Treffpunkt für Generationen -Landgasthaus Uters in Lammersdorf

Peter Jakobs, Simmern

Kirmes an der Kyll in der Pfarrei Niederbettingen - seit Jahrzehnten das Hochfest mit Besuchern aus nah und fern. In den wirtschaftlich schwierigen Zeiten wurden oft die letzten Reserven mobilisiert. Die Eifelbevölkerung war namentlich in der Zeit zwischen den beiden großen Kriegen nicht gerade auf Rosen gebettet. Dies aber hat sich zu keinem Zeitpunkt auf die sprichwörtliche Gastfreundschaft der Eifeler ausgewirkt. Hierzu bot die jährliche Kirmes die beste Möglichkeit. Einen festen Platz bei der Kirmes hatte für die Kylldörfer und darüber hinaus die Tanzveranstaltung bei »Hanni u. Lienchen« im Saale Uters in Lammersdorf am Kirmessonntag und Kirmesmontag. Vater Mathias Uters hatte der bestehenden Gastwirtschaft während der Bahnbauzeit 1907-1912 einen Saal angebaut. Hier fanden dann die Tanz- und auch Theaterveranstaltungen statt. Dies war zwar nicht oft im Jahr der Fall, denn trotz harter Arbeit war das Geld knapp. Gastwirt Matthias Uters verstarb im Jahre 1928, seine Frau führte die Gastwirtschaft und den angegliederten landwirtschaftlichen Betrieb mit den Kindern Josef, Helene und Johann weiter. 1942, also mitten im 2. Weltkrieg verstarb Frau Uters. Im Saalbau war ein Gefangenenlager mit französischen Kriegsgefangenen eingerichtet (Stalag). Tagsüber arbeiteten die Franzosen in den Dörfern um Lammersdorf in der Landwirtschaft. Der Zustand nach dem Krieg war katastrophal. Die Geschwister Uters warteten nicht lange und es ging an die

 

Wiederherstellung des Saales - noch im Jahre 1945 fanden die ersten Veranstaltungen in Lammersdorf statt. Namentliche Theatervorstellungen waren gut besucht. Zur Verwunderung vieler wurde sogar ein Parkettboden eingezogen, ein Fortschritt, der nicht alltäglich war. Und zur Kinnes hatte man stets ein volles Haus. Viele Familien gingen dazu über, bereits am Nachmittag einen Beauftragten zu entsenden, der für die Sippe dann Tischreservierung vornahm. Alles was »Rang und Namen« hatte, war zur Kirmes in Lammersdorf vertreten. Der Wirt legte Wert darauf, stets eine gute Tanzkapelle zu verpflichten. Unvorstellbar für heutige Verhältnisse: Eintritt 1.00 Mark, Bier 20 Pfennig. Bis zur Währungsreform 1948 musste jeder Besucher sich die alkoholischen Getränke selbst besorgen, für die alte Reichsmark gab es nur Schlabberbier. Unter den Jugendlichen setzte lange vor der Kirmes ein Wettbewerb zur Beschaffung von Wein ein. Am Abend sah man dann kaum einen Besucher ohne Tasche in Lammersdorf, die entweder Wein oder Selbstgebrannten Schnaps enthielt. Und diese wertvollen Sachen mussten dann wie ein Augapfel gehütet werden, es soll vorgekommen sein, dass den Kirmesbesuchern aus Rockeskyll der Schnapsvorrat irgendwie abhanden kam. Als die DM geboren war, änderte sich vieles, es gab alles zu kaufen, der Nachteil war, jetzt war das Geld knapp. Neben der Kirmes fanden in Lammersdorf auch Tanzveranstaltungen der Feuerwehren statt, die gut besucht wurden. Außer der Jugend kamen auch die älteren Jahrgänge, die sich hier angesprochen fühlten. Unter den Besuchern herrschte ein gutes Verhältnis, jeder kannte jeden und die Theke war meistens »belagert«. In der an Ereignissen nicht reichen Zeit sorgte jede Veranstaltung für Gesprächsstoff in der folgenden Woche. Hanni als Gastwirt und Chef, Helene und Josef waren an diesen Abenden im ständigen Einsatz, mit jedem Besucher waren sie per »DU«. Josef Uters starb 1952, Helene 1961 und Hanni 1963. Alle drei Geschwister waren unverheiratet. Einige Zeit danach führte die Feuerwehr Dohm-Lammersdorf im Saale noch Veranstaltungen durch. Schließlich stand das Anwesen leer. Im Jahre 1971 wurde das Gesamtanwesen im Einvernehmen mit den Erben und unter Kostenbeteiligung der Gemeinde abgerissen. Hier fiel nicht nur Mauerwerk, es ging ein Stück Zeitgeschichte des Bereiches mit unter. Ganze Generationen haben sich bei »Uters in Lammersdorf« getroffen, Menschen, die in der strukturarmen Eifel zu keiner Zeit vom Schicksal verwöhnt wurden, für die die Veranstaltungen ein Stück Lebensfreude waren. Noch heute diskutieren die Älteren über die Zeit bei Hanni und Lienchen.