Seniorenplan

für den Landkreis Daun

Dietmar Engeln, Daun

Im Jahr 1910 waren 8 % der Bevölkerung des Deutschen Reiches 60 Jahre und älter. In der heutigen Bundesrepublik sind es schon mehr als 20% und im Jahr 2030 werden es etwa 35°/o sein. Einer sinkenden Zahl von jüngeren Menschen werden zukünftig immer mehr ältere gegenüberstehen.

Eigentlich sind das wertfreie Zahlen, und doch wecken sie in vielen von uns ungeahnte Emotionen. Nicht selten ist dann die Rede von einer »Alterslast«. Verknüpft ist dieser Begriff in erster Linie mit den zu erwartenden Schwierigkeiten für die Sicherung der Altersrenten in den nächsten Jahrzehnten. Nicht selten sind damit auch Befürchtungen einer kaum zu leistenden gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung verbunden. Das negative Altersbild wird noch verstärkt durch die Art und Weise der Berichterstattung in den Medien. Die Alten, die dort zumeist ins Blickfeld rücken, gehören zur Klientel der Altenhilfe. Es sind Betreuungsbedürftige, Kranke, Arme, Hilfs- oder Pflegeabhängige; weit mehr als Aktive, Unabhängige, Gutsituierte und Gesunde. Mit unpräzisen Aussagen von hohem Verallgemeinerungsgrad wird der ältere Mensch oft als eine von vielfältigen Verschleißerscheinungen geplagte, durch mannigfache Leistungseinbußen geprägte und unter Altersbeschwerden leidende Person beschrieben. Dabei wird über etwas geredet, was es in Wirklichkeit nicht gibt. Nämlich die »Gruppe der älteren Menschen« als ein in sich geschlossener und weitestgehend einheitlich charakterisierbarer Gesellschaftsteil. »Die Alten« gibt es genauso wenig wie »die Jungen«. Wie unsinnig diese Pauschalierung ist, zeigt allein die Frage: Ab wann ist man denn eigentlich alt? Nun, hier gibt es die unterschiedlichsten Anhaltspunkte. Aber alle Versuche kranken daran, dass man zur Abgrenzung einen oder wenige Anhaltspunkte heranzieht, wie Gesundheit, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder schlicht das kalendarische Lebensalter. So banal es auch klingt, am besten beschreibt sich das Alter durch die Aussage: Jeder ist so alt, wie er sich fühlt. Die oben beschriebenen negativen Charakterisierungen des Alters passen doch auf einen rüstigen 80jährigen, der seinen vielfältigen Hobbys in der Familie und auch Vereinen nachgeht weit weniger, als auf manche 50jährigen (oder gar Jugendlichen), die oft aus eigenem Entschluss abgegrenzt von gesellschaftlichen Aktivitäten ihre zur Verfügung stehende Lebenszeit einfach trist und antriebsarm »abieben«. Da man aber einen Abgrenzungspunkt braucht, wird in der Regel das Lebensalter herangezogen; zumeist das 60. oder 65. Lebensjahr. Allein durch das Lebensalter charakterisiert stellt sich der Bevölkerungsteil der 60- oder 65jährigen und älter als sehr vielfältige und durch wenige gemeinsame Merkmale charakterisierbare Gruppe dar. Die sogenannte dritte Lebensphase, die bezeichnenderweise mit dem Begriff »Ruhestand« beschrieben wird, umfasst nicht selten eine Zeitspanne von 20-30 Jahren und dauert damit länger als die Kinder- und Jugendzeit. Nur der kleinste Teil dieser Personengruppe ist auf fremde Hilfe angewiesen.

Ausgehend von zur Zeit 12 Millionen Menschen, die in der Bundesrepublik Deutschland 65 oder älter sind, leben 7 °/o pflegebedürftig in Privatwohnungen, wobei das Ausmaß der Hilfeleistungen sehr unterschiedlich ist. Noch geringer ist der Anteil derer, die auf stationäre Pflege angewiesen sind. Dies ist im Landkreis Daun für 2,9% der 65jährigen und älter der Fall. Den meisten ist also ein selbstbestimmtes Leben im Alter grundsätzlich möglich. Was jedoch der einzelne daraus macht, ist, wie bei allen Bevölkerungsteilen, sehr unterschiedlich und hängt nicht unwesentlich davon ab, was man in seinem bisherigen Leben an Aktivitäten entwickelt hat. Völlig neue Wege werden selten gegangen. Es zeigt sich jedoch, dass der Rückzug in den eigenen häuslichen Bereich und ein Rückgang der sozialen Kontakte heute und zukünftig immer weniger als unumgänglicher »Gang« des Alters betrachtet werden. Angebote Dritter, aber auch Eigeninitiativen, beginnen sich zu entwickeln.

