Die Kinder vom Sinnenbüsch

Silvia Schildgen, Feusdorf

Hurra, Ferien!

Endlich klingelte es. Die Erlösung der letzten Schulstunde war gekommen. Alle packten hastig ihre Schultaschen ein. »Ich wünsche euch allen schöne Ferien und dass ihr gut erholt und gesund in sechs Wochen wieder hier seid«, das waren die letzten Worte der Lehrerin, dann rannten alle Schüler aus der Klasse. »Jetzt haben wir es endlich geschafft!« rief Ulrich. »Ja! Der Wald wartet schon auf uns!« freute sich Nadine. Der siebenjährige Sergej schaute seine gleichaltrige Freundin erstaunt an. »Der Wald wartet auf uns? Was meinst du damit?« »Na, wir wollten doch in den Ferien ein großes Lager im Wald bauen.« »Ach ja, das hatte ich fast schon vergessen.« Eilig liefen sie zu ihrem Schulbus. Die drei konnten es kaum erwarten, nach Hause zu kommen. An der Straßenecke warteten schon die Mütter auf ihre Kinder. »Na! Nun habt ihr euer erstes Schuljahr geschafft. Nach den Ferien seid ihr in der zweiten Klasse, dann gehört ihr nicht mehr zu den Kleinen.« Mit diesen Worten empfing sie Nadine's Mutter. Ein Chor erhallte: »Jaaa!«

Außer Nadine, Sergej und Ulrich kamen noch Peggy, Roman und Manuel vom Schulbus. Alle zogen sogleich ihre Zeugnisse aus den Ranzen und zeigten sie voller Stolz ihren Müttern. Währenddessen kam auch der Kindergartenbus an. Die Kleinen vom Sinnenbüsch stiegen aus. »Dennis! Ich habe mein erstes Zeugnis bekommen und bin jetzt im zweiten Schuljahr«, erzählte Nadine voller Eifer ihrem kleinen Bruder. »Klasse, Nadine! Dann komme ich auch bald in die Schule.« »Ja, aber das dauert noch was.« Alle Kinder verabredeten sich für zwei Uhr am Wendehammer.

Die Lagerbesprechung

Der zehnjährige Roman und sein jüngerer Bruder Sergej waren die Ersten am Wendehammer. Roman sah die Straße hinauf. »Da kommen Manuel und sein Bruder Ulrich.« »Ja«, sagte Sergej, »und dahinter kommt die Peggy mit Verena und Jann. Ach, da kommen auch Nadine und Dennis.« »Na toll«, meinte Roman, »jetzt, wo wir alle zusammen sind, können wir ja in den Wald gehen.« »Halt!« rief Nadine. »Die Stefanie kommt noch. Ich habe eben noch mit ihr telefoniert. Ihre Mutter wollte sie bringen.« »Na gut«, sagte Peggy, die Älteste von allen, »dann warte ich auf Stefanie. Ihr anderen könnt ja schon mal vorgehen und eine gute Stelle für unser Lager suchen. Passt aber ein bisschen auf die Kleinen auf. Wir kommen dann nach.« Jann schaute Peggy ganz erstaunt an. »Wie willst du uns denn finden?« »Keine Sorge. Wenn wir euch nicht sehen, werden wir euch garantiert hören«, war Peggy's Antwort. Die Jung's gingen den Waldweg entlang und hielten dabei nach einem geeigneten Platz Ausschau. Sie wollten natürlich ihr Lager nicht direkt am Weg bauen. Es sollte schon mehr im Dickicht sein. Dort würde man sie nicht so schnell entdecken, und niemand könnte das Lager zerstören.

Als sie eine Weile gegangen waren, kamen sie vom Weg ab, kämpften sich durch dichte Sträucher und Tannen. Plötzlich standen sie auf einer Lichtung.

»Oh Mann! Jetzt war ich schon so oft im Wald, aber diesen Platz kenne ich noch gar nicht«, staunte Ulrich. Auch die anderen Jungs waren noch nie an diesem Ort. Es war ruhig. Alle schauten sich um. Plötzlich hörten sie im Hintergrund ein Rascheln. Erschrocken liefen sie in alle Richtungen. Erleichterung kam auf, als die Ursache des Geräusches vor ihnen stand. Es waren die Mädchen. »Wo kommt ihr denn so schnell her?« fragte Roman. »Tja«, klärte Nadine ihn auf: »Stefanie kam, als ihr gerade im Wald verschwunden ward. Da sind wir euch leise gefolgt. Wir wollten euch überraschen. Und wie man sieht, ist uns dies auch gelungen.« »Das kann man wohl sagen.

