Die Pfarrei Mehren

und ihre ersten Pfarrer bis 1500

Heinz Schmitt, Trier

Unweit der heutigen Kreisstadt Daun und dem einstigen gleichnamigen Stammsitz der Ritter, Luxemburger Marschälle und späteren Grafen von Daun liegt Mehren. Wenn Daun auch in politischer Hinsicht seit frühesten

Zeiten immer Mittelpunkt des umliegenden Territoriums war, so lagen die Verhältnisse in der kirchlichen Organisation durchaus anders. Jahrhunderte lang übertraf der Pfarrsprengel Mehren mit seinen Filialen denjenigen Dauns, sowohl in Ausdehnung als auch an Seelenzahl bedeutend. So hatte Mehren im Jahre 1563 an Feuerstellen 37 und Daun mit 43 nur unwesentlich mehr. 1684 übertraf Mehren mit 42 Feuerstellen Daun sogar, das in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges auf 25 Feuerstätten zurückgegangen war. Mehren hatte damals die meisten Feuerstätten im gesamten Amt Daun.

Die Pfarrei Mehren muss als sehr alt gelten. Allein schon der weit ausgedehnte Pfarrbezirk legt dies nahe. Das alte Kirchspiel umfasste Mehren mit den Filialen Allscheid, Schönbach (halb), Steiningen, Steineberg, Tettscheid und Trittscheid. Später kamen noch Darscheid und Eilscheid hinzu. Selbst die Pfarrei Weinfeld scheint erstmals in gewisser Abhängigkeit zu Mehren gestanden zu haben. Früher gehörte die Pfarrei Mehren zum Eifeldekanat der Erzdiözese Köln. Auch dies spricht für ein hohes Alter. Die Kölner Bischöfe hatten schon in mittelalterlicher Zeit Besitz bis hinunter zur Mosel erworben. Erst unter Erzbischof Balduin begann zu Beginn des 14. Jahrhundert der zielgerichtete Ausbau des Trierer Territoriums und damit verbunden die Rückdrängung der kölnischen Einflusszone auf politischer Ebene. Kirchlich blieb Mehren aber bis in französische Zeit mit Köln verbunden. Erste Nachricht über die Pfarrei Mehren gibt uns der Kölner »Liber Valoris« in der Form des Jahres 1308. Hierin wurden die bestehenden Pfarreien zu einer kirchlichen Steuer veranschlagt und in ihrem Ertrag geschätzt, daher der Name. Die Aufstellung ist unmittelbar zu vergleichen mit der im Trierer Erzbistum um 1330 erstellten »Taxa generalis«, die demselben Zweck diente. Nach dem Liber Valoris wird die Pfarrei Mehren mit sechs Mark veranschlagt. So hoch wird der jährliche Ertrag der Pfarrstelle geschätzt. Von diesem Ansatz hatte der Pfarrer oder seine Vikare den Zehnten abzugeben. Dieser Zehnte darf nicht verwechselt werden mit dem üblichen Kirchenzehnten. Vielmehr bedeutet der Zehnte hier Beihilfe oder Subsidium, die als liebevolle Unterstützung gewährt werden sollte, wenn ein neuer Erzbischof sein Amt antrat. Eine solche Amtsübernahme war mit immensen Kosten verbunden. Der neue Erzbischof hatte für die Schulden seines Vorgängers geradezu stehen, er musste die Palliumsgelder an Papst und Kardinale entrichten für die Einsetzung, ebenso forderte der Kaiser die Regaliengelder von neuen Bischof. Diese Beihilfe belief sich 1308 für den Mehrener Pfarrer auf sieben Schilling und sechs Denare, während sein Stellvertreter oder Vikar nur sechs Schilling zu zahlen hatte. Im Jahre 1395 trägt Johann von Daun dem Trierer Erzbischof Werner von Falkenstein auch das Patronatsrecht der Kirche in Mehren zu Lehen auf. Seither besaß das Trierer Erzbistum dieses Recht. Dies bedeutete, wenn die Pfarrstelle neu zu besetzen war, präsentierte der Trierer Erzbischof seinem Kölner Amtskollegen einen Kandidaten, den dieser dann offiziell ernannte und in sein Amt einsetzte. So blieb es bis zur französischen Revolution.

