Ein Schülerfilm

Medienprojekt der Klasse 9 b der Hauptschule Hülesheim

Christa Karoli, Gerolstein

Eigentlich wollten wir nur ein Projekt zum Thema »Gewalt« durchführen - dass wir so überaus intensiv, lange und erfolgreich daran arbeiten würden, dass das Projekt eine rasante Eigendynamik bekam, konnte niemand voraussehen.

Im Februar 1997 entwickelten wir die Projektidee gemeinsam im Sozialkundeunterricht. Die Schüler/innen entschieden sich deshalb für das Thema »Gewalt«, weil Gewalt in unserer Gesellschaft allgegenwärtig ist und weil sie sich darüber ärgerten, dass gerade Hauptschüler in den Medien als besonders aggressiv und brutal dargestellt werden. Sie schlugen vor, eine sachlich informierte Videodokumentation zu erstellen. Da wir uns als Laien im praktischen Umgang mit der Videotechnik überfordert fühlten, baten wir Kurt Laux (Kreisjugendpfleger und Offener Kanal Daun) um Unterstützung. Er machte uns technisch fit und arbeitete intensiv mit uns. Die Videotechnik stellte der Offene Kanal Daun zur Verfügung. Es folgten wochenlange Recherchen, an vielen Tagen waren die Schüler mit der Videokamera unterwegs, fuhren 468 km zu den verschiedenen Drehorten. Sie drehten 392 Einzelszenen, befragten Besucher auf dem Hillesheimer Wochenmarkt und dem Trierer Hauptmarkt. Bei den ersten Interviews zeigten sie noch starkes Lampenfieber - später gingen sie lockerer auf die Passanten zu. Ausführliche Gespräche mit Fachleuten in Ämtern, sozialen Einrichtungen, bei der Polizei und mit Politikern folgten. Die Mädchen und Jungen schrieben Manuskripte, suchten bilder und Grafiken aus, zeichneten, sprachen ihre Kommentare zum Thema in die Kamera.

Vom 19. bis 22. Juli 1997 zogen wir uns zu einem Workshop in die Jugendfreizeitstätte nach Kelberg zurück, um den Film fertig-

Live-Sendung in Daun, Klasse 9b, Projektbetreuer Kurt Laux und Christa Karoli sowie Moderator U. Weller

zustellen. Schüler/innen wählten die passende Musik aus, schrieben 41 Seiten Schnittprotokolle, schnitten den Film im Offenen Kanal Daun - insgesamt 28 Stunden - und staunten darüber, dass sie stundenlang beschäftigt waren, um dann nur wenige Minuten auf dem Masterband fertig zu sehen.

Wir empfanden Bewunderung für die Schüler, die beim Lesen ihrer Texte trotz unzähliger Versprecher nicht aufgaben, sondern solange durchhielten, bis der Text einwandfrei saß. Obwohl wir oft bis spät in die Nacht konzentriert arbeiteten, kamen Spaß und Freizeit nicht zu kurz. Um der »Uraufführung« unseres Films einen angemessenen Rahmen zu verleihen, überlegten wir, den Film im Kino in Hillesheim zu zeigen. Frau Runge stimmte zu und ging bereitwillig auf unsere Gestaltungs- und Programmvorschläge ein. Passend zum Projektthema dekorierten wir die Kinoräume um und demonstrierten in einer Fotoausstellung den Ablauf des Projekts. Am 12.11. gestalteten wir selbst den ganzen Kinoabend - musikalisch unterstützt von Frau Klaeren, Lehrerin an der Graf-Salentin-Schule Jünkerath und der Schulband. Sie spielten den eigens für die Aufführung komponierten und getexteten Song »Gewalt« - einen plakativen Sprechgesang. Anschließend erhoben sich aus den Publikumsreihen einzelne Schüler und verlasen nacheinander im Telegrammstil Schreckensmeldungen zu aktuellen Gewaltverbrechen. Danach zeigten wir den Film, und die Schüler/innen stellten anschließend eindrucksvoll und selbstbewusst ihr Projekt im vollbesetzten Kino vor, beantworteten Fragen aus dem Publikum. Viele Schüler betrachteten die Kinopräsentation als Highlight ihrer Schulzeit. Im Anschluss an die Kinopremiere

