichte der Messstationen, sowie der Anzahl der beobachteten Erdbeben ab. Beben ereignen sich fast ständig in der Erde, sind jedoch von Menschen meist nicht zu spüren, da sie relativ schwach sind oder in abgelegenen Regionen stattfinden. Dennoch können solche Erdbebenwellen mit empfindlichen Messgeräten aufgezeichnet werden. Erfahrungen aus früheren Messkampagnen zeigen, dass man etwa ein halbes Jahr lang messen muss, bis man genügend Daten für eine tomographische Analyse hat.

Das Feldexperiment

Im Rahmen des bisher größten seismologischen Feldexperiments wurden von November 1997 bis Juni 1998 an über 250 Stationen kontinuierlich Erdbeben gemessen. Diese Messstationen waren von Nordrhein-Westfalen im Norden bis weit nach Frankreich im Süden installiert (Abb. 1). Die meisten Stationen befanden sich im Bereich der Eifel, um dort sehr genau den Untergrund erforschen zu können. Etwa 100 Messstationen (Quadrate) sind ständig registrierende Erdbebenwarten zum Beispiel die Erdbebenstation Bensberg der Universität Köln. Zusätzlich wurden etwa 150 mobile Messstationen in Kellern oder abgelegenen Bauernhöfen aufgebaut, um ein gleichmäßig verteiltes Messnetz zu erreichen. Eine

 

Schematischer Aufbau der Erde unter der Eifel und Prinzip der seismischen Tomographie. Die obersten 35 km umfassen die Erdkruste, und darunter befindet sich der Erdmantel. Dort wird ein Aufstrom heißen Materials -ein Plume - vermutet, der in grau dargestellt ist. Aus diesem Plume erreicht manchmal Magma die Erdoberfläche und verursacht dabei Vulkanausbrüche. Um die Struktur eines Plumes zu erkunden, muss man Erdbebenmeßstationen (schwarze Dreiecke) an der Erdoberfläche aufbauen. Sie können dann Wellen von Fernbeben aufzeichnen. So können tiefe Erscheinungen im Erdinneren sichtbar gemacht werden. Hierzu gehören beispielsweise Bereiche mit Schmelzen oder Schichtgrenzen in 410 bzw. 660 km Tiefe.

Aufzeichnung einer Erdbebenwelle in der Eifel. Dargestellt ist die Vertikalkomponente der Bodenschwinggeschwindigkeit. Das Beben ereignete sich am 3. 2. 1998 um 3:01:59 Uhr unter Mexiko. Die Entfernung zur Vulkaneifel beträgt zirka 9550 km. Die Erdbebenwelle braucht etwa 12 Minuten und 30 Sekunden von Mexiko bis in die Eifel. Die Messstationen befanden sich an den folgenden Orten: E_B10: Schüller, E_B11: Trierscheid, E_B12: Herschbroich, E_B15: Ulmen, E_B16: Dünfus, E_B70: Dohm, E_B71: Neroth, E_B72: Trittscheid, E_B52: St. Johann, E_B53: Eppenberg, E__B54: Alflen, E_B55: Wollmerath, E_B56: Strotzbüsch, E_B57: Niederscheidweiler.

solche mobile Erdbebenstation wird in Abbildung 3 gezeigt. Sie besteht aus einem Messfühler für die Bodenbewegung (Seismometer) und einer Computereinheit, in der die Daten abgespeichert werden. Als Stromversorgung dient eine Batterie, die über das Stromnetz nachgeladen wird. Nach der Installation der Messgeräte wurden die Stationen in einem 14-20 tägigem Rhythmus angefahren, um die Daten einzusammeln und die Funktionsbereitschaft zu überprüfen. Die Daten der mobilen Stationen wurden dann in die Feldzentrale zur weiteren Verarbeitung gebracht.

In der Abbildung 4 wird eine typische Registrierung eines Fernbebens in der Eifel gezeigt. Das Beben ereignete sich in 8550 km Entfernung unter Mexiko. Die Erdbebenwellen, die sich durch den Erdkörper ausbreiteten, waren 12 Minuten und 30 Sekunden unterwegs, bis sie die Messstationen des Eifel-Plume Projektes erreichten. Man kann deutlich den Ersteinsatz der Wellen erkennen, die eine 20-30fach größere Amplitude als die sonstige Bodenunruhe (links in Abb. 4) aufweisen. Für die Auswertung der Daten im Rahmen der Tomographieuntersuchung ist die genaue Ablesung der Einsatzzeit dieser ankommenden Wellenfront wichtig. Das Feldrechenzentrum zum Abspielen und Kontrollieren der Daten konnte im GEO Zentrum Vulkaneifel in den Schulungsräumen unter dem Eifel Vulkanmuseum in Daun untergebracht werden.