Die Änderungen der politischen Grenzen brachten dann auch neue Einteilungen in der kirchlichen Organisation. 1801 wurde die Diözese Aachen als Suffraganbistum von Mecheln eingerichtet. Mit Erlass des Kardinal-Legaten Caprara vom 9. April 1802 wurden die Departements »Roer« und »Rhein-Mosel« der neuen Diözese Aachen zugewiesen. Diese beiden Departements umfassten das Gebiet der alten Erzdiözese Köln links des Rheins, dazu Teile der Diözesen Trier, Lüttich und Roermond.

Nach dem Ende der französischen Herrschaft und erneuter Grenzverschiebungen als Ergebnis des Wiener Kongresses 1815 schien wiederum eine Neuorganisation geboten. In der am 16. Juli 1821 von Papst Pius VII. erlassenen Bulle »De salute animarum-Zum Heil der Seelen« wurde das alte Erzbistum Köln wiederhergestellt, jedoch mit weitreichenden Änderungen. Der größte Teil der Pfarreien der Aachener Diözese, die vormals im Rhein- und Moseldepartement gelegen waren, kamen nach Bestimmung der obigen Bulle zur Diözese Trier.

Ihre förmliche Abtretung an den Trierer Bischof Joseph von Hommer erfolgte am 21. August 1824 durch Erlaß des Kapitularvikars und Aachener Diözesanverwalters Martin Wilhelm Fonk. Seither gehört die Pfarrei Mehren zur Diözese Trier.

Aus der Frühzeit der Pfarrei wollen wir auch an die ersten nachgewiesenen Mehrener Pfarrer erinnern. Durchgehend belegte Amtszeiten der Pfarrer sind aus dieser frühen Zeit nicht zu erwarten, vielmehr muss man froh sein, überhaupt einen Namen und vielleicht ein einziges Amtsjahr als Anhaltspunkt zu haben.

Ruprecht von Daun

Ruprecht oder Robert stammte aus dem adligen Hause Daun. Er war ein Sohn des Äegidius von Daun und der Kunigunde von Virneburg. Seine Eltern hatten ihn dem geistlichen Beruf bestimmt. Seine adlige Herkunft und die landesherrlichen Beziehungen zwischen Daun und Kurtrier öffneten ihm den Zugang zum Trierer Domkapitel. Als Domherr ist er mehrfach erwähnt, so 1353, 1368 und 1389. In letzterem Jahr wird er wegen eines Totschlags aus dem Domkapitel ausgestoßen. Ob er die Wiederaufnahme je erreicht hat, bleibt ungewiss. Als Pfarrer von Mehren wird er 1396 erstmals genannt. Am 11. November 1396 bekennt Ruprecht von Dune, Pfarrer zu Mehren, von Marschall Richard, Herrn von Dune den Wein, den er ihm schuldig war, erhalten zu haben. Der Marschall Richard von Daun-Densborn war Ruprechts Neffe.

Sicher hat Ruprecht die Pfarrei Mehren nicht selbst bedient, sondern ließ sich durch einen Vikar und Kapläne vertreten, er war also Personatist. Die Residenzpflicht, die dem Pfarrer vorschrieb, die ihm zugeteilte Pfarrei in eigener Person zu betreuen, wurde erst nach dem Trienter Konzil bindend.