Dies ist vor dem Hintergrund eines dünn besiedelten Landkreises, in dem es oft notwendig ist, viele Kilometer zu überwinden, mit Problemen behaftet, denn 50°/o der Ortsgemeinden des Landkreises Daun verfügen über keinen Kaufladen, in etwa 40% existiert kein Gasthaus mehr. Ganz zu schweigen von Angeboten im kulturellen Bereich. Hier gilt es, Eigenverantwortung zu übernehmen und in gemeinsamer Arbeit beim Ausbau der dörflichen Infrastruktur, nicht nur im Interesse der Älteren, sondern der ganzen Gesellschaft, tätig zu werden. Schwerpunkt kann nur das Miteinander aller Generationen sein. Spezielle Angebote für Senioren sind dann notwendig, wo sie angesichts der Besonderheiten des betroffenen Personenkreises sinnvoll sind.

Darüber hinaus macht es wenig Sinn, Angebote zu schaffen, die an den heutigen Interessen der älteren Menschen vorbeigehen und ihnen, wenn auch immer gut gemeint, von anderen zugedacht werden. Altenhilfe kommt, dort wo es möglich ist, von Älteren für Ältere.

Die Kreisverwaltung ist sich dieses Themenkreises schon seit geraumer Zeit bewusst und hat zum 1. 6. 1996 im Rahmen eines Modell programmes des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung die »Leitstelle zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen im Landkreis Daun« eingerichtet. Wie der Bezeichnung entnommen werden kann, ist ein Schwerpunkt der Tätigkeit die Altenarbeit im Bereich der Pflegebedürftigkeit, die insbesondere in einem ländlich strukturierten Gebiet einen stärkeren Anteil im Bereich der ambulanten, familiären Versorgung aufweist. Darüber hinaus gehört auch die sogenannte »offene« Alten- und Behindertenhilfe zu den Aufgaben der Leitstelle. Hier geht es um die Verbesserung der Lebensqualität aller älteren und behinderten Menschen, ganz gleich, ob Pflegebedürftigkeit vorliegt oder nicht. Die Steigerung alleine der augenblicklichen, also rein gegenwartsbezogenen Lebensqualität wäre Ansporn genug. Ein Tätigwerden lohnt sich erst recht, wenn dadurch das Risiko zukünftiger Pflegebedürftigkeit reduziert und Hilfebedarf, wenn auch nicht ganz vermieden, so doch zumindest hinausgeschoben wird. Im Grundsatz ist davon auszugehen, dass durch Förderung und Erhaltung der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten, insbesondere im Alter, nicht nur kurzfristig Lebensqualität erworben, sondern auch Pflegebedürftigkeit vermieden wird.

Erste Erfahrungen und Ergebnisse sind im Seniorenplan des Landkreises Daun zusammengefasst, der im Juli 1998 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Der Plan informiert in anschaulicher Weise, welche Hilfen und Einrichtungen derzeit älteren Menschen im Landkreis Daun zur Verfügung stehen. Darüber hinaus werden Anregungen gegeben, wie eine zukünftige Altenhilfe aussehen könnte. Abgerundet wird der Plan durch allerlei Wissenswertes rund ums Thema »Alter und Altern«. Alle Kapitel sind in sich abgeschlossen. Es ist nicht erforderlich, den etwa 160 Seiten umfassenden Senioren-plan im Zusammenhang zu lesen. Jeder Leser kann sich gezielt das heraussuchen, was ihn interessiert. Es gibt eine Vielzahl von Tips, wo man sich weitere Informationen besorgen kann. Selbstverständlich ist auch ein Adressenverzeichnis beigefügt.

Neben den Verwaltungen, Organisationen und Vereinen, die sich gezielt mit Altenarbeit befassen, steht der Seniorenplan jedermann zur Verfügung. Er kann gegen einen kleinen Kostenbeitrag von 10,00 DM bei der Leitstelle zur Verbesserung der Situation Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen im Landkreis Daun, Mainzer Str. 25, 54550 Daun, Tel. 06592/933-274, Dietmar Engeln, nachgefragt werden.