Eine säsmologisehe Messstation im Keller eines Privathauses. Ankommende Erdbebenwellen werden mit dem Sds-mometer (rechts) erfasst und in einem speziellen Computer (links) abgespeichert. Die Zeitmessung der Ankunft einer Erdbebenwelle erfolgt mit der Hilfe von satellitengesteuerten Uhren. Hierfür ist außerhalb des Gebäudes eine Antenne aufgestellt. Die Stromversorgung erfolgt mit einer Batterie.

Im Oktober 1997 wurde ein Computersystem aus 3 Workstations und 4 PCs mit Internet-Anschluss und einem großen Festplattenspeicher von insgesamt über 50 Gigabyte installiert. Hier wurden die Felddaten gesammelt und auf CDs gebrannt. Die anfallende Datenmenge betrug mehrere CDs pro Tag - ein riesiges Datenaufkommen, wenn man bedenkt, dass das gesamte Telefonverzeichnis Deutschlands auf eine einzige CD passt. Von dem Feldrechenzentrum in Daun wurde auch die gesamte Messung geleitet und die Aktivitäten der in- und ausländischen Partner koordiniert. Die Kommunikation erfolgte größtenteils per elektronischer Post über das Internet. Vom Internet wurden auch die aktuellen Lokalisierungen von Erdbeben aus aller Welt abgerufen.

Die archivierten Daten werden in den nächsten Jahren im Rahmen von Doktorarbeiten und Diplomarbeiten an den verschiedenen beteiligten Forschungsinstitutionen ausgewertet. Die ersten konkreten Ergebnisse werden für Ende 1999 erwartet, der Abschluss der Feinarbeiten wird vermutlich 2002 erledigt sein. Zur Verwirklichung des umfangreichen Arbeitsprogramms hat sich eine internationale Gruppe verschiedener Seismologen aus den folgenden Institutionen zusammengefunden: Universitäten Göttingen (federführend), Bochum, Köln (Erdbebenstation Bensberg), Potsdam und Strasbourg, Geo Forschungs Zentrum Potsdam, Geologisches Landesamt Nordrhein-Westfalen, GEO Zentrum Daun, belgisches königliches Observatorium (Brüssel), europäisches Zentrum für Geodynamik und Seismologie (Luxemburg). Die Arbeiten im Rahmen des Eifel-Plume Projekts werden größtenteils von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert. Weitere Beiträge stammen aus den Haushalten der beteiligten in- und ausländischen Institutionen.

Weitere aktuelle Informationen kann man im Internet unter http://www.geo.physik.uni-goettingen.de/eifel abrufen.

Danksagung

Die Eifel-Plume Arbeitsgruppe möchte sich besonders bei der Kreisverwaltung Daun und dem GEO-Zentrum Vulkaneifel bedanken. Während der Messungen wurden wir stets hilfsbereit unterstützt, und das Feldrechenzentrum war in den Schulungsräumen des GEO-Zentrums hervorragend untergebracht. Zahlreiche Gemeinden und Privatleute in der Eifel stellten uns ihre Keller als Messplätze freundlicherweise zur Verfügung. Ohne diese Unterstützung hätte das Eifel-Plume Projekt nicht so erfolgreich verwirklicht werden können.

Literatur

Brauer, A., Hajdas, 1., Negendank, J., rein, B., Vos, H. and Zolitschka, B., (1994).

Warvenchronologie - Eine Methode zur absoluten Datierung und Rekonstruktion kurzer und mittlerer solarer Preiodizitäten, Geowissenschaften, 12, 325-332. Meyer (1994)

Geologie der Eifel, Schweitzerbartsche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart, 618 S.

 

Anschrift des Autors:

Dr. Joachim Ritter, Institut für Geophysik, Georg-August-Universität, Herzberger Landstr. 180, 37075 Göttingen, e-mail: ritter@carl-f.uni-geophys.gwdg.de