1436 ist der Mehrener Pfarrer Ruprecht von Daun inzwischen verstorben. Das Gericht von Udler (Odeler) ordnet am 10. Februar diesen Jahres eine Erkundung an über eine Klage des Grafen Diedrich von Manderscheid, der in die Güter des Heinrich von Daun eingesetzt zu werden begehrt hatte, die Heinrich von dem Trierer Domherrn und Mehrener Pfarrer Roprecht von Düne vormals innehatte. (LHAK 29 D Nr. 163)

Jakob von Burch

Über ihn wissen wir nur, dass er 1435 als Pfarrer in Mehren nachgewiesen ist. Der Nachname könnte vererbt sein aus »von Bruch« und er ein Mitglied der Dauner Nebenlinie Daun-Bruch bei Wittlich gewesen sein. (LHAK 54 Bd. 13, S. 275)

Heinrich von Kochern

Er ist im Jahre 1466 als Pfarrer von Mehren bei der Neuaufnahme des Dauner Weistums Urkundenzeuge. An diesem Tage, dem 21. April 1466, weisen die Landschöffen der Herrschaft Daun, ihrer über vierzig an der Zahl, die Rechte und Grenzen des Hochgerichts dieser Herrschaft. Bedeutend war bei diesem Ereignis, dass der Trierer Erzbischof Johann II. von Baden (1456-1503) als Landesherr persönlich bei der Rechtsweisung anwesend war. (LHAK l A Nr. 1608)

Das Weistum hebt an: »Actum uff dem kampuchele by Dune in der Eyffelen gelegen, colschen kresams (= kölnischen Krisams = Bistum Köln!), vur dem steyn daeselbs, by den viertzig ader darüber lant-scheffen, vnd dazu die zender vnd ettwe vast vil lantlude, gehoerig in das hoegerichte der herreschafft von Dune. Wer zu Dune uff der bürg den hohen thorn vnd die slossel zu der porten inne hait, den wysen wir eynen obersten herren des lands von Dune...« Bei diesem für alle Untertanen wichtigen »Amtsgeschäft« war die Zeugenschaft des Mehrener Pfarrers natürlich äußerst willkommen, wenn nicht gar vonnöten.

Johann von Lutzerayt

Wie sein Name kundtut, stammte er aus Lutzerath. Im Jahre 1477 wird er vom Trierer Erzbischof und Kurfürst Johann II. von Baden dem Kölner Erzbischof als neuer Pfarrer von Mehren präsentiert. (LHAK 29A Nr. 675)

Johann Lambach

Im Jahre 1481 ist er Pfarrer (rector) der Pfarrei Mehren (parrochiae ecclesiae de Me-ra). Er wird in den Annatenlisten Papst Sixtus' (1471-1484) als Mehrener Pfarrer geführt. Annaten waren die Abgabe des ersten Jahresertrages oder eines Anteiles einer vom Papst verliehenen niederen Pfründe seitens des Benefiziaten oder Pfründeninhabers. Am 28. März 1481 erhält Pfarrer Lambach von Papst Sixtus eine Pfründe am Altar der Maria Magdalena in der Wendelinuskapelle in St. Wendel und eine ebensolche am Kreuz- und St. Georgsaltar in der Pfarrkirche von Daun. Dies ist die einzige Nachricht über ihn.

Johann von Wittlich

Die Pfarrkirche Mehren besitzt einen silbervergoldeten Kelch, der im Jahre 1487 laut Inschrift auf dem glatten, sechslappigen flachen Fuß von »Johannes de Wittlich Pastor in Meren« gestiftet und der Pfarrkirche zum Geschenk gemacht wurde. Der Kelch hat einen kräftigen Griff mit Fischblasenmuster und Rädchen. Nach Anbringung einer neuen Kuppa oder Trinkschale besitzt der Kelch heute eine Höhe von 17 cm. Pfarrer Peter Schug, der in der Marx'schen Pfarreiengeschichte die zur Diözese Trier gehörenden Eifeldekanate bearbeitet hat, sieht in ihm den berühmten Gelehrten Johann von Wittlich. So schön es auch wäre, wenn Mehren einen solch hervorragenden Mann in der Reihe seiner Pfarrer aufweisen könnte, so müssen hier doch ernste Zweifel angemeldet werden. Dieser Johann von Wittlich lebte in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, allenfalls noch zu Anfang des 15. Jahrhunderts, wenn wir seinem noch bekannteren und berühmteren Gewährsmann Trithemius Glauben schenken wollen. Trithemius oder Johann von Trittenheim erwähnt ihn in seiner Chronik des Klosters Hirsau zum Jahr 1401.