Nina Hochmann am Schnittplatz im Offenen Kanal Daun

konnten wir in der Kreissparkasse Daun und in der Volksbank Hillesheim eine Ausstellung zu unserem Projekt zeigen. Die Ausstellungsbesucher meinten, es sei wichtig, dass gerade Jugendliche sich intensiv mit dem Phänomen »Gewalt« in unserer Gesellschaft auseinandersetzen, lobten die Teamarbeit der Schüler und fanden es hervorragend, dass Jugendliche engagiert handelnd, filmend, diskutierend und forschend lernten. Da die LPR (Landeszentrale für private Rundfunkveranstalter) zufällig ihren jährlichen Wettbewerb zum Thema »Gewalt« ausschrieb, reichten wir unseren Film Ende September 97 ein, mussten lange gespannt auf die Entscheidung warten und gewannen den 1. Preis. Am 2. 2. 98 erhielten wir in Ludwigshafen den Preis - eine Urkunde und einen Scheck in Höhe von 4000.-DM. Klaus Jürgen Lais (Vorsitzender der LPR) lobte besonders die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem gesellschaftlich brisanten Thema und den Verzicht auf Gewaltszenen im Film. Die Schüler waren natürlich glücklich, dass ihre stressige, mühsame, intensive und schöne Zusammenarbeit auch noch auf diese Weise belohnt wurde, so Matthias Zens, stellvertretender Klassensprecher. Der Gewinn diente der Finanzierung des Projektes. •

Doch unsere Erfolgsstory ging noch weiter. Am 25. 3. 98 besuchte Klaus Jürgen Lais (LPR) den Offenen Kanal Daun. Da er uns den Förderpreis überreicht hatte, gab man uns die Gelegenheit, das Projekt noch einmal darzustellen, mit Klaus Jürgen Lais zu diskutieren und die Sendung live zu übertragen. Das bedeutete drei Tage intensive Vorbereitungen. Am Montag bauten wir die Kulissen für die Sendung auf, am Dienstag probten wir Regieanweisungen und Kameraeinstellungen, bereiteten uns auf die Interviews vor und spielten den Ablauf der Sendung mit Kurt Laux und dem Moderator Udo Weller durch. Schließlich war es soweit! Ein bisschen aufgeregt fühlten wir uns schon, als es hieß: »Noch vier Minuten bis zur Sendung, drei Minuten, zwei, eins, 30 Sekunden...

Nach einem kurzen Ausschnitt des Films »Gewalt« befragten Carmen Lindau und Stefan Schmitt als Co-Moderatoren ihre Mitschüler zur Entstehung und zum Ablauf des Filmprojektes, anschließend interviewte Udo Weller die Klassenlehrerin zum Projektunterricht und K. J. Lais zur Zusammenarbeit zwischen Schule und Offenen Kanälen. Auch die anschließende Gesprächsrunde zu diesem Thema mit Anita Basten (HS Daun), Bernhard Fochs (TMG Daun), Christa Karoli (HS Hillesheim), Siegfried Czernohorsky (TMG Daun), Klaus Jürgen Lais (LPR) und Astrid Schmitt (MdL) wurde von uns live übertragen. Die Schüler meinten zur Sendung: »Am Anfang waren alle aufgeregt! Man hatte Angst, dass man sich verspricht oder das falsche Bild einblendet.« (Thomas Krämer) »Wir haben alles selbständig gemacht: Regie, Studiokameras, Ton, Moderation« (Hermann Josef Raetz) »Hoffentlich haben sich viele Dauner die Sendung angeschaut! Wir haben uns doch so angestrengt« (Katja Scholzen) »Wir hatten mit Kurt Laux und Udo Weller Super-Partner« (Carmen Lindau).

Fazit: Wir machten mit dem Projekt überwiegend positive Erfahrungen, denn wir lernten miteinander und voneinander, meisterten gemeinsam Konflikte auf friedliche Weise, ertrugen Frust, unsere Eigenschaften und Macken und wir empfanden das tolle Gefühl, etwas gemeinsam geschafft zu haben, gemeinsam erfolgreich zu sein. Das soll auch aus der Fotodokumentation deutlich werden, die wir zu unserem Projekt erstellten.

Johannes Görg und Sebastian Schüssler befragen Passanten auf dem Hillesheimer Markt.