Content-Type: text/html Einer

Winterbrief

Ach Ann', wärst Du heute doch bei mir gewesen!

Doch sollst vom Erleben Du wenigstens lesen:

Ich war unterwegs, nach dem Dorfbach zu schauen.

Ein Bächlein, wie viele. - Doch fing's an zu tauen.

Und wirklich stand's Wasser hier unten viel höher,

gewiss einen Meter dem Brückendach näher.

An Wiesen und Wegen sah Wirbel man lecken,

nach erdigen Kanten sich Strudel ausstrecken. -

Da war doch ein Bach aus dem Rinnsal geworden! -

mit schäumenden Wellen wie wandernde Horden.

 

Du kennst doch den Hof bei dem Bach dort ganz hinten,

dort ließ just der Bauer aus weiß was für Gründen

zwei Jungtiere laufen im Schnee auf die Weide.

Sie stutzten, sie schauten, dann stürzten sie beide

hinaus in die Freiheit. Sie hüpften und sprangen

und schlugen herum mit den Schwänzen, den langen.

Sie rannten und stießen im Spiel mit den Köpfen. -

Wie lustig sah's aus bei den scheckigen Tröpfen!

Viel hätt' nicht gefehlt, dass sie voller Entzücken

im Schnee sich gewälzt auf dem Bauch und dem Rücken.

Ich hab' sie gestört, als sie mich da gesehen,

da blieben die Zwei wie gelangweilt fast stehen.

So lang, bis ich fort war, dann fielen die Rinder

zurück in das Spielen und Toben wie Kinder.

Ich lache noch jetzt;

was war das eine Freude

dort hinten am Hoftor im Schnee auf der Weide.

Christa Feltgen, Steffeln