Erinnerung zum 100. Geburtstag

Peter Graw, Esch

Das Eifeler Kniestockhaus in Esch an der Hauptstraße wird in diesem Jahr 100 Jahre alt. Über der Eingangstür ist in der Sandsteineinfassung folgendes eingemeißelt: JL 1898 AMW. Da die jetzigen Besitzer das Haus von einem Makler gekauft haben, wusste man lange Zeit nichts über die Erbauerfamilie. Nach einigen Nachforschungen stellte sich heraus, dass viele Escher Familien mit diesem Haus verbunden sind. Die Initialen stehen für Joseph Lamberty und Anna Maria Wirtz. Als Häuser noch keine Hausnummern hatten, gab es für jedes Haus einen Namen. Das Wohnhaus der Familie Lamberty heißt Homes. In unmittelbarer Nähe gibt es drei Homes Häuser. Das älteste wurde im Jahr 1818 erbaut, das zweite 1856 und das dritte JL 1898 AMW. Das Haus von 1818 wurde von Petrus Hoffmann aus Esch und Anna Christina Schenten aus Kerpen gebaut. Die Familie Hoffmann war etwa 1660 von dem untergegangenen Dorf Sengersdorf nach Esch umgesiedelt. Im Jahr 1839 heiratete Gerhardus Lamberty aus Pronsfeld Anna Christina Hoffmann, Tochter der Eheleute Petrus Hoffmann und Anna Christina Schenten. Gerhardus Lamberty zog in das 1818 erbaute Haus Homes (Hoffmanns) ein und übernahm die Schmiede seines Schwiegervaters. Er war von 1865 bis 1876 Bürgermeister von Esch und sorgte im Jahr 1872 dafür, dass die Escher Kirche eine neue Glocke bekam, da die alte Glocke einen Sprung hatte. Im Jahre 1856 wurde die Schmiede zu einem Wohnhaus umgebaut, denn die Familie von Gerhardus und Anna Lamberty war auf 10 Kinder angewachsen. Im Jahr 1860 wurden die beiden jüngsten Kinder, die Zwillinge Michael und Peter Joseph Hubert geboren. Michael Lamberty wanderte im Jahr 1893 mit seiner Verlobten Catharina Robischon aus Esch nach Amerika aus. Die beiden heirateten in Brooklyn und kehrten aus Heimweh im gleichen Jahr wieder nach Esch zurück.

Hier muss gesagt werden, dass zu der Zeit viele Eifeler wegen schlechter Lebensbedingungen nach Amerika auswanderten. Die jüngsten Kinder blieben in der Regel im elterlichen Haus, heirateten und versorgten Eltern und unverheiratete Geschwister. Als Michael Lamberty aus Amerika zurückkehrte, übernahm er das 1856 erbaute Haus und P. Joseph H. Lamberty wohnte mit Eltern und Kindern in dem ältesten Homes-Haus. Im Jahre 1897 verstarb Gerhardus Lamberty. Nach dessen Tod verkaufte Joseph P. H. Lamberty das elterliche Haus für 800 Taler an eine Familie Koch. Von diesem Geld wurde im Jahr 1898 das Eifeler Kniestock-Haus gebaut und die Familie Lamberty zog mit in das neue Haus. 1925 verstarb Anna Maria und 1928 Joseph Peter Hubert Lamberty. Als 1898 das Haus neu errichtet wurde, sah die Raumaufteilung wie folgt aus: Die Küche lag im Erdgeschoss und verfügte über eine Handpumpe, der Spülstein lag unter dem Fenster, der Ausguß lief nach außen ab. Zum Kochen gab es eine offene Feuerstelle, der Backofen war ebenfalls von der Küche aus zu bedienen. Im Erdgeschoss befanden sich noch drei Räume. Ein Wohnzimmer mit Ofenheizung, ein Elternschlafzimmer und ein weiterer Wohnraum. In der oberen Etage waren zwei Schlafräume, die nicht beheizt wurden. Eine Hälfte der oberen Etage wurde als Speicher genutzt.

