Es hat nicht sollen sein ...

Eisenbahngeschichten in und um Dreis

Dieter Nebendorf, Dreis-Brück

Im Jahre 1856 wird von einem Konsortium, dem unter anderem die Landräte der Kreise Mayen, Daun und Wittlich sowie einige Gemeindebürgermeister, Gutsbesitzer, Grubenbesitzer und Kaufleute angehören (die Unterschriftenliste zeigt 28 Namen), eine Denkschrift verfasst, worin eine Eisenbahn von Koblenz nach Trier durch die Eifel gefordert wird. In dieser Schrift werden die Vorteile und die Rentabilität einer solchen Strecke sehr hoch gepriesen.

Als Frachtbringer für die Bahn werden unter anderem erwähnt: Mineralwasservorkommen bei Oberehe (heutige Nürburgquelle), Lavasandgruben, Mühlsteinbrüche, Nutzholz und Schlachtvieh. Selbst Zucht- und Schlachtvieh sollte mit der Bahn in die Schlachthöfe der Großstädte transportiert werden. Vom Kreis Daun sollten jährlich fast drei Millionen Zentner Fracht in Richtung Koblenz und 300 000 Zentner in Richtung Trier befördert werden. Außerdem rechnete man mit einer Abfuhr von 3 000 Stück Rindvieh und 300 000 Schweinen im Jahr. In der zugehörigen Karte ist bei Darscheid eine Abzweigung vorgesehen, einmal über Dreis, Dockweiler, Hillesheim, Stadtkyll, Schleiden nach Düren mit Anschluss an die damals schon bestehende Eisenbahn Köln-Aachen und einmal über Daun, Manderscheid, Eisenschmitt, Dreis bei Wittlich, Hetzerath, Föhren, Ehrang nach Trier. Außerdem sollte noch eine Zweiglinie von Darscheid südlich über Strotzbüsch, Hontheim nach Wittlich geführt werden, die dann bei Salmrohr wieder auf die Trierer Bahn gestoßen wäre. Diese Linienführung ging nie in eine endgültige Planung und wurde vergessen. In den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts hatte eine ausländische Bahngesellschaft versucht, eine Bahnlinie von Paris über Bastogne, St. Vith, durch die Eifel nach Koblenz, mit der Weiterführung über Berlin bis nach Krakau zu realisieren. Dazu sollten in der Eifel auch nördlich und südlich der Hauptlinie noch Zweigbahnen gebaut werden. Wie Dr. Blum im Eifelvereinsblatt von 1952 schreibt, hatte der preußische Staat bereits 1862 einen Zuschuss zur Strecke abgelehnt. Aber die belgische Regierung schloss 1863 einen Vertrag mit der Gesellschaft über den Bau der Eisenbahn.

Nachdem die Führungsspitze der Gesellschaft mehrfach gewechselt hatte, wurden auch die Pläne geändert. Demnach sollte die Bahn von St. Vith durch die Eifel und über den Hunsrück nach Mainz gebaut werden. Vorarbeiten und Vermessungen wurden noch ausgeführt, so belegen nicht eingelöste Entschädigungsforderungen einiger Anlieger aus dem Kreis Daun, dann hat man nichts mehr von diesem Projekt gehört.

Geplante Linien, die Dreis berühren sollten

Als nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870-1871 die Eisenbahnstrecke Köln-Trier durchgängig befahren werden konnte, wurden überall in der Eifel Wünsche nach Zweigbahnen laut. Dabei hätten folgende Streckenvorschläge das Ortsgebiet von Dreis berührt:

1. Von der mittleren Mosel (Bengel) durch das Alfbachtal über Daun, durch die Struth (oberes Liesertal), über Kradenbach, Dreis, Dockweiler nach Gerolstein.

2. Vom Rhein (Andernach) über Mayen (Strecke seit 1875 in Betrieb), Kelberg, Dreis, Dockweiler nach Gerolstein.

3. Von Adenau (Strecke Remagen - Adenau seit 1888 in Betrieb) über Kelberg, Kradenbach, Dreis, Dockweiler nach Gerolstein.

Im Januar 1888 geht eine Petition von Daun an das königliche Ministerium für öffentliche Arbeiten zu Berlin, worin eine Linienführung der Bahnlinie Mayen-Gerolstein über Daun gefordert wird. Diesem Wunsch nach Änderung des ursprünglichen Planes wird von Minister Maybach stattgegeben und über den Landtag in den Entwurf eines Gesetzes zur Erweiterung und Vervollständigung des Staats-Eisenbahnnetzes aufgenommen, die Planung der Strecke zur mittleren Mosel wird ersetzt durch die Strecke Daun-Wittlich (fertig 1910). Die Pläne zur Verlängerung der Ahrtalbahn über Adenau und Kelberg nach Gerolstein werden geändert in eine Version, die bei Rengen in die Strecke Daun-Gerolstein einmündet. Die weitere Verfolgung dieser Pläne wird durch den ersten Weltkrieg gestoppt. Aber bis weit in die zwanziger Jahre tauchen immer wieder Pläne auf, die eine Weiterführung der Bahn über Adenau hinaus bezwecken. Dabei wäre bei einer Variante auch Dreis wieder mit im Spiele gewesen. Diese Variante über Wimbach, Kottenborn, Wiesemscheid, Bauler, Bodenbach, Bongard, Brück, Dreis, Dockweiler wurde wegen landschaftlicher Schwierigkeiten aufgegeben. Daß die Bahn selbst an einer Verbindung zwischen Adenau und Daun interessiert war, zeigt sich noch in den fünfziger Jahren. Da wurde ein Zweiwegefahrzeug (der Schi-Stra-Bus) in Dienst gestellt, der morgens von Köln über Andernach, durch das Ahrtal bis Adenau die Schiene benutzte, in Adenau auf die Straße wechselte und bis Daun an den Bahnhof fuhr. Dort wurde er wieder aufgegleist und fuhr auf der Schiene über Wittlich bis nach Bernkastel. Abends ging es in umgekehrter Richtung zurück.

