Schwierige Finanzierung Kyllbrücke

Peter Hoffmann, Lissendorf

Die Orte Lissendorf und Birgel erwecken aus der Vogelperspektive den Eindruck einer zusammenhängenden Ortschaft. Nur die Kyll als Gemarkungsgrenze trennt die Filiale Birgel vom Pfarrort Lissendorf. Es gibt viele Gemeinsamkeiten in beiden Dörfern. Freundschaftliche Beziehungen der Bewohner, rege Aktivitäten im Vereinsleben und Veranstaltungen wurden in früheren Jahren durch eine Holzbrücke erleichtert. Aber über die Unterhaltungskosten dieser Brücke kam es im Laufe der Jahre oft zu langwierigen Meinungsverschiedenheiten der Gemeinderäte.

Bis zu Beginn der Neuzeit vollzog sich der Fuhrbetrieb durch eine Kyllfurt. Diese Niedrigwasserstelle befand sich circa 80 Meter unterhalb der heutigen Brücke. Den Bewohnern diente ein aus Holz gefertigter schmaler Fußgängersteg zum Hinübergehen. Im Jahre 1587, an Walpurgistag, erteilte Hans Bernhard Graf von Manderscheid-Blankenheim und Herr zu Gerolstein dem Schultheiß vom Haupthof Lissendorf, Eberhard Schmidt, den Auftrag, zwischen beiden Ortschaften über die Kyll eine Brücke bauen zu lassen. Die aus Holz errichtete Brücke und der Fußsteg wurden bei Hochwasser und Eisgang öfter stark beschädigt und sogar von den Fluten mitgerissen. Bis die Kostenfrage geregelt war, dauerte es Wochen und Monate, ehe eine Verbindung wiederhergestellt wurde. So auch im Frühjahr 1699, als Brücke und Fußsteg von den Wassermassen der Schneeschmelze hinweggeschwemmt worden waren. Für längere Zeit war kein Hinüberkommen möglich. Der Pastor von Lissendorf sah sich veranlasst, dem Grafen v. Manderscheid-Gerolstein eine schriftliche Mitteilung über diesen Zustand zu machen. Er bat diesen dahingehend zu wirken, dass der Fußsteg wieder instand gesetzt werde, damit die Pfarrangehörigen von Birgel die Kirche und die Kinder den Schulunterricht in Lissendorf besuchen können. Nachdem die Herrschaft des Grafenhauses im Eifelraum durch die Französische Besatzung beendet war, fiel die Unterhaltung der Brücke an die Ortsgemeinden Lissendorf und Birgel. Aus den Chroniken der folgenden Jahre lassen sich die Sorgen und Nöte der Gemeinderäte erkennen, wenn die Finanzierung einer Reparatur oder der Neubau der Holzbrücke anstand. Im Winter 1847/48 wurde durch starken Eisgang die Holzbrücke zum Teil weggerissen. Am 25. August 1848 setzten sich die Gemeinderäte von Birgel zusammen, um über einen Brief ihrer Kollegen von Lissendorf über den Wiederaufbau der Brücke zu beraten. Mit der Lissendorfer Forderung, Birgel habe die Hälfte aller Kosten zu tragen, war man nicht einverstanden. In der Diskussion dieser Sitzung, die nach den Aufzeichnungen recht stürmisch verlaufen sein muss, stellte der Gemeinderat fest, dass es allgemein bekannt sei, dass die Kyll die Banngrenze zwischen beiden Gemeinden darstelle. Eine etwas ironische Feststellung, denn dies werden die Lissendorfer Gemeinderäte sicherlich gewusst haben. Es sei wohl richtig, so wurde bemerkt, dass ein Teil des Birgeier Waldes auf dem Bann Lissendorf liege, aber nur 270 Morgen und nicht 300 Morgen, wie der Gemeinderat von Lissendorf unrichtig angibt. So wurde festgestellt, das vom Lissendorfer Bann abzufahrende Holz werde über Gönnersdorf, von dort durch die Kyllfurt auf die Königliche Staatsstraße gebracht, ohne einmal die Kyllbrücke in Birgel gebrauchen zu müssen. Man machte also lieber einen Umweg, um beweisen zu