Alte bilder aus dem Kreis Daun

Gemälde von Karl Neuss aus dem Jahr 1921

Helmut Preise, Andernach

Karl Neuss, der bedeutendste Braunschweiger Maler der ersten Jahrhunderthälfte, besuchte im Sommer 1921 die Eifel, einer Kriegserinnerung folgend. Er hielt sich einige Zeit auch in Daun und Gerolstein auf und suchte dort und in der Umgebung nach Motiven. Ob er von schon bekannten Eifelmalern wie von Wille, Inden oder Nonn dazu angeregt war, ist nicht bekannt, aber zumindest wahrscheinlich, wie einige der von ihm gemalten Motive nahe legen. Die für diesen Beitrag ausgesuchten Arbeiten dürften für den Heimatfreund von historischem Interesse sein, so die Dauner Kirche. Der Standpunkt, von dem der Blick ausgeht, ist heute sicher nicht ganz einfach zu finden, das Gebäude rechts ist in dieser Form heute nicht mehr zu erkennen. Vielleicht kann ein Leser ausmachen, wo in dem damals viel kleineren Ort Gerolstein dieser alte Hof zu finden war? Karl Neuss erwanderte sich seine Landschaften, in denen er auf Motivsuche ging. Dabei malte er allenfalls nur kleinformatige bilder direkt vor Ort, sei es in Öl, sei es mit Aquarellfarben. Die meisten Motive erfasste er zunächst mit dem Bleistift, oft dasselbe mehrfach von verschiedenen Standpunkten aus. Die größeren bilder entstanden dann aufgrund der Zeichnungen im heimischen Atelier in Braunschweig. Allerdings muss man sagen, dass sein etwas spröder Malstil dazu neigte, in der Erfassung des für ihn Wesentlichen einer Landschaft oder einer Ansicht deutlich zu abstrahieren und auf Details, vor allem im Vordergrund, zu verzichten. Die Stimmung in seinen fast immer unbelebten Landschaften sind von eher schwerer Art. Sonnendurchflutete bilder mit entsprechender Licht- und Schattenführung gibt es bei ihm zwar auch; aber meist herrscht in seinen bildern doch ein recht diffuses Licht vor. Er hat seinen für ihn typischen Malstil schon früh entwickelt und diesen mit nur geringen Variationen immer beibehalten; einer zu Anfang unseres Jahrhunderts vorherrschenden Malweise lässt er sich kaum zuordnen.

Karl Neuss wohnte von 1888-1967 in Braunschweig, abgesehen von Akademie- und Kriegszeiten. 1906 bis 1909 besuchte er die Kunstakademie Kassel und ließ sich dort zum Zeichenlehrer ausbilden. Nebenbei besuchte er die »Malklasse«, die sich überwiegend mit Landschaftsmalerei beschäftigte. Als seine Lehrer werden Carl Holzapfel, Louis Kolitz und Hans Licht genannt. Auch wenn Neuss sich seinen Lebensunterhalt als Zeichenlehrer an Braunschweiger Gymnasien verdiente, hat er doch ein umfangreiches Werk geschaffen; er verstand sich selbst wohl eher als Maler. In verschiedensten Techniken, überwiegend Aquarell und Öl, schuf er seine Werke: Wenige Bildnisse, einige Stilleben, vor allem mit Blumen und Interieurs, überwiegend Ansichten und Landschaften. Trotz seiner Sesshaftigkeit ist er weit herumgekommen. Er suchte und fand Motive in Thüringen, Hessen, Brandenburg, auf Usedom und Rügen, auf Sylt, im Emsland, im Harz, in der Eifel; natürlich auch in Braunschweig und Umgebung, er unternahm Reisen ins Ausland, es gibt bilder mit Motiven aus Dänemark, Schweden, Finnland, Frankreich, Holland, Schweiz, Österreich und Italien. Karl Neuss nahm an vielen Ausstellungen teil, etwa 50 lassen sich nachweisen, in Braunschweig, Hannover, Emden, Hamburg, München, Mainz, Bremen. In den 20er und 30er Jahren müssen seine bilder recht beliebt gewesen sein, sie fanden Käufer nicht nur in seiner Heimat, sondern in ganz Deutschland, wie aus seinen eigenen Aufzeichnungen hervorgeht. Nach seinem Tode geriet er fast ganz in Vergessenheit, erst 1992/93 gab es anlässlich seines 25. Todestages eine große Gedächtnisausstellung mit etwa 200 Exponaten im Braunschweiger Landesmuseum. Dieses besitzt seit kurzem auch einen recht großen Teil des Neuss'schen Nachlasses.

Karl Neuss-bilder