Linienführung Gerolstein - Daun über Dreis

Um die enormen Steigungen, die bei einer Linienführung über Dockweiler unumgänglich waren, zu vermeiden, wurde eine Planvariante über Dreis ins Spiel gebracht. Danach sollte die Trasse von Betteldorf nicht im großen Bogen nach rechts in Richtung Dockweiler geführt, sondern durch einen Einschnitt zwischen Döhmberg und Schwammert (Breitenbüsch) ins Ahbachtal verlaufen. Zwischen der Dreiser Mühle und der heutigen Nür-burgquelle sollte die Bahn den Ahbach auf einem Damm kreuzen und dann am Hang des Struthberges (Wasserbehälter der Nürburgquelle, Lavasandgruben) vorbei, den Brücker Bach überqueren und zwischen Hörsch und Dreiser Höhe an Kradenbach vorbei in die Struth geführt werden. Nach einer anderen mündlichen Überlieferung sollte der Döhmberg untertunnelt werden, die Trasse dann am Breitenbüsch vorbei, hinter dem Dorf in einem Einschnitt in Richtung Steinley geführt werden, wo dann auch der Bahnhoffür Dreis und Dockweiler geplant war. Von dort aus sollte die Bahn in den Dreiser Wald geführt werden und etwa an der heutigen Eisenbahnbrücke am Dockweiler Weg in die heutige Strecke einmünden. Diese Version scheiterte an der derzeitigen Uneinsichtigkeit des Dreiser Gemeinderates.

Der Namensstreit um den Bahnhof Dockweiler-Dreis

Zur Zeit des Bahnbaues in der Eifel gab es in der näheren Umgebung drei Orte mit dem Namen »Dreis«, Dreis bei Nürburg (heute Drees), Dreis bei Dockweiler (heute Dreis-Brück) und Dreis bei Wittlich. Diese Ortsnamen wurden im Dialekt der Eifel als Nürburg-Dreis, Dockweiler-Dreis und Wittlich-Dreis ausgesprochen. Da kann man sich das Erstaunen des Dockweiler Gemeinderates vorstellen, als in den Planungsunterlagen plötzlich statt des Namens »Bahnhof Dockweiler« der Name »Dockweiler Dreis« auftaucht, obwohl die Lage des Bahnhofes gar keine Beziehung zum Dorf Dreis hat und auch die Bahnlinie das Gemeindeland von Dreis nur berührt und nicht, wie bei Dockweiler, vollständig durchschneidet. Wie sich später herausstellt, ist nicht der Gemeinderat von Dreis der Urheber der Namensänderung, sondern die guten Beziehungen der Dreiser Familie Jerrentrupp zu den Baumeistern der Bahn, Bechtel und Blankennagel, und zum Landrat des Kreises, Herrn von Ehrenberg. Zwischen April 1894 und Juli 1896 versucht der Gemeinderat von Dockweiler durch Eingaben und Petitionen an die königliche Eisenbahndirektion linksrheinisch zu Köln, den Landrat Herrn von Ehrenberg, das Ministerium für öffentliche Arbeiten in Berlin, die Königliche Regierung in Trier, die Eisenbahndirektion St. Johann in Saarbrücken und den Oberpräsidenten der Rheinprovinz in Koblenz, eine Änderung des Bahnhofsnamens zu erreichen. Alle Bescheide auf die Eingaben sind negativ, auch zum Teil wahrscheinlich dadurch, dass sich einige offizielle Herren durch die Vorgehensweise und die versteckten Drohungen der Dockweiler Gemeinderäte auf den Schlips getreten fühlten. Der Oberpräsident der Rheinprovinz, Dr. Nasse, bringt in seiner Antwort die Sache auf den Punkt. Zitat: Auf die Eingabe vom 10. vorigen Monats wegen Benennung der Eisenbahnhaltestelle bei Dockweiler erwidere ich Ihnen, dass für mich eine ausreichende Veranlassung auf eine Abänderung der bisherigen Bezeichnung »Dockweiler-Dreis« hinzuwirken schon deshalb nicht gegeben ist, weil in Ihrer Eingabe nicht dargelegt ist, dass der Gemeinde Dockweiler irgendwelche Nachteile in Folge der geltenden Benennung erwachsen. So besteht der Bahnhof Dockweiler-Dreis, trotzdem er seit dem 13. Januar 1991 nicht mehr benutzt wird, noch heute.