Hiernach glänzte Johann von Wittlich als Lehrer der Theologie an den Universitäten zu Paris und später lange Jahre in Köln. Er war ein äußerst fruchtbarer Schriftsteller in seinem Fach, aber selbst Trithemius kannte nur zwei seiner Werke dem Titel nach. Es handelt sich um einen Kommentar zu dem Standardwerk des Scholastikers Petrus Lombardus (etwa 1100-1164) und einer Auslegung der Paulusbriefe. Dies wäre sicher anders gewesen, wenn Johann von Wittlich ein Zeitgenosse des Trithemius gewesen wäre. Trithemius war 1462 in Trittenheim geboren, zwar wurde er schon 1483 Abt des Klosters Sponheim, aber hiernach begann erst sein Wirken als Gelehrter und Bibliophiler.

Trithemius bezeichnet in seinem Werk über ausgezeichnete Männer den Johann von Wittlich als »compatriota me-us, vir in omni varietate scripturarum eruditus, qui Parisiis et Coloniae Theologiam pluribus annis docuit gloriose«, also als »meinen Landsmann, der in allen Schriften bewandert war und lange Jahre in Paris und Köln Theologie aufs ruhmvollste gelehrt hat.« Alle späteren Erwähnungen des gelehrten Theologen beziehen sich auf die Nachrichten bei Trithemius. Die Kölner Universitätsmatrikel führen ihn in einem Nachtrag zum Jahre etwa 1400 als Mitglied, aber auch wieder mit Hinweis auf Trithemius. Bei dem Mehrener Johann von Wittlich, der 1487 den Kelch gestiftet hat und der 1484 bereits als solcher erwähnt wird, kann es sich somit kaum um den Pariser und Kölner Theologieprofessor handeln, es sei denn, er hätte ein wahrhaft biblisches Alter erreicht. Dies wäre einem Mann wie Trithemius aber mit Sicherheit nicht entgangen. Wer nun dieser Mehrener Pfarrer Johann von Wittlich war, ist bei der dürftigen Quellenlage derzeit nicht zu entscheiden. Vielleicht ist an den Kleriker der Trierer Diözese, Johann Repgen von Wittlich, zu denken. Dieser studierte 1470 an der Universität zu Köln, immerhin käme dies von der Zeitstellung her in Frage, muß aber einstweilen ebenfalls Vermutung bleiben.

Trotz der zum Teil nur spärlichen Nachrichten über die ersten nachgewiesenen Pfarrer der alten Pfarrei Mehren sollte es nicht unbillig sein, noch einmal an sie erinnert zu haben.

Quellen- und Literaturhinweise

Die im Text angeführten Archivsignaturen sind von Marx-Schug übernommen.

DE LORENZI, PHILIPP, Beiträge zur Geschichte sämtlicher Pfarreien der Diöcese Trier, Bd. I. Regierungsbezirk Trier, Trier 1887 DIE KUNSTDENKMÄLER der Rheinprovinz, hg. v. Paul Clemen, Bd. XII, 3 Kreis Daun, bearb. v. Ernst Wackenroder, Düsseldorf 1928 DUN, JOHANN, Urkundenbuch der Familie von Dune, Cöln 1909 GÜNTHER, WILHELM, Codex di-plomaticus Rheno-Mosellanus, Co-blenz 1822-26 III., S. 916 Nr. 640 HAYN, KASIMIR, Aus den Anna-ten-Registern der Päpste Eugen W., Pius II., Paul II. und Sixtus IV. (1431-47; 1458-84), in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 61, 1895, S. 129-186 MARX, JAKOB d. J., Geschichte der Pfarreien der Diözese Trier, Bd. V. Eifeldekanate, bearb.d v. Peter Schug, Trier 1956 OEDIGER, FRIEDRICH WILHELM, Die Erzdiözese Köln um 1300, H. 1.: Der Liber Valoris, Bonn 1967 (= Erläuterungen zum Geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz 9, l = Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde XII.)