Das Wahrzeichen von Berenbach -

Kastelberg zwischen Berenbach und Horperath

Dr. Reinhard Steffens, Berenbach

Unter den vielen Ortschaften des Kreises Daun ist das Dorf Berenbach am Fuß des Kastelberges (Volksmund: »Kaastel«) besonders malerisch in das Landschaftsbild der Vulkaneifel eingebettet. Was die Geschichte des Kastelberges anbelangt, weiß auch die Bevölkerung der umliegenden Dörfer nicht mehr zu berichten, als dass unterhalb des Gipfels eine große Anzahl moosbedeckter Basaltsteine liegen, die zusammen mit der Bezeichnung »Kaastel« möglichweise auf eine römische Militäranlage hinweisen. Vor dem Hintergrund neueren Fundmaterials soll nachfolgend versucht werden, den heutigen Kenntnisstand bezüglich der Geschichte dieser Bergkuppe zu schildern.

Geologische Verhältnisse

Der Gipfel des Kastelberges erhebt sich 70-100 m über dem umliegenden Gelände. Mit einer Höhe von 547,4 m und einer Fläche von 76.6 ar gehört der zwischen Berenbach und Horpe-rath gelegene Berg zu einer jener Basaltkuppen, die in der Eifel häufig anzutreffen sind. Mit einer Vielzahl von Vulkankegelbergen verleihen sie der Hocheifel das charakteristische Bild einer bewaldeten Hügellandschaft. Das Vulkangestein des »Kaastels« besteht aus Alkali-Olivin-Basalt; es entstand vor 34-42 Millionen Jahren im Erdzeitalter des Tertiär. Damals drang flüssige Basaltlava durch Spalten und Risse aus dem Erdinnern an die Oberfläche, wo sie zu einem meist stab- oder keulenförmigen Basaltgebilde erstarrte, jedoch keinen Lavastrom bildete. Entlang einer Nordwest-Südost-Linie vom oberen Ahrtal (Aremberg) über Adenau und Kelberg (Hohe Acht, Nürburg, Hochkelberg, Kastelberg) bis nach Höchstberg entstanden damals die ersten Basalt-Eifelvulkane, darunter die Hohe Acht mit 747 m die höchste Erhebung der Eifel. Wie in mehreren Steinbrüchen unterhalb des Gipfels

Berenbach mit Kastelberg

sichtbar, liegt das Basaltmaterial des Kastelberges in Form von mehr oder weniger großen, übereinander geschichteten Basaltsteinen vor.

Zeit der Kelten

Neben den Germanen im Norden und Osten, waren die Kelten die bedeutendste Volksgruppe, die damals (vor 50 v. Chr.) im Gebiet des heutigen Deutschland lebte. Sie gehören zur Völkerfamilie der Indogermanen; deren gemeinsames Merkmal die ähnliche Sprache ist. Die Kelten beherrschten die Metallgewinnung und das Kunsthandwerk der Metallbearbeitung. Der bedeutendste Keltenstamm unserer Region, auf den die Römer trafen als sie das Gebiet links des Rheins eroberten (58-50 v. Chr.), waren die Treverer mit dem Siedlungsgebiet beiderseits der Mosel, zwischen Maas und Mittelrhein. Der Stamm der Treverer bildete sich im Verlauf des 3. und 2. Jahrhunderts v. Chr. Er siedelte hauptsächlich in Einzelhöfen oder in kleinen Hofgruppen, deren Bewohner ihre Toten in kleineren Gräberfeldern bestatteten. Kennzeichnend für die keltische Zivilisation waren befestigte, stadtähnliche Fürstensitze (»oppi-da«), sowie befestigte Berggipfel. Es wird angenommen, dass die heute durch ringförmige Steinwälle charakterisierten Bergbefestigungen der Bevölkerung einst in erster Linie als Fluchtburgen bei drohender Gefahr durch Feinde dienten. Dementsprechend lassen sich auch nur in den seltensten Fällen Spuren einer festen Innenbebauung bei Ausgrabungen nachweisen. Cäsar hat in seinem Bericht über die Eroberung Galliens derartige Verteidigungsanlagen eingehend beschrieben, so dass über deren Aufbau schriftliche Informationen »aus erster Hand« vorliegen. Neben anderen Bergkuppen un-

Teil des Ringwallsystems am Kastelberg

serer Region (zum Beispiel Steineberger Lay und Basberg) wurde auch der Gipfel des Kastelbergs bereits in vorrömischer Zeit (vor 50 v. Chr.) befestigt. Bereits im vorigen Jahrhundert wurde diese Befestigungsanlage von Pfarrer Ost aus Demerath untersucht und durch Dr. Paul Steiner 1924 im »Trierischen Volksfreund« beschrieben.