können, dass man im Grunde genommen diese Brücke gar nicht brauchte. Demgegenüber hielt man der Gemeinde Lissendorf vor, dass sie selbst 255 Morgen Wald auf Birgeier Bann besitze und sie ihr Holz allerdings über die fragliche Brücke bringen müsse. Während Lissendorf weiter der Gemeinde Birgel mitteilte, dass die Privatgüter beider Gemeinden auf beiden Seiten gleich groß seien, bewies Birgel, dass Lissendorf nach dem Kataster auf Bann Birgel 191 Morgen, Birgel aber in Lissendorf nur 62 Morgen Land liegen habe. Würde man nun, so argumentierten die Birgeier Räte zu recht, die Ausgaben für die fragliche Brücke durch Umlegen auf die einzelnen Steuerpflichtigen beider Seiten erheben, so würde sich herausstellen, dass Lissendorf wie früher 2/3 aus Birgel 1/3 abtragen müsse. Würde man die Verteilung auf die Feuerstellen vornehmen, so ergebe sich, dass Lissendorf bei 68 Feuerstellen und Birgel bei 30 Feuerstellen die Kosten gerecht verteilt wären. Die Gemeinderäte von Birgel argumentierten ferner, es sei ja nur die Lissendorfer Seite der Brücke fortgerissen worden, weshalb Lissendorf auch die gesamten Kosten tragen solle, zumal der noch stehende, eigene Brückenteil, noch gut brauchbar sei. Der Rat von Birgel wollte auch gar keine Fuhrbrücke, sondern ihm genügte ein Fußgängersteg. Hingegen müssen jedoch die Lissendorfer täglich ihr Getreide zur Birgeier Mühle sowie zum Treiben ihrer Schafherde zur Weide auf den Bann Birgel die Brücke benutzen. Am 30. August 1848 beschäftigte sich der Rat von Birgel wiederum mit der Angelegenheit. Zwischenzeitlich hatte man sich anscheinend über den Bau einer Fuhrbrücke geeinigt, da von einem Fußsteg keine Rede mehr war. Zum Bau der Fuhrbrücke hätte man aber Eichen aufkaufen müssen. Die Räte hielten es daher für zweckmäßig eine Steinbrücke zu bauen, da ja eine Holzbrücke beim nächsten Eisgang wieder weggerissen werden könne. Die Kosten wurden auf Eintausendzweihundert Taler berechnet, jedoch war der beiderseitige Anteil noch nicht geklärt. Nachdem nichts bezüglich der Kostenfrage zustande gekommen war, verlangte der Landrat am 16. September 1848 die Bildung eines Ausschusses, der über die Angelegenheit verhandeln solle. Dieser wurde zwar gebildet, aber die Verhandlungen endeten wie das Hornberger Schießen, weshalb die »Königliche Hochlöbliche Regierung« am 1. März 1849 einen Finanzierungsplan forderte und Birgel mitteilte, dass die Gemeinde 590 Taler aufzubringen habe, wohingegen im Etat nur 119 Taler vorgesehen waren. Damit nicht genug. Die Regierung forderte auch noch, dass die Gemeinde Birgel die Hälfte der Kosten zu tragen habe. Das war den ehrbaren Gemeindevätern von Birgel zu stark, zumal sie schriftlich beweisen konnten, dass sie seit dem Jahr 1828 immer nur ein Drittel der Kosten getragen hatten. Somit wurde die Veranlagung der Regierung abgelehnt und festgestellt, dass ohne richterliche Entscheidung nicht mehr als ein Drittel der Kosten übernommen würden. In der Sitzung vom 28. Dez. 1849, man verzeichnete bereits den dritten Winter ohne Brücke, forderte der Bürgermeister von den Gemeinderäten, dass an der neu zu bauenden Brücke Eisbrecher angebracht werden müssen, um größere Schäden im Winter zu verhüten. In der gleichen Sitzung legte der Bürgermeister fest, dass die Gemeinde Lissendorf 2/3 und Birgel 1/3 der Kosten zu finanzieren habe. Der Fußsteg wurde bei diesem Vorgang ebenso mitveranlagt.