Als das Haus bezogen wurde, hatte die Familie Lamberty vier Kinder: Gerhard "1891 f 1960, Peter *1893 t?, Anna*1893+?, Hubert *1895+1935. Nach dem Umzug kamen noch vier Kinder dazu: Christina *1898 + 1916, Susanne "1899 11973, Michael * 1901 +1985, Margaretha* 1904+ 1981. Nun wurde das Haus von zehn Personen bewohnt, für heutige Zeiten kaum vorstellbar, damals aber durchaus normal. Gerhard ging bis 1905 zur Schule, danach wurde er Dorfhirte und wohnte bei verschiedenen Familien. Später wanderte er von Hof zu Hof, verdiente sich so seinen Unterhalt und verstarb 70jährig in Esch. Peter ging nach der Schulzeit 1907 nach Köln, wo er bei der Reichspost Arbeit fand, heiratete und einen Sohn Hardi (Gerhard) hatte.

Anna besuchte die Schule bis 1908, heiratete 1919 Mathias Grün aus Kerpen und wohnte dort.

Hubertus arbeitete ab 1909 in Köln bei der Reichsbahn und verunglückte 1935 tödlich. Christina besuchte die Schule bis 1912 und starb 1916. Susanna ging bis 1913 zur Schule, erlernte keinen Beruf und lebte im Haus der Eltern, bis sie

1973 dort starb. Michael ging bis 1915 in die Schule. 1926 heiratete er Anna Maria Klunk. Sie zogen in das Elternhaus der Familie Lamberty, wo 1926 der Sohn Mathias geboren wurde. Sie versuchten ihr Glück mit einem Lebensmittelladen. Der Erfolg war nicht groß, da sie ihre kleinen Kunden mit Süßigkeiten beschenkten und so kein Geld in die Kasse kam. Michael und Maria Lamberty hatten vier Kinder: Mathias *1926 + gef. 1945, Peter *1928, Gertrud * 1930, Anna Maria *1934.

1928 starb P. Joseph H. Lamberty, danach wurde das Erbe neu aufgeteilt. Susanna bekam Haus und Garten, Michael Geld und Land. Margaretha ging nach ihrem Schulabschluss 1919 nach Köln als Haushälterin zur Familie Kress, wo sie 1981 starb. Ab 1928 lebte Susanna alleine im Haus ihrer Eltern und versorgte sich selbst. Sie verfügte über kein Einkommen. Gegen Ende des zweiten Weltkrieges waren in dem Haus HJ-Jungen untergebracht, die zum Ausheben von Schützengräben abkommandiert worden waren. Einige kamen nach dem Krieg nochmal zurück und erzählten ihre Erlebnisse. 1948 war das Haus fünfzig Jahre alt und wurde noch von der Familie Lamberty bewohnt. Sohn Peter heiratete 1955 Christine Kill. Das junge Paar zog bei Susanna (Tant Süss) ein. Später kauften Peter und Christine das Haus auf Rentenbasis. Tant Süss erhielt Wohnrecht auf Lebenszeit. 1957 wurde Sohn Michael geboren. Da Tant Süss lange alleine gelebt hatte, war das Zusammenleben mit der jungen Familie zunehmend schwierig, so dass Lambertys 1964 ins Haus der Familie Kill zogen. Nun war Tant Süss wieder alleine im Haus. 1966, als sie 67 Jahre alt war, zogen Con-rad und Anna Watschinger, geb. Mors mit Kindern zu den üblichen Bedingungen ins Haus. 1973 starb Susanna Lamberty im Alter von 74 Jahren und die Ära Lamberty ging nach 75 Jahren zu Ende.

1976 kauften die Familien Graw und Norff das Haus. Nach umfassenden Renovierungsarbeiten (erstmaliger Einbau von Heizung, Bad und Isolierung) war es nach heutigem Gesichtspunkt wieder bewohnbar. 1986 wurde das Eifeler Kniestockhaus auf Wunsch der Besitzer unter Denkmalschutz gestellt. Somit ist das Haus vor dem Verfall bewahrt worden und kann auf hundert Jahre Geschichte zurückblicken.