Der Kastelberg weist eine ovale Gipfelfläche von nur ca. 30 m' auf, die von zwei kreisförmigen Ringwällen aus Basaltsteinen umgeben ist, und im Nordosten eine Unterbrechung für den Zugang enthält. Zwischen dem Gipfel und dem ersten Ringwall liegen verstreut viele Steine, wie sie auch beim Aufbau der beiden Wälle verwendet wurden. Diese Steine werden in der Literatur einer weiteren, verstürzten Befestigungsmauer direkt um die Gipfelfläche zugeordnet. Während der obere Steinwall in einer Breite von 6 bis 8 m und einer Höhe von 1,20 bis 2,50 m bis auf eine 4 m breite Torgasse auf der Nordseite ringsum läuft, fehlt beim unteren Wall die östliche Schutzlinie. Dieser untere Randwall ist in seiner Rundung auf der Süd-, West- und Nordseite 6-8 m breit und bis zu 3.50 m hoch. Es ist nicht auszuschließen, dass das fehlende untere Wallstück auf der Ostseite vor 1850 abgebaut wurde.

In Anlehnung an andere, ähnliche Befestigungsanlagen muss angenommen werden, dass die beiden heute als konzentrisch um den Gipfel angeordneten Ringwälle einst bei ihrer Errichtung Mauern bildeten. Diese Mauern bestanden aus einem Fachwerkgerüst aus Eichenholz, dessen Freiräume ohne die Verwendung von Mörtel mit Basaltsteinen zu einer Art Trockenmauerwerk ausgefüllt wurden. Als das Holz faulte, entstand allmählich das, was heute zu sehen ist: Zusammengestürzte Mauern in Form von ringförmigen Steinwällen. Die verwendeten, unbehauenen Steine sind im allgemeinen so groß, dass sie durch einen oder zwei Mann transportiert werden können. An Fundmaterial vom Kastelberg aus dieser vorrömischen Zeit (vor 50 v. Chr.) existieren mehrere atypische Keramikscherben. Aufgrund der geringen umwallten Fläche kann die Bergbefestigung auf dem »Kaastel« nur einer kleinen Gruppe von Menschen und Vieh in kriegerischen Zeiten beim Herannahen des Feindes Schutz geboten haben.

Vom Gipfel aus gesehen in W-/SW-Richtung befinden sich nach unten hin versetzt drei große Steinbrüche, von denen nur beim unteren ein Zufahrtsweg zu erkennen ist. Diese Steinbrüche enthalten das Basaltgestein in Gestalt und Größe so, wie es beim Bau der Anlage einst verwendet wurde. Die Steinbrüche werden in der Literatur als neueren Datums beschrieben; Pfarrer Ost erwähnt in seiner Beschreibung des Kastelberges (um 1850) nur eine »kleine Steingrube«. Sollten die heute vorgefundenen Steinbrüche tatsächlich neueren Datums sein, dann müssten die Erbauer der Ringwallanlage die verwendeten Basaltsteine in ausreichender Anzahl direkt über die Oberfläche des Berges verstreut vorgefunden haben. Eine andere Möglichkeit wäre die, daß das benötigte Steinmaterial von anderen Basaltsteinlagerstätten zum Kastelberg transportiert wurde, was aufgrund der bestehenden Verhältnisse jedoch als sehr unwahrscheinlich angesehen werden muss. Um hier mehr Klarheit zu erhalten, müssten geologische-/archäologische Untersuchungen durchgeführt werden.