 

Ich hab' gedacht, da ist ein großer Wolf«, erzählte der vierjährige Dennis mit weit aufgerissenen, dunklen Augen. Auch seinem gleichaltrigen Freund Jann saß der Schreck noch in den Gliedern. Manuel, mit seinen neun Jahren, meinte natürlich: »Wir haben euch doch direkt bemerkt.« »Ja genau«, lenkte Roman ein, »eigentlich wollten wir euch erschrecken, aber ihr seid uns zuvorgekommen.« »Ha! Ha! Ha!« war die Antwort der Mädchen. »Das glaubst du doch selber nicht«. Ulrich und Sergej wollten gar nichts mehr davon hören und riefen die anderen in die Mitte der Lichtung. Ulrich meinte: »Also Leute. Ich denke mir, hier ist der richtige Platz für unser Lager.«

Roman schlug vor: »Als erstes müssen wir Baumaterial besorgen.« Da fiel Sergej ein: »Ich hab' am Anfang vom Wald ein paar Bretter gesehen. Vielleicht können wir die gebrauchen.« »Ja, das ist gut«, begeisterte sich Manuel, »damit können wir bestimmt was anfangen. Dann brauchen wir noch jede Menge dicke und lange Stöcke und Äste.« »Wir könnten auch Tannen benützen«, meinte Stefanie, »die sind mit ihren Nadeln schön dicht.«

Da fiel Nadine ein: »Mensch, meine Oma hat noch einen alten Teppich. Den will Opa wegschmeißen. Ich frage ihn, ob wir den haben dürfen.« »Klasse!« meinte Dennis, »dann können wir uns im Lager auch hinsetzen.« Auch Verena wollte ihres dazu tun: »Meine Mama hat ganz tolle Blumen im Garten. Daraus mache ich einen Blumenstrauß für unser Lager.« »Mein Papa hat noch eine alte Kiste im Keller«, sagte Jann, »die könnten wir als Tisch nehmen.« »Und eine Tischdecke und eine Vase kann ich uns besorgen«. »Toll, Stefanie!« begeisterte sich Peggy. »Ich werde mich um Essen und Trinken kümmern.« Die Kinder waren so voller Eifer mit den Ideen für ihr Lager beschäftigt, dass sie gar nicht bemerkt hatten, dass es schon spät war. »Also dann, bis morgen um zehn Uhr am Wendehammer«, sagte Peggy.

Der Bau des Lagers

»Wo bleibt denn der Jann? Ich glaube, ich gehe den mal holen«, meinte Dennis. Peggy hielt ihn zurück. »Warte, Jann kann heute Vormittag nicht. Aber am Nachmittag kann ich ihn abholen. Wenn du willst, kannst du ja mitkommen!« »Na klar, komme ich mit. Der Jann ist doch mein Freund!«

Am Geheimort angekommen, hatten sie schon eine beträchtliche Anzahl an Baumaterial, so dass sie gleich damit anfingen, es zu verarbeiten. Ideen über Ideen sprudelten aus ihren Köpfen. Die ersten Ferientage verbrachten die Kinder nur mit dem Bau des Lagers. Stefanie, die nicht am Sinnenbüsch wohnte, kam jeden Tag mit ihrem Fahrrad vorbei.

Dann der Tag, an dem das Lager endlich fertig war. Voller Stolz standen sie alle drumherum. Manuel war der Meinung:

»Na ja, mit einem Lager hat das ja weniger zu tun. Das sieht schon eher aus wie eine Hütte.«

»Aber das ist doch nicht schlimm«, meinte Nadine, »wir sind doch jede Menge Kinder. Jetzt haben wir wenigstens alle Platz«. Nun war es an der Zeit, das Lager einzurichten. Zuerst trugen sie den Teppich von Nadine und Dennis' Oma und Opa in ihre neue Behausung. Von Janns Vater bekamen sie die Kiste, die sie als Tisch verwenden wollten. Nadines Großeltern hatten noch eine Menge kleiner Stühlchen, die sie den Kindern mitgaben. Stefanie brachte die versprochene Tischdecke und die Blumenvase. Verena pflückte im Garten ihrer Mutter einen wunderbaren Blumenstrauß. Für kühle Getränke sorgte Peggy. Die Mutter von Roman und Sergej backte für die Kinder, Dennis und Nadine trugen einen Kuchen und Pappteller und -becher zum Lager. Manuel und Ulrich bekamen von ihrer Mutter Eis für jedes Kind mit.

Dann setzten sich die Kinder um den prächtig gedeckten Tisch mit der schönen Tischdecke, dem tollen Blumenstrauß, dem frischen Gebäck und dem gut riechenden Kuchen, den Bechern mit kühler Limo und leckten genüsslich an ihrem Eis. Das war für sie der schönste Ferientag. Selbstverständlich wurde später auch alles wieder in Ordnung gebracht. Die Kinder verließen den Wald sauber, es blieb nicht ein Papierchen dort liegen.