Zeit der Römer

Mit der Ausbreitung der Römer bis zum Rhein begann auch eine verstärkte römische Besiedlung des Hinterlandes und damit auch unserer Region. Zur Erschließung landwirtschaftlicher Flächen erfolgte eine ausgedehnte Rodungstätigkeit im linksrheinischen Bergland. Für die ländliche Besiedlung war nicht das Dorf, sondern der Einzelhof (»Villa rustica«) typisch. Besonders im Einzugsgebiet römischer Fernstraßen war die Eifel mit solchen Einzelgehöften dicht bestückt, wie die archäologischen Funde beweisen. Man nimmt an, dass es sich hier um klein- oder mittelbäuerliche Familienbetriebe handelte. In der näheren Umgebung des Kastelberges befand sich eine römische Siedlung an der Landstraße zwischen Berenbach und Hörschhausen (Flurbereich: »Hoffeld«). Römische Funde wurden auch auf dem Hochkelberg gemacht. Zwischen Horperath und Ueß befand sich ein Heiligtum aus römischer Zeit, dessen Grundriss in den 1930iger Jahren freigelegt wurde. Nachdem der Kastelberg bereits in vorrömischer Zeit befestigt wurde, dürfte er nach Angabe des Rheinischen Landesmuseums Trier (Dr. Gilles) spätestens im 2. Jahrhundert n. Chr. durch die Römer wieder aufgesucht worden sein. Besonders in jüngerer Zeit konnten bisher auf dem Kastelberg folgende Oberflächenfunde gemacht werden:

- Römische Keramikscherben, (meist 2. Jahrh. bis 1. Hälfte 3. Jahrh. n. Chr.)

- Keramik aus nichtrömischer Zeit: Mehrere atypische vorgeschichtliche Wandscherben sowie wenige spätmittelalterliche, violettbraunglasierte Wandscherben geriefter Ware

- Eine römische Silbermünze des Kaisers Caracalla (198-217 n. Chr.)

- Zwei schlecht erhaltene römische Münzen (Zeitraum: 268-280 n. Chr.)

- Zahlreiche Ziegelfragmente

- Scherben von Fensterglas. Eine Scherbe mit Resten einer Glasschliffverzierung

- Dachschieferbruchstücke sowie eine vollständig erhaltene Dachschieferplatte

- Zahlreiche Eisennägel verschiedener Größe mit viereckigem Querschnitt.

Bereits um 1934 wurde im Bereich des Kastelberges das Oberteil einer römischen Handmühle aus Mayener Basaltlava gefunden.

Im Gipfelbereich des »Kaastel« wurden bisher weder Spuren von Mörtel noch behauene Steine aufgefunden. Es ist anzunehmen, dass der Gipfel des Berges zur Zeit der Kelten und Römer gerodet war, denn nur so konnte er jederzeit auch als Aussichtspunkt in Kriegszeiten genutzt werden. Lange Zeit wurde angenommen,

Römische Keramikscherben vom Kastelberg

auf dem Kastelberg habe zur Zeit der Römer ein militärischer Wachturm oder eine Signalstation gestanden. Heute geht Dr. Gilles vom Rheinischen Landesmuseum Trier davon aus, dass die neueren Funde auf eine Kultstätte (Bergheiligtum) schließen lassen. Dieses Bergheiligtum könnte - vielleicht mit Unterbrechungen - bis in die Mitte des 4. Jahrhunderts von der damaligen Bevölkerung unserer Region genutzt worden sein. Für diese Annahme spricht vor allem das verstärkte Auftreten der Keramik des 2. und der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts und das Fehlen von Keramikfunden der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts, was bei anderen Bergheiligtümern (z. B. Bremm, Fell oder Zell) ebenfalls anzutreffen ist.

Eine Erklärung für den zeitlichen Bruch der Nutzung des Kastelberges als Bergheiligtum im 4. Jahrhundert ist wohl die Tatsache, dass im Laufe der Christianisierung des römischen Volkes im Jahr 353 die Schließung aller heidnischen Tempel verordnet wurde. Wer" sich diesem Verbot durch Betreten der Tempel/Kultstätten oder durch Opferhandlungen widersetzte, dem drohte Enteignung oder Todesstrafe.

Zeit der Franken

Ab der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts hatte sich das römische Reich immer mehr in kriegerischen Auseinandersetzungen gegenüber dem im Norden ansässigen Germanenstamm der Franken zu verteidigen. So erfolgte in den Jahren 256/257 ein Frankeneinfall ins weströmische Reich, der zwar abgewehrt werden konnte, der jedoch auch das Ende des »goldenen Zeitalters« der Römer am Rhein einläutete. 355/356 durchbrachen wiederum große Frankenscharen den Rheinlimes und brachten die Provinzhauptstadt Köln in ihre Gewalt. Ein Gegenangriff des Kaisers Julian war zwar von Erfolg gekrönt, konnte aber keinen dauerhaften Frieden gewährleisten. Im Jahr 459 fiel die Stadt Köln wieder in fränkische Hand. Von Köln aus stießen die Franken dann weiter rheinaufwärts vor. Ein schwächerer Vorstoß galt dem Moselraum (Moselfranken), der um 480 in fränkische Hand übergegangen sein dürfte. Von da an war aus dem römischen das fränkische Rheinland geworden.

Was unser Gebiet der Vulkaneifel (Kreis Daun) betrifft, so hat hier zunächst wohl keine große Ansiedlung von Franken stattgefunden, da die Fruchtbarkeit des Bodens sehr zu wünschen übrig ließ. Diese Annahme wird dadurch gestützt, dass in unserem Bereich kaum fränkische Bodenfunde aus jener Zeit gemacht wurden. Die Landgutshöfe der Römer waren zerstört oder verlassen und wurden nicht mehr aufgebaut, da die Franken einen anderen Baustil mitbrachten: Die Fachwerkbauweise aus Holz und Lehm. Große Teile der Landschaft wurden im Laufe der Jahrhunderte von Wald überwuchert, so dass eine Art »Eifelurwald« entstand. Abgesehen von einigen Ausnahmen entstanden die meisten unserer Hocheifeldörfer wohl erst nach der Jahrtausendwende. Die an Mosel und Rhein ansässige fränkische Bevölkerung rodete den dichten Wald in unserem Gebiet und legten Höfe an, aus denen dann allmählich kleine Dörfer wurden.

Typische Beispiele solcher Rodungsdörfer sind Ortschaften, deren Dorfnamen auf die Silbe »-rath« enden (z. B. Horperath, Kolverath, Reimerath, Welche-rath, Demerath, Utzerath). Ein unverwechselbares Erbe das die Franken beim Errichten von Rodungssiedlungen in unsere Gegend, die südliche Hocheifel, mitbrachten, ist der hier gesprochene Dialekt, das »Moselfränkisch«, das sich in der Aussprache und in vielen unterschiedlichen Bezeichnungen und Redewendungen vom Dialekt der Nordeifel abhebt. Den Kastelberg betreffend kann nicht gesagt werden, ob sein Gipfel durch die moselfränkische Bevölkerung der in der Umgebung entstandenen Rodungshöfe/-ortschaften in Kriegszeiten noch als Zufluchtsort genutzt wurde. Das äußerst spärliche Fundmaterial (wenige spätmittelalterliche, violettbraun glasierte Wandscherben) lässt diesbezüglich keine Schlüsse zu.

Obwohl der Name »Kaastel« einen römischen Ursprung vermuten lässt, muss angenommen werden, dass dieser Name erst später, vielleicht von den ersten rodenden Siedlern eingeführt wurde, da unsere Region, wie bereits dargelegt, über die Jahrhunderte hinweg nicht lückenlos besiedelt war. Bereits Pfarrer Ost bemerkte, dass die Bezeichnung »Castell« größtenteils nicht etwa der römischen Zeit, sondern dem Mittelalter entstammt.

Kelten, Römer, Moselfranken, alle haben sie mehr oder weniger ihre Spuren auf dem Kastelberg hinterlassen. Es bleibt der archäologischen Forschung vorbehalten, künftig noch mehr Details dieses

Berges aus dem Dunkel früherer Jahrhunderte ans Tageslicht zu bringen.

Quellen

- W. Meyer, »Geologie der Eifel«, 1994

- R. Richter, »Vulkanismus im Kreis Daun - global gesehen«, JB Kreis Daun 1996

- W. Janssen, »Kleine Rheinische Geschichte«, 1997

- G. U. Knackstedt, »Vor- und frühgeschichtliche Befestigungen im Kreis Euskirchen«, Eifeljahrbuch 1994

- K. H. Koch und R. Schindler, »Vor- und frühgeschichtliche Burgwälle des Regierungsbezirks Trier und des Kreises Birkenfeld«, Trier 1994

- E. Mertes, »Archäologische Fundstellen in der Verbandsgemeinde Kelberg, Kreis Daun«, 1981

- Dr. P. Steiner, »Vorzeitburgen der Eifel« in »Trierischer Volksfreund«, 49, Nr. 274 vom

27. 11. 1924

- A. v. Cohausen, »Die Befestigungsweisen der Vorzeit und des Mittelalters«, 1898

- Dr. K. J. Gilles »Römische Bergheiligtümer im Trierer Land«, Trier. Zeitschr. 50, 1987

- Kreisverwaltung Daun

- W. Schwind, »Der Eifelwald im Wandel der Jahrhunderte« (1984)